Montag, 30. Januar 2006


Es gibt keine Zukunft für dich

Haha, so jung war ich auch mal. (QT, 35 MB)

(Völlig vergessen: am 22. Januar wurde Malcolm McLaren 60!)

Radau | von kid37 um 01:03h | 22 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Sonntag, 29. Januar 2006


Touched By Your Presence

A cry for help, a hint of anaesthesia,
The sound from broken homes,
We used to always meet here.
As he lays asleep, she takes him in her arms,
Some things I have to do, but I don’t mean you harm.

(Joy Division, "Colony")

Ein kalter Wind bläst durch unsere zerbrochenen Heime. Am Morgen, als die Vögel nicht mehr schrien, suchte ich deine Hand. Wir fanden kein Brot, nirgends war Brot. Ich hörte die Stimme, aber der Hunger, der Hunger. Abends stolperten wir über Schleichwege zur Bornstraße. Memphis on your mind, eine neblige Insel. Ein zaghaftes Gespräch, grausige Geschichten. Das Früher, was war, die Wege zum Jetzt. Nein, danke, ich mag jetzt kein Bier.

You can read my hand, I've got no defence
When you sent your messages whispered loud and clear
I am always touched by your presence, dear

(Blondie, "Touched By Your Presence, Dear")

Bela Lugosi's Dead oder 12 XU oder A Forest. "It's always the same". Ärmel in Lederjacken teilen das Trockeneis, schwere Stiefel schieben sich über die metallenen Kacheln, parallel zu meinen Schritten, immer synchron. Draußen, später, auf dem Parkplatz Gelächter, eine Bierflasche zerschellt auf dem Asphalt. Wir stehen dort, unter dem Schein einer Laterne. Ich fasse dein Haar, die Spitzen, das schwarze Gespenst.
Und? fragst du. Geht es noch wo hin?
Weiß nicht, sag ich.
T. schiebt die Kassette rein. Always touched by your presence, dear. Er läßt den Motor an und wir fahren los, weiter in die Nacht, den LKWs entgegen, über die dunkle Autobahn.


 


Samstag, 28. Januar 2006










Den ganzen Tag Tapeten ausgesucht für die neue Speisekarte. Dann alle Musterbücher wieder zugeklappt. Changieren ist bei Stoffen ok. Bei Cafés ist es so wie im Hawelka. Man ändert einfach nichts und läßt Gäste, Rauch und Patina sich selbst ein Bild formen.


 



Pitch blackness greeted us

I've had nearly everything I held dear
torn away from me this year.
Things are not okay, I am not okay.
I am strong and will survive this
along with everything else I've survived,
but it's going to take a lot to rebuild myself.
And the horror is far from over.

(Angeliska)

Angeliska aus New Orleans betritt ihr Haus nach der Katastrophe. Und nichts ist, wie es vorher war. Erinnerungen, Briefe, Schätze, Sammlungen, Rares, Gefundenes, Gebasteltes - verloren, verschüttet, zerstört.

Every letter I ever received.
Every piece of art I ever made.
Everything my mother left me
when she died, the dresses she sewed.
My great-grandmother's quilt.

(Angeliska)

Immerhin, das Jahr endete auf einer besseren Note:
Sie hat sich verliebt, denn er hat einen Gabelstapler.
Der biegt das Eisen, stapelt den Schutt. Geht immer weiter.

Manchmal.

Tentakel | von kid37 um 01:01h | 9 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Freitag, 27. Januar 2006


Goodbye Johnny

Als Schüler war er mein Bildungsminister, später mein "Landesvater". Noch später hielt ich mal seinen medizinischen Befund in den Händen. Im selben Stadtteil wie ich geboren, war er immer auch ein Mann "aus der Gegend", den man ab und an auf dem Weihnachtsmarkt traf. Jovial, privat und eigen zugleich.

Das bekam er zu spüren, als er bundesweit nicht gut ankam. Spöttisch wurde er als skatspielender, bibelfester "Bruder Johannes" abgetan, der "Versöhnen statt Spalten" predigte, wo viele lieber eine verbale Faust auf dem Tisch gesehen hätten. Dabei hat er in NRW eine Menge Scheite gespalten: Daß er Beuys aus der Düsseldorfer Akademie feuerte, ist dabei noch die amüsanteste Anekdote.

Man ahnte es schon lange, und heute war es dann so weit. Ich stelle fest, für mich: Da tritt nun nach und nach eine Generation ab, die mich lange Jahre meines Lebens begleitet hat. Zum Wohle oder nicht, wer will das wissen. Man sieht die Lücken und merkt die Zeit, auf die man selber schon zurückblicken kann.

Eine andere Zeit, vielleicht auch eine andere Welt. Ganz altmodisch also und zum Schluß: Gott zum Gruße, Herr Rau.


 


Donnerstag, 26. Januar 2006


Der gefundene Satz, 26

Es gibt Leute, welche die Technik so ziemlich für jedes Übel in unserer Zeit verantwortlich machen. Sie würden sicherlich nichts dagegen haben, die Geschichte der Technik mit dem bekannten Motto vom "Fluch der bösen Tat" zu überschreiben. Tatsächlich ruft nahezu jeder technische Fortschritt nach einem neuen, wenn man ihn gebührend ausnutzen will.

(Hanns Günther. Im Reiche Röntgens. Stuttgart, 1930.)


 


Dienstag, 24. Januar 2006


Mit Muskelkraft

Natürlich hat man das in Berlin alles schon gesehen. Mööönsch, Berlin, alles schon gesehen! Für die zurückhaltende Hansestadt war eben gestern erst Preview für große Dinge auf größeren Leinwänden: Matthew Barneys Cremaster Cycle wird im Februar in allen fünf Teilen im Hamburger Abaton-Kino gezeigt.
Vor Jahren sah ich Teile von Cremaster 3 in Köln, danach kreuzten nur noch Fotos und Gerüchte der übrigen Teile meine interessierten Wege.

Der US-Amerikaner Matthew Barney wird dieses Jahr auch in der Jury der Berlinale (Möööönsch, Berlin, wieder!) sitzen, ist einem akustisch interessierterem Publikum aber als Künstler und Ehemann von Frau Gudmundsdottir bekannt, einer leidlich auffälligen Sängerin aus Island.

Der erste Teil von Cremaster zeigt Schuhe von Manolo Blahnik und tanzende Weintrauben. Die fallen aus dem Schuh, während auf einem Footballfeld die Modenymphen Formationen bilden. Ganz toll, dauert nur 40 Minuten und wenn es draußen so kalt ist wie jetzt und im Kino dunkel und warm, dann kann man auch schon mal fünf Minuten entschlummern, ohne viel zu verpassen.

Matthew Barney, Cremaster 3Jedenfalls begann dann ansatzlos Teil 2.
Da wird viel Transformiert und Metamorphosiert und schräge amerikanische Pop-Helden durch monumentale Landschaften geführt: Gary Gilmore (kennt noch jemand die Adverts?) und Harry Houdini (gespielt von Norman Mailer) werden zu Szenen aus Mailers The Executioner's Song vom Mormon Tabernacle Choir besungen, während eine Bienenkönigin dem Entfesselungskünstler unsittliche Anträge macht. Heben und Senken eben. Ach ja, Sex mit einem, nennen wir es mal, "Wesen, gibt es auch. Schön, schön, denkt man und wahrscheinlich voll mit tieferen Gedanken, während man andererseits den Eindruck hegt, hier Material zu sehen, das bei David Lynch und Peter Greenaway links und rechts vom Schneidetisch gefallen ist. Aber schon stark und hingabefordernd, wie es sich für große Kunst gehört.
Leider war ich ohne Filz und Honigpumpe im Kino, so daß gegen Ende - just als man es liebgewonnen hatte! - doch ein Frösteln und ein begehrliches Schokoladerascheln durch die Reihen ging.

Wie es weitergeht, zeigen Teil 3 bis 5, für die man aber noch bis Februar warten muß. Halbnackte Frauen, fantastische Charaktere, schräge Kostüme, symbolkräftige Bilder und irrwitzige Dekors halten dann aber jeden wach.

(Matthew Barney, Cremaster Cycle ab 5. Februar 2006 in Hamburg, ab 1. März 2006 in Suttgart, ab 12. April 2006 in Frankfurt)

Super 8 | von kid37 um 23:20h | 9 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Montag, 23. Januar 2006


Schauen. Von weitem

Später, nach anderen Wegen, die alten Wege. Spuren finden: Etwas Vergessenes, etwas Verlorenes. Mal in anderen Schuhen gehen, wenn man diese alten nicht mehr braucht.

Die kurzen Worte, die wieder dahin führen. Das falsch bleibt, was falsch war und man wieder nur das Falsche tut. Am Strand ein Zettel, voller Hoffnung:
Ich brauche keine Schuhe mehr. Irgendwo ist einer, der mich trägt.

Gehen, gehen lassen. Und überall nur freiwillig bleiben.