Samstag, 5. April 2008


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Die gemeinsame Vorliebe für Dijon-Senf.


 


Dienstag, 1. April 2008


Büro, Büro

Bei Manufactum gab es das früher mal, wollte ich immer haben: Ein Kasten aus Aluminium, der Deckel ist gleichzeitig ein Klemmbrett im Din-A-4-Format. Innen kann man Papier und Stifte und weiteres hineinpacken. Ist ungefähr so dick wie ein Pack Kopierpapier. Hat jemand eine Idee, wo es so etwas gibt?


 


Sonntag, 30. März 2008


Das Leben ist eine Bühne

Einmal war ich im Kindergarten ein Marienkäfer.

[Aus meiner Biografie: Mein Leben als Entertainer.]


 


Freitag, 21. März 2008


Das Häschen begrub ich



Es riecht nach Winter. Über das T-Shirt werde ich zwei, drei Pullover ziehen, den dicken Mantel noch. Die Vorhersage kündet von frostigen Bildern, in denen nicht weiße Puschelhäschen, aber kristallene Flocken über buntgefüllte Nester tanzen. Mein Grab, dein Grab, mit verfrorenen Fingern werde ich den Namen schreiben in eine Decke aus Schnee. Morgen heißt meine Neigungsgruppe Demut & Andacht, wir atmen rostigen Geruch, den feuchter Neun-Zoll-Nägel. Vielleicht ist danach Zeit für Eiertanz. Ein Versprechen, ein Halt, doch wer glaubt es, kurz bevor der Vorhang reißt. Bald? Bald, wann ist das?

Ich merke, wie auf einmal die Bitterkeit zurückkehrt. Ich merke, wie die Achtlosigkeit zurück in die Ritzen kriecht, die ich gut und dicht verstopft glaubte. Ich merke, wie ich hier raus muß.

Einst tanzte ich sorglos, ganz bei mir. Denn wenn schon, dann glaube ich geflüsterten Versprechen. Nicht mehr den lauten.


 


Montag, 17. März 2008


Ok, du hattest recht



Als ich mir vor Jahren den übrigens sehr lesenswerten Roman von Junichiro Tanizaki kaufte, meinte die sehr schöne Frau™ auf ihre besondere, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit spöttisch zu nennenden Art, daß es sich schon allein des Titels wegen dabei doch nur um mein eigenes Tagebuch handeln könne. Die Mantik des Buchkaufs.

Damals habe ich noch gelacht. Mittlerweile wird mir klarer, wie scharfsinnig sie war. Man wird nicht zum Narren gehalten, man hält sich selbst zum Narren.

Der süße Traum der Illusion. Delusion, der Instantzauber aus dem Vakuumpack. Just add blood. Just add Gequatsche. Das dreifaltige Credo der Abgeklärten hingegen lautet: Nie etwas glauben, nie etwas erwarten, nie überrascht sein. "Ich will, daß Liebe wahr wird", singt Distelmeyer. Ich will nur meine Ruhe.

Ich weiß noch, wie ich mit nackten Füßen über den Parkettboden schlich, raus auf den Balkon, den Mond sah, die Stadt da draußen, die unbekannte, ein Geruch, der mir fremd war, und ein Summen wie ein kaputter Kühlschrankmotor. Ich vergrub mein Herz im Blumenkasten. Etwas, das bleibt. Weil ich dachte... weil ich dachte, weil ich an etwas Rares dachte.

Immerhin das.


 


Sonntag, 16. März 2008



Müde.


 


Freitag, 14. März 2008


Μούσα

Wenn ich mir den Regen draußen so anschaue, würde ich sagen: Heute ist ein Tag, an dem man besser mit einer schönen Frau im Bett bleiben sollte.

[aus meinem Buch: Herr Kid macht sich schon am frühen Morgen Gedanken]


 


Donnerstag, 13. März 2008


My Nurse is dressed in Black

Heute morgen hieß es nüchtern bleiben, was mir am Frühstückbüffet, das mir meine philippinische Hausdienerschaft aufgefahren hatte schon schwer fiel, vom Magen her, aber noch später dann vom Herzen. Meine Ärztin nämlich, mütterlicher Typ, ging letztes Jahr mit einem überraschendem Tschüß in Pension. Heute nun konsultierte ich ihre Nachfolgerin, aber erstmal ging es ins Labor, man interessiert sich bekanntlich für Körperflüssigkeiten in diesem Metier. Und siehe, Erscheinung, auch dort herrscht spendet neues Personal Liebreiz. Blutlüstern nähert sich mir nämlich eine frische, allerdings viel zu junge Dame [Symbolfoto] im rasant geschnittenen Schwarzhaarpony, Typ Emo-Punk in Trainingsjacke. Mein Blut pocht ihr geradezu entgegen, während ich mit flirrendem Blick (kann am Blutdruck gelegen haben, Systole, Diastole, nein, nein, mir geht es gut, vielleicht besser hinlegen?) die Bewegungen ihrer zarten Hand beobachte. Und ihre Augen.

Dann, wie abgeschoben, ein letztes Lachen auf eine meiner launigen Bemerkungen ("Läuft." Stromberg) schwebt mir hinterher, sitze ich im Wartezimmer, döse ein wenig, wie weggetreten vom Blutverlust Schlafmangel der letzten Zeit, da steht meine Ärztin vor mir. Jung, aber nicht zu sehr, ganz in Schwarz, die Haare, die Kleidung, denn Kittel gibt es hier nicht, die Lippen blutrot, ein freundliches Lächeln, so bittet sie mich hinein. Ich komme jetzt immer zu Ihnen, sage ich, noch ehe wir angefangen haben. Sie lächelt, wir diskutieren meine Werte, alles ganz gut, ich bin im Grunde topfit, nicht älter als, sagen wir mal, 37, also wenn man jetzt nur mein Blut sähe. Den Rest schiebe ich auf den Kummer, das versteht sie gut. Ob ich nicht einen Kardiologen aufsuchen möchte. Nö, meine ich, ich weiß ja, daß ich es derzeit am Herzen habe. Und schon lachen wir gemeinsam, sowas finden Mediziner witzig. Sie sieht gut aus, wenn sie lacht, sonst aber auch. Ich muß an mein Faible für medizinisch geschultes Personal denken, während sie meinen Körper betastet, hier mal und da auch.

Sie komme aus Berlin, entlocke ich ihr später, während ich mich langsam wieder anziehe und dabei diesen Trick mit meiner Oberarmmuskulatur mache. Eine Medizinerin aus Berlin hauche sage ich. Warten Sie, ich habe irgendwo noch einen Verlobungsring. Tolle Stadt, befinde ich und meine sie. Vorsichtshalber verkneife ich es mir, sie zu fragen, ob sie mir nicht mal was zeigen will. Von Berlin. Sie strahlt mich noch mal an aus großen Augen.

Wir sehen uns in drei Monaten, meint sie. Ich schaue sie an und weiß, sie hält ihre Termine ein.


 


Mittwoch, 12. März 2008


Eine Kerze im roten Zimmer

"I think I've gone blind in my left eye!"
(Twin Peaks)



Sitzen, seine Träume ordnen, die Erinnerungen. Vorausblicken durch grünes Glas, Zurückblicken ins rote Licht, wie ein Aquarium mit dem schönen Fisch, der still seine Kreise zieht. Wie alles war, wie alles kam, wie alles sich änderte. Mehr Mulder & Scully als Lulu & Sailor, aber dann eben auch und länger dafür und dauerhafter und ohne den großen Krawall, außer dem, den ich selber machte.

Die gemeinsame Geschichte, die Tage, die zusammenwuchsen, das Lachen, die Gespräche, das Zaudern an den wesentlichen Punkten, der unerschütterliche Kern, der mit der Zeit ein wenig kleiner wurde. Rundgelutscht wie ein Eiswürfel im Mund, wie sich überhaupt erst Kühle, dann Kälte, dann Eis um dieses sonderbare Band legte, bis es eines Tages zerbrach. Wie man dann, unsicher erst oder trotzig, für sich selber gehen lernt, halb lahm, das linke Auge blind. Bis man stehenbleiben kann und zurückschaut und sieht, was gut war.

Wie ich mir nie Gedanken machen mußte, so wie später, ob mein Name nun ein "exotischer" war oder eher nicht. Ob ich eine Erinnerung war, die man vertreiben muß. Aus dem Kopf und aus dem Herzen. Oder ob du eigentlich jemand anderen meinst. Weil alles war, wie es war, ohne wenn und ohne aber und wir nicht zweifelten. Wie wir nicht immer gemeinsam feierten, aber trotzdem alles von einander wußten, spürten, immer, durch dieses sonderbare Band. Das Datum natürlich und wichtiger noch, was wir hatten, was uns fehlte. Wie wir uns oft fehlten.

Schwimm, kleiner Fisch. Es wird alles ganz wunderbar.


 


Freitag, 7. März 2008


Ein jegliches hat seine Zeit



Stumm steige ich aus dem Zug, fahre zurück durch die Stadt und gehe die bergige Straße zum Friedhof hinauf. Ich bin früh, meine Mutter ist bereits da und eine Nachbarin, eine vergessene Bekannte. Wir grüßen uns freundlich, tauschen belanglose Worte, bergen uns in unsere Mäntel. Rechtzeitig zur Beerdigung hat sich das Wetter in das für diese Stadt so typische kalte und nieselige Grau verwandelt, immer wieder höre ich Sätze, die betonen, wie schön es gestern gewesen sei. Mein Cousin tritt auf einmal aus der Trauerkapelle, tritt neben uns, steht neben sich, dankt, grüßt, dankt und fragt, wer hineinkommen möchte, der Sarg sei noch offen. Ich folge ihm als einziger, stumm, schleiche vorbei an den Bestattern, die diesen letzten Wunsch erfüllen. Vor dem Kreuz steht auf einem Gestell der Sarg, meine Tante darin.

Ich habe sie lange nicht gesehen, aber nun betrachte ich ihr wächsernes Gesicht, die weißen, fein zurückgekämmten Haare. Gut sieht sie aus, friedlich, aber nicht schlafend. Mein Cousin streicht ihr über die Wange, ich sage etwas, halte einen Schritt Abstand, respektvoll, aber auch etwas scheu. Wir wechseln ein paar Worte, etwas Privates, er erzählt mir, was er nun sieht. Wir lösen uns schließlich aus stummen Minuten, ich sage, vielleicht sei es Zeit, nun zu gehen. Die Bestatter nicken, sie werden den Sarg nun schließen, irgendwo gibt es immer soviel zu tun.

Die Zeremonie beginnt, ich lotse meine Mutter nach vorne, wir nehmen Platz in unserer Reihe, ich sitze hinter meinem Cousin, dem die erste Reihe gebührt. Er sitzt dort allein, der Rest seiner Familie, und mir wird bewußt, plötzlich, daß es eines Tages ich sein werde. Die Trauerkapelle ist kalt, vielleicht kommt daher das Zittern.

Die Orgel spielt eine Strophe, es geht schnell, der Trauerredner ergreift das Wort. Alles habe seine Zeit im Leben des Menschen, fängt er an, ich denke an den Zufall mit Isa und frage mich, ob wir wohl Korn trinken werden, später am Grab. Die Biografie der Toten, ein karges Gerüst, in der Mitte das Schiff, das der Gustloff folgte.

Die Trauerrede ist nüchtern, ich merke, wie ich abschweife, mich an anderes erinnere, und dann wie gebannt auf eine Kranzbinde starre, auf der ich einen Schreibfehler entdecke. Je länger ich schaue, um so deutlicher, fast schmerzhaft laut tritt er hervor. Und das ist es schließlich, was mich berührt: das wir immer einfache Leute waren. Immer so viel Scheitern, immer diese rührende Unbeholfenheit, immer aber dieses unbeirrte Bemühen, das ich so häufig bei anderen nicht fand.

Wir gehen hinaus, still, folgen den Trägern, die den Sarg auf einem Rollwagen den Berg hinaufwuchten, drängen und schieben, gleich ihren Atemwolken vor sich her, ganz bis nach oben, wo die Grabstelle liegt. Ringsum schwere Erde, an dicken Seilen senkt sich der Sarg, die Träger nehmen die Mützen ab, halten inne, streifen die weißen Handschuhe ab, werfen sie hinterher, ein letzter Gruß. Der Trauerredner spricht ein letztes Gedicht, wirft Erde, dann treten der Reihe nach die Verwandten vor. Meine Mutter hält meinen Cousin, dann sieht sie selbst ganz klein aus auf einmal, und ich stehe neben ihr, halte sie fest, während sie ihren kleinen Strauß wirft, die Schwester zur Schwester. Ich selbst bleibe stumm, achte auf meine Mutter, führe sie zur Seite, nehme weder Erde noch Blumen, lasse die anderen vor. Erst ganz am Ende, die Menschen gehen den Berg wieder hinunter, gleiten durch das nieselige Grau, ein Zug schwarzer Mäntel, drehe ich noch einmal um, kehre zurück, ganz allein, nur ich und die Stille, sage Tschüß und werfe eine Blume ins Grab.