
Samstag, 26. Februar 2005
Viele Behandlungen nehme ich seit Jahr und Tag selber vor. Entgiftung, Vasektomie, Lobotomie - alles ist in guten Händen bei Dr. Kid. Nur im kardiologischen Bereich tue ich mich schwer. Operationen am gebrochenen Herzen gehen bei mir regelmäßig schief. Die Patienten leben weiter, sicherlich. Aber sie scheinen wie Gestalten aus Dawn of the Dead. Dumpf und ausdrucklos, so verlassen sie die Praxis.
Wenn Igor mich fragend anschaut, zucke ich für gewöhnlich die Achseln und lege das rostige OP-Besteck zurück in die Schale. "Was weg ist, kann nicht mehr verletzt werden", sage ich. "Und, immerhin, sie laufen noch."
Eines Tages werden sie mir dankbar sein.

Samstag, 26. Februar 2005
Der Ringelstrumpf der Woche. Die polnische Fotografin Ewa Brzozowska macht auch sonst recht ordentliche Sachen.

Andere bekommen Sachen aus ihrer Amazon-Wunschliste, getragene Unterwäsche oder unzüchtige Fotos - ich bekomme Schokolade geschickt.
Ich bin gerührt. Ich bin sehr gerührt. Eine gute Tat.
Vielen Dank. Ungelogen.

Ich habe das Buch "Mein wunderbarer Massenselbstmord". Da habe ich gleich an dich gedacht. Ich bringe dir das mal mit.
Sie sind so nett zu mir.

Donnerstag, 24. Februar 2005
Hm. Im Leben bekommt man ja für alles mögliche die Quittung. Was aber, um Himmels willen, fange ich hiermit an. Ist das eine Betriebsausgabe? Werbungskosten? Arbeitsanzug? Was hat der Hase da zu schaffen? Bin ich Donnie Darko?
Ein wenig müde jedenfalls, denn die gestrige Nacht war kurz, weil die dicke gelbe Larve am Himmel als Schwingungsverstärker wirkte. Dabei hatte ich den Abend schon damit verbracht, ein wenig zu brechen und ein wenig zu weinen. Dann wieder ein wenig zu brechen. Vielleicht hätte ich mich besser an einen Busen aus Weichplastik kuscheln sollen.
Heute entschlüpfte mir der Satz, daß auch schon Menschen beim Grübeln gestorben seien. Sehr zum Beifall meines Gegenübers. Manchmal muß man einfach mal was tun und nicht immer nur zögern und zaudern und, ach, ein Wägen und ein Wiegen und ein Messen betreiben. Nachmittags brauchte ich dann meinen lose mitgeführten Deckenhaken. Ich schraubte ihn außen unter meinem Fenster in der Fabrik in die Wand. Für den Fall, daß ich mich schnell dort abseilen muß.

Heeerr Kiiid, wie ist das mit ihren Superkräften?
Ich habe einen Psycholetten-Magneten. Den schalte ich ein, dann kommen die und machen alle fertig.

I hope I lie.
And tell everyone
you were a good wife.
(The Mountain Goats, "No Children")
Am Ende blieb die Erkenntnis, daß die zweifelhaften Anzeichen eines Bedauerns, nie Reue, sondern immer nur dem Augenblick geschuldet waren. Am Ende blieb unverhohlener Stolz auf das Tun, das Treiben, die Abenteuer, die nie "wild" und verdrängend genug sein konnten. Vanitas, oszillierend zwischen unaufgefordert erzählten Details und einem hingehauchten "Verzeihung".
Fragen nach Moral und Loyalität dadurch pariert, daß einem eigene Verfehlungen nachgewiesen wurden. Der billige Triumph, "Heuchler" zu rufen, um sich weiteres Nachdenken sparen zu können. So als sei es ein Fußballspiel, bei dem am Ende die Tore gezählt werden, um einen Sieger zu ermitteln.
Das Mißachten sozialer Beißhemmungen als Freiheit verstehen. Sich über Regeln stellen und doch nur Sklavengedanken denken. Die Idee, Mitmenschen als fühlende Wesen zu begreifen - ein fremder Gedanke. Rustikal in jeder Beziehung blieb nur stete Verachtung für den, der sich zu schwach zeigte für den rigorosen Vitalismus, der als Götze diente. Alleine sein, allerdings, und konsequent absolut und absolut konsequent kam dennoch nicht in Frage. Es blieb ein gelebter Lore-Roman.
Das bacchantische Treiben, bei dem Gewalt nicht mit Leidenschaft und Blut nicht mit Liebe verwechselt wird, erfordert jedoch eine Freiheit, die allent- lassend ist. Etwas Absolutes, ganz wie ein Ideal. Diese Freiheit, immerhin, habe ich als letztes Geschenk geben können. Es fiel leicht, weil die Manipulationen erstmals nicht mich ins Ziel nahmen. So waren sie als das zu erkennen, was sie waren: Plumpe Zerstörungswut, getarnt unter dem armseligen Mantel aus angeblich wohlwollender Aufklärung.
Für gewöhnlich wünscht man sich dann Glück. Und alles Gute.
Das also kann ich tun. Aus freiem Herzen.

Mittwoch, 23. Februar 2005
Auf dem Bahnhof ist es einfach. Eine Lautsprecheransage klärt darüber auf, wann man zurücktreten muß. Die Türen schließen sich selbsttätig, es ertönt ein Pfiff, eine Kelle wird gewunken. Dann setzt sich die Lok in Bewegung, ein letztes Winken, bis man Türen und Fenster und einzelne Waggons nicht mehr voneinander unterscheiden kann.
Dort, wo es nur Worte, Andeutungen und leise Zwischentöne sind, eine Randbemerkung, die über das Ende des Bahnsteigs huscht, dort wird ein Pfiff nicht ertönen. Manchmal ist es die Stille, die gerade nur einen Augenblick zu lange dauert, oder ein Blick, der sein Ziel vermeidet.
Am Ende bleibt es sich gleich. Der Zug ist abgefahren.

Dienstag, 22. Februar 2005
Noch schnell die Frage zum ausklingenden Montag: Gibt es eigentlich etwas innerlich berührenderes als bei nahendem Vollmond das Elster-Programm zu installieren?
Nach heutigen Erfahrungen muß ich sagen: nein.

Sonntag, 20. Februar 2005
It doesn't know much about "welcome" or "joyful", but he has spent
a whole life getting very good at pain and suffering.
(aus: Everything Can Be Beaten)
Sie sagt, ihre Art der Selbstzerstörung bringe wenigstens Spaß. Dem kann ich während der Spaßfastenzeit selbstverständlich nicht folgen. Vielleicht sollte ich mir aber ein Beispiel nehmen an den jungen Leuten und ausnahmsweise dieses Jahr zum Jahr der Orgien ausrufen. Falling Down und Spaß dabei...

Wer nicht Meister seines Glücks sein kann, ist vielleicht besser Herr seines Unglücks. (Besser ein Herr über etwas, als König über nichts.) Mit den Konsequenzen leben, schließlich das Haus aufräumen oder aufräumen lassen.
Unter Bloggern sitzen, südtiroler Schinken zerlegen, Jägerlatein hören und tschechischen Becherovka kippen. "Der ist nur für Männer", heißt es - und so bekommt der Kid erst einmal nichts. Ich will daraus nichts weiter für das Leben ableiten. Dies aber völlig entgegen meiner Art.

Samstag, 19. Februar 2005
Bei "Dummy" weiß ich ja, was ich gekauft habe. Was aber soll "Meine Putzfrau" bedeuten? Ist das ein Special Interest-Magazin? So was wie Mein Garten für Leute mit viel Dreck daheim? Steckt dieses Buch dahinter? A Cleaning Woman?
Ich bin jetzt zu müde, durch die Quittungen, die ich bekommen habe, durchzusteigen.
