Donnerstag, 8. Juli 2004

"I have a hard time missing you baby,
with my pistol in your mouth.
You may be thinking 'bout going north,
but your brains are staying south."
(Lousiana Red, "Sweetblood Call".
Aus: Nan Goldin, "The Ballad of Sexual Dependency". 1986.)
Heute ein wenig ins Schwefelgrüne hinausgewandert. Hinter das Haus und dann über den staubigen Weg immer schnurstracks gen Süden. Ein flirrendes Licht blendete den spärlichen Lastverkehr. Die Sonne brannte. Mein Mund fühlte sich trocken an, und ich erinnerte mich an viele Dinge. Bis Wasser mich stoppte.
Es gibt dort eine Bank, direkt am Ufer. Angler hatten dort einen großen Fisch ausgenommen. Silbrige Schuppen glänzten in der Sonne. An einem Stein klebte Blut. Hier war es sehr still. Nur ein Schrottkahn tuckerte in der Ferne. Stromaufwärts.

Mittwoch, 7. Juli 2004

Irgendwas fehlt immer.

Mittwoch, 7. Juli 2004
Man kommt in ein Alter, in dem Arztbesuche weitere nach sich ziehen.
Ihr Exfreund aber war 30 Jahre älter und in allen Dingen "viel leistungsfähiger". Gut, daß wir verglichen haben.

Sonntag, 4. Juli 2004
Beim ersten Mal war es im Grunde nur eine kleine Unachtsamkeit gewesen. Eine winzige Geste nur, doch was folgte, war ein Krach, der durch Mark und Beine ging. Dann, nach einer Schrecksekunde aber folgte Erleichterung. Nüchtern betrachtet war doch nichts passiert. Es hatte einmal laut gescheppert, nun gut. Man taumelte, atmete schwer. Wir waren gewarnt; es war sehr, sehr nahe dran gewesen.
Wir beschlossen, es noch einmal zu probieren. Wie man das so tut, als vernünftiger Mensch. Nicht gleich aufgeben. Immer weitermachen.
Kurze Zeit, beflügelt von der eigenen Souveränität, von der Kraft, diese schwierige Situation, in der die Nerven blank gelegen hatten und man plötzlich der eigenen Empfindsamkeit sehr bewußt geworden war, gemeistert zu haben, nun kurze Zeit also, ging alles recht leicht, beschwingt und optimistisch gar, von der Hand.
Doch dann, man hatte die Sache schon vergessen, dieselbe Unachtsamkeit, plötzlich derselbe Krach, nur anders. Diesmal schepperte es nicht nur, diesmal ging alles zu Bruch. In tausend kleine Stücke.
Mit dem Handfeger kehrte ich die Reste meine Lieblingsglasschüsselchens, das mich zwanzig Jahre treu begleitet hatte, auf den Küchenfliesen zusammen.
Sonntags wird nun nie wieder gespült.

Freitag, 2. Juli 2004
Eine grauenvolle Nacht, mein sterbender Schwan. Vollmond und Kranksein, da ist an Schlaf nicht zu denken. Und ich rede hier nicht von Bagatellerkrankungen wie, man ist mit dem Arm in eine kleine Häckselmaschine geraten. Oder hat soeben aus Versehen den Schraubenzieher an die Anschlüsse vom Starkstromkasten geschweißt und steht vibrierend in der Funkenstrecke. Auch nicht Sachen wie, bei der Reparatur des Buckelvolvos ist der Wagenheber abgerutscht und man hat sich drei bis acht Rippen gequetscht. So was kommt vor.
Nein, ich rede von der schlimmsten aller Erkrankungen, die sich ein Mann zuziehen kann: morbus influenza gravis, vulgo die SCHWERE ERKÄLTUNG!
Was sage ich, die sehr schwere Erkältung. Es beginnt mit diesen Reißzwecken, die plötzlich im Rachen stecken und wird nicht viel schlimmer und nimmt über Nacht einen aggravierenden Verlauf, ehe die Krankheit (die schon über Kriege und den Gedeih ganzer Königreiche entschieden hat) in ein langes Siechtum übergeht.
Als Alleinlebender ist es nun ja so, daß ich die Ballade vom sterbenden Mann nicht vor Publikum aufführen kann. Andererseits ist mir in solchen, schlaflosen zumeist, Nächten ganz gerne selbst nach ein wenig Ruhe. Gleich einem wilden Tier, das sich zum Sterben unter ein Gesträuch zurückgezogen hat, sondere ich mich in solchen Momenten instinktiv ein wenig ab von den Menschen. Man kann sich im Bett wälzen, von unmenschlichen Gliederschmerzen geplagt, oder mit der halbverstopften, halb dauertropfenden Nase militärische Trompetensignale einüben, ohne befürchten zu müssen, einen friedvoll schlummernden Partner zu wecken.
Schnoddrige Taschentücher lassen sich erstmal einfach vors Bett werfen, selbst die Nacht-Krawatte mag man ein wenig lockern oder bei schlimmsten Halsschmerzen ganz ablegen, ohne vor dem Partner eine etwa ungepflegt wirkende Seite offenbaren zu müssen. Umgekehrt hat man selbst seine Ruhe, muß sich nicht mit einer sandpapiertapezierten Kehle unterhalten und dabei diese krächzende Stimmlage aus der Anti-Raucherwerbung bemühen. Kurz vor Morgengrauen, wenn die Not bekanntlich am größten, will man vielleicht auch endlich ermattet alle Viere von sich strecken, moribund mit schwacher Stimme "Mama!" wimmern und sich kraftlosen Gedanken hingeben wie "Wenn nun die Zeit gekommen ist, dann will ich ruhig fahren." Ein Tropfen Japanöl auf die heiße Stirne, zwei Silbermünzen auf die Augen - dann mag der Fährmann halt kommen.
Da ich aber aus einer Familie kräftiger und zäher Eisenbieger stamme, ist es dann nach einer solchen Nacht in Schnupfengewittern meist überstanden. Die Lebensgeister kehren zurück, und ich kann am sozialen Leben wieder teilnehmen. Nur das Ventil in der Nase, das bekomme ich erstmal nicht mehr zu. Ächz.

Freitag, 2. Juli 2004

Es wird immer bunder und bunder.

Am Samstag findet ja wieder die bei jüngeren Menschen beliebte Geräuschveranstaltung "Stahlklang" in dieser Hamburger Tanzdiele statt, in die ich nicht mehr gehen mag kann mag.
Muss ich auch nicht, denn das industriell geprägte Klangambiente habe ich inklusive. Zum Beispiel heute früh beim Zahnarzt. Während der hochfrequentfiepende Ultraschallschaber durch mein Zahnfleisch fräste, begann das tieftonige Schnorcheln des Absaugers einen monoton-noisigen Tranceteppich auszulegen. So muß es sich in der Gebärmutter anhören, dachte ich, und begann fast wegzulullen. Bitte nochmal über die freiliegenden Zahnhälse schreddern, danke, bat ich die hübsche Assistentin. Aaah! Das macht wach.
Ja, auch Schmerz will moduliert sein.

Dienstag, 29. Juni 2004
Am rauhen Gestade wird vieles vom Winde verweht. Doch mancherlei Ballast kann man besser noch gewinnbringend unter den Hammer stellen.
Andere verhökern nur Geschenke, wer aber gründliche Arbeit leisten will, der macht auch aus Erinnerungen einen kultigen Dachbodenfund und weist jegliche Garantieleistung nach dem neuen EU-Recht weit von sich. Gut gemacht, junger Mann!
Ich werde gleich noch auf den Speicher eilen. Mal sehen, was sich da findet. Den Text aus oben genannter Auktion kann ich ja einfach übernehmen, das paßt schon.
(via die lu)

Sieh an, wie nett. Jemand hat Das hermetische Café für das Preisbloggen bei der Zeit vorgeschlagen. Wie ehrenvoll und rührend. Vielen Dank.
Das erinnert mich an meine Zeit als Preisboxer bei der Kirmes, ich weiß nicht, ob ich davon jemals schon erzählte. (Neulich hieß es, geht es in Ihrem Blog eigentlich ehrlich zu, Herr Kid? Natürlich ist alles wahr. Irgendwie.)
Jedenfalls gab es pro Kampf 50 Mark, und dafür, daß ich die Klappe hielt. War ja alles abgekartet. Wie beim Rock & Wrestling im Komet neulich. Jetzt kann ich es ja sagen.
Ich weiß nicht, ob es beim Preisbloggen der Zeit auch etwas zu gewinnen gibt. Aber wahrscheinlich werde ich die Klappe halten müssen. Gerade eben wollte ich noch jammern, über Frauen zum Beispiel, die sich früher nie für die Dinge interessiert haben, die ich so machte, nun aber geflissentlich Tag für Tag mein Blog lesen. Außer am Wochenende. Da haben sie frei. Da hören sie dann jemand anderem zu.
Das kann ich nun nicht schreiben, denn nun muß ich fürs Preisbloggen die Klappe halten und ordentlich Jux und Allotria für die vielen Zeit-Leser treiben.
Nehmen Sie erstmal Platz, Bedienung kommt gleich.
