Donnerstag, 24. Dezember 2009


Der weiße Kanal



Drüben auf der anderen Wasserseite liegt tatsächlich alles voller Schnee. Hier sind es mehr so Schleifen und Bänder und Klebefilm, Kordeln und hektisch zerwühlte Adressbücher. Dieses Jahr komme ich ja zu nichts, von wegen, ich bastel euch allen ein Lebkuchenhaus. Das hat früher die Großmutter übernommen, als der Schnee an Weihnachten sechs Meter hoch lag und die Gäste mit dem Pferdegespann... oder war das in einem Film? Ich komm jetzt nicht drauf, es geht hier alles ein wenig durcheinander.

Sechs Jahre Hermetisches Café sind es heute, bald kann ich Fenster einbauen. Frohes Fest also, und denkt dran, Geschenke gibt es erst, wenn das Glöckchen klingelt.


 


Montag, 21. Dezember 2009


2009

Empty shell of what used to be
Shadows of my life hangin' over me
Helpless man long ago
Won't even stand a devil's chance
To rule my soul.

(Timebox, "Beggin'". 1968.)

Januar. Eisvergnügen. Februar. Schnee. Die nunmehr alten Orte, letzte Winter. März. Tristesse-Fahrten. Lotsenspiele, dann die Rückkehr wagen und fast auf Grund laufen. April. Frühlingsvergnüglich sein, längst getrocknete Tränen abwischen. Mai. Miss-Wahlen, missvergnügt, missverstanden. Den Glauben nicht verlieren. Juni. Raus. Anheuern. Wegfahren. Juli. No Tears For The Creatures Of The Night. So viel zu erinnern. Vergeben, nichts vergessen. August. Neue Träume. Andere Musik. September. Heim. Oktober. Spüren, daß Eis nicht gleich Eis ist. Reich beschenkt sein. November. Wagen, Versagen. Immer noch überrascht sein und immer wieder. Dezember. Sich die Illusion zum Freund machen.

In Frost verpackt, ein sich selbst schützender Start, Leuchtfeuer über dem Palmenstrand, so viel, was man noch zornesblitzend hätte hinausschleudern können, sollen vielleicht. Die Koffer hinaustreten, im Schnee versenken, das Augenrollen der Freunde nicht länger abwehren, sich dann langsam auch mal selbst verzeihen. Plötzlich auch mal Ruhe finden (es braucht *Ommm* die Zeit, die es braucht *Ommm*), sich in den Bauch pieken lassen, sich aufziehen lassen, sich am Ohr ziehen lassen. Überrascht sein, wie andere auch 1 und 1 zusammenzählen können. Überrascht auch spüren, wo man am richtigen Ort ist, die richtigen Worte hören, kleine Berührungen, ein Lied summen, Menschen, die einen zur Seite nehmen, zaghaft das eine und das andere aber auch zurechtrücken. Übers Wasser fahren, traurig, glücklich, sich daran erinnern, daß es heißt, immer weiter zu machen. Beruflich plötzlich einen unerwarteten Aufstieg machen, gleich den Ausstieg planen, neue Grenzen erfahren, eine andere Art von Klang und Energie und Widerstand, sich fasziniert einer Gefahr hingeben. Sich überwältigen lassen. Ein wunderbar wunderliches Jahr, mit Schmerz und Zorn und zärtlichen Gefühlen. Mit leichten Momenten, durchtanzten Nächten, unbefangenen Geständnissen, geschützten Räumen, neuer Sehnsucht, einem Flüstern und einem Geschenk.


 


Freitag, 18. Dezember 2009


Innerliches

Das Heim und das Heimliche kehren zurück. Die Menschen seien "zu lange draußen" gewesen, hieß es vor einigen Wochen im Zeit-Magazin über die gewesene Epoche der allgegegenwärtigen Mode des to go. Die Krise dränge die Menschen zum - alle paar Jahre ausgerufenen - Cocooning. Mir macht es nichts aus, woanders ist schön, ich aber habe es hübsch daheim und kann folglich beides.

Wie man es hingegen besser nicht macht, zeigt dieses Beispiel. Ein alteingesessenes Stück voller Patina und abgewetzter Geschichte dilettantisch übergesprayed - The Horror! The Horror! würde der Colonel Kurtz des Homeimprovements entsetzt im Herzen der innendekoratorischen Finsternis murmeln.

Vernünftige Raumgestaltung, heißt es, ersetze manche Fernreise. Wo man sich im Alltag wohlfühlt und ästhetisch umfangen, wird das Konzept des Urlaubs ja fast obsolet - jedenfalls wenn es um reine Erholung geht. Der Bildungswert einer Reise, die Anregungen und Aufregungen, die man am anderen Ort erlebt, sind weiterhin durch nichts zu simulieren. Alles andere sei alltags bloß ein Ersatz. Ich mache es geschickt: Meine Wohnung sieht zur Zeit aus wie ein aufgeplatzter Reisekoffer. Manchmal halte ich mir eine leicht getönte und zerkratzte Scheibe vors Gesicht und winke meinen Sachen zu als säße ich in einem Flugzeug und sähe meine Habseligkeiten still ergossen auf dem Rollfeld liegen. Ein Urlaub daheim.


 


Mittwoch, 16. Dezember 2009


Elena wird noch zu lieben sein

Seltsamerweise liest und hört man bislang nur am Rande von Elena. Die Gewerkschaften schlagen Alarm, Datenschützer sind besorgt, aber mir kommt das alles so leise vor.

Wenn man im Vergleich die hitzigen Diskussionen über die "Gesundheitskarte" betrachtet, den Protest gegen die Vorratsdatenspeicherung, scheint mir die Auseinandersetzung mit Elena einem angeregten Kamingespräch zu ähneln.

Vielleicht haben auch zu wenige noch Arbeit. Nur zur Erinnerung: "In dem Datensatz werden nicht nur Name, Geburtsdatum, Versicherungsnummer, Adresse etc. erfragt, sondern auch Fehlzeiten, Abmahnungen, mögliches "Fehlverhalten" und Streikbeteiligung." [Q] Beinahe herzig mutet in diesem Zusammenhang der Zusatz an: "Um einen Missbrauch der zentral gespeicherten Daten zu verhindern, soll der Zugriff nur mit Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmers erfolgen." Das klingt, als wäre ein "Nein" tatsächlich eine Alternative, dabei bedeutet eine Weigerung wohl nur eins: keine Sozialleistungen zu bekommen.

"Die Arbeitgebermeldung startet am 1. Januar 2010." Ich stelle mir das als tentakelbewehrte Tag-Cloud vor, ein riesiges Datenmonster, das uns wie gute und schlechte Erbsen auseinanderzählen wird.

Erfunden hat es, man möchte fast sagen "natürlich", RotGrün. Die Flitzpiepen der ehemaligen Arbeiterpartei und die Öko-FDP.


 


Montag, 14. Dezember 2009


Der gefundene Satz, #50

© Andre Jordan

(© Andre Jordan, A Beautiful Revolution.)


 


Sonntag, 13. Dezember 2009


...

[...]

Am Ende durchtanzter, vertrunkener Nächte sollte man nicht so, sollte man nicht so... Wirklich nicht.

| von kid37 um 05:05h | | Link

 


Samstag, 12. Dezember 2009


Es gibt so vieles, was ich nicht verstehe

Solche Videos kann ich nur ertragen, indem ich mir vorstelle, daß die junge Frau in Wahrheit in ihrer Freizeit mit einem alten, blutgegerbten Axtstiel Robbenbabys zu Tode kloppt.

Nur so. Als Ausgleich.