2010, erste Lieferung

Ich glaube, die letzten anderthalb Jahre waren die arbeitsreichsten seit langem. Nebeneffekt: Nach Zeiten eher prekärer Einkommens- und Beschäftigungsverhältnisse bleibt am Ende des Monats zur Abwechslung etwas übrig, das nicht gleich in Altersvorsorge oder ähnlich dunkle Kanäle versickert. Macht auch nicht glücklich, füllt aber den Schuhschrank Kühlschrank. Und: Ich kaufe jetzt auch bei Edeka. Die Balance Arbeit - Lebenszeit allerdings kippt. Andererseits kann nächstes Jahr in diesem Wechselwindgewerbe eh alles wieder anders sein.

Neben der Arbeit noch sogenannte "Projekte", Zeit der Ernte ist aber noch lange nicht. Auch keine Zeit für Theaterspiele, mir ist nach klaren Strukturen, Menschen, die Ja und Nein sagen und dies auch so meinen. Kleine Reisen, Ausflüge, und mehr mit Hunden denn mit Katzen gespielt. Ein gutes Jahr, es hätte ruhig länger dauern dürfen.

Januar

Jahreswechsel, man sollte sich Momente merken. Rheinischer Sound locker aus dem Sessel gelesen. Unverdrossene Schneespaziergänge: Schneidender Wind, frostige Luft, die wie Nadeln in die Haut dringt. Es wird Zeit, Zeichen zu setzen.

Februar

Amphibienmonat, vorsichtiges Stapfen auf Eis, ein kurzer Gruß aus der Ferne, der mich noch einmal seufzen läßt, dann soll aber auch gut sein, beschließe ich. In 20 Jahren werde ich recht behalten haben. Mit Ulrich Wickert bei 24 gewesen, meine Mutter wäre aus dem Häuschen gewesen. Wegen Wickert, nicht wegen "24". Herrn Krüger und den famosen Happy Grindcore zugeschaut, wie sie das Haus wegrocken und dabei lustige Hüte tragen. ("Ist das was mit Kunst, he?" schreit einer.) Anschließend taub. Den ganzen Monat über gab es zudem so etwas wie einen Skandal, bei dem sich der Betrieb bis aufs vergilbte Unterhemd entblößte. Sehr lustig.

März

Menschen äffen den Titel meines neuen Bestsellers nach, was ich belustigt zur Kenntnis nehme. Das wird der Durchbruch! Ein kurzer Spuk in der kleinen Stadt, man hätte einen tchechischen Puppentrickfilm daraus drehen können. Während auf der komplett anderen Seite des Empfindens immer noch kaum eine Spur von Frühling zu vermerken ist. Auch daran aber sei erinnert: Your hair is beautiful.

April

Der macht, was er will. Ich aber auch. Endlich wieder Anradeln, dann hungrig nach Hause und das Osterlamm bewundern. So viel Anmut war selten, Tränen im Knopfloch, stilles Gebet. Zum Chorgesang dann Leatherface. Hamburg sein.

Mai

Plötzlich ist der Frühling da, meine Güte, so bunt muß man es doch auch nicht gleich treiben. Der Frühling kommt, die nächste geht. Reisende halte ich schon lange nicht mehr auf, ja oder ja, nein oder nein, und wer lieber mit anderen Männern tanzt, soll halt gehen. Ich bin trotzdem sauer, was ist mit diesem geschworenen Eid? Ich flüchte mich zu Mama, die ist aber gar nicht da. Andere Menschen, wie diese Zeit immer vergeht, sind schon 30 Jahre tot. Die Hamburger Kulturbehörde trägt ebenfalls eine Schaufel in der Hand. In Ohlsdorf ist noch Platz!

Juni

Die, habe ich beschlossen, bleibt. Die Achse Hamburg-Wien indes hält ihr Jahrestreffen in Wuppertal ab. Kleines Kind, das ich manchmal bin, werfe ich Klötzchen, schaue die Trööööt-WM und keuche selbst durch die wetterleuchtende Landschaft. Himmel, so viel Sport. Schnell was essen.

Homestory | 11:25h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
gaga - Samstag, 18. Dezember 2010, 14:02
Ich kann jetzt gerade den vielen Links nicht hinterherästeln. Aber es schaut nach einer hübschen kleinen Reise einem recht guten Jahr für Sie aus.

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kid37 - Samstag, 18. Dezember 2010, 17:42
Touché ;-)

Ein reiches Jahr, ich habe sehr viele verschiedene Dinge unternommen und erlebt, viel gewonnen, manches auch unglücklich zum Einsturz gebracht, viel losgelassen, verloren, anderes klarer definiert. Mich beschenken lassen, ein paar Geschenke auch gemacht, und die meisten wurden sogar angenommen. Und zwei Wochen sind ja noch.

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lorilo - Sonntag, 19. Dezember 2010, 11:28
Das klingt insgesamt und auch in der Zusammenfassung nach einem guten Jahr. (Wiewohl ich nicht glaube, dass wir dereinst unsere Jahre in gute und schlechte in der Rückschau einteilen werden. Ich beoachte eher, dass der Mensch an sich eher so in größeren Phasen lebt, denkt, erinnert. Aber vielleicht ist das ja dann das Auftaktjahr für eine Phase, die Ihnen dauerhaft behagt.) Nur das mit der Work-Life-Balance*, da gucken Sie bitte noch mal drauf. Es geht ja zuviel verloren, wenn man das abtut und meint, leben könnte man auch noch später.

* Das von jemandem, der nur gezwungenermaßen nach 3 Jahren zuviel Arbeit den Absprung geschafft hat. Aber gesehen, gefühlt usw. habe ich es ja die ganze Zeit. Meine Herren, andere haben in der Zeit 2 Blagen Kinder in die Welt gesetzt! Nicht, dass ich tauschen wollte, aber 3 Jahre sind eben eine lange Zeit. Anderthalb auch schon.

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kid37 - Sonntag, 19. Dezember 2010, 23:24
Kinder? Bei Ihnen tickt's wohl? ;-) Ich komme ja langsam ins Alter für alte Autos und junge Frauen, will es aber (Distinktionsgewinn!) mal andersherum probieren. Die springen ja nicht an. Ich muß noch ein bißchen lernen, mich von dem Stress, der seit einiger Zeit deutlich größer geworden ist, besser zu abzugrenzen. Oder ein Wochenendhaus zu organisieren.

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petersilie - Montag, 20. Dezember 2010, 09:03
Solange es die alten Autos sind, dei nicht anspringen, kann ich Sie trösten: Mit dem entsprechenden Geldeinsatz kann man da so ziemlich alles machen.

Sollten Sie die jungen Frauen gemeint haben - - da weiß ich leider keinen Rat. Ich kenne mich nicht aus, mit der Jugend von heute.

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kid37 - Montag, 20. Dezember 2010, 11:58
Ich wurde jetzt belehrt, daß Männer sich auch deshalb diese alten Autos anschaffen, um am Wochenende vor der Familie in die Garage flüchten zu können und dort in Ruhe entrosten, dengeln, schweißen und lackieren. So gesehen, brauche ich also weder eine alte noch eine junge Amazone. Also doch der Resthof in Mecklenburg.

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lorilo - Mittwoch, 22. Dezember 2010, 12:19
Ich oute mich jetzt mal wieder brutalsmöglich. Mit diesem Wägelchen kriegten Sie jede Menge junger Frauen rum. Und nicht die schlechtesten.

Hach.

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kid37 - Mittwoch, 22. Dezember 2010, 14:58
Himmel! Dann doch lieber nicht.

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