Mittwoch, 15. Oktober 2008
Im Kollegenkreis diskutieren wir über einen Schönling halbwegs bekannten, jungen deutschen Schauspieler, der vor allem bei jungen Mädchen gut ankommt. Ich kann mir das nicht recht erklären, kommt mir der Schnulli junge Mann doch nicht so vor, als sei er unbedingt das schärfste Messer in der Schublade, die hellste Kerze im Leuchter, na ja, you get the picture. Er sei sehr klein, meint eine Kollegin, die ihn mal kennengelernt hat. Die Kollegin ist selbst eher nicht so in die Länge gewachsen, was bedeutet, der halbwegs bekannte, junge deutsche Schauspieler wird noch eine längere Zeit Bubirollen spielen müssen. Ich kann in Filmen nicht gut Blut sehen, wenn es realistisch aussieht. Also wenn in Eastern Promises jemandem umständlich und unangenehm hakelig die Kehle durchschnitten wird. Jetzt nur ein Beispiel. Asiatische Kampfkunstfilme sind kein Problem. Aber es gibt nur wenige Schauspieler, deren Präsenz ich ähnlich körperlich unangenehm empfinde. Auch wenn es über diesen halbwegs bekannten, jungen deutschen Schauspieler heißt, er habe in Wahrheit gar keine Präsenz. Ich glaube, ich finde schon seinen Namen doof.
Dies aber ist eine Nachricht ohne Wert.
Dienstag, 14. Oktober 2008
Die FAZ läuft immer dann zur wahren Größe auf, wenn sie sich über Schlips- und Aktenkofferträger, die ureigenste Klientel also, ein wenig lustig macht. So wie die Tage Filmkritiker Michael Althen, der die von der eigenen Schulzeit erinnerungsgetränkte Frage stellte, wieviel besser es doch im Angesicht der sogenannten Finanzkrise gewesen wäre, hätten die kontoführungsverbummelten Banker und Finanzjongleure statt Betriebswirtschaft die fromme Wissenschaft der Kunstgeschichte studiert. Und zu welchem volkswirtschaftlichen Nutzen, möchte man hinzufügen! Listig kommt Althen zu dem Schluß, es zweifle noch mal einer an Sinn und Zweck eines solchen Studiengangs.
Für den Betrag von, sagen wir mal, 350 Millionen Euro könnte man (ein Beispiel jetzt) etwas von der ganz bewußt verbummelten Kunst des Dieter Roth kaufen, über den, das kann kein Zufall sein, einer der letzten Kultursender der Republik (glaubt man wiederum einem führenden Literaturkritiker) ein Porträt zeigt. Heute Abend! 3 Sat! 22.55 Uhr. Haltet Schimmel & Schokolade bereit.
Freitag, 26. September 2008
Filmpartys machen mich schnell müde. Aber das ist jetzt erstmal überstanden, heute morgen fiel mir Glitzer aus dem Ohr. Immerhin aber: Das Filmfest Hamburg verspricht auch inhaltlich ein wenig Spaß - so jedenfalls mein Vorab-Eindruck. Das Programm liest sich vielversprechend, ein Hauch von Saudade, ein Hauch von Tokio - und solchen Lockungen muß man sich ja auch einmal unbefangen hingeben. Ausruhen kann man sich an jeder Haltestelle, warten auf den letzten Bus. Das leere Gefühl läßt man einfach zurück. Mußt du machen, meint mein Chef.
Dienstag, 16. September 2008
Als ich neulich durch alte Kartons und noch ältere Kisten stöberte, auf der Suche nach etwas, was mir nun bereits wieder entfallen ist, kann also nicht wichtig gewesen sein, da stieß ich auf diese ominösen Dosen. Die stammten aus einer Zeit, in der ich möglicherweise gut gecremt, auf jeden Fall aber als kommendes Talent für den Studenten-Oscar unterwegs war. In den Dosen nämlich fand ich alte Filmspulen wieder - Experimente mit Licht, Schatten und bewegten Menschen, an die ich mich kaum noch erinnere. Die Experimente, die Menschen schon. Oder Studien - als junger Künstler macht man ja immer Studien, oder 24 mal Wahrheit in der Sekunde oder... sowas eben. Nächtliche Autofahrten durch die bergische Metropole waren es wohl oder stummes Gestikulieren an meinem Nouvelle-Vague-Küchentisch.
Damals besaß ich genau diese Kamera, ein russisches Normal-8-Modell, bei dem man ein Federwerk aufziehen mußte, um dann ungefähr 30, 40 Sekunden Drehen zu können. Meine Werke waren ganz dem jungen Godard Truffaut verpflichtet und hießen "Morgenröte eines schüchternen Knaben" (ein semi-pronografisches Werk mit stark autobiografischen Bezug) oder eben "Nächtliche Autofahrt durchs Bergische, wie ein trunkener Russe gesehen". Alles verschollen, und was auf den verbliebenen Spulen sich befindet, erinnere ich nicht. Wer hat denn heute noch einen Normal-8-Projektor? Eben.
Im Gegensatz zur verbreiteten Super-8-Kassette benutzte man speziell perforierten 16-mm-Film (yeah!) auf einer Spule, die nach der Hälfte umgedreht wurde. Nach dem Entwickeln wurde das Material der Länge nach aufgeschnitten und die beiden Hälften aneinandergeklebt - voilà! Normal-8 ruckelte nicht so sehr wie die Super-8, aber weil es halt umständlicher war, setzte sich ähnlich wie die Compact-Kassette gegenüber dem Tonband das neuere System durch.
Manchmal denke ich, man sollte überhaupt viel mehr Filmen, denn die Bewegung hört im Leben ja irgendwann auf. Dann schaut man auf zerkratzte, flackernde Bilder, drauf und durch sie hindurch, und erinnert sich was. Wie ein Schaukelstuhl im Kopf. Vor und zurück, vor und zurück. Die eingefangene Zeit.
Donnerstag, 11. September 2008
Meine Güte! Gerade jetzt, wo es heißt, hier sei ja auch nur noch ein Film- und Fernsehankündigungsblog und es gäbe nichts Persönliches mehr, vergesse ich den TV-Tipp der Woche. Morgen früh, um 9.55 Uhr läuft auf ARTE in der Wiederholung die wunderbare Doku: Das Moskitoproblem, ein tragikomischer Blick auf ein bulgarisches Dorf in der Mitte von Nirgendwo, ein bißchen die Kaurismäki-Variante eines dokumentarischen Bilderbogens.
Ich hoffe, ihr könnt noch eure Rekorder und Dings programmieren.
Mittwoch, 20. August 2008
(August Strindberg. Aus meinem Leben.)
Gabriel Byrne, wir erinnern uns, Lord Byron, findet nach einigen großen und noch ein paar mehr eher schwachen Rollen zur reifen Spätform: In der neuen HBO-Serie In Treatment spielt er einen Psychiater, der sich selbst schmerzhaften Rat holen muß. Die Woche über trifft er sich mit seinen Patienten-Klienten, um sich am erschöpften Freitag von einer Kollegin selbst in die Mangel nehmen zu lassen. Da hört jemand zu, stellt Fragen, hört zu, es wird geredet, sonst passiert nichts - und das im Fernsehen? Was klingt wie ödes Pädagogen-TV (keine Action? keine Waffen? Sopranos ohne Mafia?) entwickelt durch ein erstaunlich spannendes Skript, gewitzte Dialoge und gute Darsteller rasch einen ziemlichen Sog. Nach der Reihe problembeladener Mafiosi, Anwälte, Ärzte, Serienmörder endet der Bogen nun bei Dr. Psycho selbst. Ich leg mich auf die Couch.
>>> Offizielle Webseite
Freitag, 13. Juni 2008
Planet Terror vs. Death Proof.
1:0 für Rodriguez. Schon allein, weil er nicht gleich auf halbem Weg stehenbleibt. Schöner Date-Film auch. Aber das nur nebenbei.
Donnerstag, 5. Juni 2008
Unter uns: Dieses vorherbstliche Wetter ist wie gemacht, auf allen Gräbern zu tanzen. Dazu ein flammendes Getränk in der einen, ein bezauberndes Mädchen an der anderen Hand und ein Lied auf den Lippen, das alle Widerstände bricht. Ritxi Ostáriz, ein Designer aus Bilbao, hat sich den Día de Muertos als Requisitenkammer genommen und einem herzergreifenden, wundervollen Animationsfilm auf die Welt geholfen:
Viva Calaca heißt die kleine baskisch-mexikanische Räuberpistole - und ich habe sie gleich in mein staubiges, vom Maguey-Wurm zerfressenes Herz geschlossen.
Apropos wunderhübsche Animationsfilme: Im Stil alter Kinderlexika bringt die bezaubernde kleine moralische Erzählung Rabbit uns die Grundzüge der englischen Sprache nahe. Und etwas über Ethik, denn nicht jedes Kinderspiel ist gutzuheißen. Die kleinen Bratzen zeigen andererseits anschaulich, wie Egozentrik, Gier und unbekümmerte Rücksichtslosigkeit jeden langen Tag in ein Abenteuerland verwandeln. Für den, der nicht den Knüppel spürt.
Hinter dem Film steht der Grafiker Run Wrake, der auch sonst hübsche Sachen macht.
Mittwoch, 14. Mai 2008
Der Filmemacher Harald Bergmann, ehemaliger Student an der Hamburger HfBK, hat einen Schatz gehoben: Endlose Rollen Super-8-Filme und Tonbänder des früh verstorbenen Underground-Literaten Rolf Dieter Brinkmann hat er zu einem wilden Filmexperiment verdichtet. Schauspieler Eckhard Rhode wuchtet sich darin lippensynchron durch nachinszenierte Szenen, agiert zum Soundtrack eines exaltierten Misantrophen - deklamiert wilde Flüche in den Kölner Himmel hinein, seziert und dokumentiert sein privates und künstlerisches Leben, als sei er ein sich-selbst-entfugter Blogger, dem das Internet zu klein wurde. Brinkmanns Zorn ist - genau - zornig, zärtlich, ein kakophones Aufbegehren. Ist toll.
Am 12.6.2008 im WDR.
Dienstag, 25. März 2008
Heute abend nicht vergessen: Dream of Life, eine elegische Doku über Patti Smith, die mich sehr berührt hat. Steven Sebring, eigentlich Modefotograf, zeigt die Smith in ruhigen, sorgsam komponierten Einstellungen, wandert mit ihr durch Erinnerungen, zu Freunden und Grabstellen. Sam Shephard tritt auf und Tom Verlaine und weitere Weggefährten. Es hilft, mit dem Leben und der Musik von Patti Smith ein wenig vertraut zu sein (leider reichte das Budget nicht, die Rechte für die alten Songs zu erwerben), denn der Film bietet keinen biografischen Abriß, sondern ein so intimes Porträt, daß man manchmal fast lieber wegschauen möchte. Fast.
Bislang kenne ich nur das Original, auf die deutsche Version bin ich gespannt:
Dream of Life, 25.3.2008 um 23.05 Uhr auf arte.
>>> Webseite zu Dream of Life