Donnerstag, 22. Oktober 2020
The possibilities are endless. Es schmerzt, wenn man sieht, wie Chancen und Möglichkeiten vergeudet werden. Vor einiger Zeit habe ich mich für ein Projekt beworben, das mich wirklich interessierte. Ach was, elektrisierte, man muß sich dazu das Summen großer Überlandleitungen vorstellen, die schwingende Wellen über feuchte, kühle Wiesen in Nordeutschland ausgießen. Es gab dann auch eine unerwartete 50-hertzliche Resonanz, und man zeigte sich wie statisch aufgeladen über meine Zusage. Dann aber ging irgendwie der Saft aus, die Verbindung unterbrach sich ins Unhörbare und verschwand im weißen Rauschen der allgemeinen Situation™. Schade, aber kann man nichts machen. Wenn ich jetzt aber sehe, wie das Projekt weitergesteuert wird, bin ich als Handwerker ein bißchen konsterniert. DA HÄTTE MAN TOLLE SACHEN MACHEN KÖNNEN!
Zum Glück halte ich mich mit so etwas nicht lange auf, wünsche wie immer fair alles Gute und beharke meinen eigenen Acker. In meinem Debütroman Die weißen Kacheln färben sich rot geht es derweil um einen alternden, schwarzgerußten Mann in der herzenskalten Großstadt, dessen Schultern vom vielen Computersitzen von vielen Ungerechtigkeiten des Alltags gebeugt wurden.
Er ist ungefähr so heruntergewirtschaftet wie die Hauptstraßen der britischen Provinz. Ein "Leon" hat über Jahre Ansichten von Ladenfronten gesammelt, ein Album des Verfalls, bei man denkt, ach je, die weißen Kacheln färben sich rot.
2021 wird indes besser. Es startet gleich mit der Veröffentlichung des neuen Albums Atlantis der Wiener Kreisky. Hier kann man das hinreißend genervte Lied "ADHS" vorhören.
Mir schwebt nun ein Leben wie Mr. Finch vor. Der britische Textilkünstler (Instagram) sitzt den ganzen Tag in seiner Werkstatt in Leeds bei guter Musik und Bücherstapeln und bastelt still vor sich hin an zauberhaften Insekten, Pilzen und Wald- und Wiesentieren. Hier seine Webseite. Es wird viele lange Winterabende in Quarantäne geben, erinnert euch dann daran.
Apropos "zauberhaft". in einem dieser algorithmengetriebenen Wörterbucher im Netz steht dazu: "Wie wird das Wort zauberhaft verwendet? Das Wort zauberhaft wird normalerweise in der Mitte eines Satzes verwendet und wird so ausgesprochen, wie es klingt." Wie schön unsere Zeit ist! Alles Wissen geht automatisch. Alles wird ausgesprochen, wie es klingt. Zauberhaft.

Mittwoch, 22. Juli 2020
Es muß Geld ins Haus. Deshalb schreibe ich jetzt romantische Unterhaltungsromane wie Am See der Liebe. Da geht es, so viel sei verraten, um eine Familienreise an einen See, um eine alte Jugendliebe, um Komplikationen und ein Ende, dessen Ende ich hier nicht verraten will. Ich bin da sehr fleißig und habe schon zehn oder elf Zeilen geschrieben. Das ist ganz gut. Ian McKeown zum Beispiel schreibt 600 Wörter am Tag, aber der hat viel Routine.
Zur lautmalerischen Unterhaltung meines Schreibmaschinengeklappers höre ich ein altes Album von Rowland S. Howard, Teenage Snuff Film mit dem Kracher Sleep Alone. Ein uplifting Soundtrack für die Fahrt mit der Rolltreppe abwärts an den See. Mit dabei sind auch Mick Harvey und Howlands langjährige Weggefährtin und Partnerin Genevieve McGuckin. Nach seinem frühen Tod, eine berührende Anekdote, wurde Howland übrigens eine Straße in Melbourne gewidmet. (Mir, auch berührend, wurde als Autor des erwarteten Erfolgs Am See der Liebe bereits eine in New York (das ist eine große Stadt in den USA) gewidmet, die 37th Street.)
In der Schreib- und Bildschirmarbeitsplatzpause schaue ich mir an, wie meine Visitenkarte als Autor leichtfüßig-eleganter Unterhaltungsromane vielleicht ausschauen könnte. Anregungen bieten mir die Bilder von Alex Gross. Der hat alte Aufwartungskarten, sogenannte Cabinet Cards, mit Pinsel und Anspielungen auf die aktuelle Popkultur übermalt und so ihre Retro-Atmosphäre aufgehübscht. Ich bin sehr entzückt.
Menschen stehen vorwärts in den Straßen und schauen den Kometen. Irgendwo unterm Großen Wagen im Nebelwald aus Wolken und städtischer Lichtverschmutzung wird er vermutet, bislang bin ich bei der Suche am Fenster aber immer rasch eingeschlafen. (Als Autor eleganter Unterhaltungsromane gehe ich ja früh zu Bett, ich heiße ja nicht Rowland S. Howard.) Ich bin mir aber insgeheim sicher, daß der Himmelsreisende am See der Liebe viel heller strahlt.
>>> Webseite von Alex Gross

Mittwoch, 1. April 2020
Vor ein paar Jahren hatte ich einen zarten Flirt mit einem Pferd, das einer Bekannten gehörte. Seither erst weiß ich, daß Pferde für den Auslauf auf gut ausgestatteten Reiterhöfen in so Karussells gepackt werden, wo sie - hübsch getrennt in einzelnen Kammern - eine halbe Stunde im Kreis laufen und Strecke machen können gegen die Langeweile. Na ja, ihr kennt das ja sicher gut von euren eigenen Hamsterrädern.
Als gesetzter Herr von roundabout 37 Jahren kann ich natürlich rund um meinen kleinen Leuchtturm nicht mehr so Rumhüpfen, aber der Kontakt zur Außenwelt soll ja nicht völlig abreißen. Ich habe daher umständlich ein modernes Bildübertragungssystem installiert, um vor interessiertem Publikum regelmäßige Quarantäneansprachen zu halten und besonders Vertraute zum Greifen nah zu haben. Was es alles gibt fürs Heimkontor.
David Lynch wurde für Mulholland Drive 2001 zwar mit Preisen überhäuft, fand in Hollywood aber kaum noch Geldgeber, drehte (digital) 2006 noch Inland Empire, ansonsten aber vor allem (groteske) Kurzdokus oder Werbefilme. Zwischendurch stand er in den Nullerjahren meist im Atelier, baute Skulpturen aus Holz und Gips, malte und druckte und sichtete sein Werk. So wie seine Präsenz auf Kinoleinwänden ab 2000 abnahm, stieg sie in Galerien und Museen. Von den zahlreichen Werkschauen und Sonderausstellungen sind mittlerweile einige Kataloge erschienen. Zuletzt nun bei Prestel der Band Someone is in my House. Darin sind viele bekannte, gut kanonisierte Gemälde und Zeichnungen, aber auch einige recht aktuelle, dazu Verweise auf Twin Peaks: The Return. Wer also sowieso alles haben will oder überhaupt noch keinen Bildband zu Lynchs malerischem Werk besitzt, findet hier einen guten Einblick.
Aus Übersee wurde ich unterdessen auf den wunderbaren Film Hotel Splendide aufmerksam gemacht, der hierzulande nie richtig erschienen ist, obwohl er mit Toni Collette und Daniel Craig recht prominent besetzt ist. Immerhin gibt es eine DVD-Ausgabe (OmU), für Leute, die so was noch kennen. Visuell rückenmarkgespeist von den Filmen Jean-Pierre Jeunets und Marc Caros (vor allem natürlich Delicatessen und Die Stadt der verlorenen Kinder), dazu versetzt mit britischem Sarkasmus, verzerrt die muntere Groteske das titelgebende Hotel zur Psychocouch: Eine verkracht-verbogene Familie hält auf einsamer Insel den Betrieb aufrecht, während das viktorianische Gebäude immer mehr zum "House of Usher" verschrägt. Gestörte Mutterbeziehungen, Eifersucht und Neurosen sorgen für nach Leib und Leben trachtenden Exzessen und tragischen Liebschaften, während unten, tief im Unterbewußtsein Keller eine rumpelnde, nur von Eingeweihten zu bedienende Maschine durch wie Eingeweide mäandernde Rohrsysteme die Heizung befeuert - angetrieben von den Exkrementen der Hotelbewohner (da nutzt auch kein Papier). Das ist teilweise derbe, oft munter, manchmal romantisch, toll gespielt und stets wunderbar ausgestattet - wenn auch nicht so über-originell, wie man wünschen könnte. Schönes Abbild des ein oder anderen Quarantänekollers in splendid isolation aber.
Ich selbst räume ja gerade ein wenig im Keller auf, sortiere eingetrocknete Wandfarbe von der letzten Renovierung 1910 beiseite, entdecke Gegenstände, deren Bedeutung mir nicht ganz klar ist, dabei immer bedroht vom auf halb acht hängenden, mir gefährlich zugeneigten Regal, das aber nächste Woche schon endgültig rausgeflext werden soll. Es ist eine Zeit der Prüfungen und des Aufräumens und des Neuanfangs. Zähne, Toilettenpapier und Nahrungsmittel zusammen-, alles andere bitte auf Abstand halten. Bleiben Sie gesund!

Donnerstag, 28. November 2019
Heute eine kleine Expeditionsfahrt, ganz modern und erstmals mit Handyticket, die Zugbegleiter kennen das zum Gück und halten einfach wortlos ihre Leselasergeräte dran. Wortlos dann auch durch den Regen, der das platte Land hier tränkt. Ich spare mir das Reden für meinen kleinen Vortrag auf, den ich später halten werde.
Eingenässt, aber weihnachtlich geschmückt, zeigt sich die Stadt ganz charmant, Menschen geben freundlich Auskunft, setzen das Wetter nachsichtig in Bezug zu Trockenheit und Klima, ein Taxifahrer erklärt mir die weiteren Orientierungspunkte. Der auf dem Rückweg fährt allerdings einen Bogen.
Nach Jahren mal wieder diese Atmosphäre eifriger Betriebsamkeit jenseits von Verwertungszwang und Nützlichkeitsanalysen einatmen. Experimentierlabore, guter Kaffee, gute Leute - als ich gerade warmlaufe, ist die Zeit schon wieder rum. Der Horizont ist hier ein gutes Stück weiter und darum auch Beweglichkeit gefragt.
Nicht verwandt, nicht verschwägert: Woanders soll es auch guten Kaffee geben. Ich werde das in den nächsten Tagen überprüfen, die Koinzidenz hat mich aber doch überrascht. Der Betreiber schmunzelt selbst erstaunt und wird wohl nicht Bloggen, solange ich kein echtes Café eröffne. It's a deal. Dieser zumindest.

Mittwoch, 27. Februar 2019
Trotz antiquarischem Muffgeruch (schon vieles probiert) lese ich gerade ein wenig in Sidney Petersons Roman A Fly in the Pigment. Peterson ist einer der frühen Vertreter des US-amerikanischen Avantgarde- und Experimentalfilms. The Cage von 1947 ist einer seiner bekanntesten, mit Einflüssen von Buñuel, Man Ray und Maya Deren. Interessanter Typ, sein satirischer Roman geht um eine Fliege, die plötzlich aus einem Renaissancegemälde im Museum verschwunden ist und deren Sichtweise wir bald erfahren. Vielleicht nicht übermäßig elegant geklöppelt, amüsant sicherlich. Ich bin aber auch noch nicht sehr weit gekommen. Es riecht wirklich modrig.
Am 25. Februar hat Dana Scully Geburtstag, Special Agent beim FBI für mysteriöse und ungeklärte paranormale Fälle. Ausgerechnet an diesem Tag starb nun ihre deutsche Synchronstimme Franziska Pigulla mit nur 54 Jahren. Jetzt sind die 90er-Jahre aber wirklich vorbei.
Auch bestimmt "sooo Neunziger", wie es von Superschlauen ja gern herablassend betont wird, ist ja Twin Peaks. Die dritte Staffel war ein großes Fest mit einigen umwerfenden Folgen, einigen Erklärungen der Geschehnisse aus den ersten beiden Staffeln, noch mehr Mysteriösem, viel Kunst, einem großartigen Sounddesign (ebenfalls David Lynch), exquisiter Musik und tollen Auftritten von z.B. Naomi Watts.
Gerade arbeite ich mich durch das dokumentarische Bonusmaterial in der Bluray-Ausgabe. Man sieht bei Proben zu, Vorbereitungen und Setbesichtigungen, erlebt hier und da auch mal einen etwas unwirschen Regisseur (ich hätte gar nicht die Ruhe für so was) und bleibt verschont von Talking Heads, die von "it was a magic moment" und "he's a pure genius" faseln. Es sind wirklich Werkstattberichte, und das einzige, was ein bißchen stört, ist der etwas prätentiös gesprochene Begleittext vom teils deutschen Team, die auch hinter der Doku The Art Life standen. So hat denn auch der Sprecher einen Akzent, der heftiger ist als meiner. (Auf den mich übrigens in New York als einziger ausgerechnet ein Deutscher ansprach. Imagine!)
Zur Probe rahme ich ein paar Bilder aus meiner "Die Bienen sind tot"-Serie. Ich habe jetzt fünf 50x70-cm und eine handvoll kleinere Formate. Ich nehme das vor allem als Beweis für den Anstieg meines Aktivitätsgrads nach diesem längerem Glassargschlaf die letzten Jahre. Ein motivierendes, interessiertes Umfeld hilft da sehr. Überhaupt sollte man sich frei machen von Unfreundlichkeit und Nörgelei im eigenen Nahfeld. Diese Kritikhanselei, auf die man bei Menschen ab und an trifft, ist kein Zeugnis von Souveränität, sondern letztlich schlecht kanalisierte Geltungssucht. Könnt ihr so aufschreiben. Ihr müßt Blumen sein, nicht Moder.
An einer Stelle erklärt David Lynch Laura Dern, warum die Uhr an der Wand ausgerechnet 2:53 Uhr anzeigt. Sie sagt, sie ahne es schon, sie arbeite ja schließlich mit David Lynch. Er sagt 2+5+3 ergibt 10, für ihn die perfekte Zahl. Und 3+7? Na? Rechnet es selber aus.
Wer die Antwort hat, sollte unten auf der Straße übrigens mal nach seinem Kabelmast schauen. Unheimlich.
This is the water, and this is the well. Kurzzeitig hatte eine Hochschule in Berlin überlegt, dieses Gedicht auf eine Hauswand zu malen. Aber das war, würde Mr. Lynch sagen, nur ein Traum in einem Traum.

Freitag, 18. Januar 2019
Ich mag es, wie speziell diese US-amerikanischen Kulturstudien als explodiertes Notizbuch dahergekommen, eine Fundgrube weit weg von steifherzig formulierter Bürokratenfleißarbeit, wie man sie hierzulande oft findet. Collagiert erzählt, und couragiert natürlich auch. A Field Guide to Getting Lost war mir zuletzt so ein Fund. Nun bin ich bei High Stativ Dead Lines gelandet, in dem die Kulturwissenschaftlerin Kristen Galerneaux auf den Spuren von Kittler & Co. durch die Technologiegeschichte des späten 19. und des 20. Jahrhunderts spaziert und Klang, Kultur und Esoterik zusammenmischt. Voller wunderbarer Zitate, Querverweise, Anekdoten und verrauschten Spuren. Rauschzustände durch weißes Rauschen, geheime Botschaften auf obskuren Sendefrequenzen, militärische Experimente mit Infraschall, klandestine Sender in Gefängnissen... Hier eine Rezension. Entdeckt hatte ich es in der Taz.
Fokus und Entschlossenheit. Das harsche Interview im SZ-Magazin mit Viv Albertine haben hoffentlich alle gelesen. Auch bei den Arbeitskollegen große Begeisterung.
Immer noch bleibt die Frage: Was ist mit ihrem Twitter-Account?
Auf meiner Endeavour wurden früher Örgler und Eunmalkluge mit einem Boot auf einer kleinen Insel ausgesetzt. (Mit 5 Litern Wasser, zwei Avocados und einer Zitrone wg. Skorbut, ich bin ja kein Unmensch.) Leute, die fragten, wenn man gerade ein Haus besetzen will (wg. Protest oder Wohnraum oder für Künstlerarbeitsplätze), "Müssen wir da nicht vorher den Eigentümer informieren?" - Hey, you must be fun at partys!
Ich höre gerade mit Freude Rebecca Saunders Void im Wechsel mit Meredith Monks bezauberndem Album impermance. Das ist schon zehn Jahre alt, aber ich bin mittlerweile so furchtbar langsam wie Mrs. Monks Schildkröte, die angeblich bereits 37 entzückende Jahre bei ihr lebt.
Wie will diese Generation überleben, wenn in zehn Jahren die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen und Straßengangs gründen, um ihre Grundsicherung aufzubessern? Ausgerüstet mit Schallgeräten, die weißes Rauschen produzieren. Das wird noch Tränen geben und Angstpischern und Eingaben auf Petitionsplattformen.
Energie und Geheimnis. Den Rest des Tages bis in die fröhlichen
Abendstunden höre ich Kurzwelle ab und kontempliere statische Entladungen. Ob am Ende alles Rauschen sein wird?

Montag, 17. September 2018
Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub, und wer hier beim Lesen meines zehnteiligen Diaabends (oder auch längsten Besprechung von PJ Harveys Stories of the City, Stories of the Sea) schon ermüdet war, kann meine eigene Erschöpfung vielleicht nachvollziehen. Und meinen Wunsch, mich von psychischen, physischen und emotionalen Anstrengungen einfach nur in Rückenlage zu erholen - oder schnell noch eine andere Stadt zu besuchen.
Doch von wegen, "first we take Manhattan, then we take Berlin". Da wurde wohl nichts draus. Erst konnte ich kein Bett nach meinem Geschmack finden, dann vergaß die Bahn, mir rechtzeitig eine neue Bahncard zu schicken. Und dann war das Wetter so merkürdig... wechselhaft. Hü, hott, wie ein unentschlossenes Pferd. Da soll man noch mitkommen. Vielleicht kann man eben auch nur so und so viele große Städte im Jahr sehen. Ich teile es mir ein, geduldig.
Stattdessen habe ich neue Bücher erworben, etwas über Dead Girls gelesen, die Miniserie Mildred Pierce mit Kate Winslet mit wirklich nur ein paar unerheblichen Jahren Verspätung nachgeholt und mich mit den zauberhaft illustrierten Werken The Sick Rose und Crucial Interventions akribisch so weit medizinhistorisch fortgebildet, daß ich einfach mal mein frischgeschnittenes Herz in die Hand genommen und mich - denn just gelernt, ist alles gewußt - gleich um einen Job beworben habe. Immer weitermachen! Be of use!
Das belgische Pärchen, das unter dem Namen Mothmeister firmiert, geistert schon länger durch Modestrecken, Magazine und Marginalien. Die Farben sind mir zwar meist zu weit aufgedreht, das Buch aber besser als erwartet. Begleitet werden die Fotos von blogtextartigen Erläuterungen, Notizen und Tagebucheinträgen, die angenehm zu lesen sind und nicht so akademisch steif daherkommen wie in vielen solcher Publikationen. Spannend sind Mothmeister ja besonders dann, wenn sie mit anderen Künstlern zusammenarbeiten, die ihnen obskure Masken, taxidermische Präparate oder herzige Tierpuppen zur Verfügung stellen. Vor allem die von mir sehr geschätzte Annie Montgomery.
Zurück zur Musik. Max Sharam hat das Thema Mermaids, das hier offenbar in der Luft liegt und von Martin Badway sehr entspannt besungen wird, ebenfalls aufgegriffen und fürs Video ganz berückend animiert. Das berührt den inneren Oktopus in mir.
Apropos Musikerinnen. Nachdem die in meiner Küche ab und an Süppchen kochen (also einmal), möchte ich diese bezaubernde Idee zu einem regelmäßigen Konzept für Funk und Fernsehen ausarbeiten. Unbedingt auf der Liste steht die Australierin Stella Mozgawa, die Schlagzeugerin von Warpaint, deren Geburtstagskonzert ich mal gesehen habe. Ich wette zwei Paar Drumsticks, daß die super Suppe kann. Und dann wirklich gerne Viv Albertine, die, jetzt schauen wir uns aber mit erstaunten Augen an, bekanntlich ebenfalls ursprünglich aus Australien stammt. Wer Spuren lesen kann, wird einen Traumpfad darin erkennen. Wer einen Löffel hat, wird satt.
Ganz schön frauenlastig dieses Mal. Nicht, daß ich noch zum Bewunderer werde und mich hinter einer Plane verstecken muß.

Dienstag, 9. Januar 2018
Klang ist bekanntlich der Sex des Alters. Als ich mir vor zwei Jahren neue Lautsprecher kaufte, war ich aber, obgleich ich sexu klanglich sehr zufrieden bin, eventuell ein wenig voreilig. Früh gefreit, bald bereut - da gibt es doch noch mehr! Mein Musikzimmer nimmt (in klangerotischen Fantasien) neue Auswüchse an! Diese Trichtersysteme jedenfalls überzeugen mich visuellaktustisch sofort. Sicher nicht teuer.
Bloggerinnen derweil halten für ihre einsamen gemütlichen Abende meist eine Katze oder 12. Vielleicht ebenso ein wenig voreilig. Ein hübscher Strauß tut es doch auch und bringt so viel Freude. Australische Bloggerinnen halten das übrigens nur so.
Wo wir beim Thema home, sweet home sind. Ms Albertine ist ja wieder aus dem Rennen. Die verkündete auf ihrem letzten Album, das ich die letzten Tage sehr intensiv gehört habe (und zwar über meine nunmehr alten Lautsprecher), doch glatt: "I chose being an artist over being a wife". Und noch mehr: "marriage is an unnatural state". Was sind das für Ideen, bitte? Ist das noch Punkrock or wot?!? Hat die keine Katze? Ich werde ihr morgen einen Strauß mit Fleurop schicken.
>>> Geräusch des Tages: Viv Albertine, Confessions Of A MILF

Samstag, 8. Juli 2017
Don't punish me with brutality
(Marvin Gaye, "What's Going On")





>>> Geräusch des Tages: Marvin Gaye, What's Going On

Freitag, 25. November 2016
Bei Ebbe tauchen die Wasserwagen auf. Damit man sein Leben wieder geraderücken kann.
Ich sage es bekanntlich immer wieder: Das Leben ist ernst genug. Wie schön also, wenn wenigstens John Parish und PJ Harvey in diesem kurzem Video auch mal Quatsch machen.
Ich habe mich jetzt tatsächlich bei diesem Instagram angemeldet, denn ich habe gehört, das sei modern. PJ Harvey ist auch bereits ein halbes Jahr dabei - und schaut, was aus ihr geworden ist! Vielleicht lade ich nächstes Jahr schon ein Bild hoch.
Wogen wogen. Keiner will verantwortlich sein. Auch DASERSTEZDF nicht. Es ist nun ja so, vor uns stehen traditionsreiche Festtage, die nach strengen Regeln, nach einer festgezurrten Liturgie ablaufen. Die Regeln gehen so: Erst schmort die Gans, dann kommt die Kirche, dann klingelt das Glöcklein, dann ist Bescherung, dann wird gegessen, dann folgt die Ansprache einer führenden Amtsperson, dann kommt Loriot. Dann aber, wenn man wohlig gesättigt und glucose- und alkoholerschöpft zurücksackt, dann kommt Ist das Leben nicht schön? zur sentimentalen Erbauung und Tränkung eines Taschentuchs. Oder zwei. Nun aber stelle ich mit Entsetzen fest, das läuft gar nicht! Irgendwann gegen drei, wenn ich schon längst Kühe und Esel und Schäfchen im Stall durchzähle und sanft dahinentschlummere, die neuen Spielzeuge im Arm.
DASERSTEZDF lassen einen da sehr im Stich. An Silvester auch. Da läuft normalerweise und unverrückbar erst Dinner for One, dann gibt es ein Käsebrot mit Gürkchen und einen Schluck Bowle und um Mitternacht trötet man in so eine aufgerollte Papiertröte, und dann, wenn es richtig spritzig wird, läuft Manche mögen's heiß, zu dem ich etwas keck das Partyhütchen auf dem Kopf verschiebe. Und was ist? Läuft nicht. Läuft an den Weihnachtstagen. Da lacht nicht nur ihr hysterisch! Feiertage im Arsch, wie man außerhalb eurer wattierten Filterblase sagt.
Hab ich mir jetzt selbst gekauft. Ziehe ich von der Haushaltsabgabe ab, DASERSTEZDF. Wißt ihr Bescheid. Seid ihr sehr wohl für verantwortlich.
