
Freitag, 27. Oktober 2006
Ein echtes Wochenende steckt bekanntlich voller Forderungen. "Geh' ich in die Stadt oder geh' ich nicht in die Stadt" hieß es früher. Gönn' ich mir was fürs Auge oder eher was fürs Gemüt? Dieses Wochenende ist für Hamburgs Stubenhocker die Wegstrecke klar gezeichnet. Einfach die roten Schuhe anziehen und der yellow brick road folgen:
Im Haus 73 auf dem Schulterblatt lesen die Damen und Herren Poodle, Ally Klein, Rationalstürmer und Frl. Fuchs - allesamt ausgewiesene sichere Schützen, wenn es darum geht, ein Wortspiel mit aus der Hüfte gezogener Waffe und ohne großes Getue exakt zwischen die Augen zu treffen. Anschließend gibt es Musik und Tanz und womöglich Schlimmeres!
Am Sonntag dann der Hammer in Hasselbrook: Die Reederei Hamburg lädt ein zum Kaffe.Satz.Lesen in der Baderanstalt. Unter anderen liest Merlix ein paar seiner tollen Herzdamengeschichten. Dazu gibt es eine Ausstellung mit den Fotos von Kerstin13 von Lichtblick.
Ich bin sicher, diese Veranstaltungen enden nicht wie meine letzte Bloggerlesung.

Donnerstag, 26. Oktober 2006
Ihres war das erste Blog, das ich regelmäßig gelesen habe. Manchmal glaube ich, ihres wird auch das letzte sein, was ich regelmäßig lesen werde. Und sei es für Bemerkungen wie diese:
This is not "friends only" because it's scandalous. It's friends only simply because after all these years, I still have nutcase stalkers trying to shove their noses up my ass, which is why I stopped washing it.

Dienstag, 24. Oktober 2006
Standing still
Before the bedroom mirror
(The Cure, "Three Imaginary Boys")
Wie rote Stecknadeln auf der Landkarte, wie ein lästiges Ekzem vielleicht, breitet es sich aus. Der Zufall winkt mit mancher Leimrute. Klebrige Nähe, ein feuchter Mauerschwamm, der an allem seine Spuren läßt. Was man auch berührt, eine zähe Spur, ein Spinnennetz hat sich längst schon über alles gelegt.
Das alte Spiel vom Hasen und vom Igel. Dabei ist Barcelona doch auch eine schöne Stadt. Oder Dresden, Krakau, Ingolstadt. Dabei ist das Haus doch leer, nur die helleren Flecken im ranzigen Dreck zeigen, wo einst noch Bilder hangen. Manchmal will man das Entschwundene greifen, Nachfassen in Staub und Asche und brüchiger Farbe. Ein altes Foto, ein Gekritzel auf der Wand. Doch Wunderland ist abgebrannt. Hier ist Stille, vielleicht ein Wassertropfen noch, der aus rostigem Eisenrohr zu Boden fällt. Vielleicht ein Stöhnen aus dem Keller noch, vergessene Körper und noch fremdere Freundlichkeiten. Geister nur, imaginierte Freunde, ein Schatten im Spiegel, ein Name, dessen Buchstaben irgendwann nicht mehr zueinander passen wollen. Das Geräusch, wenn es dann unter deinem Fuß zerbricht. Wenn man seinen eigenen Namen auf dem Kinderbett liest.
Wunderschöne Fotos von Suzy Poling, einer Fotografin aus Chicago, die heute in Oakland lebt. Die Fotos aus der Serie Wonderland in Decay zeigen verschiedene, mittlerweile aufgegebene Psychiatrische Anstalten in den USA. Auf ihrer Seite gibt es weitere beeindruckende Serien über verfallene Vergnügungsparks, Büros und Motelzimmer.

Sonntag, 22. Oktober 2006
If I were a Klingelton and you were a lady
Would you download me anyway, would you have my baby

Freitag, 20. Oktober 2006
"Tote Tiere! Hunderte davon! Das ist nicht gut, Leute."
(aus: The Descent - Abgrund des Grauens. GB 2005. Regie: Neil Marshall.)

Donnerstag, 19. Oktober 2006
Miss Wurzeltod beklagt das Sterben der analogen Fotoautomaten.
Seit Agfa dicht gemacht hat, fehlt es anscheinend an Papier, auch wenn es von den meisten Produkten noch ausreichende Bestände gibt.
Schlußvorbei mit schnellem Spaß zu viert. Nicht mal schnell nach dem Nachtlokal mit derangierter Oberbekleidung eine angeheiterte Serie zur Erinnerung an einen unvergessenen Abend gemacht. Jetzt mal so als Beispiel. Kein Kurzfilmstreifen mehr mit improvisierten Stehgreifhandlungen - um es mal galanter zu formulieren. Kein serielles Erleben - nur noch digitales Quartett mit identischen Bildern. Quadrophenia.
Das dürfte auch Frau Mai interessieren. (Von der man leider auch schon lange nichts mehr gehört hat. Muß man sich Sorgen machen?)

Dienstag, 17. Oktober 2006
Don't you? Don't you?
(Carly Simon, "You're So Vain")
Zwischen Fisch, Knoblauch, schwerem Wein und leichten Büchern drängt sich in dieser kunstbestückten Altbauwohnung die CD-Sammlung der Eigentümerin in Auge und Ohr. Simone, eine bekannte Fado-Sängerin, oder Elis Regina und das Zimbo Trio, schöne Jazz-Stücke zwischen Samba und Impro. Dann entdecke ich mitten in einem Wust von "Mädchen-Musik" (Mariah Carey, Elton John, Mozart) diesen Sampler "Natural Woman" (Teil 2). Eine Doppel-CD voller Kram, aber auch Perlen. You're So Vain von Carly Simon, sozusagen die Sheryl Crow der 70er, um mal ein bißchen zu provozieren. Einer der ganz großen Überlieferungen der Popgeschichte, mit diesem markanten Intro und der ganzen Bitternis, die in Text und Stimme liegt. Früher, als ich mich noch für einen Musiker hielt, war das für mich ein Lied ("Song" sagte man damals), das ich einmal im Leben komponiert haben wollte. Einen immergrünen Klassiker. Noch mal den Anfang, bitte.
Ich spule vor, skippen heißt das heute, zu Carole King. "You Make Me Feel Like A Natural Woman", ein Lied, um dazu schwanger zu gehen. Was für Erinnerungen. Bei "You're So Vain" war ich ja schon im Kindergarten. Mindestens. Meine Mutter hat ja außer Daliah Lavi keine Musik gehört, weil sie immer Käsebrote schmieren mußte für die Brut und in ihrem ostpreußischem Ernst keine Musik dabei duldete. Oder später nur "Radio Luxemburg", das muß man sich mal vorstellen.
Merkwürdige Sache also, so Mädchenmusik. Halbstarke Texte voller Sehnsucht, Rache- und Dominanzphantasien, ("Warte, wenn mir der Typ nach Hause kommt") - das Pendant zu den "Ich krieg alle Motorräder und Tussen, die ich will"-Texten der Jungs. Elkie Brooks, Des'ree, Randy Crawford - erstaunlich, was man alles kennt. Vom Radiohören, Barbesuchen in den 80ern (oder wann ich das letzte Mal ausgegangen war). Aber alles großartig arrangiert, nicht dieses uninspirierte ABAB, Mittelteil, Chorus, danke, Fade-out wie heutzutage. Erstaunlich auch, was man sich alles anhört im Urlaub. Freien Willens und in entspanntem Gerne-doch. Wozu man bereit ist. Dinge, die einem daheim niemals über die Türschwelle kämen. Nicht, wenn sie nicht von einem diskussionsverneinenden Spezialeinsatzteam oder liebeshungrigen, rothaarigen Gothic-Zwillingen im Leopardenfelltanga begleitet wären. Und wir halten fest: Dolly Parton ist glaubwürdiger (ein delikater Begriff und nur zu verstehen, nicht zu ergründen) als Whitney Houston. Man hört es schon.
Dawn Penn wummert "You Don't Love Me (No No No)". "Rodigan!" rufe ich begeistert. Rodigan's Rockers auf BFBS, meine liebste Dub-, Dance-Hall- und Reggae-Sendung. Ach, und Aretha. "Darüber habe ich mal gebloggt", entsinne ich mich triumphierend. Dann muß es wohl wahr sein. "The moment I wake up and put on my make-up..." Großartige Schnulzen. Traurig, bockig und eben wunderbar arrangiert. Kleine Gebete in die Nacht. One day I'll fly away...
