Freitag, 24. Dezember 2004


Stille Tage in Bloggerland, all überall

But in a last word to the wise of these days let it be said that of all who give gifts these two were the wisest. Of all who give and receive gifts, such as they are wisest. Everywhere they are wisest.
They are the magi.

(O'Henry, "The Gift of the Magi". 1908.)



Wer dieses Jahr mindestens so brav war wie ich (was keine große Aufgabe gewesen sein darf), soll sich ruhig reich beschenken lassen. Aber vergeßt nicht: Die Weisen geben die einfachen, die kleinen Dinge, die so viel mehr bedeuten.

Ich wünsche Euch allen da draußen ein Frohes Fest.

Macht einfach weiter. Macht ein Licht.


 


Dienstag, 21. Dezember 2004


Ohrdusche



Wer mich demnächst luftgitarrespielend durch die Stadt marodieren sehen sollte, denke sich bitte nichts weiter dabei. Aus der Reihe "vorgezogene Weihnachtsgeschenke" habe ich mir dann doch mal einen dieser rundgelutschten Musikstifte zugelegt. Jetzt kann ich die Who Boys auch unterwegs hören.

Das tolle daran: Sollte mir mal jemand das Teil wegen enervierender Zischelgeräusche in den Hals oder sonstwohin stopfen wollen, so befindet sich ein praktisches Rückholbändchen daran.

Die Macher haben an alles gedacht.

Radau | von kid37 um 23:28h | 9 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Sonntag, 19. Dezember 2004


The Kid Is Alright

Sometimes, I feel I gotta get away
Bells chime, I know I gotta get away
And I know if I don't, I'll go out of my mind
Better leave her behind with the kids, they're alright

(The Who, "The Kids Are Alright")

Als ich noch jünger und energetischer war, fühlte ich mich wie The Who in den mittleren 60ern. Ich besaß zwar keine Vespa oder Lambretta, sondern nur ein Hollandrad, dafür konnte ich aber Luftgitarre spielen wie Pete Townshend. Ich schredderte auch keine Marshall- oder Orangeboxen kaputt, dafür aber die ein oder andere Hängelampe. Große Teenage-Revolution!

Lärm, Feedback und Aufbegehren! Bleichgesichtig, hypernervös und kurzhaarig in der Schule sitzen, während den Pink-Floyd-Fans um mich herum das Öl aus den schmantigen Spaghettizotteln tropfte. Sich natürlich unendlich überlegen fühlen. Und allein. Große Sache. Lange her. Jetzt nur noch allein. Egal.

Entzückt war ich daher, die "Tales of Townshend and Wilson" zu entdecken. (via MP3/Antville):

The Who Boys stricken ein wüstes D'n'B-Gemisch aus zwei der einflußreichsten Bands der 60er zusammen. Unter dem Motto: Come on, children of the apocalypse! Join in the destruction! This is the end of the world! gibt es jede Menge freie Downloads auf der Seite.
Anspieltips: Feedback & Destruction und Magic In My Eyes.

Radau | von kid37 um 04:02h | 7 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Freitag, 17. Dezember 2004


N'oubliez pas les Göns de Brigston



Meine Stimmung schwankt seit ein paar Tagen zwischen, sagen wir mal, Robbie Williams und, sagen wir mal, GBH. Deshalb höre ich lieber Nouvelle Vague, da ist alles drin, aber von allem weniger. Gut, GBH vielleicht nicht. Aber dafür Dead Kennedys und vor allem The Clash ("Guns Of Brixton"). Joy Division auch, XTC, Undertones (natürlich "Teenage Kicks", das nehme ich noch mal als Tribut für John Peel), The Cure... und noch so'n paar.

Das ganze Bossanova-Style, große Sache. Grande. Paßt alles gut, denn ich bin ein wenig Außer Atem diese Tage. Le Fou-mäßig, bißchen draußen von allen und allem. Am liebsten wäre ich allerdings Der Eiskalte Engel, denn ich habe noch ein paar auf der Liste.

Radau | von kid37 um 19:32h | 7 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 



Prima Leben und Sparen

Im Plus-Geschäft
Mit meiner Lebenspfandflasche
--
"Und eine neue, bitte."

| von kid37 um 03:58h | 5 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Mittwoch, 15. Dezember 2004


Rustikale Landpartie


Berlin empfängt mich mit der knackigen Kälte eines in massige Häuserschluchten gefangenen Kontinentalklimas. Am Bahnhof Zoo wechsel ich in ein schnelleres Auto, an dem zwei Reifen just am Morgen noch aufgestochen wurden (nü, das ist Berlin). Die jüngere Kollegin holt mich ab. Wir kennen uns nicht wirklich und machen Smalltalk, während Blutengel aus den Lautsprechern sickert. Sie kommt aus dem rauhen Osten und erzählt ein paar noch rauhere Geschichten, während sie sich nu aber icke an verhuschten Kleinwagenfahrerinnen auf dem nachgerade überschmückten Ku'damm vorbeidrängt. Ich taste nach dem Haltegriff der Beifahrertüre.

"Nü, dann hup' halt!" grient sie ungerührt, als sich auf der Stadtautobahn drohend ein Tanklaster am Heckfenster aufbaut. "Hier ist 60, ich fahr doch schon 100", schüttelt sie den Kopf. Ich fische nach meiner Reisetablette.
"... fährt der Typ meine Katze tot!" dringt plötzlich an mein Ohr.
"Ist ja frech", antworte ich geistesabwesend.
"Nü, hatte der aber sonne gebrochene Nase", ruft sie fröhlich.
"Nü? Äh, wie jetzt?"
"Na, icke zu dem hin, feixt der mich an und sagt, er hätt' es mit Absicht getan."
"Unverschämter Kerl!"
"Nü. Hab' ich halt rot gesehen. Hatte der meine Faust im Gesicht."
"Du bist anscheinend recht impulsiv."
"Na ja", fügt sie nach einer kleinen Pause nachdenklich hinzu. "Ich hab mittlerweile einiges gelernt..." - wohlwollend blicke ich zu ihr rüber - "... wie man Menschen wehtut."

Ich sage nichts und überprüfe nervös, ob es noch ein Mobilfunknetz gibt. Wir sind jetzt weit außerhalb Berlins, fahren durch ein stockdunkles Wäldchen. "Gestern war hier ein schwerer Wildunfall. Sah häßlich aus", erzählt sie.
Es gibt kein Mobilfunknetz.

Schließlich sind wir da, ein rustikales Wochenendhäuschen irgendwo an einem Spreeseitenkanal. Eine Hölle aus dunkelgebeiztem Holz, Kuckucksuhren und ererbten Möbeln. "Wie ich immer sage, hier hört einen keiner schreien, haha. Du hast hoffentlich keine Angst," fragt sie und schaut mich auf einmal an.
"Nein", lüge ich. "Ich mache mir nur Sorgen um meine Nase, haha." Es ist eisig kalt. Fröstelnd klappe ich den Mantelkragen hoch und versuche, die Dunkelheit mit meinen Blicken zu durchdringen. Irgendwo dahinten liegt der Bootssteg. "Nachts schleicht hier einer ums Haus. Der hat mir auch die Reifen zerstochen. Was bin ich froh, daß ich heute nicht alleine hier schlafen muß!" Aufmunternd schaut sie mich an. "Ich brech dem die Nase", beruhige ich sie und huste, weil meine Stimme nach oben gerutscht war.

Nach überstandener Nacht in einem eiskalten Bett erledigte ich schnell noch das Pflichtprogramm. Russische Avantgarde im Gropius-Bau, Topographie des Terrors, dann eine kleine interessante Schau von biologischen Modellen an der Humboldt-Universität. Überdimensionierte Kartoffelkäferlarven (die amerikanische Krankheit, man erinnert sich) und Glasmodelle von filigranem Tiefseeweichgetier. Hübsch und zerbrechlich. So war meine Kollegin auch.


 


Montag, 13. Dezember 2004


Pagan Passion

Noch lacht ihr und wißt nichts vom schlimmen Schicksal:
Forced to make love to beautiful women!


Weitere tolle moralisch bedenkliche Cover, von deren Botschaft ich mich hiermit ausdrücklich und rückhaltlos distanziere. (Das Leben ist aber so, man muß den Tatsachen ins Gesicht sehen. Nützt ja nix.)


 


Freitag, 10. Dezember 2004


To Kill A Mockingbird

Nachtigallen erfreuen uns Menschen mit ihrem Gesang.
Sie tun nichts Böses, sie picken weder die Saat
aus dem Boden noch nisten sie in Maisschuppen,
sie singen sich nur für uns das Herz aus der Brust.
Darum ist es eine Sünde, auf eine Nachtigall zu schießen.
(Harper Lee. Wer die Nachtigall stört. 1962.)

Atticus Finch lebt nach einer "einfachen" Moral: Nur seinem Gewissen verpflichtet. Ein friedfertiger Mensch, der nur zur Waffe greift, um den tollwütigen Hund zu erschießen. Der seinen Kindern rät, wenn schon, dann auf Blauhäher anzulegen. "Vergiß nicht, daß es Sünde ist, auf eine Nachtigall zu schießen."

Atticus Finch ist allerdings eine Idealfigur, die außerhalb von Romanseiten kaum existieren könnte. Ein altes Sprichwort sagt, wer sich mit den Hunden schlafen legt, wacht mit Flöhen wieder auf. Vielleicht ist er auch selbst ein Hund und wußte es nur vorher nicht. Sicher, auf ihn wird mit Fingern gezeigt. Sicher, er wird von seiner Gemeinde, der Community, verspottet und für seine "Tat" verachtet. Ein moderner Atticus aber würde auch wirkliche Fehler machen, gebrochener sein.

Um eines wäre er jedenfalls bemüht: Die Unschuldigen zu schonen.

Homestory | von kid37 um 14:43h | | Link