Freitag, 27. November 2009
Marcus Schenkenberg (41), las ich heute, moduliert seine unterwäschegeprägten Tage mit einer jungen Sissi (18). Ein wenig jung, möchte man unken, aber man muß die Worte des Herrn Assauer (65) bedenken, der seiner Ex (44) den jungen neuen Freund (25) nicht neidet. Ich selbst (37) bin ja noch nicht so alt wie mein Gitarrenkollege Ron Wood (102), der mit irgendeiner Ekaterina (20) neue Saiten aufzog. Nicole Kidman (36C) hingegen hat einen gleichaltrigen Kindskopf geheiratet, was wiederum Wispersängerin Madonna (85) nicht passierte, weil ihr Liebhaber 112 jahre jünger ist und die Beine ganz weit nach oben werfen kann. Wundergeiger David Garret (21) liebt nur seine Geige (272), aber das ist ok, liebe ich doch nur mein Blog (fast 6). Lothar M. (48) wiederum ist mit 150 Länderspielen und einer Dings, na, Öh (21) verheiratet. Glücklich, was sonst.
Mittwoch, 25. November 2009
Laut "Hallo" rufen (Betonung auf der zweiten Silbe, "It's really good to be here."), Türe aufreißen und sich verwirrt im falschen Zimmer finden. Bemerken (Übersprungshandlung), daß man einen Splitter im Auge hat. Türe langsam wieder schließen, leise, leise.
I can't stand to reason at your door in this time (Sonic Youth, "Mote")
Dienstag, 24. November 2009
Reduktion. Die Welt, sagen wir mal, in immer knapperen, dichteren Sätzen nachbauen. Den Satzbau zertrümmern, erst die Girlanden über Bord werfen, dann die Rinde wegschneiden, am Ende das Entkernen. Am Ende Gerüstwerk lassen interpunktionlos Stümmelsprache am Ende
Guten Tag sagen blicklos berührungslos [also eben nicht: ein Touchscreen sein]. Ich denk doch was ihr wollt
7:37
Freitag, 20. November 2009
Langsam die Türen schließen, das Laub kehren. Die Kleiderlagen verdoppeln, die Schicht. Sich selber etwas erzählen, die Pointe niemals erfahren wollen. Das letzte Obst verschenken, und ich sage noch, iß mal was, so blaß. Alles in einen Nebel packen.
Mittwoch, 18. November 2009
Während ich in der Umkleide vor diesen Spiegeln, in denen man sich in einem die feinsten Falten enthüllenden Licht gleichzeitig von allen Seiten sehen kann, Rockerposen einstudiere, ein beschwingtes Luftgitarrensolo als Begleitung zur kompressorgezähmten Jugendagitationsmusik in den Ladenlautsprechern beisteuere, dann aber in eine Arnold-Pose zurückwechsle, die ich aber doch nicht genau beurteilen kann, weil ich zum Glück und Selbstschutz auch die Brille abgenommen hatte. Mehr gibt es zum Hosenkauf nicht zu sagen.
Auf dem Weg zum Lebensmittelmarkt liegt auf einem kleinen Flecken Grün seit Wochen nun ein totes Kaninchen. Erst hatte ich es fotografiert, frisch von einem Auto erwischt, aber super intakt, nur ein wenig naß vom Regen und der Aufregung. Mittlerweile, man merkt die mangelnde Anteilnahme in diesen vergessenen Stadtteilen - und ich als Chronist darf die Wirklichkeit ja nicht verändern -, ist dem armen Tier ein wenig die Luft ausgegangen. Selbst ich möchte es nicht mehr fotografieren, obwohl sich sicher eine interessante Zeitrafferstudie hätte machen lassen. Ein weiteres 365-Tage-Projekt, von denen es auf Flickr nur so wimmelt. Daily Bunny, eine Studie in De/Komposition. Diesem Hasenartigen erklärt keiner mehr die Kunst, würde ich heute diagnostizieren, aber mal schauen, was in den nächsten Wochen noch so wird. Manches insgeheim schon Aufgegebene hat sich ja auf wundersame Weise zurückviviert, mit zagendem Puls und flackernder Hoffnung.
Muß man aber zeitig aufstehen, den Tag, den Zug, den Schuß nicht verpassen. Early to bed, early to rise, makes a man healthy, wealthy and wise. Ich habe lange genug antizyklisch gelebt, um zu wissen, daß das stimmt. Ich schaue jetzt aber niemanden direkt dabei an.
Montag, 2. November 2009
Man weiß natürlich nie, was dahinter liegt. Was einen erwartet, wenn man weitergeht, welche Abzweigungen drohen oder locken. Wichtig ist der Moment, in dem man sagt: Karte? Hab' ich auch nicht. Aber mir scheint es hier entlang richtig.
Und immer freiwillig.
Samstag, 31. Oktober 2009
Foto © The Cherry Blossom Girl
Heute ist nicht Halloween, sondern Tag der Toten, und da hat sich auch der Herbst endlich zu seiner edelsten Pflicht bekannt. Feuchte Luft, dabei so klar, daß einem alle Schwermut wie in ein weiches Tuch verpackt erscheint. Nach diesen turbulenteren Tagen, den verraucht-trunkenen Nächten, den letzten Bieren, die vielleicht nicht hätten sein müssen, den musikverzierten Schuppen und den nächtlichen Fahrten an den Lichtern des Hafens vorbei, dem sanften Schaukeln der Wagen, ist es Zeit vielleicht für einen Spaziergang.
Das Denken nicht vergessen, das Hinhören und Hineinhören, die schöne Stimme, der eigene Herzschlag, sich hinüberretten in souveräne Gesten. Heute im Buchladen gewesen, weil ich etwas nachsehen wollte, anschließend mußte ich es mir selbst ein wenig nachsehen, weil ich das Selbstverständliche mit zuviel Bedeutung auflud. Vielleicht. Der Rückweg war wie das Geräusch einer singenden Säge, ein Lied von Under Byen vielleicht. Derzeit zu viele Vielleichts vielleicht, viel leichter wäre es, es wäre weniger. Einfach nur leicht.
Der Herbst aber ist die falsche Jahreszeit für schlechte Kalauer. Wer klug ist, zieht in leerstehende Häuser, hängt die Wäsche auf einen aufgewühlten Acker, atmet stiller, atmet sich runter, hört wieder andere Musik. Det er mig der holder træerne sammen, das wird vergessen, daß auch dieses einer tun muß, daß nichts von selber kommt, kein Wald, kein Zusammenhalt, nicht deine, nicht meine Welt. Daß wir die Bezeichnungen in diese gemeinsame setzen und auch müssen und das, was ist. Ich erinnere mich, wie ich Under Byen im Molotow sah, diese schwermütigen Dänen mitsamt ihrer singenden Säge, fast im Stockdunkeln, der Raum mit substanzgeschwängertem Rauch gefüllt und zugleich mit einer wie gehäkelten Traurigkeit, eine Decke, die man umgehängt bekommt nach einem Boxkampf, den man verloren hat. Ein Kampf wie ein Frage- und Antwortspiel, dessen Regeln undurchsichtig und wie letzte Küsse von fast schmerzhafter Einfachheit sind.
Bald wird Schnee liegen. Und der wird die Antwort sein.
>>> The Cherry Blossom Girl
Freitag, 30. Oktober 2009
Gestern war Internationaler Ich-trag-ein-Kleid-Tag, einige machten da trotz Wind und Wetter mit, aber da man mir ja viel erzählen kann, überprüfe ich solche Dinge und Internetbehauptungen lieber selbst. In einer verrauchten Bar auf der einen Seite der Alster hatte ich also tatsächlich das Vergnügen, mit Hamburgs schärfsten Kleidern* rumzulungern - es ist, und das ist ja auch eine frohe Botschaft, also alles wahr, was ihr im Internet lest! Ich selbst hatte mich zwar dem "Ich trage Kleid"-Gebot verweigert, dem uns zuvor unbekannten blonden S. war das aber einerlei. Ich glaube - wenn ich die Zeichen richtig gedeutet habe -, ich habe einen neuen Freund. Und so konnten wir nach allerlei Herzen & Scherzen bald mit viel Empathie und noch mehr klugen Ratschlägen (ich kann dieses Wort hier nicht hinschreiben) versehen durch die weitere Nacht steuern und meine derzeitigen Lieblingsvorlesungsthemen aufarbeiten: Hausschlachtung als Distinktionsmerkmal, der Zauber europäischer Großstädte im Länderquartett-Vergleich und was der Klimawandel neuerdings mit dem Herbst macht. Ab halb eins geht das in Hamburg ja alles ganz leicht, das verspricht schon das Lied.
---
* Einwände und Gegenanzeigen wie immer nur mit Bildbeweis an diese Blogadresse!
Mittwoch, 28. Oktober 2009
Picture me and then you start watching,
Watching forever, forever,
Watching love grow, forever,
Letting me know, forever.
(New Order/Joy Division, "Ceremony".)
Heute übrigens hat Stephen Morris Geburtstag, der Schlagzeuger, über den sein Bandkollege sagte, er sei "daft as a brush". Das mag ihm egal sein - was wurde nicht alles schon über mich gesagt - und er schließlich spielte in zwei der einflußreichsten Bands der jüngeren Rockgeschichte. Gut, besagter Kollege auch, aber das lassen wir mal beiseite. Stephen Morris also, der immer eher wie ein stoischer Arbeiter an der Werkbank wirkt, immer ein wenig entrückt, so als bediente er eine gefährliche Maschine und spielte nicht in einer Band, kein Mann für Girlanden also, mehr so für präzise-unverdrossene Uhrwerksmechanik, feiert heute seinen 52. Auch so ein Ding. Ich seh' uns noch wie damals.
>>> Geräusch des Tages natürlich: Ceremony
Und dann die Party.
Samstag, 24. Oktober 2009
Ich bin entzückt. Da fliegt jemand über den Atlantik, stolpert dort über einen Button und kann dann bis in die Heimatstadt zurückdenken! Das gelingt manchen ja nicht einmal über kürzere Entfernungen. Frisch aus New York (man muß auch mal andere Städte erwähnen) also erhielt ich diesen wunderschönen Button, mit einem Text, der runtergeht wie ein leckeres Käsebrot. Toll. Danke. Und praktisch: Etwas für die Ausgehuniform oder wenn man sich mal nicht erklären möchte. Ein Fingerzeig auf den Button, und wer dann noch meine Nähe sucht, darf auch Hallo sagen. Kurzsichtige Damen dürfen ruhig noch einen Schritt näher herangehen. Die Karte gehörte jetzt nicht dazu, die bekam ich von jemand anderem, sagt aber dennoch, was ich denke. Schwäche muß einem wirklich nicht peinlich sein, dieses "Ich bin Sieger!"-Geschrei schon eher. Eine der wichtigsten Erkenntnisse der letzten Zeit: Wie sehr manches auch Angst machen kann. Und wie man plötzlich ganz mutig ist. Take pride in your fears, ihr Wochenendgestalter.
>>> Geräusch des Tages: The Duke Spirit, My Sunken Treasure