Samstag, 14. März 2015
Ob das hier noch was wird? Ob ich meine Tastatur wiederfinde, wenn schon nicht die Sprache? Gern würde ich betteln, "Bitte, gib mir etwas Zeit", wie es manche im Leben sprechen, während sie dabei längst die Schuhe schnüren. Aber das erinnert an schlichte Schlagertexte, und meiner Erfahrung nach werden schlichte Schlagertexte gar nicht immer verstanden, so komplex sind die. Da werden Liebeslieder zu Pfeilen umetikettiert, daß man sich noch im Grabe drehen möchte.
Ich habe wohlwollend gelesen. Rocko Schamonis Fünf Löcher im Himmel. Eine eher melodramatische Geschichte mit überflüssigem Epilog, nein, sogar zwei überflüssigen Epilogen, die das effektvoll stimulierte Ende stilistisch runterziehen. Die Sprache stimmt nicht immer genau. Wenn in Tagebüchern aus den 60ern viel zu modern forumuliert wird. Wenn Nachrichten aus dem Kleinstadtkäseblatt aber so gar nichts von mindestjournalistischer Schreibe haben. Da ist es mir zu ungenau, zu schlampig vielleicht. Die Geschichte hält aber gut bei Laune, und mehr will sie ja nicht.
Ich habe wohlwollend eine Doku geschaut. Marwencol dreht sich um eine fiktive Stadt im fiktiven Belgien zur Zeit des Zweiten Weltkriegs, die der US-Künstler Mark Hogancamp mit Barbiepuppen bevölkert. Ihre groschenromanhaften Kriegsabenteuer fotografiert er als fortlaufende Geschichten und sieht sich selbst als Teil dieser akribisch und detailreich ausgestatteten Seifenoper. Hogancamp war nach einer üblen Schlägerei ins Koma gefallen und hat Hirnschäden erlitten. Seither lebt er in seinem "Tal der Puppen" und integriert auch die Puppen-Doubles seiner Nachbarn und Freunde in die Fotogeschichten. Ein bißchen unheimlich, auf jeden Fall anrührend und faszinierend.
Im Grunde eine Art Bloggeruniversum, wenn man den Faden mal weiterspinnt. Avatare in ihrer zurechtstilisierten Welt.
Ich saß mit einer Bekannten beim Essen im besten Restaurant von Marwencol und ging mit ihr meine Exit-Pläne B bis K durch. Aber egal, worüber ich referierte - Imkerei, Interpret von Kunstliederabenden, Malerfürst -, sie kam immer wieder auf "Rockstar" zurück. Ich sei so in dem Alter. Vielleicht ist da was dran, schließlich leben wir in einer alternden Gesellschaft. Ich würde natürlich, meinte ich, gleich oben einsteigen und ausschließlich Hallenkonzerte geben. Diese Clubtourneen im VW Bulli gehen ja doch ganz schön auf die Pumpe.
Ich habe aber auch noch geheime Pläne. Und Hirnchirurgie finde ich auch interessant.
Weil ich hier den Überblick verliere, mußte ich einige Bücher und Klamotten zum Basar bringen. Und noch ein paar mehr Bücher und Klamotten. Raumordnung & Struktur, zwei hilfreiche Krücken, wenn man so durchs Leben humpelt. Als Rockstar bräuchte ich natürlich gleich wieder neue Klamotten, Hingucker vielleicht zwischen Ziggy Stardust und Elton John.
Das bringt mich auf was. Erinnert ich euch noch an den obskuren Kanal Telemedial? Der Herr ist bemerkenswert neu eingekleidet - irgendwo zwischen Ziggy Stardust und Elton John und erzählt etwas über die besonderen Kräfte und insbesondere die Geduld von Steinen. Und Internetfreunde. Da sagt ihr nichts mehr.
Mittwoch, 27. August 2014
Ich lese gerade im aktuellen Kultur & Gespenster. Die Ausgabe 14 erschien schon 2013 und dreht sich um Radio, dessen Theorie und dessen Verbindungen zu Spukereignissen ("Stimmen hören!") und Schizophrenie (der Fall "Schreber") - hochinteressant also, ein wenig obskur, gerade richtig für den anbrechenden Herbst und den langen Abenden vor dem wärmenden Röhrengerät. In der Ausgabe auch ein etwas beleidigt klingender Beitrag über das Gängeviertel und Subkultur per Akklamation, aber auch ein sehr launiger älterer Text von Frieder Butzmann über Punk und New Wave in Hamburg. Mehr hier: Kultur & Gespenster.
Sonst alles gut, wie es modern heißt. Wie Sheldon Cooper auf Weichmacherdrogen übe ich mich ein wenig in sozialer Interaktion, komme folglich zu aushäusigem Abendessen und Unterhaltungsprogramm. Da ich gern den Unterhalter spiele, ist das immer gut. Das Essen oft auch.
Bei unterschiedlichen Reparaturarbeiten bin ich aber auch zu Schnitten und Dellen, Abschabungen und Hämatomen und weiteren kutanen und subkutanen Verletzungen gekommen. Scully hätte ihre Freude an mir gehabt. (Man sieht, wie unrealistisch diese Serie ist. Das macht doch heute keiner mehr!)
Nicht im Röhrengerät, aber über das Internet sind die Töne von Sima Kim auf A Closer Listen zu hören. Ambient für kommende Herbstabende, "Freudvoll und leidvoll", wie die Titel versprechen. Funktioniert auch ohne Weichmacherdrogen.
Eine schöne Entdeckung ist die Internet-Radiostation Hilversum The Lake Radio, auf die Liisa aufmerksam gemacht hat. Meist sogenannte komplexe Musik, zwischendrin Wortbeiträge von Burroughs oder Robert Frost, sehr selten mal dann überraschend mainstreamiges Geklimper.
Laura Flook, die durch die TV-Reihe Oddities bekannt wurde, schreibt was aus meinem Herzen über Klatsch & Tratsch im sozialen Treppenhaus. Das wird einige brennend interessieren und sollte es auch.
Der Herbst kündigt sich an und bald werden wir uns draußen in ockerbunten Laubhaufen treffen, um Kastanien zu sammeln. Ich benötige dazu eine schöne Jacke, könnte natürlich aber auch warten, bis meine alten Mäntel von selbst so verwelken.
Montag, 30. Juni 2014
Ich hoffe, ihr habt eure Balkone geschmückt, wenn heute abend der Weihnachtsmann der Herr Löw und seine elf Weisen das Wunder im Fußballmorgenland vollbringen. Dies ist ja die WM der großen Zeitverformungen, ein Beweis für den fatalen wissenschaftlichen Irrtum, dem auch Dana Scully (50) lange unterlag: "Time just can't disappear! It's a universal invariant!" - so eines ihrer überlieferten Zitate. Wer heute aber die Fußballweltmeisterschaft "live" verfolgt, wird feststellen, wie zeitversetzt die als "Live-Übertragungen" ausgewiesenen Sendungen in den Nachbarwohnungen und auf der Straße bestöhnt, beächzt und behupt werden. (Oder wie hier im Viertel: beböllert.)
Irgendetwas wollte ich sagen. Vergessen.
Blogger.de braucht noch Hilfe, wie hier nachzulesen ist. Wer etwas beitragen möchte, kann dies gerne tun, auch ungerade Summen sind willkommen. Geht ganz alte Schule über eine Bankverbindung.
In den USA (das ist ein Land in Amerika) hat man seit jeher großes Interesse an Techniken zur Mind Control. William S. Burroughs beispielsweise hat viel darüber geschrieben und wurde als drogensüchtiger Verschwörungsfantiker belächelt, dabei war er nur der drogensüchtige Poeten-Bruder des bekannten Sachbuchautors Philip K. Dick. Die Firma Facebook jedenfalls, die im Internet ein großes Aushorchungsnetzwerk betreibt, hat das alles noch mal ausprobiert und festgestellt: Schöne Nachrichten sind schöner als nicht so schöne Nachrichten.
Leider, so muß ich als Betreiber einer kleinen diesbezüglichen, seit zehn Jahren bestehenden Blog-Forschungsstelle (und zwar im Internet) berichten, gibt es keine schönen Nachrichten. Die schönen Nachrichten nämlich erreichen uns nicht nur zeitversetzt (s.o.), sie sind auch noch geschönt.
Nehmen wir zum Beweis diese Bilderstrecke, die uns aus dem schönen Kalifornien (das ist ein Staat in den USA) erreicht. Ich habe recherchiert und erfahren, daß diese Bilder gar nicht "echt" sind. Es handelt sich um eine Gruppe Schauspieler aus einer Vorstadt von Los Angeles, die hier im Auftrag einer Nachrichtenverschönerungsverschwörung so tun als seien sie glücklich. (Bis auf eine, die aus wohlhabender Familie stammt, leben aber alle einschließlich der Kinder vom Existenzminimum in einem Trailerpark in den Bergen Hollywoods, aber das nur nebenbei.)
Wer aufpaßt, errät es am Skateboardbild. Keine Zehenschutzschuhe! Kein Helm! Kind in kippliger Situation! Wennjetztwaspassiert! Es dürfte jedem klar sein, daß dies keine echte, von Mind-Control-Experimenten unbeeinflußte Lebenssituation darstellt, sondern von professionellen Stuntmen und -kindern im Filmstudio nachgestellt wurde.
Wie der WM-Sieg einer bestimmten Mannschaft 1974 übrigens.
Montag, 14. April 2014
Zuviel Arbeit, wohl. Zuviel Nachdenken auch über den anstehenden Wandel des großen mobilen Ganzen. Bis dahin freuen mich daheim die kleinen Dinge. In meinem Bestreben, unnötigen Plastikmist loszuwerden, habe ich zum Beispiel endlich einen Cutter aus Metall. Der liegt ganz wunderbar in der Hand und hat eine überaus vernünftige kleine Messingschraube zum Feststellen. Schluß mit dem billigen, spillerigen Plastikdreck, wo dauernd was abbricht oder die Klinge nicht richtig stabilhält. War gar nicht teuer und hält ein Leben lang. ich bin mir aber nicht sicher, ob das interessant genug für einen Blogbeitrag ist. Sonst erzähle ich gerne noch detaillierter.
Kleine Dinge, ganz groß: Bärlauchpesto aus der Eifel, so was kennt ihr gar nicht in eurem frankoitalienischem Feinkostwahn. Großer Geschmack in kleinen Gläsern. Mehr braucht man nicht.
Dann erlebe ich seit einiger Zeit interessante Dinge auf diesem populären Kurznachrichtendienst. Ich war der Meinung, ein wenig Dazulernen schade mir nicht und habe das folglich auch mal begonnen. Ich habe sofort ganz viele ehemalige oder sporadisch noch aktive Blogger von früher™ getroffen. Das ist wie mit dem Geld: Die sind gar nicht weg. Die sind einfach woanders! Ich lerne nun jeden Tag dazu, diese Fachsprache dort und Benimmregeln, ich "folge", werde "gefolgt" und natürlich auch "entfolgt", und "geblockt" wurde ich auch schon. Das ist alles furchtbar favorisierend. Toll.
Nebenbei versuche ich zur Abwechslung und aus den Erfahrungen der letzten beiden Jahre schöpfend, Menschen zu verstehen. Aber, oh, diese aufwühlenden Fragen! "Muß ich jeden Tag mit der Freundin reden?" Das Internet weiß auch da kompetente Antwort.
Es ist wieder so weit. Die Abstimmung für die BOBs 2014 der Deutschen Welle hat begonnen. Für Madame Modeste kann man hier abstimmen.
Morgen, Hamburg: Der Burnster liest in der Superbude St. Pauli aus dem dritten Teil seiner Mandel-Trilogie. Hingehen, das wird ein großer Spaß!
Samstag, 28. Dezember 2013
Jahresendausfegen. Letzte Kleinreparaturen, kleine letzte Besorgungen, überhaupt, alles klein halten. Dabei eine kleine Pechsträhne entlangrutschen: die Schuhe, die ich zum Besohlen gebracht habe, sind anschließend kaputt. (Ich glaube, ich habe aber noch ein Paar. Oder drei.) Auf der Post, bei der ich zwei Paketsendungen abholen möchte, ist eines nicht auffindbar. Weg. Alles weg. Der neue Rasierpinsel gefällt mir nicht. Die Jacke, die ich mir zwei, drei Tage zu lange habe zurücklegen lassen, ist verkauft. (Ich glaube, ich habe aber noch eine. Oder drei.) Der Drucker, der bunt und schön kann, aber auh nicht so richtig, ist ausgefallen. (Wenn ich überlege, daß der alte HP Deskjet, also früher, jahrelang klaglos seinen beschränkten, dafür aber verläßlichen Dienst vollzogen hat.) Keinen Urlaub auch nicht, dafür Hunger.
Dazu Bereitschaftsdienst. In der Mittagspause am Freitag lese ich kurz durch die Weihnachtsausgaben der Zeitungen. Der Herr Stadelmaier hatte Kolumnendienst und möglicherweise schon deshalb schlechte Laune. Herr Stadelmaier gilt als Deutschlands profiliertester Theaterkritiker, ein sensibler Mann mit breitem Wissen. Nicht so beim Film und dessen Rezeptionskonventionen. Stellen wir also klar: Gespoilert wird nicht. Auch wenn 99 Leute den Mörder kennen, es könnte einer unter Hundert sein, der ihn (oder sie) noch nicht kennt und dem man völlig unnötig den Spaß verdirbt. Das gilt auch für Genrestücke wie Agatha Christies "Die Mausefalle".
Beim klassischen Theater ist der Stoff meist gut tradiert, jeder kennt das Ende von "Romeo & Julia". Und nein, ich verrate es nicht. Aber gemeinhin enden Tragödien so und Komödien eben anders. Letztere mit einer Hochzeit, erste mit dem Tod. Weil das bekannt ist, interessiert beim Theater in aller Regel die Inszenierung. Niemand sagt: Wow, tolle Handlung. Und am Ende, stell dir vor, war's in Wahrheit die Lady MacBeth! Man sagt: Berührende Inszenierung, ergreifend, aufwühlend, beschwingt oder auch kühl, spröde, von allen guten Geistern verlassen. Oder sogar: einfallslos.
Zurück zum Film. Stadelmaier, der allen Ernstes Inspector Barnaby zu den "bedeutenderen Kriminalkunstwerken" zählt, zeigt dafür nicht viel Ahnung von Hitchcock. Verriete man den Täter, so der Großkritiker, "könnte man zum Beispiel die großen Filme des großen Hitchcock, wenn man sie einmal gesehen hat, ja nie mehr sehen – weil man dann längst wüsste, wer’s jeweils war." Also mit Verlaub. Als wäre Hitchcock für Who dunnits bekannt. Es sind Thriller, spannend, weil sich dort ein Unschuldiger in einer ausweglosen Situation befindet, als Mordverdächtiger gejagt wird oder selbst einen Mörder jagt. Man weiß bei Frenzy, wer der Krawattenmörder ist, man wird Zeuge bei der mörderischen Verabredung bei Der Fremde im Zug. Überhaupt basiert die Spannung darauf, daß man als Zuschauer immer ein bißchen mehr weiß als der in Gefahr befindliche Held. Das Wie ist das Interessante, nicht das Wer.
Apropos. Hübscher Tokioter Laden, bei dem man vor lauter Wie, das Was kaum sieht. (via Esther)
Ich sortiere ein wenig rum, Bücher, Filme, Musik. Lee Ranaldos neues Album, Kim Gordons neues Album. Sehr stoische, unmoderne Alben. Gordon auf der manchmal etwas ratlosen Suche nach einer anderen Art ovn Krach, Ranaldo eher der Erzähler. Immerhin dürfen anders als beim Debüt die Gitarren wieder hübsch quersägen und hin- und herschringern.
Bruce Davidson hat Ende der 50er jugendliche Gangs in New York (das ist eine Stadt in den USA) fotografiert. Coney Island Rocker und Rumlungerer. Wirkt sehr modern. Eine Jugend ohne Smartphones und couldn't care less-Attitüde.
Bei mir auch. Die Fenster sind immer noch nicht geputzt.
Dienstag, 5. November 2013
if single, will be your full focus at the full moon,
November 17, plus or minus five days.
This full moon could bring an engagement or marriage,
and it would be a wonderful time for that. (Q)
Dann bitte ich mal um Beachtung, die - wie sagt man in Motorradkneipen? - "Ladys". Bis zum 17. und sogar bis zu fünf Tage darüber hinaus könnt ihr wieder anrufen (pro Anruf nur 49 Cts., Achtung, Mobilfunkpreise können abweichen) und ein tolles Überraschungsangebot gewinnen, das euer Leben verändern wird!
Ein ehemals bekannter deutscher Blogger wird dann romantische Anträge verteilen. (Achtung: begrenztes Angebot!)
Oder wie es an anderer Stelle bei A Softer World so schön heißt, es gibt solche Zeiten.
Letzte Woche war Eröffnung der wohl ersten umfassenden Retrospektive von Guy Bourdin in den Hamburger Deichtorhallen. Sex, Gewalt, schwarzer Humor, und alles für die Vogue. Wenn Newton mal keine Zeit hatte. Oder umgekehrt. Manches ist immer noch schrecklich modern, anderes atmet etwas stark den Geist der 80er-Jahre. Interessant die frühen Schwarz-Straßenbilder aus den 50ern. Sympathisch der Wille, der totalen Inszenierung (in einem Nebenraum der Deichtorhallen hängen passenderweise zwei Bilder von Tim Walker). Nachrichten aus einer Zeit, als es noch große Budgets für so etwas gab.In jeder Zeitung steht nun, wie das Team auf seine Anweisung das Meer blau färben sollte, dies aber nicht zufriedenstellend gelang. Nach mehreren Versuchen gab man dann auf. Da diese Anekdote in jeder Zeitung steht, muß ich es hier nicht schreiben.
Ich weiß gar nicht, wie ich dort hinkam. Geht grad auch gar nicht so. War auch sehr voll. Vor lauter schönen Menschen und Netzwerkern, konnte man die Bilder kaum sehen.
So ein Haus steht doch niemals in Frankfurt, dachte ich. Aber statt Frankfurt/Main handelt es sich auch um Frankfort, Maine. Das ist eine Stadt in den USA. Mit einem novembrig schauenden Spukhaus.
Aufgepaßt. Gilbert Bécaud hat eine wichtige Botschaft, bei der er keinen Widerspruch duldet: La solitude ça n'existe pas. Gut, 1969 konnte man ja noch träumen.
Donnerstag, 10. Oktober 2013
Aus Gründen in den letzten Tagen viele Kurzfilme gesichtet. Über Fahrräder, Longboards, Jugendkultur. Es fehlt immer noch die große Billstedt-Saga, dabei wandern die Bagger und Kräne in Hamburg immer weiter nach Südosten, fressen sich durch Brachen, Grüngürtel und das Betongewölle der 70er-Jahre-Schlafnester.
Palais Schaumburg spielen am am Freitag. Keine Ahnung, ob ich das schaffe. Ob die mithelfen, eine neue Stadt bauen?
Brutal youth from the Stadtrand: Gewalt, Sexualität, Pubertätsplemplem - eindrucksvolles, teils verstörendes Video von Kid Wise. (Nicht sicher uff Arbeit.)
Wunderbarer Kurzfilm über Fastboy und wie er in der Stadt Räder baut. Die Liebe zu den Dingen, das Handwerk. Plus die ganze große Scheiße. Schöne Lehrstunde in Demut.
The Girls are alright: Gegründet in Madrid, gibt es die Szene mittlerweile weltweit: Longboard Girls Crew. Skatermädchen, die - so wie andere Silvester "ohne Jungs" feiern - ihr, wie heißt es?, "eigenes Ding" machen und zum Teil beachtliche Abschußfahrten unternehmen oder Stunts (würde ich als Vater sofort verbieten, falls ich nicht das Geld für eine Zahnzusatzversicherung hätte) oder einfach ganz gemütlich Plätze in der Stadt oder auf Landstraßen zum Cruisen erobern. Der kurze Film vermittelt die Atmosphäre. Es gibt viele Videos davon, und ja, es stimmt - die könnten auch alle Werbung für irgendwelche Modelabel sein. Zum Teil sieht man Sequenzen mit VW-Bulli, erst Surfen, dann Skaten, Sonne, Jugend, Lebensfreude, angerissene Jeans und bedruckte T-Shirts. Als einstudiertes Mißtrauensvotum würde ich nicht ausschließen, daß die Sache auch "ein wenig" gesteuert ist (womöglich von einem Mann). Ich selbst gebe aber mein Ehrenwort usw. Und man soll auch nicht alles kaputtreden.
Wäre ich schlau, würde ich sofort ein eigenes Longboard-Girls-Crew-Team sponsern. Kid-37-Skaters, so wie diese hier in Taiwan mit Frankie-Valli-Sound und Tanzchoreographie. Dann Ladengeschäfte in der Innenstadt, wo ich signierte Boards verkaufe. Ist trotzdem cool, vielleicht gerade weil Verbissenheit fehlt. Dafür, Tempo, Schrammen, Rock'n'Roll.
Tonnen davon.
Montag, 12. August 2013
So mancher hat sich sicher schon mal gefragt, wie Männer eigentlich ihre Rennräder warten. Nun, das ist ganz einfach. Sie lassen es sich von Frauen erklären: Bitchy Tutorial No 1, No 2 und No3. Ach ja, diese Lehrvideos sind nur für die Werkstatt, nicht aber sicher für die Arbeit.
Was Radfahrer ja auch immer wieder bewegt: Was ziehe ich bloß an? Ich kann doch nicht nackt fahren! Selbstverständlich nicht, Radfahren ist schließlich eine tiefergehende Angelegenheit. Ich finde daher diesen Look ("senza pelle", wie der Italiener sagt) ganz gut. Mehr als hauteng und sicher ein Hingucker für die Arbeit.
Am Wochenende, nach einem entspannten Radausflug im Regen die Fotoarbeiten von Rebecca Cairn entdeckt. Die erinnern stark an die großartige Francesca Woodman und sind am besten auf der an sich katastrophal gestalteten neuen Flickr-Seite zu sehen: Klick.
Wo wir aber schon mal da sind, auf dieser katastrophalen neuen Flickr-Seite. Wenn das mal nicht eine bekannte Bloggerin ist. Entnommen ist das Bild aus der wunderbaren Sammlung Peculiar Snapshot, in der man verblüffende, lustige und immer wieder obskure Vintage-Bilder finden kann. Menschen und Tiere wie du und ich, aus einer Zeit als unsere Eltern noch Humor hatten an Smartphone-Trashfotografie noch nicht zu denken war, weshalb man diese Bilder mit herkömmlichen Kameras und im vollen Ernst machte.
Zum Schluß mal was zum Thema Radfahren. Urban Velo ist ein Magazin aus den USA im aufgepeppten Fanzine-Stil, nicht ausschließlich, aber insgesamt recht interessant und vor allem hier für umme als PDF verfügbar.
Donnerstag, 13. Juni 2013
Wir haben es immer noch mit lebendigen Menschen zu tun. Schwere Zeiten nun bei Fastboy. Wie man Anteil nimmt bei jenen, die man gar nicht kennt. Das heißt, die man doch kennt, weil man ihr Blog seit Jahren liest, die schönen Fotos sieht, die Wege mitgeht. Bis die Hilflosigkeit einsetzt. Jetzt besser nur noch Liebeslieder.
Den Spülkasten repariert, den jahrelang wie verpickelte Teenager unbeachtet gebliebenen Kulturen darin mit ordentlich Essig zu Leibe gedrückt, die Mechanik der Heber und der Verschlussglocke gereinigt, die Dichtungen aber vorerst gelassen. Im Grunde müßte man das ganze Ding mal austauschen. Ich hätte gern so einen alten, der unter der Decke hängt. Mit einer Metallkette und diesem gurgelnden Geräusch und dem rhythmischen Vibrieren der Rohre, wenn das Wasser in die Toilette rauscht. Symphonie der guten Tat.
Bloggerbesuch zum Frühstück. Wie man gar nicht über Blogs redet, dafür über erwachsene Dinge. Weil man viele Themen hat, das Blog des anderen kennt und so dann auch irgendwie einander. Niedrigschwellige Angebote sozusagen. Es ist alles immer nur halb kompliziert in unserer kleinen Stadt.
Überhaupt Besuche. Das sind immer auch Schwingungsstudien. Ich versuche, mich in einem Licht zu zeigen, eine Aussicht bereitzustellen. ("Bitte schauen Sie, die Boote!") Neulich habe ich etwas gekocht, der Brokkoli mißriet, der Abend aber nicht. Daran sieht man die Toleranz, die Menschen möglich ist. Sich auch angenommen fühlen. Es soll uns nichts peinlich sein.
Na gut, nur wenig.
Heute morgen auf dem Stuhl gestanden, um den Deckenhaken zu reparieren. Meine Deckenhaken hingen auch schon mal stabiler. Heute morgen aber begrüßte mich meine jüngst noch gelobte Industriedeckenlampe, die am Deckenhaken hing, als Fußbodenlampe, wie sie über japanischen Teetischen gebräuchlich sind. Schnell vor dem Aufbruch in die Fabrik den Dübel getauscht, dabei entgegen den Vorschriften der Unfallverhütungsregeln auf dem Stuhl balanciert - als deckenhakengestütztes Sinnbild meines momentanen Lebens - und dann alles neu gehängt. Bis heute abend möchte ich alles ausgependelt haben.
Ezra hat jetzt eine neue Fotoseite mit wirklich schönen Bildern von Freunden, Hunden, Fahrrädern. Und Reisen. Auch ein bißchen eine Mahnung. Mehr machen. Einfach.
Einfach machen.
Montag, 22. April 2013
Wöchentliches Telefonat mit Väterchen Kid. 3:34h, drei Minuten zu früh aufgelegt also. Einseitig medizinische Bulletins ausgetauscht, dann handwerkliche Problemfelder besprochen: das Dreieck von Außenputz, Efeu, Fassadendämmung. Anschließend freies Fabulieren und Kramen in der Erinnerung. Er hat die Doku über Gunter Sachs gesehen, schwer angetan. Sie sind so im gleichen Alter, hätten ihre Geburtstage fast zusammenlegen können. Der habe gut gelebt, befindet sein Zeitgenosse. Kluger Kopf, aber auch mutiger Bobfahrer. Zeit für die Frankreich-Anekdote, Ende der 60er, St. Tropez, trés petite Fischerdorf, und diese Party auf der Jacht von Sachs und Bardot. Das klingt dann immer so ein bißchen wie eine Geschichte aus Burtons Big Fish, aber nach Jahren mißtrauischen Zuhörens weiß ich heute, daß die Geschichte wahr ist. Heute ist das nicht mehr möglich, beschließen wir. Die haben nun alle Security.
In Hamburg sind Lesetage. Die Kuratorin der Atomstromlesung hat sich im Gesellschaftssystem vertan und Künstler und Verlage der Gegenveranstaltung per Mail "befragt". Ein Festival von und mit Autonomen, "Öko-Saftproduzenten" und TV-Promis sei es. Selbst haben die Atomstromlesetage wiederum mit Charlotte Sänger Andrea Sawatzki einen TV-Promi Autorin mit großem Namen aufgeboten. Man mag das bewerten wie man will. Wenig Bewertungsspielraum läßt die flankierende Maßnahme des Kuratorinnengatten zu. Der, laut Selbstauskunft ein Hamburger Journalist, der eine obskure "Feuilleton"-Seite im Netz betreibt, fühlte sich offenbar genötigt, im Rahmen von "Recherchen" Arbeitgeber von Initiatoren und Förderern zu "informieren". Ob die wüßten, was ihre Mitarbeiter in ihrer Freizeit für Unternehmungen machten. Na, Kultur natürlich. Und werbefrei.
Die Taz spricht von "kultureller Einflußnahme", was harmlos klingt. Selbst der NDR nimmt sich des Themas an. Und Spon.
Währenddessen tauchte wohl eine Delegation des Atomstromkonzerns bei der Direktorin der Hamburger Bücherhallen auf. Die unterstützen nämlich die Gegenlesung. Bloß ein normales Gespräch, hieß es. Nicht überliefert ist, ob mit leicht heiserer Stimme ein abgeschnittener Pferdekopf als Gastgeschenk überreicht wurde.
Energiekonzerne, Autobauer, Erfrischungsgetränkehersteller. Sie alle suchen ihr Mäntelchen.
Zwei neue Bilder. "Lady Bee" von Silky und als Premium-Content für Blogger, "Man with Pussy" von D.M. Bob. Man sollte mehr elegante Tiere um sich haben.
Das muß so um die Zeit gewesen sein. Eine frühe Kindheitserinnerung, der Unfall damals in Schleswig-Holstein. Die nächtliche Rückfahrt im strömenden Regen, das Auto verbeult, die Achse, nun ja, dafür war ich zu klein. Wie ich wach wurde auf einem Rastplatz im Regen. Wie der Vater, nachdem die Scheinwerfer ausgefallen waren, die Sicherungen unter dem Armaturenbrett hervorgepuhlt hatte und mit wasserfeuchten Fingern mit Alufolie umwickelte. Damals habe er ja auch noch geraucht, sagt er. Da hatte man immer Silberpapier dabei.
Heute ist das nicht mehr möglich, beschließen wir. Es gibt nun überall Security.
Es gab kein Brot. Da mußte ich Kuchen essen.