Freitag, 15. Juni 2007


Genau, Relevanz muß sein

Ein Konzern ändert seine Gechäftspolitik und alle schreien Zensur.
(Zur Erinnerung: Zensur - die Überwachung von Meinungsäußerungen durch die in einem polit. Machtbereich herrschende Klasse, Partei oder Staatsführung [...]. Meyers Lexikon.)

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Gut, daß im Gazastreifen keine Bildersuchmaschine oder Web-2.0-Plattform in Betrieb ist. Die Region hätte womöglich die Aufmerksamkeit von Bloggern bekommen.

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So aber, um einen anderen Blogger zu zitieren:
Weiter mit Volksberuhigungsmusik.

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* in language: German (Technorati-Ergebnis von eben)


 


Donnerstag, 14. Juni 2007


Schwarz und Weiß wie Tage und Nächte

Für das Schach ist wie für die Liebe
ein Partner unentbehrlich.

(Stefan Zweig)

Wie jedermann weiß, löse ich sonntag morgens, wenn andere Menschen ausschlafen, wie beiläufig die ein oder andere Schachaufgabe. Das hält frisch im Kopf, kostet nicht allzuviel, nur ein wenig Verzweiflung, und macht einen schönen Teint. Die wahren Experten für das königliche Spiel finden sich zweifelsohne bei den Schachblättern. Ich kenne selbstverständlich meine Grenzen. Aber wenn es um die Herausforderung geht, die Dame geschickt über alle 64 Felder der Glückseligkeit zum Ziel zu führen... nun, da versuche ich mich zumindest gern, wenn schon Dichtung und Gesang nicht helfen.

Das hermetische Schachcafé

Diese Partie¹ jedenfalls, vom unerreichten Großmeister McQueen, muß dringend nachgespielt werden. Vielleicht geht es auch im Ringelhemd.

¹ ein freundliches Angebot der Firma Youtube


 


Dienstag, 12. Juni 2007


Vom Grunde meiner Augen

A G P H E




Der Besuch bei meinem Augenarzt ist mir ein jährliches Ritual, dessen Liturgie einer Taufe gleicht. Ich betrete ein abgedunkeltes Wartezimmer, in dem merkwürdige Gestalten sitzen mit allerhand optischem Gerät im Gesicht, Brillen mit verstellbaren Schrauben, mit Mull verbundene Augen, unter denen langsam eine gelbliche Flüssigkeit sickert. Ringsherum stehen Kartons, postfertig verpackt. Brillen für Afrika? Exzisierte Augäpfel? Auch scheint mein Arzt altes Gerät zu sammeln, neben abgerundeten 60er-Jahre-Arztschränken aus Metall steht allerhand technisches Gewerk, dessen wahre Bedeutung zu ergründen mir das ophtalmologische Wissen fehlt.

Dann heißt es schauen, Augen abdecken und auf eine gegenüberliegende Wand starren. Mein Vater erzählte neulich begeistert von seiner computergesteuerten Sehkraftvermessung - Zeichen und Schriften in die Luft projiziert, dreidimensionale Modelle, die zucken und leuchten und sich rotierend um den Kopf bewegen.
Mein Augenarzt ist anders. An der Wand rate ich Zahlen, 6 oder 8 in Vier-Punkt-Schrift. Dann soll ich lesen, die Assistentin hält mir eine vergilbte Textschablone hin: Vor Einbruch der Dunkelheit erreichten wir die golden scheinende Prairie und beschlossen, ein Lagerfeuer zu errichten, ehe die Nacht...


Am Ende ist es mir ein Schwindel. Mit abnorm geweiteten Pupillen, die Augen aufgerissen, ein kulleräugiges junges Reh, trete ich hinaus auf die Straße. Gleißendes Licht blendet mich, Schmerz fährt wie ein silbernes Messser in meine Augen. Neugeboren, aber blind. Ein torkelnder Großpupillenmann (ein Wachmann schüttelt den Kopf), für einen Moment sehe ich die sonst unsichtbaren Dämonen der Städte, quallenartige Geister, die sich an langen Fäden durch die Straßen hangeln. Mein Schädel pocht, ich flüchte mich hinab in die U-Bahn, angenehme Kühle empfängt mich und angenehmere Dunkelheit auch. Aus der Tunnelröhre flackert ein Licht, ein leises Rumpeln walzt sich näher heran. Auf dem Bahnsteig eine merkwürdige Szene, ein fantastischer Tanz.

Was blieb, ist die Erinnerung: Vor Einbruch der Dunkelheit erreichten wir die golden scheinende Prairie und beschlossen, ein Lagerfeuer zu errichten, ehe die Nacht...



>>> Webseite von Lisa Bufano | Interview mit Vera Little |

Vera Little im Hermetischen Café.
(Die Links dort sind leider nicht mehr aktiv.)


 


Montag, 11. Juni 2007


Rebel, Rebel, XP

Die Türklinke nur noch mit dem Mund öffnen. Den toten Vogel anschauen, mit großem Auge und noch größerem Aaaah die wichtige Frage stellen:

"Do we get it?"
(No!)

"Do we want it?"
(Yeah!)

(Aber nur, wenn die Lautstärkeregler auf 10+1 stehen.)

Ja, XP tried to fuck me, but then I fucked my XP. Mal sehen, wie lange der Rechner hält, mindestens so lange jedenfalls, wie ich eine Rauchgranate in ihm zünde und ihn achtkant in den Kanal werfe. Vorher aber ziehe ich ihm die RAM-Bausteine mit den Zähnen raus. Mit der Zunge in seinem Netzwerk.

Morgen rufe ich Charly Jungbluth an. Auf meinem Rücken ist noch Platz.

Mit anderen Worten, der Aufstand der Maschinen ist teilweise niedergeschlagen. Die Verantwortlichen werden einem Schauprozeß übergeben. Ich kann sogar wieder eMails schreiben, ohne sie persönlich, mit Fingerabdruck versiegelt, zum Depeschendienst eines Internet-Cafés bringen zu müssen. Anderes entwickelt sich gerade nicht so großartig, ich sage nur: Banktermine! Menschen in grauen Anzügen sagen, ja, Herr Kid, das sieht doch alles gut aus. Derzeit sei der Markt und die Entwicklung und die Prognosen und an meiner Stelle sowieso, empfiehlt man mir, dreht Monitore, schauen Sie mal! Zahlenkolonnen, Restbeträge, Überschläge (alles steueroptimiert!).
Dann aber runzelt man die Stirn, sieht die Posten auf meinem Konto, was sage ich, Pöstchen, und will sich in ein paar Tagen melden. Es gibt kleine Kinder, die damit drohen, bekommen sie nicht noch ein Stück Kuchen, sofort!, sich vor allen Leuten auszuziehen. Umstandslos. In einer Bank, in meinem Alter, nun, vergessen wir das.


 


Freitag, 8. Juni 2007


Neigungsgruppe Macht & Ohnmacht

Wer heute abend nicht so lange auf den ganz wunderbar verstörenden Cronenberg-Film Die Unzertrennlichen warten will (Tele 5, 0.05 Uhr), der zieht sich vernünftig an (das ist kein Werk, das man im Schlabberlook anschaut!) und schaltet um 23.15. Uhr Arte ein.

Dortselbst läuft das selten gezeigte Drama Der Nachtportier, das ja ohne das Wort "umstritten" gar nicht umschrieben werden kann. Ein abgründiges, lange verbotenes Psychogramm beschädigter Seelen, brutal, todessehnsüchtig, obszön und von schamloser Schönheit. Dirk Bogarde und Charlotte Rampling als Albtraumpaar, dessen zerstörerische Beziehung mehr und mehr den Zuschauer fesselt.

Super 8 | von kid37 um 14:12h | 19 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Donnerstag, 7. Juni 2007


Heulen nur auf dem Klo

Eine Überlegung zum Saturnjahr. Man schreitet voran, stößt gegen Grauwacke, dreht sich links, dreht sich rechts, stößt sich Kopf, Rumpf und Glieder, legt sich hin - den Hals in Demutsgeste gereckt - und wird von einer planetaren Kugel aus Blei überrollt. Saturn, der himmlische Hemmschuh, zeigt sich, schwer, träge, stur wie ein adipöses Hindernis auf der Rolltreppe.

So stetig gedrückt, gequetscht und gepresst, tonnenschwer, müßte am Ende eigentlich ein Diamant übrigbleiben, aber laßt uns besser über Zirkonia sprechen. In Wahrheit wird es ein schwarzer Klumpen aus rostigem Schrott sein, Rust Boy im Ringelpullover.

Vielleicht wird es sein wie bei Lear oder einem anderen Bild von Damian Ocalì. Eine staubige Welt, nackt, bloß, den Mund voll trockener Erde. Bis dahin heißt es Zeichen suchen. Manchmal zeigt sich Hoffnung in einem halbgeschmolzenem Stück Schokolade. Ich schau mal in den Vorratsschrank.

Weitere lumineszierende Funde und Beweise aus den Nischen des schräglastigen Kulturschaffens in der Wunderkammer.


 


Dienstag, 5. Juni 2007


Mit dem Kopf über der Reparaturkonsole

Mein Weinkellervorrat, den man auch als metaphyisches Basislager bezeichnen könnte, wenn nicht als persönliches Chateau d'If, ist bekanntlich nicht wirklich hochpreisigklassig gefüllt, diesem Umstand zum Trotz dennoch hin und wieder Quell hochverdichteter Erkenntnisse.

Heute also dies, schreibt das bitte auf:

Du kannst nicht immer 17 sein.

Am Ende gewinnt immer das System.

(Mein christliches Betriebssystem aus Redmond hat sich verabschiedet, das menschliche kommt mir allzu menschlich fehlerhaft daher und macht mich allein nicht glücklich. Wer weiß, wann ich ins binäre Leben zurückfinde. Vielleicht werfe ich auch einfach alles in den Kanal und lebe ein archaisches Leben mit Füllfederhalter und Papier. Man wird sehen, Wunder gibt es immer wieder. Sagt man.)

Spendet. Betet. Seid freundlich. Wechselt regelmäßig eure Unterwäsche. Macht immer weiter.