
Montag, 5. Dezember 2005
Wer hätte gedacht, daß es eine direkte, wenngleich überaus kopflastige Verbindungslinie von Ludwig van Beethoven zu Blogger.de gibt?
Ich hätte es jedenfalls nicht gedacht. Bis ich die bislang reichlich unbemerkt gebliebene, von Herrn Sweetmaker auf gewohnt ruhige Art erzählte, ziemlich irre Geschichte gelesen habe.
Die Gralshüter des hermetischen Cafés dünnen ja immer mehr aus.
Vielleicht also hinterlasse ich meine Knochen der Frau Schwadroneuse.
Die könnte eine Installation daraus machen, das würde mir gefallen.

Sonntag, 4. Dezember 2005
An normalen Tagen kann man mir ja viel erzählen. Manche wissen das auch. Aber nun scheint das Bloggen sogar mal zu etwas Nutze sein, denn beim Thema Schokolade lasse ich mich nicht foppen. Ein Blick ins Archiv beweist:
Der Schoko-Schock kehrt jedes Jahr wieder.
Was der Benzinpreis kurz vor den Sommerferien, ist der Schokopreis vorm Lichterfest. Immerhin darauf ist Verlaß.
(Gleichmal die Vorräte auffüllen. Nylonstrümpfe sind auch wieder alle.)

Samstag, 3. Dezember 2005
May seem a waste of time
It's always been just the same
No hearing or breathing
No movement no lyrics
Just nothing.
(New Order, "Your Silent Face")
Am Tag, als der Sommer vorbei war, sagte ich, laß uns noch etwas nach draußen gehen. Es war der erste Tag, an dem ein kälterer Wind an den Häuserfronten der Stadt entlangschlich und eine Ahnung von Herbst hinterließ.
Wir saßen draußen auf zwei Stühlen des Caféhauses, die man vergessen hatte hereinzuholen. Sie drehte sich mit routinierten Griffen eine Zigarette. "Und nun?", fragte sie. Ich betrachtete die Tauben, die langsam nähertrippelten, in der Hoffnung auf etwas Brot.
"Nichts", sagte ich. (Nada y nada, dachte ich.) "Wir werden hier sitzen. Die Sonne wird nicht kommen, deine Zigarette fast ausgeraucht sein. Irgendetwas Kaltes wird an uns vorbeiwehen." Sie blies langsam den Rauch aus.
"Dann wirst Du langsam den Rauch ausblasen. Du wirst etwas sagen wie, daß Du gerne die Katze aus dem Regen retten willst." Sie blickte mich fragend an.
"Ich bin nicht Hemingway", beruhigte ich. "Zum Glück." Ich schlug den Kragen der Jacke hoch. "Und es regnet ja auch nicht. Noch nicht, heißt das." Nachdenklich studierte ich den Himmel, während der Rauch ihrer Zigarette mich einhüllte.
"Du wirst die Kippe zu Boden fallen lassen. Mit einem letzten Glimmen, vielleicht. Dann werden wir aneinander vorbeisehen und aufstehen. Du trittst die Glut aus, und wir werden gehen."
Sie sah mich das erst mal an, das Leuchten der Zigarettenspitze erhellte das Blau ihrer Augen. "Dann ist es eine Frage der Richtung", sagte sie endlich.
"Du hast deine gefunden", sagte ich. "Und ich, ich hatte nie eine."

Mittwoch, 30. November 2005
has made you very lazy
you're anaemic from her sucking
and when you're dead she'll find another
(Siouxsie and the Banshees, "Voodoo Dolly")
Unbedingt vormerken, ihr Schnuffis: Ab dem 2. Dezember verführen in der Strychnin Galerie in Berlin die Puppenspieler Scott Radke, Kerry Kate und andere zum düster-verzückten Augenrollen.
You'll find me in the corner of a room with no windows oder mit beschwörenden Gesten die künstlichen Leiber animieren. Ich hoffe, es gibt dort nicht nur Fotografien zu sehen, sondern echte Objekte. Danach habe dann ich ja vielleicht mal wieder was zu erzählen. Von der alten Frau im Stiegenhaus. Oder dem Mädchen mit der Milchschüssel. Oder die Sache mit dem Auge, von dem man sagte, daß es niemals schlafen wollte. Bei den Puppen weiß man, daß kein Herz unter den Dielenbrettern schlägt. Denn selbst die sind in diesem Haus aus Wachs.
(Silent Companions. Vom 2.12. bis 2.1.2006. Strychnin Galerie, Berlin)

Dienstag, 29. November 2005
Neulich besuchte ich die Ausstellung der jungen Hamburger Künstlerin Moki und war erstens recht angetan, aber zweitens ein wenig traurig, da eines meiner Favoriten bereits verkauft war: Ein Mädchen im Ringelhemd füttert die Eichhörnchen und streicht damit an die herbstlichen Herzen.
Zum Original hätte mir wohl auch das Geld gefehlt, doch jetzt aber wurde ich regelrecht beschämt, denn die Künstlerin, durch meinen Blogbeitrag aufmerksam geworden, hat mir eine Fotokopie des Werks geschenkt.
Herzlichen Dank, ich bin sehr gerührt!
Und so sind es dann immer auch die flüchtigen Begegnungen, die Fäden und Netze, die sich spinnen. Aus dem Virtuellen wachsen sie herüber, sagen Guten Tag und machen Mut, ein wenig weiter zu wandern.
Zu lernen, zu hören, zu wachsen vielleicht. So ein Blog ist nicht nur schlecht.

Montag, 28. November 2005
(Georg Trakl, "Ein Blasses..." ca. 1914.)
Schattenspiele von Michel Gagné.
Unter verwesenden Bäumen; schweigend umfängt
Des Weihers Kühle den Schläfer, gleitet
Der verfallene Mond über seine schwärzlichen Augen.

Montag, 28. November 2005
Endlich kann es weitergehen. Nicht so, wie es manche Erwartungshaltung suggeriert (so, als müsse man hier Geld bezahlen), sondern natürlich ausschließlich so, wie ich es meine. Denn immer noch heißt es: Besser erstmal selber machen, ehe man woanders meckert. Mach mal, so lautet mein Lieblingssatz, der mir seit drei Monaten sanft ins Ohr gepustet wird.
Mag man sich draußen auch an Netzfiguren abarbeiten, hier gibt es Sinnliches zu tun: Dias scannen, z.B. Endlich.
File under: vorgezogene Weihnachten
