
Donnerstag, 10. April 2008
Gestern um die Abendstunde war ich mit Hamburgs attraktivster Bloggerin (konkurrierende Einwände und Proteste bitte mit Bildbeweis an links eingeblendete Adresse) was Essen, weil man a) nicht immer Tanzen kann und b) Leib und Seele auch mal anders zusammenhalten muß. Die Teller wurden brav geleert, falls sich jemand wundert, warum heute in Hamburg schon wieder die Sonne scheint. Ich berichte von meinem Fotoprojekt, den lange verschobenen Ausstellungsplänen, nichts wildes, nur um einfach wieder mal was zu machen. Und wie ja alles seinen Rahmen finden muß.
Die letzte Bahn ist angenehm leer. Am Hafen blinken die Lichter der Schiffe herein, Aretha summt ihr kleines Gebet in mein Ohr und das Rumpeln der Wagen lullt mich auf wohlige Weise ein. Die Nacht muß man sich immer wieder neu erobern, den Geruch und den Hauch der Schwerelosigkeit. Die Treppe hoch, die letzte Runde, wer Glück hat, findet eine Stimme, die dann noch ein wenig spricht.
Heute kehrte der lang verreiste Kollege zurück. Am Arsch der Welt sei er gewesen, ein ausnehmend schöner Arsch allerdings sei es gewesen. Wir beschließen, es müsse sozusagen der JLo unter den Ärschen dieser Welt gewesen sein. Dieses Jahr, so merke ich, legte ich gerne meine Hände drauf. Dieses Jahr bin ich wieder unterwegs.

Dienstag, 8. April 2008
Es beginnt ja nun die Reisezeit: Wer wie ich Paris mag und möglicherweise auch ein Herz hat für die analoge Bohème der 20er und 30er Jahre, möchte sich vielleicht auf die Fersen von Henry Miller heften. Nicht wegen Unterhosenbloggen, sondern wegen der Kunst, was sonst, der Mann hat ja schließlich alle gekannt! Oder ist an ihnen vorbeigelaufen. Sozusagen das komplette Shakespeare & Company.
Amy und Eric Lehman haben einen solchen Spaziergang in ihren Flitterwochen unternommen, was auch sonst, und schreiben darüber recht unterhaltsam im Blog Miller Walks. Dort gibt es weitere Informationen, Obskuritäten und Wanderrouten zu entdecken.
>>> Miller Walks

Montag, 7. April 2008
Am Wochenende nach langer Zeit erneut die ersten zwei Teile "Der Pate" gesehen. Viel über Familienkult gelernt und vielleicht auch verstanden. Man hält sich besser raus. Manchmal.
Je herzlicher der Empfang, desto lauter klingt die Tür, wenn sie zuschlägt. Irgendwann gibt man die Schlüssel zurück. Irgendwann klingelt man nicht mehr.

Samstag, 5. April 2008
Die gemeinsame Vorliebe für Dijon-Senf.

Freitag, 4. April 2008
Daß das, was war, nicht mehr da ist.
(Die Sterne, "Wahr ist, was wahr ist")
Als nach einer langen Zeit der Regen wieder fiel, wusch er erst Flitter und Glitzer hinweg. Bald aber Farbe und Putz, das Stroh aus den Wänden, den Lehm. Ließ zurück nacktes Holz, ein Gerüst für Träume, Nägel und Seilschaften. Ließ zurück das Nichts, regnete weiter und spülte am Ende das Gesagte, Gedachte oder still auch Erhoffte die Hänge hinunter.
Wie alles immer weniger wird. Wie die Dinge, die erinnern, entfernt, abgenommen, versteckt werden. Wie man geht, weil man irrt, es gebe ein Bleiben, ein Halten, ein Dennoch. Wie aber nichts passiert. Weil es eben nie genug ist. Und wie man merkt, das was so groß hätte sein sollen, verschwindet, sich löst, zerfranst, zerfasert, bis am Ende die Gleichgültigkeit bleibt, ein leerer Tisch in einem Café. Wie alles nichts wird.
[aus meinem Buch: Pastis und Pathos. Zuviel ist nicht genug]

Donnerstag, 3. April 2008
you're boring baby when you're straight
(The Kills, "Cheap And Cheerful")
Heiße Luft, wir bleiben beim Thema, gibt es auch in den Hamburger Rockclubsschuppen aus dem Niedrigdeckenbereich. Die Laune eher bodennah, schleppe ich mich nicht allzu erwartungsfroh, aber aufgeschlossen in eine Art Übernachtungsheim für H&M-Punks. Jungs in geringelten Hemden, Mädchen mit geringelten Schals, wunderlich, denke ich, allzu wunderlich. Ich dachte, niemand wäre so wie ich. Kurz läuft Jamie Hince an mir vorbei, die Kills geben sich volksnah. Ich blicke ihm kurz in die Augen, dem Mann, der Kate Moss die Innenseite der Ellenbeugen küßte, wünsche ihm Glück fürs Konzert und unterdrücke in letzter Sekunde den Impuls, ihm dreimal über die Schulter zu spucken. Ich spiele ja kein Theater mehr. Also nur noch drei-, viermal im Jahr.
The Kills fangen zu meiner Seniorenfreude pünktlich an, das Leben ist endlich und Warten so 2007. Aber die Kills vertrösten nicht, die Kills sind zärtlich. "The Good Ones" stampfen von der Bühne, der Raum ist dicht gepackt, fast rauchfrei, aber auf einmal gut gelaunt. Alison Mosshart zeigt, wozu Frauen unbedingt lange Haare brauchen, sie preßt, haucht und stöhnt ihre Zeilen ins Mikro, flirtet mit dem Publikum, sichtlich angetan, sichtlich bei sich. "U.R.A. Fever" - das Duo füllt alle Poren mit Lärm, mit Schweiß, mit der Hoffnung auf Liebe, mit Sehnsucht, ja, die verdammte Sehnsucht, und hingefetzten Alltagsmomenten. "We ain't born typical" - wir verlernen nur, das Besondere zu schätzen.
Zur Zugabe zündet Miss Mosshart sich eine Zigarette an, schmust mit dem Mikro, lächelt ins Publikum, lächelt mich an, aber darauf falle ich nicht herein. Keine Menschen mehr, die nur auf Tournee durch mein Leben sind. Sie wird es verkraften, ich sowieso. "Fried My Little Brains", zehn Minuten, Hauptsache, das Herz kommt heil da raus. Staub abwischen, Rost entfernen, Pflaster drauf. Draußen pumpt das Lüftungsrohr eine Wolke Glitter auf die Straße. Drinnen bleibt ein Dreiklang aus Schlamm und Blut und einem aufrichtigen Hallo. "Get the guns out, get the guns out. Your love is a deserter."
>>> The Kills mit No Vow, wo sie ein bißchen wie zwei Blogger aussehen. Warum auch nicht.

Mit heißer Luft sind nur Ballone weit geflogen.
[aus meinem Buch: Sind das Schuppen in meinen Augen? Panik & Sentenzen.]

Mittwoch, 2. April 2008
Das Wetter wechselt.
