
Freitag, 30. März 2007

So, morgen abend dann große Gala im Helium Cowboy Art Space. Seit vier Jahren zeigen die da im Alu-Toaster an der alten Rinderschlachthalle zumeist grafische Kunst zwischen Pop und Comic, Street-Art und Graffitti. Das macht fast immer Spaß, auch wenn es meist zu heiß ist.
Heiß wird es auf jeden Fall, wenn Boris Hoppek seine Ausstellung "I won't fuck with you tonight" präsentiert. Stark sexuell geprägte erotische Kunst zwischen sexuellen Anspielungen und anspielungsreichem Sex, es geht offenbar irgendwie um Sex jedenfalls und das neue spezielle Magazin Lavagina, was schon allein Grund fürs Erscheinen ist (bitte passend zahlen).
Kurz: Wer immer schon wissen wollte, ab wann eine Latexpussy Kunst ist, der schaut sich das an. Ich werde mir morgen notfalls mit meinen Krücken Platz und freie Sicht verschaffen.
>>> Webseite von Boris Hoppek
(Boris Hoppek, "I won't fuck with you tonight". Bis zum 25.5. im Helium Cowboy Artspace, Hamburg.)

Donnerstag, 29. März 2007
Mitleid brauche ich jetzt bald nicht mehr. Denn in naher Zukunft werde ich Millionär sein, dann lache ich mich am Rande meines Pools in einem Penthouse durch den Tag. Ich werde nämlich mit Kondolenzr 2.0 eine tolle neue Sozialplattform ins Leben rufen, die dann von Hubert Holtzmann aufgekauft wird. Für teuer Geld.
Wie das funktioniert? Nun, angenommen - jetzt als willkürlich gewähltes Beispiel - man fühlt sich nicht gut, hat einen Trauerfall in der genetischen Zwangsgemeinschaft oder - ein noch willkürlicher gewähltes Beispiel - einen Unfall. Dann würde man ja gerne eine nette Stimme hören. Nur, woher nehmen in diesen vielbeschäftigten Zeiten?
Kein Problem mit Kondolenzr 2.0. Wer sich anmeldet, erhält sofort einen Klücker ™ (ein Kunstwort aus "Klingeln" und "Drücker" wie in "ich drück' dich"). Wer jetzt angerufen werden möchte für ein Trostgespräch, setzt einfach einen Klücker ein - und wird von einem anderen Nutzer bei Kondolenzr 2.0 angerufen. Wer also viel anruft, erhält viele Klücker, die er in schlechten Zeiten für seinen eigenen Bedarf einsetzen kann.
Supersache, super sozial auch - und ungeheuer kommunikativ. Blogger brauchen das vielleicht nicht, die haben ja Sozialkontakte.
Also, das Motto lautet: Ich klück euch! Oder auch: Heute schon Klück gehabt? Oder: Mit Klück zum Glück! Oder...

Mittwoch, 28. März 2007
verhärmte Hauswirtin soon
(Pulp Fiction)
Den gestrigen Beitrag mußte ich wieder offline setzen - und kann nicht so recht sagen, warum. Jedenfalls wachte ich gegen zwei Uhr auf, mit heiß pochendem Fuß, im fiebrigen Wahn vielleicht, Stimmen hörend wie "Ich bin dein linker Fuß! Gib' mir einen Stift, auf daß ich was malen kann!"
Bald dachte ich, halb paranoid, es sei nicht gut, das Leiden meines Fußes der Nach- und demi-monde anzuvertrauen. Aber der Zeuge meines gestrigen Unfalls versicherte mich, meine verkehrserzieherischen Belehrungsversuche dem Unfallgegner gegenüber seien zweifelsfrei einem physischen und psychischen Stolpern zuzuordnen gewesen, ausgelöst durch den Zusammenprall von Mensch und Maschine.
Jedenfalls bewahrte ich heute meinen lädierten Fuß während eines langen Arbeitstages in einem Kübel Eiswasser auf, dachte erst an die vielen guten Wünsche, später an meine Zeit als Eisenfuß auf dem linken Flügel in der C-Jugend von Sportfreunde Wichlinghausen, zuletzt dann an die literaturwissenschaftlichen Implikationen meines Zustands. Denn wie jeder Kenner der amerikanischen Literatur weiß, ist dort jeglicher Hinweis auf die Fußverletzung des männlichen Helden als Impotenz zu deuten. Das liegt am starken freudianischen Einfluß der Autoren dort und ist nachzulesen bei Melville, Hemingway oder John Irving. Also, schreibt auf: Jedesmal, wenn sich der Held in einem amerikanischen Roman einen Splitter in die Ferse jagt, geht bei ihm gar nix mehr.
Dem Bildungsauftrag genüge getan, kehre ich zurück zum Spiel. Eine Hauswirtin nahm mich heute vertraulich beiseite (ich wies schnell auf den maladen Fuß, um Näheres zu verhindern) und klagte über die spielenden Kinder im Innenhof. Zweimal schon hätte sie eine Scheibe ersetzen müssen, weil ein Ball ins Fenster geflogen kam. Immerhin habe man jetzt die Grundstücksgrenze zwischen den Häusern markiert: Bis zum Sandkasten liefe sie, das wäre nun deutlich zu sehen. Ich sprach etwas vom "Leben und leben lassen" und war doch erstaunt. Bislang war diese Art Kinderfeindlichkeit, die in der Hansestadt schon weit traurigere Schlagzeilen gemacht hat, mir mehr ein abstraktes Problem aus der Tageszeitung gewesen. Hier aber stand es in abgehärmter, postmenopausaler Zierblondsträhnigkeit. "So ein Ball gehört halt in 'ne Scheibe", dachte ich, aber eher leise und für mich, denn am frühen Morgen und mit Hinkefuß will man ja nicht alles diskutieren. "Auf der Hauptstraße können die ja schließlich nicht spielen", rutschte mir noch raus.
Nachher fährt denen noch einer über den Fuß - und schon geht es los mit dem Aussterben. Darüber könnte man dann höchstens noch Romane schreiben.
>>> Fußverkehr in Deutschland

Dienstag, 27. März 2007
Ok, jetzt reibt euch doch hämisch die Hände, von wegen größter Kritiker der Elche und so weiter: Auch ich habe heute ein Auto getestet.
Und zwar ging es an der von mir liebevoll so genannten Ampel des Todes, wo die Autofahrer nie anhalten, wenn die Fußgänger Grün haben, um den in-vivo-Versuch: Fuß unter Auto.
Was soll ich sagen - und ich gebe es ungern zu: Das Auto hat gewonnen.
Nun schwillt mein Fuß langsam auf ~ballgröße an, natürlich keiner da, der pustet oder Kuchen ans Lager stellt, aber wie heißt es so schön beim Autotest: Wer austeilt, muß auch einstecken können, denn sonst wäre ja der Küchenherd, an dessen Nähe man sich als Weichei nicht begeben soll, zu heiß. Lektion gelernt.

Dienstag, 27. März 2007
So, Freunde, jetzt wird es ernst. Ich öffne nun ein Elster-Dokument. Ich könnte mir natürlich auch mit einer geeigneten spitzen Hohlnadel die Jugularvene öffnen und mich zum Aderlaß bequemen - aber das geht ja heute alles elektronisch! Das einzige Papier, das man dazu noch braucht, sind die Taschentücher, die nach und nach vollgeweint vor lauter Gram über den drohenden Penunzenabfluß als salzige Klumpkugeln in den Papierkorb wandern. Fiskale Anämie lautet der Befund, ein Vogelfeind, der Böses dabei denkt.

Sonntag, 25. März 2007
Herrje, ganz vergessen, das vorab als Werbung hier reinzustellen. Jedenfalls hat Herr Fabe da eine sehr schöne Sendung gezaubert. Im April gibt es wieder eine.

Sonntag, 25. März 2007
(Agent Dale Cooper)
Ich bin Fischen." Jedenfalls in der nächsten Zeit recht beschäftigt. Mal sehen, welche roten Räume ich dabei entdecke. Damals zu der Zeit, als man eine in Plastikfolie gehüllte Leiche am Wasser fand, damals an der Uni also fanden wir immer im Hilfskräftezimmer zusammen, um die neuen Folgen und Ereignisse bei Twin Peaks zu erörtern. Eine war dabei, die konnte wie Audrey Kirschstengel im Mund verknoten. Jedenfalls bildete ich mir das ein, denn damals war ich ein wenig verknallt in Sherilyn Fenn.
Ich identifizierte mich zunächst mit dem Polizisten Andy, der immer so ergriffen war und nah beim Wasser gebaut hatte. Aber natürlich schwenkte ich schnell zu Special Agent Dale Cooper mit seinem schicken Diktiergerät zurück, zumal sein berühmtes blauschwarzes Haar mich an dunklere Gothic-Zeiten erinnerte. (Rudolf Moshammer steigerte diese Frisur dann später zur Perfektion.)
Die Geheimnisse, die in diesem scheinbar so biederen Bergkaff zu Tage traten, waren auch nicht wilder als die in meiner Heimatstadt im Bergischen. Streng genommen behandelte David Lynch all die Dinge, die man selber wußte, ahnte oder von Dritten an der Schule gehört hatte. Man mußte nur einmal unter die Müngstener Brücke gefahren sein, um all die Orte wiederzufinden, wie Lynch sie nahe der kanadischen Grenze beschrieb. Ach ja, eine Ronette Pulaski kannte ich auch. Aber man hört nichts mehr von ihr.
