Montag, 24. Oktober 2005


Die Katze hat 'nen Kater

Auch völlig bekloppt. Ich fahr am Sonntag mit dem Einsatzwagen der Tierrettung. Doch die Katze will gar nicht sterben, sondern hat anscheinend einfach nur durchgemacht.

"Beim nächsten Mal machen Sie erstmal eine Atemkontrolle, junger Mann", ermahnt mich der Tierretter und steigt belustigt in seinen Wagen zurück. "Junger Mann" hat er allerdings nicht gesagt, fällt mir gerade ein.

Jetzt muß ich erstmal was essen. Ich fühle mich, als hätte ich die Nacht durchgemacht.


 


Samstag, 22. Oktober 2005


Kassensturz

It spills like honey
From the window
Warm and strange, i can't remember
Where the heartbreak mends
When the fevered remains

(The Stills, "Fevered")

Die rot und schwarz geringelte Markise zeigte mir einst gleich: Hier befindet sich das beste Geschäft der Stadt. Warmen Herzens hieß man mich willkommen, reichte Kaffee und änderte für mich die Ladenzeiten. Und gleich am Anfang der Geschäftsbeziehungen gab es beachtlich viel Kredit. Bis herauskam, das ich nur mit ungedeckten Schecks bezahlen konnte. Und am Ende nur Schulden blieben.

Am Ende kontrollierten auch zuviele externe Buchprüfer und Wirtschaftsberater den Kassenbestand und gaben Prognosen. So mag ich keine Geschäfte machen. Denn externe Berater wissen doch immer noch einen besseren Anlagetip. Das ist bekannt. Manche Schulden kann man am Ende auch nicht begleichen. Auf manchen muß man auch sitzenbleiben, damit man nicht vergißt.
Nun heißt es: Gebongt ist gebongt. Die Geschäftsziele haben sich verändert, die Öffnungszeiten sind mir nicht bekannt.

Manche Lektionen müssen auch eiserne Geschäftsleute lernen, die nur die Spielsucht ins Casino treibt. Es ist nicht möglich, alles auf die 37 zu setzen.

Was bleibt, sind Lektionen, die man voneinander lernt. Loyalität und Nähe, Fragen und die Fragen nach den richtigen Fragen. Intensität und Vertrauen, das sich nicht schenkt, sondern erarbeitet ist. Interessen und Interessantes, Unaussprechliches und einen Blick, der tiefer geht als das Auge.
Was bleibt, sind Berührungen. Die bleiben. Zart, flüchtig, zu kurz, wie es immer ist, mit den wichtigen Berührungen.

Die Bilanz? Ich bin dankbar für so vieles und kann doch nur raten:
Laß niemals mehr anschreiben. Bestehe auf Barzahlung und gib Lumpen wie mir keinen Kredit.

Dieser Tag ist Deiner. Halte ihn fest.

Homestory | von kid37 um 04:37h | | Link

 


Freitag, 21. Oktober 2005


Endlich Herbst

Endlich wieder angezittert werden. Endlich wieder Zischelwinde über stoppeligen Äckern. Endlich wieder Verfall in den porös geword'nen Knochen und Schauer und Ahnung der Endlichkeit auf der schrundigen Haut. Wer zum Wochen- und Weltende seine grau- und schimmelgrüngefärbten Augen mit den Visualisierungen labyrinthischer Kellergedanken füllen will, ist bei den mittlerweile sieben Ausgaben von Spartan Dog richtig.

Fotografen und Grafiker wie Matt Lombard, J. R. Rossbach, Chad Michael Ward und Robert Gregory Griffeth u. a. öffnen hier ihre staubigen Schatzkästlein und zeigen makaber Lüsterndes, mehr als Totes, Kitschig- und Tandiges und unverzichtbare Haushaltsgeräte.

Morbid? Mitnichten, Madame. Sweet Dreams are made of this...


 


Donnerstag, 20. Oktober 2005


Der gefundene Satz, 24

"Steckt in seiner Seele ein bindungsunfähiger, unehelicher Bastard, der zum Sex-Süchtigen wurde?" (Bild vom 20.10.2005 über Jack Nicholson)

Super 8 | von kid37 um 15:37h | 11 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 



Der gefundene Satz, 23

"Um ein Geheimnis unter drei Menschen zu bewahren, müssen zwei von ihnen tot sein." (Benjamin Franklin)


 


Dienstag, 18. Oktober 2005


Köpfchen haben

Im Mai berichtete ich von Joan Sfars Comic-Erzählung Der Mexikaner mit den zwei Köpfen. Eine phantastische Gruselmär, denkt man, über einen manisch-besessenen Mexikaner, der von einem im Kopf eingewachsenen zwergenhaften zweiten Kopf mittels finsterer Tricks manipuliert wird. Ein Foetus-in-Foetus, ein medizinisches Phänomen, das wohl öfter vorkommt als man gemeinhin denken mag. Zumeist verwächst aber der tote Zwilling unbemerkt irgendwo im Körper und ist - je nach embryonalem Entwicklungszustand - kaum nachweisbar. Selten finden sich voller entwickelte Teile des Zwillings außen am Körper des Überlebenden, denn meist, so die mir bekannte Theorie, findet die Verschmelzung viel früher in der Gebärmutter statt.

Sfars Figur des Mexikaners mit den zwei Köpfen jedenfalls basiert auf einem realen Vorbild, wie ich nun hier entdeckte. Pasqual Pinon, so der Name des Mexiakners, tourte ab 1917 mit dem Sells-Floto-Zirkus und sorgte für beachtliches Aufsehen.

Leider aber ist die Geschichte nicht ganz wahr (hört, hört!). Pasqual Pinon war ein Arbeiter bei der mexikanischen Eisenbahn und litt unter einem riesigen Tumor auf seinem Kopf. Bei einer Operation wurde ihm eine Platte aus Silber, die zu einem menschlichen Gesicht geformt war, unter die Haut des Tumors geschoben - wodurch sich ein echt wirkender zweiter Kopf ausbildete. Eine frühe Form der Body-Modification anders als zu rituellen Zwecken also. Eine Show.

Wer weiterlesen und entdecken möchte, empfehle ich
Sideshow World und eben
Phreeque.


 


Montag, 17. Oktober 2005


Eingelocht

He waved his club but it slipped out of his hand
and sailed into the mud, inches from his ball,
impossibly white and forever out of Harry's reach.

(John Irving. The World According To Garp. 1976)


In der FAZ-SZ-ZEIT las ich neulich eine kleine Abhandlung darüber, daß die Zeiten des frivol-extensiven Freilandgolfens vorbei, die Leute sich wieder in die engen Grenzen abgezirkelter Betonbahnen wünschen. Zurück in die 50er Jahre, mit klaren Grenzen, überschaubaren Hindernissen und gepflegter Putzigkeit.

Am Wochenende nun war die letzte Gelegenheit, in meiner Nachbarschaft den "modernen Ausgleichssport für Jedermann" auszuüben. So jedenfalls verspricht es die Score-Card der örtlichen Minigolfanlage. Leider geht die nun in die Winterpause bis April, dabei bin ich gerade auf den Geschmack gekommen.

Mit jungen Frauen sollte ich es allerdings nicht noch mal probieren. Mag sein, daß die Damen für das Spiel mit Schläger, Ball und Loch ein besseres Händchen haben. Tatsache ist, daß ich zwar die grobschlächtigen Hindernisse in einem Schlag überwand, dann vor dem Einlochen aber kläglich versagte. Mit schwitzigen Händen stand ich etwas ratlos vor dem Ziel allen Strebens, dachte an Jack Nicklaus' weise Worte Make the putt oder miss the cut, ließ dann aber vor lauter Aufregung und Versagensängsten alles danebengehen. Drei, vier Schläge brauchte ich in der Regel zum Beenden der Bahn, während meine Begleitung, hämisch grinsend, bereits mit Interesse und Bedacht die richtigen Bälle für die nächste Herausforderung auswählte.

Schwarz, Rot, Gelb oder Weiß - jede Bahn verlangt nach seinem speziellen Spielgerät. Looping, Netze, Rampen: Nicht alles war so schwierig, wie es schien. Das Herzlabyrinth schaffte ich Hole in one.


 


Sonntag, 16. Oktober 2005


Liebe Werbepsychologen, 6

Diesmal habt Ihr alles richtig gemacht. Danke und einen schönen Sonntag.

Der Katalog Nr. 9 von Agent Provocateur ist online.


 



Lektion I

Für Wortgeklingel kann man sich nichts kaufen.