Freitag, 23. Juli 2004


I was Zero

"Ich habe mich damals doch absichtlich ein wenig zurückgezogen."
"Oh, das habe ich gar nicht gemerkt."


 


Mittwoch, 21. Juli 2004


Trigger

Mangelnde Impulskontrolle wird als eine mögliche Ursache angesehen. Vor allem in Verbindung mit Kommunikationshemmung. Ängste, Probleme und Gefühle z.B. werden nicht oder nicht ausreichend [Anm.: auf sozial akzeptierte Weise] kommuniziert.


 


Montag, 19. Juli 2004


Mind Games, I

Immer wieder und zu allem Überfluß hielt sie auch die Details nicht zurück.


 


Sonntag, 18. Juli 2004


Reminiszenz an das Moderne Theater

Heute überhörte ich eine kleine Bürgersteigszene. Junges Paar ist mit Kind im Buggy unterwegs. Kleinkind fällt das doch etwas überdimensioniert wirkende Speiseeishörnchen aus der Hand. Großes Geschrei (Pawlow'scher Reflex #1).
Frau keift Mann an (Pawlow'scher Reflex #2): "Kannst du nicht aufpassen?!"

Kurzer Erinnerungsschwurbelflashback in eigener Sache... gelöscht.

[Hier stand ein Text über gewisse Formen emotionaler Erpressung, Instrumentalisierung von Kindern zum Frustabbau, Demütigungsszenarien usw. Das übliche halt.
War aber weder erhellend, noch ergreifend, noch sonderlich gut oder wenigstens betrunken geschrieben und witzig schon gar nicht.]

Festzuhalten bleibt:

So kam der Lakai also um sein Abendbrot, und das Kind ging am nächsten Morgen ungefressen in die Prinzenschule. Damit war ja alles gut.

[Und die Schafe bleiben auch drin, mir zur eigenen Erinnerung.]


Method-Acting: Die Schafe imitieren den Vordermann.

Gelernt durch Anschauungsunterricht: Agententechnik, Grundkurs - Nie Informationen weitergeben, nur Rätselaufgaben. Gegner immer in Unsicherheit wiegen.

Ich werde auf das Thema gelegentlich noch einmal zurückkommen, wenn es mir gerade paßt. Ansonsten belasse ich es mal bei den Pretenders, heute in der Version von Grace Jones:

"Your private life drama baby leave me out
[...]
It's ok on tv 'cause you can turn it off,
But don't try me.
Yes, your marriage is a tragedy
But it's not my concern."
("Private Life")

Sorry for the inconvenience.

The Mercy Seat | von kid37 um 05:22h | noch kein Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Mittwoch, 14. Juli 2004


Auswärts essen

Aus der Reihe, zehn Situationen, in denen du merkst, daß deine Beziehung
im Arsch am Ende ist:

3. Sie kommt im Morgengrauen nach Hause und erzählt detailliert, wie lecker es war.

(Aus dem Buch: Warum nur Appetit holen, wenn man bei Profiköchen auch essen kann? Hamburg, 2003.)


 


Sonntag, 27. Juni 2004


Sachliche Distanzanalyse

"Herr K., Sie müssen sich von dem Gedanken befreien, Sie hätten etwas ändern können. Menschen mit dieser Art psychischer und sozialer Muster haben nie etwas anderes gelernt, als in eben diesen bestimmten Mustern zu leben. Wenn Sie diese Muster durchbrechen, werden Sie nur als Bedrohung für diese Menschen wahrgenommen. Es ist traurig, aber so ist das. Im Gegenteil, die Schrauben werden nur immer stärker angezogen werden. Solange, bis auch Sie 'auf Linie' sind."

"Ja, so war es dann wohl. Ein herrschendes Muster. Und ich nicht à la mode."


 


Montag, 21. Juni 2004


At Home He's A Tourist

Das Prospekt versprach eine tolle Reise. Eine Kreuzfahrt, kein Kreuzzug. Junger Mann zum Mitreisen gesucht. Auf, auf, all aboard. Leinen los und abgelegt. Das Schiff legt ab. Keiner hat gesehen, daß Titanic auf dem Heck steht.
Der Eisberg heißt Schweigen im ähnlichen Temperaturbereich. Kommunikationsverweigerung. Demütigungsszenarien. Abstrafung, um Wohlverhalten zu erzwingen. Abschneiden von Informationen und sozialen Ritualen.

Kein Kapitänsdinner. Essen am Katzentisch.

Erst lacht man drüber. Denkt, jeder Kinderkram hört von alleine auf. Steckt dann aber erst mit den Füßen, dann bis zur Hüfte im Leim. Verwickelt sich in den zähen Fäden widersprüchlicher Informationen, die sich wie ausgelassener Mozzarella um einen wickeln. Zuckerbrot und Peitsche.
Bis der Wille bricht. Oder nicht.

Die Tage ziehen sich hin. Auf der Straße herrscht Redeverbot. Demonstratives Konspirativgewisper am Telefon. Die Clique, per definitionem protofaschistoide Kadergruppe, muß instruiert werden. Soziale Rückkoppelungsmechanismen. Ausgrenzungsstrategie. Isolationshaft. Nächtliche Terrorkommandos, die Bilder von den Wänden holen, Scheiben zerschlagen. Schlafentzug. Ein Mahlstrom aus Adrenalinwirbeln. Konstante Verunsicherung. Ein Pandaemonium aus Geschrei, Weinen und dumpfen Aufprall. Darüber der pfeifende Atem der eigenen Hyperventilation. Niemand kommt hier lebend raus.
Panic Room. Eine weitere Falle.

Ein Rhythmus pendelt sich ein. Statt Quartalssaufen vierzehntägliches Wochenendbomben. Frustabbau. Offensichtlich an andere Besuchsrhythmen gekoppelt. Das alkohlbefeuerte Stück bekommt ritualisierten Charakter. Man spielt mit. Froh, überhaupt eine Rolle zu spielen. Die Abläufe folgen einem festen Skript. Lauern auf das Widerwort.

Zeit, den Notfallkoffer zu packen. Irgendwann für einen Programmwechsel sorgen. Das immer gleiche Spiel ins Leere laufen lassen. Lange kriechen, dann fällt das Schulterzucken leichter.

Diesmal nicht. Die Spiele kennt man alle schon. Sich plötzlich erinnern. Man wollte doch woanders hin. Jetzt nur noch alles herausschneiden. Ein malignes Herzensgeschwür.

Dann wieder Segel setzen.

The Mercy Seat | von kid37 um 04:00h | noch kein Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Sonntag, 13. Juni 2004


Dieses obskure Objekt der Begierde

Angenommen, da gibt es eine Sache, die man unbedingt haben will. Ja muß, denn ein unzähmbarer innerer Drang zieht einen immer wieder in die Nähe dieser Angelegenheit. Eine Obsession also, eine fesselnde Leidenschaft.
Nun aber heißt es, das Ding sei nicht zu haben. Sie müssen sich auf eine Warteliste begeben. Noch ist es nicht so weit, die Sache ist nicht reif, es braucht noch Zeit, so einfach geht das nicht.

Weil es eine wahre Obsession ist und man festgestellt hat, daß man keine Minute länger mehr leben kann, ohne diese Sache, weil nur so die schmerzliche, schwarze Lücke im nun als ärmlich und kläglich empfundenen Leben ausgefüllt werden kann, nun, deshalb wartet man. Wird immer mal wieder vorstellig, klopft an die verschlossene Türe, fragt, wie es denn nun um den Fortgang der Sache bestellt sei, wie lange man noch warten muß. Zeigt sein Interesse, bringt sich in Erinnerung, verteilt schon mal kleine, sorgsam ausgewählte, nicht zu übertrieben luxuriöse Bestechungsgeschenke, um die Angelegenheit vielleicht etwas zu beschleunigen.

Letztere zeigen auch etwas Wirkung. Ab und an darf man nämlich nach hinten, in die Werkräume, und die Sache schon einmal betrachten. In seltenen Stunden ist es sogar erlaubt, die Sache in die Hand zu nehmen, sie anzufassen und überall zu berühren. Das ist schön. Es fühlt sich gut an. Man spürt, man muß es haben, für immer.
Aber meistens ist es wie bei Kafka, der Hüter der Sache blickt gleichgültig und schickt einen fort, ein ums andere Mal. Frag später noch mal nach, heute nicht. Nein, es geht nicht. Die Zeit ist noch nicht...

Irgendwann, nachdem man schon erschöpft ist, bereit, die Sache endgültig aufzugeben, weil das Leben sich nur noch um diese eine Angelegenheit dreht, und weil man ahnt, daß man es doch nie bekommen wird, egal, was man tut und egal, wie oft man noch vorsprechen wird, irgendwann plötzlich, man hat also schon nicht mehr daran geglaubt, es innerlich fast aufgegeben, dann auf einmal erhält man die Nachricht: Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, daß die Sache nun erhältlich ist.

Freude. Aber auch Erschöpfung. So lange. So lange. Aber nun. Neue Aufgaben warten, die Sache will eingesetzt, ins nun bereicherte Leben eingefügt werden.

Dann, durch Zufall, eine unbedachte Bemerkung, jemand läßt die Worte beiläufig fallen. Die Sache, nun, sie war die ganze Zeit frei erhältlich. Beinahe jeder hat sie mal gehabt, manche länger, manche nur für einen Abend, einen Tag, vielleicht eine halbe Saison. Es war nämlich überhaupt unkompliziert, man ging hin, nahm es einfach mit und brachte es irgendwann zurück.

Die Türen standen immer offen.

Der Türhüter erkennt, daß der Mann schon an seinem Ende ist, und, um sein vergehendes Gehör noch zu erreichen, brüllt er ihn an: "Hier konnte niemand sonst Einlaß erhalten, denn dieser Eingang war nur für dich bestimmt. Ich gehe jetzt und schließe ihn." (Franz Kafka, "Vor dem Gesetz")


 


Samstag, 12. Juni 2004


Verblendung

Er: Diese immer wiederkehrenden Gewaltausbrüche halte ich nicht aus. Ich muß mir eine eigene Wohnung nehmen.

Sie: Wieso, nimm dir doch ein Hotelzimmer.

The Mercy Seat | von kid37 um 22:34h | noch kein Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Samstag, 22. Mai 2004


Ever fallen in love

... you shouldn't have fallen in love with? (Buzzcocks)

You spurn my natural emotions
You make me feel like dirt
And I’m hurt
And if I start a commotion
I run the risk of losing you
And that’s worse
(The Buzzcocks, "Ever Fallen in Love". 1978.)

Tagsüber, wenn die Köche keine Zeit haben, weil sie auf dem Markt die Zutaten fürs abendliche Menü besorgen müssen, lustwandeln ihre Geliebten auf den Flohmärkten dieser Stadt. Sie zeigen dann eine sorglose, nonchalante Attitüde, sagen freundlich "Hallo" und demonstrieren, wie normal, ausgeglichen und gleichgültig alles geworden ist.

Doch, malheureusement, ist nichts normal, ausgeglichen und gleichgültig. Ich war schon immer hartnäckig. Zum Beispiel vier Jahre lang. Nach endlosen Demütigungen wurden mir am Ende die Sachen im Morgengrauen vor die Füße geworfen.

Was heißt da nun "Hallo"?

Auf dem Flohmarkt gab es heute vieles. Pardon war nicht dabei.


Und jetzt bitte für Herrn Kid die alten Buzzcocks-Platten rausgekramt, alle Regler auf 10 und wie ein Gummiball durch die Luft hüpfen.
Und alles niederreißen. Danke.

I can’t see much of a future
Unless we find out what’s to blame
What a shame
And we won’t be together much longer
Unless we realize that we are the same

Ever fallen in love with someone
Ever fallen in love
In love with someone ...
You shouldn’t’ve fallen in love with