
Freitag, 18. April 2008
Herr Kid philosophiert über dieses "links" und "rechts", von dem man neuerdings soviel hört, und wird von Frau Klugscheißer bei der Problemsammelstelle deponiert
Was will, fragt man sich, der spontaneitätsgebremste Herr Kid, so unvermittelt in der schönen Stadt? Ich kann sagen: Es geht um die Sache! Im Auftrag der Idee Neigungsgruppen Kummer & Trunk für die Welt treffe ich mich nämlich mit der werten Frau Klugscheißer, Betreuerin der Sektion Süd, zum ersten konstitutierenden Gemeinschaftstreffen auf internationaler Ebene. Streng sachlich also, aber auch mit Kulturprogramm.
Weil wir beide katholisch geprägt sind, waren wir als erstes im Stephansdom oder vielleicht als zweites, denn als erstes mußte ja das Wlan eingerichtet werden. Heute gibt es ein Symposium auf dem Zentralfriedhof, bei dem weitere Statuten ausgearbeitet werden sollen. Man muß sich die Reise als ein einziges, erweitertes Arbeitsfrühstück vorstellen. Matthew Barney zeigt in der Kunsthalle - darauf bin ich schon sehr gespannt. Aber locker.

Donnerstag, 17. April 2008
So, jetzt muß ich nur noch irgendwann zum Flughafen. Die Leibwäsche ist gepackt, Kabel, Geräte, Zuspruch, gute Wünsche und Geschäftspapiere. Der Basilikum steht im Wasserbad. Angefangene Briefe lasse ich angefangen, muß eh alles ein wenig fairer werden.
Den Daheimgebliebenen überlasse ich den Ringelstrumpf der Woche von Joseph Umbro, der unter anderem zeigt, wie man modern reist. Ich hoffe, ich muß meinen Koffer nicht öffnen.
Paßt mir auf das Licht in meinem kleinen Leuchtturm auf. Ich passe derweil auf mich auf.

Mittwoch, 16. April 2008
Heute waren zwei ehemalige Chefinnen einer ehemaligen Lebensgefährtin zu Gast in unserer Fabrik. Man trifft sich zum Austausch, zur Manöverkritik, zum Plausch - die Firmen arbeiten auf verschiedenen Seiten derselben Branche. Die Chefin gibt sich aufgeräumt, auch unverblümt, aber freundlich interessiert. Sie hat ein schönes Sternzeichen. Ich würde gerne mit ihr ein Bier trinken, wir würden Projekte auf dem Filzdeckel skizzieren. Ich stelle ein paar Fragen, wir sind nicht in allem einer Meinung, aber am Ende schlage ich vor, ihr eines meiner eigenen Projekte verkaufen. Ich drohe verspreche, ihr einfach ein Exposé zu schicken. Sie freut sich schon.
Übermorgen weltberühmt.
Die Einladung in Berlin zum Firmenjubiläum schlage ich aus. Man muß gewisse Reviergrenzen wahren.
Ich erinnere mich plötzlich, wie ich einst alles zeigte, auch meinen kleinen staubigen Werkraum, ein paar Kollegen vorstellte. Wie man das so macht. Das Zeigen der Bauchseite.
[...]
Morgen geht es in die schöne Stadt. Darauf freue ich mich. Raus aus Åmal, hin zu den freundlichen Menschen und dem schönen Dialekt.
Ich freue mich über Post aus der anderen schönen Stadt. Wieso war ich dort eigentlich schon so lange nicht?
Wie Dienstags oft die Stimmung kippt. Daran muß man noch arbeiten.
Die Trachtengruppe "Kammer & Flimmern" übt jetzt Volkstänze wie "Da wo der Schmetterling taumelt" (ländl. Stil). Braucht noch ein bißchen bis zur Bühnenreife. Hauptsache, immer in Bewegung bleiben. Rost schläft nicht. Ich auch nicht.
Meine Kollegen sind alle so nett zu mir. Überhaupt, ihr seid alle so nett zu mir.
Ich könnte das auch mal üben.

Auf dem Konzert damals vor zehn Jahren in Hamburg bin ich ja, ich muß es gestehen, fast eingeschlafen. Auf dem Boden lungernde Hippie-Jugendliche, süßliche Wolken, die mir Kopfschmerzen bereiteten, diese alles erstickende, prätentiöse Lahmarschigkeit. Nein, live fand ich die schwierig. Ich bin nach der Hälfte gegangen.
Trotzdem. Wenn es um Wege geht, singt sie in Roads nichts falsches. Vielleicht ist es so, wenn sich plötzlich alles verändert, man nichts mehr versteht und auch Gleichgültigkeit nur eine weitere Waffe ist. Dann geht man eben weiter. Mit der Faust in der Tasche. Oder erleichtert. Oder bloß traurig. Man geht immer weiter. Und nur die Fragen bleiben.
>>> Portishead, Roads [Youtube]

Dienstag, 15. April 2008
Die erste Lektion spielte sich in meinem Arbeitszimmer ab. Sie erklärte mir, daß links (gauche) das Fenster und daß rechts (droite) die Tür sei. Bei dieser Gelegenheit sagte sie, 'qu'il faut qu'une porte soit ouverte ou fermée'; denn im Leben sei es notwendig, immer eine klare Entscheidung zu treffen.
(Pitigrilli, "Yvette gibt französischen Unterricht". 1931.)

Montag, 14. April 2008
Es ist schon eine Frage der Kondition. Nach der langen Zeit des ruhigen Wochenendschlendrians ist die Auseinandersetzung mit dem Thema No Sleep Til Bedtime dieses Jahr ein interessantes Experiment. Immerhin lockt tagsüber bereits wieder mein Lieblingsflohmarkt. Sonne verscheucht das kühle Grau, Metall und Wasser glitzern silbrig im Gegenlicht, nur zu Kaufen gibt es nichts. Aber ich merke, wie sich der Blick für Neues öffnet. So viele Schätze gibt es im Leben zu entdecken, und gespannt bin ich aufs Eldorado. Beim Outdoor-Experten ums Eck nehme ich erneut die Boote in Augenschein. Einer, Zweier? Nachdem die Leichtmatrosen unlängst meuterten, setze ich heuer auf zweite Offiziere mit Patent. Efraimstochter Langstrumpf, und statt Wind lieber Herzblut als Antrieb. Skeptischen Blicken ausgesetzt, versuche ich die Vor- und Nachteile der verschiedenen Typen zu erläutern, so weit es meine oberflächlich angelesenen Kenntnisse der Materie erlauben. Vielleicht bin ich also doch Kapitän Nemo, unverstanden, aber ein Mann wie gemacht, unter Wasser durchs Leben zu reisen.
Sanftes Sinnieren in Szenecafés. Die Frage lautet: Zu wenig Schlaf oder zu wenig Kaffee? Schön immerhin, wie sich die Wochenenden dehnen, mitunter über unruhige See, sicher, aber mit Plänen, Ideen und Projekten. Bislang stimmt alles, und es kann gerne so weitergehen. Nur an der Kondition muß ich noch arbeiten.

Sonntag, 13. April 2008
Auf und ab.

Freitag, 11. April 2008
Search request: wie sag ichs ihm auf die schönste art das er papa wird
Jetzt bin ich doch etwas überrascht.

Die Neigungsgruppe Kummer & Trunk trägt ja als nom de plume auch die Bezeichnung Kunst & Tracht, denn gute Kunst und schicke Kleider haben noch das dunkelst umflorte Leben ein wenig wundersamer und strahlender werden lassen. Die Amerikanerin Laura Honse zeigt daher wie von höherer Hand bestellt derzeit die Ausstellung "Glamour without Glitter" - eine verzückend unverschönte Sicht auf abgefeierte Räume, ebensolche Menschen, kleine Bruchstellen des Lebens, kurz, das Graziöse der Verletzlichkeit. Statt Schnapstrinken lockte folglich ein Bummel zu fotografierten Partysplittern und Fragmenten einer traurigen Poesie vom Morgen danach. Laura selbst ist ganz entzückend; wir plauderten ein wenig über die Dinge des Herzens und die Lage der Fotografie, weshalb mein refrainartiger Hinweis, daß man das alles auch kaufen kann, nicht fehlen soll.
Die Ausstellung im Atomic Salon wird im Rahmen der heute startenden Phototriennale, gezeigt, die dieses Jahr zum vierten Mal in Hamburg stattfindet und über 70 Ausstellungen zur Fotografie präsentiert.
Laura Honse: "Glamour without Glitter". Noch bis zum 31.6.2008 im Atomic Salon, Glashüttenstr. 19, 20357 Hamburg.
