Tote Tiere an der Wand

Das Wetter ändert sich, die Menschen stehen wieder vorwärts in den Straßen. Oder gehen entzwei.
Am Samstag will ich bloß unverfänglich zur Vernissage, gerate aber schon auf der Straße in eine böse blöde Auseinander- setzung. Ein psychopathischer Spacko Typ in einer psychischen Extremsituation rangelt da mit seiner baldigen Exfreundin (hofft man) und verbittet sich höflich jede Einmischung springt mir fast an die Gurgel. Ob ich keine eigenen Probleme hätte, fragt er besorgt brüllt er mich an.

"Klar, habe ich die", sage ich, erzähle ihm von meinem Jammerblog und gebe klein bei versuche, ihn zu beschwichtigen. Irgendwann kommt die Polizei. Irgendwann.

Im Knust singt Bernadette, aber ich fühle mich an diesem Abend nicht knarf genug, mich von fremden blonden Frauen anrocken zu lassen. Andererseits gibt es viel Auflauf beim Helium Cowboy. Junge Menschen, schöne auch und übriggebliebene. Meine Begleiterin will sich gar nicht von mir die Kunst erklären lassen, daher mache ich mich nützlich und hole Getränke. Mokis Bilder sind mir streckenweise ein wenig zu illustrativ, so eine Art plakativer Hyper-sur-Realismus. Aber oben auf der Galerie sind die wahren Schätze verborgen: Sehr hübsche Zeichnungen auf Sperrholz, z.B. Mädchen in Ringelhemden, die Eichhörnchen füttern. Bild Nr. 37 ist bereits verkauft, sonst wäre ich unter Umständen dabei gewesen.

Herzerwärmend sind die taxidermisch aufgepimpten Plüschtrophäen. Vielleicht ehemalige Insassen der Anstalt, wer meint das schon, genau zu wissen. Die kleinen anondulierten Monster strecken einem zudem schneller die pelzige Zunge in den Mund als man "Ääääh" sagen kann. Aber dann will man ja eh immer nur tief in die Augen schauen. Sehr anheimelnd und ein würdiges Ende für den alten Streichelzoo.

Auf dem Boden liegt Laub, herbstliche Wälder im pumpenden Artspace. Gegenüber hat Frau Hengst mittlerweile zu Ende geschwitzt. Die Bühne ist leer, nur die eine, die ich kenne, steht noch mit britischem Lächeln am Mischpult und wartet.

(Moki - Fox in the Snow. Helium Cowboy Artspace, Hamburg. Bis 4. November 2005.)

Flanieren | 14:55h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
mequito - Mittwoch, 26. Oktober 2005, 15:38
Ist das da wo die Besucher immer die Bilder von den Wänden reissen? Ich dachte ja mal hinzugehen und mich ordentlich aufzuführen. Im Notfall auch fallende Bilder aufzufangen.
Diese Ausstellung wäre vielleicht der Ansporn.

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bartleby - Mittwoch, 26. Oktober 2005, 16:32
Sie, mein Herr! … spannend DAS … trefflich … als hätt' mit ipsoflexivem Gelicht … ich's … er ..blickt vertraut mir, der Herr Kid.
Ohne Sie, wäre ich um ein Nachtstück des QuerWeltEin gebracht. Clérambault … ?! Dank.

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kid37 - Mittwoch, 26. Oktober 2005, 18:23
Nicht wahr, den kleinen Seelentröstern und Kuschelmonstern steht der Grusel ins Gesicht geschrieben. Da hat jemand mit ihnen schon zur Nacht gebetet, denn nun sind sie tot und bloße Trophäe.

Herr Mequito: Nämliche Galerie ist es. Wagen Sie es ruhig, durch reichlich Laub auf dem Boden ist diesmal alles gut gepolstert.

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wise.up - Mittwoch, 26. Oktober 2005, 18:29
Herr Kid, kokettieren Sie man nicht mit ihrem Alter.
So
schlimm kann es doch
(noch) gar nicht sein!

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bartleby - Mittwoch, 26. Oktober 2005, 21:38
Schreck!! Warum diese Fehlleistung? Ich las die kausale Koordination folgendermaßen: "…, denn nun sind Sie tot und bloße Trophäe."
Ich dachte, warum hat er dich umgebracht, der Herr Kid? Warum nur?!

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kid37 - Mittwoch, 26. Oktober 2005, 23:22
Mir wird zwar manches Böse nachgesagt - und einiges auch zurecht - aber so weit würde ich dann doch nicht gehen. Derzeit. ;-)

Frau Wise.Up: Nahe dran, verdammt nahe dran.

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wise.up - Donnerstag, 27. Oktober 2005, 15:33
Glaub ich nicht.

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pappnase - Mittwoch, 26. Oktober 2005, 23:27
wie paralysiert klicke ich hier, ich habe geklickt, weg bin ich wieder.
wie paralysiert werde ich weiter klicken und wieder weg sein, dort geklickt haben.
warum klicken, wo man jeden tag lebt?

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kid37 - Donnerstag, 27. Oktober 2005, 01:05
Vielleicht eine Anregung für die kleinen Nasen? Mit dem Präparieren der einst lieben Erinnerungen fängt man nicht früh genug an. Und Geld kommt vielleicht auch auf diese Weise ins Haus.

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