Mittwoch, 20. Juli 2005


Blogarbeitsplätze



Wenn es jetzt alle machen, will ich mich auch ins Halbdunkel vortasten. In nächster Zeit werde ich meine Wohnung bei Tageslicht eh kaum noch sehen.
Und ihr sowieso nicht.


 



Scarification

Die Ärztin fühlt meinen Puls.
"Was haben Sie denn da für Narben am Handgelenk?" fragt sie und schaut mich forschend an.
"Fremdeinwirkung. Eine ehemalige Freundin wollte mich am Verlassen der Wohnung hindern."
"Macht man das neuerdings so?"
"Ihr Freundeskreis hielt das, glaube ich, für normal. Möglich ist das also schon."
"Was sind denn das für Leute?"
"Sie glauben an die Philosophie des Freien Willens. Allerdings meinen sie damit offenbar nur ihren eigenen. "
"Ja, die eigene Freiheit legt andere in Ketten." Sie lächelt mich an.
"Ich denke, es sind auch nur Getriebene. Von eigenen Verletzungen verstört. Insofern handeln sie ja gar nicht frei."
"Und", meint Sie, läßt meinen Arm los und macht sich Notizen. "Was machen die Narben in Ihnen drin?"
"Ach", sage ich. "Wissen Sie, da schaue ich gar nicht mehr hin."


 


Montag, 18. Juli 2005


He's Lost Control Again

Sie sind jetzt in Kontrolle Ihres Soziallebens! Fangen Sie gleich an, neue und faszinierende Mitglieder zu treffen. Loggen Sie sich mit Ihrem Benutzernamen und Passwort ein und legen richtig los.

Meine Fresse. Wo bin ich denn da gelandet. Hülfe. Verbuchen Sie das bitte unter "Folgen eines unerschrockenen Selbstversuchs".
Auf der ein oder anderen Entspannungsseite ploppen nämlich neuerdings freundliche Fenster auf, die mir mitteilen, daß irgendeine junge Dame ganz in meiner Nähe mich gerne kennenlernen würde. Da stehen dann immer Hamburger Stadtteile, die selbst mir was sagen - und ich denke, höflich wie ich manchmal bin, och, das ist ja nett. Schaust du doch mal vorbei. Und wundere mich ein wenig, denke dann aber, na ja, vielleicht kennt die dein Blog oder so. Oder so.

Außerdem meinte neulich jemand frech zu mir, warum ich nicht 500 Bekannte hätte oder wenigstens 50, also dachte ich, da werde ich doch mein Sozialleben mal so richtig aufpimpenpumpensteilen. Jedenfalls habe ich da hingeklickt zu dieser Janine oder Jasmin oder Ilse69, ich weiß es nicht mehr. Und nun bekomme ich ständig "neue Freunde", zumeist junge Frauen, die mir recht kleine, aber eindeutige Bilder ihrer primären Geschlechtsorgane schicken. Alle aus meiner unmittelbaren Nachbarschaft! Diese Stadt ist völlig verlottert. Oder so.

Wenn ich nun die Bilder anklicke, (die sind schließlich recht klein und wer will schon die Pussy also Katze im Sack kaufen?) soll ich aber 29 Euro zahlen. Da ist doch bestimmt ein Haken dabei. Oder so.

Jetzt könnte ich also die volle Kontrolle über mein Sozialleben ausüben - für nur 29 Euro im Monat. Oder ich kaufe mir auch so eine Harley - denn wie ich heute am Heiligengeistfeld in St. Pauli bemerken konnte, steilt so ein Gerät das Sozialleben auch prima auf. Die ein oder andere sah übrigens so aus, wie eine meiner neuen Freundinnen aus dem eMail-Postfach. Aber wo diese aufgepumpten Herren danebenstanden, wollte ich nicht hingehen und fragen, sag mal, bist du die Janine69 aus Hohenfelde? Oder SexyTanja aus Eilbek? Und für 29 Euro kaufe ich mir sowieso lieber einen Axolotl. Oder so.

(Ich hoffe, ich komme aus diesem Selbstversuch wieder raus. Schwitz.)


 


Sonntag, 17. Juli 2005


Wehen, sinken



Ich liebe diesen kühlen Nachtwind, der gerade zum Fenster hereinweht. Das Rauschen der Bäume am Ufer des Kanals. Schlaflos, verärgert, war ich gestern. Heute sinkt langsam die Müdigkeit, eine Gelassenheit über mich. Gut, vielleicht ist es auch nur die Flasche Rotwein, die ich bald geschafft habe. Oder, simpler noch, die Übernächtigung.

Auf dem Flohmarkt begegnete mir heute eine hübsche Boudoir-Szene. Ein Genrebild, das sich gut über meiner Chaiselongue machen würde. Ich läge dann dort und lauschte den Odalisken beim sanften Musizieren. Ärger fiele von mir, sanfte Erheiterung machte sich breit. Und Schlaf, süßer Schlaf.


 


Samstag, 16. Juli 2005


Das Tier in dir

Wenn ich so nachts durch die Blogs wandere, hier das Licht lösche oder dort eine Türe schließe, fällt mir auf, daß ich wohl der einzige Blogger ohne Haustier bin.

Heute habe ich mir gedacht, eine Schildkröte, das wäre genau das richtige Tier für mich. So eine Schildkröte ist wie ich: verspielt, verschmust und anhänglich. Anders als ich, denn sie bloggte nicht, wäre eine Schildkröte sogar verschwiegen. (Den Katzen sagt man ja nach, sie seien unglaubliche Petzen!)


 



Extendiertes du und ich

Bizarr ist auch die Neigung moderner Menschen, eine Beziehung zu dritt oder viert oder fünft führen zu wollen. Wo die sogenannten besten Freunde immer mit unter dem Bett liegen oder am Küchentisch sitzen und zu allem bedächtig mit dem Kopf nicken oder Kommentare abgeben.

So in etwa als sei eine Beziehung ein öffentliches Blog.

Homestory | von kid37 um 03:16h | ein Zuspruch | Kondolieren | Link

 



Geschenke

Hier, sagte sie. Ich schenke dir etwas.

Was denn, beschwerte sie sich. Du hast es angenommen.

Homestory | von kid37 um 02:22h | noch kein Zuspruch | Kondolieren | Link

 



Vom Hetzen und Hatzen

Wie alle schlauen Menchen haben sie es immer schon gewußt. Wie alle guten Menschen berauschen sie sich selbst an ihrem Edelmut.

Um das Gruppengefüge zu stabilisieren, muß ein Außenstehender geopfert werden. H. Slominski

File under Femegericht


 


Freitag, 15. Juli 2005


Gefiederneid

Kollege K. trägt heute das schickere Hemd. Erwäge kurz, mich mit einem klebrigen Getränk neben ihn zu stellen. Ungeschickt zu sein.

Verwerfe diesen Gedanken aber als niederträchtig.


 


Mittwoch, 13. Juli 2005


Das blaue Band

Die Menschen stehen vorwärts in den Straßen. Die Betonung liegt auf "stehen". Beim Aussteigen aus der U-Bahn, auf Rolltreppen, die Menschen haben viel Zeit.

In der Fabrik geht es zu wie in einem Zombiefilm. Erst wollen sie einen Arm. Dann auch noch ein Bein. Jetzt wollen sie meinen Urlaub.

Heute morgen ein interessantes Gruppenexperiment gesehen. Eine Horde Kindergartenkinder. Alle mit orangefarbenen Mützen und blauen Leibchen bekleidet. Staksig auf streichholzdünnen Beinchen. Dann mußten sie sich in einer Reihe aufstellen und an einem langen blauen Seil festhalten, ehe sie losmarschierten zu Planten und Blomen.

Idee für ein interessantes Gruppenexperiment bekommen. Alle Blogger mit orangefarbenen Mützen ausstatten, in einen Raum sperren und mit einem blauen CAT-5-Kabel verlanen. Dann den Kontakt zur Außenwelt kappen.
Abwarten a) wann sie es merken. Abwarten b) was passiert.

Das neue Tank hat wieder schöne Strecken. Leider teuer. Dafür an einer weiblichen Person ein durchscheinendes schwarzes Tank-Top gesehen, mit blauem BH darunter. Bin unentschieden.

Blau gemacht: Supersnazz verpaßt. Großen Ärger verspürt. Werde jetzt die Luft anhalten, bis ich blau anlaufe.

Nachtrag: Die Hitze unterm Dach treibt meinen Rechner immer häufiger zu Bluescreens. Das ist doch alles kein Zufall.


 


Dienstag, 12. Juli 2005


Fahnenschwenken

Die letzten Sargnägel schlagen die guten Freunde ein.