
Samstag, 20. Januar 2007
Ihr seid doch alles Computergammler!

Donnerstag, 18. Januar 2007
Als Kind wollte ich ja nie Lokomotivführer werden. So eine Art Traumberuf hatte ich nicht. Insektenforscher, klar. Ornithologe, auch mal. Bei meiner kurzen Phase als Revolverheld argwöhnte ich als Knirps schon, dieses Berufsbild gäbe es in heutiger Zeit gar nicht mehr (was wußte ich schon?). Vielleicht wollte ich Indianer werden, wie Kafka, schief in der Luft. Zur Eisenbahn jedenfalls zog es mich nie. Ich war auch immer Fan von Kleiner König Kalle Wirsch (auch wenn sich nun durch Re-Vision ergeben hat, daß die freundliche Fledermaus überhaupt keine Wienerin war, sondern Schwyzzerisch spricht) - und nicht von Jim Knopf. Aber wie das Leben so spielt - es war auch nie ein Herzenswunsch, einmal in einer Gartenzwergfabrik zu arbeiten, obwohl viele sich das als Traumberuf vorstellen.
Heute, als ich die wegen kyrillischer Sturmtiefen gestrandeten Menschen am Hauptbahnhof sah, dachte ich noch einmal an diesen Flugzettel, den die Deutsche Bahn AG die Freundlichkeit hatte, mir zu überreichen. Lokführer! (Ja, so heißt das nämlich. Und nicht etwa "Triebsteuermann" oder was einem sonst so pedantische Besserwisser zwischen Nudelsalat und Chili in fremder Leuts Partyküchen aufs trockene Brötchen schmieren wollen!) Lokführer! - ein Wort, bei dem den meisten das innere Kind in kurzen Hosen ordentlich stramm steht, Trillerpfeife im Mund und Hand am großen Dampfvorschubhebel.
Die könnten dann alle mitfahren, dreimal rund um Lummerland. Die ganzen sturmgepeitschten Menschen, ich nähme sie mit, rüfe, d'r Zoch kütt!, pföffe ihnen Mut zu mit meinem Signalgetröt - und den Kohlenklauern, unten am Bahnddamm, denen wönke ich fröhlich zu und würfe ihnen - gleich dem Herrn Ribbeck auf Ribbeck - noch ein paar Briketts hinterher. So wäre ich, ein rußgeschwärzter schwarzer Teufel im gestreiften Hemd, mit schelmischen Grinsen, und das speckige Käppi keck in den Nacken geschoben.
Vielleicht rufe ich morgen mal an bei dieser Stelle. Und sage, ich fahr den Zug, nach irgendwo. Und scheiß auf den Fahrplan.

Mittwoch, 17. Januar 2007
Ein Tier blickt argwöhnisch. 1988. Tusche auf Papier. Privatbesitz
Ich weiß nicht, wer sich an den Film "Ein Z und zwei Nullen" von Peter Greenaway erinnert. An manchen Tagen genügt da auch ein Blick in die Gemüseschale im eigenen Kühlschrank. Ich war jedenfalls gleich fasziniert, als ich auf dieses kleine Schweinchen stieß, dessen quickere Tage nun perdu sind. Und doch tut sich was, wenn man nur lange genug wartet. Wie dieses Zeitraffervideo auf Youtube zeigt. (Vielleicht nicht unbedingt gerade nach dem Mittagsmahl anschauen, this piglet is not for eating!)
Mit toten Tieren durch das Jahr, sage ich nur, einige erinnern sich. Bizarr, aber leider nur von einer morbiden Schönheit, die sich bekanntlich nicht jedermann erschließt.
Nach solch einem dekonstruierten Tier, sollte man jetzt Morpheme und Lexeme schwirren lassen aus der Ursuppe der Sprache und ein Video drehen zum Thema Werden/Vergehen, Zerbrechen und Schaffen - aber am Ende ist es wie mit diesen Filmen: man sieht die 26 Buchstaben, die Atome der Sprache, man sieht zerfallende Nature morte, alles zerhackt und alle Elemente ausgelegt. Aber wer, wer setzt das am Ende zusammen, wenn es so einfach ist?
Dafür haben wir ja den kleinen Spanier! Der Rekonstrukteur verkörpert nicht nur die Klaukultur, sondern auch das Movement [mu:hwemang] der direction oppositionelle (haha, ich denk mir grad was aus). Mit kühnem Schwung also in die Gegenbewegung: aus dem Schmodder (womöglich des kleinen Schweinchens) komponiert dieser kleine Schabernaqueur einen Stier! Ebenfalls als Zeitraffervideo zu sehen, diesmal allerdings bei Google. Picassoesk!

Dienstag, 16. Januar 2007
Mein Leben als Beifahrer.

Samstag, 13. Januar 2007
und für dreißig Mark Bier
- wegen ihm oder ihr.
(Blumfeld, "Zeittotschläger")
Als sich die Musik nicht noch lauter drehen ließ, und Schmerz und Sehnsucht ins Herz nicht tiefer schneiden konnten, berührten meine Fingerspitzen die kalte Oberfläche des Spiegels, im selben Moment, als die würgenden Geräusche aus einer der Kabinen hinter mir drangen.
Auf die Vorderseite meines verschwitzten T-Shirts hatte sich ein Gesicht abgedrückt, ein Negativ, ein Antlitz, das ich an diesem Abend nah beim Herzen trug. Draußen sangen die ganz jungen Blumfeld, "Ich weiß, daß Liebe wahrwerden kann", hier drinnen kondensierte eine feuchte, schlechte Luft.
Aus einer Notrationtube Pathos drückte ich mir den letzten Rest unter den Gaumen, wartete auf den Flash, den heißen, schneidenden Blitz, der am Herzkranz vorbei zum Magen hinunterrutschte, um sich dort kaltgrau zu verklumpen.
"Ach, Gott im Himmel", rief ich lauter, um das röchelnde Stöhnen über der Kloschüssel hinter mir zu übertönen und schlug mit der Hand auf den Spiegel. Immer in die Fresse rein, sang diese andere Band, und ich wagte nicht zu widersprechen.
Als ich vier Absätze mit "A" wie Adultery begonnen hatte, waren es auf einmal fünf. Ich wusch mir die Hände und dachte daran, wie wichtig es sei, sich nicht an alle Dinge zu erinneren. Nur an das, was man berichten kann.
Zu Hause dann noch einmal die Kopfhörer, die Lautstärke, die Augen geschlossen, den Bass durch den Kopf sägen lassen: "...Zeittotschläger, laufen um ihr Leben..." Wenn ich es doch nur mit Worten deutlich machen könnte. Wenn ich doch deine Hand halten könnte. Wenn ich doch nur könnte.

Freitag, 12. Januar 2007
und Klarheit erkannt, aber ein Gott
wird nur durch Liebe erfahren.
(Robert Anton Wilson)
Neues Jahr, neue Tote. Carlo Ponti, Yvonne de Carlo und - weitaus unbemerkter - der lange schon schwerkranke Schriftsteller Robert Anton Wilson ("Illuminatus!").
Erst relativ spät, ich war schon an der Uni, stieß ich auf sein umfangreiches Werk - und war eine zeitlang wie vergraben in Verschwörungstheorien (alle 23!), Mind-Mapping, Sufismus und Theoriewirbel, wobei ich nie sehr weit kam, weil ich schon damals immer nur Kamillentee trank (Safe as Milk!).
Seine Bücher waren imposante, wild-bizarre Reisen durch Wissenschaft, Geschichte und Mystik, die Einstein und Crowley an einen Tisch brachten, ein geheimnisvolles Unterseeboot auf die Reise nach Mu (Haha!) schickten und die Weltherrschaftsambitionen eines geheimen bayrischen Freimaurerordens untersuchten. Genau das Richtige also für ein Alter, in dem man endlos Zeit hat und schwer überzeugt ist, kurz vor dem Durchbruch zum Alleswissen zu stehen. Eine Welt zwischen Wissenschaft und Gott, beschrieben von Bach, Leonardo, Burroughs und Timothy Leary.
Nach dieser Phase begegnete mir RAW seltener. The KLF bedienten sich aus seinem Fundus, Eco verärgerte mit seinem "Pendel", irgendwann hörte ich von der brutalen und, so weit ich weiß, bis heute unaufgeklärten Ermordung einer seiner Töchter. Wilson verließ daraufhin die USA und zog nach Irland. Letztes Jahr berichtete Boing Boing, daß Wilson verarmt und schwer erkrankt im Sterben liege. Bald darauf meldete sich der Mann mit einem eigenen Blog zurück, in dem noch kurz aufblitzte, wie Neugier, Wissensdurst und schräger Humor ein Leben bis zuletzt reizvoll machen.
Heute dann die Nachricht von seinem Tod.
Danke für überaus anregende Stunden, Mr. Wilson! Wohin Sie auch reisen, nach Mu, zum Sirius - es wird geheimnisvoll, ekstatisch und transzendierend sein. Ich mache mir da keine Sorgen.
(Lieferbare Bücher)

Wenn heute viele Kinogänger mit dem Führer in die Badewanne gehen, sollten sie vielleicht das Shampoo nicht vergessen. Der Seitenscheitel streicht sich damit rechtig glatt.
Das Foto stammt übrigens von einer schottischen Künstlerin, deren Namen ich bedauerlicherweise vergessen habe.

Mittwoch, 10. Januar 2007
"Diese Stadt würde Ihnen auch sehr gefallen", sagt er mir. Und tatsächlich, wenn ich mit Helsinki durch bin, könnte auch die russische Metropole interessant sein.
Geringelt geht dort schließlich auch. Siehe auch Sieh mich an.
(Und dann aber Tokio.)
