Samstag, 1. Mai 2010
Eine interessante Information für die Biografen: Obwohl ich diese Woche meine Wohnung kaum gesehen habe, liegt hier furchtbar viel Staub. Auch im Bad haben sich diese Gestalten herumgetrieben, die nachts herumschleichen, in der Hand kleine Tütchen voller Haare, um diese auf meinen Fliesen auszukippen. Ich sollte es vielleicht mit einem Bewegungsmelder versuchen, um die Schmutzbolde überraschend zu stellen. Bis dahin schaue ich einfach nicht hin, lese in diesem Internetz und reise zurück in die Zeit. Eines meiner derzeitigen Lieblingsblogs ist nämlich Diary of a Vintage Girl und zwar wegen Beiträgen wie diesen, die jeden Velocipeden erfreuen.
via Riding Pretty
Bald beginnt auch in Hamburg die gutgekleidete Rasensaison mit Picknick, Krockett, karierten Decken und unter den Rock gucken angeregte Gespräche führen. Soweit Vergangenheit und Zukunft. Leider hat mir für die Gegenwart keiner gesagt, daß morgen ein Feiertag ist. (So viele Dinge geschehen immer so plötzlich.) So kam es, daß ich nicht eingekauft habe, bis Montag folglich verhungert sein und mich unter den Staub gemischt haben werde.
>>> Geräusch des Tages: Django Reinhardt, Minor Swing
Mittwoch, 31. März 2010
Es gibt ja diese Tage, an denen hält man plötzlich einen Ball in den Händen, kann ihn spielen oder auch überhaupt nicht, und wenn, dann in diese oder auch jene Ecke werfen. Der Platz ist begrenzt aus den Linien der Entscheidungsfreiheit, der Pflicht, der Neigung, der guten und der bösen Sitten. Der Tag also, an dem es heißt, professionell kühl bleiben zu müssen, wenn sich die kleine gemeine oder auch schöne Gelegenheit ergibt. Wenn Hop oder Top einen Schalterdruck auseinanderliegen. Natürlich sind die Folgen viel zu belanglos, um überhaupt über Folgen zu reden. Aber man kann kurz einmal nachdenken, sich selbst beobachten, diese seismographischen Ausschläge zwischen Schulterzucken und Niedertracht, sich die abgeflexten Hörnchen reiben, ein süffisantes Grinsen aufsetzen oder einfach ganz kalt bleiben. Mal nach innen hören. Und einfach so weitermachen, als sei nichts. Weil der Gedanke an die Tat oft reizvoller ist als die Tat. Es ist bloß ein Job, und ich erledige ihn gewissenhaft.
Freitag, 12. März 2010
Nach einigen Tagen Mitansehen, Kopfschütteln und zwischendurch immer wieder Luftholen zeigt sich, daß es sogar eine Webversion der Gentrifizierung gibt. Da bauen und wohnen Leute über Jahre in ihrem Block, machen ihre Straßenfeste, tragen ihre Keilereien aus, am Ende meist friedlich - dann rücken welche nach, kaufen sich Lofts, wollen als erstes die Wände rausbrechen, die Häuser in sehr flauen Farben anstreichen, alles auf Vordermann bringen und neue Parkzonen und Regeln fürs Zusammenleben einrichten. Die alten Mieter indes werden als ungebildetes Pack beschimpft, die doch froh sein könnten, und nach und nach aus dem Viertel gedrängt. Auf dem Rückzug brennen ein paar Autos, andere arrangieren sich, es assimiliert sich alles weg.
[aus dem Buch: Dinge, und wie sie Zeit kosten]
Montag, 25. Januar 2010
Die tagesaktuellen Witze fangen heute alle so an: "Sitzen Brad Pitt und Billy Bob Thornton gemeinsam an der Bar. Sagt der eine..." usw. Im Januar weht ein schärferer Wind durch die Herzen, da bildet sich Eis auch um die äußerlich und innerlich Schönen, mögen sie Philantrophen sein allesamt. Schade, Brangelina, es war aufregend, so lange es dauerte. Aber, Uma Thurman hat es bewiesen, nach der Trennung ist vor der Karriere, und so mögen wir uns bitte Brad und Uma gemeinsam in Kill Bill Vol. 3 vorstellen, und zuschauen, wie Herr Pitt einen eskalierten Sorgerechtsstreit auf der Leinwand mit dem Schwert bereinigt. Zuvor ein paar sanfte Erinnerungen. Es ist schon ein paar Monate her, irgendwann im regnerischen August, da erreichte mich folgende Mail. Zwar werde ich den Eindruck nicht los, das alles bereits thematisiert zu haben, aber leider finde ich mich in meinem nur nachlässig strukturierten Blog nicht mehr zurecht. Damals hatte ich anderes im Kopf, dann wollte ich verreisen, dann hatte ich wieder anderes im Kopf - und nun finde ich beim Aufräumen der Elektropost diese zarte Epistel:
Gruchen.
Ich suche die ernste Beziehung. Ich liebe die Kinder, aber leider habe ich keine Kinder. Ich wollte sie haben wenn wurde der zukunftige Partner waschen ebenso wunschte es. Mir die 32 Jahre.
Ich betreibe mehrmals in der Woche Sport. Fur mich in der Beziehung die Hauptsache - die Richtigkeit, die Ehrlichkeit und die Liebe.
Ich denke dass du ebenso meinst du ernst und du willst nur die ernste Beziehung.
Schreibe mir auf meinen e-mail, ich werde dir etwas meiner Fotos senden.
[...]
Ich suche reich nicht, ich suche den richtigen Mann.
Ich hoffe dass du ernst meinst und du wirst mir schreiben.
XXX.
Unterschrieben mit einem Namen, der wie die russische Version von "Angela" klingt, versucht man es, mich im lockeren StudiVZ-Ton ("Gruchen!") auf meiner schwächeren Herzseite kleinzukochen. (Man sieht, wohin der Umgang mit einem Russischlehrer führen kann, auch wenn sich sicher eine beste Freundin findet, die gerne beschwört - und bei allen orthodoxen Heiligen dazu -, daß da nix war. Aber ich bin nicht Billy Bob, ich höre auf mein Bauchgefühl!) Jedenfalls verrät natürlich der gleich als zweites geäußerte Satz "ich liebe Kinder" seine Autorin, nur verstehe ich nicht, wie es weitergeht: Sie will Kinder, aber waschen soll ich? Soll das heißen, Brad wollte die Wäsche nicht hängen? Glaub ich nicht, der weiß genau, wie sexy er aussieht, wenn er, zwei Wäscheklammern lässig zwischen den Lippen, barfuß und in Jeans auf der Wiese hinter dem kleinen Häuschen steht und die seidenen Flüchtigkeiten seiner Frau an die Leine tackert.
"Die Richtigkeit, die Ehrlichkeit und die Liebe", o süßer Dreiklang der Herzensreinheit! Ich weiß allerdings nicht, ob dieser Anspruch die Schreiberin nicht etwas überfordert, wo sie doch ein wenig mit dem Alter flunkert. Aber da heißt es Nachsicht üben, sie ist eine Frau. Reich bin ich wirklich nicht, aber ich habe das Gefühl, dieser Umstand würde bei uns keine Rolle spielen, irgendwie kriegen wir die sechs Kinder, die möglicherweise nach und nach aus dem Hut gezaubert würden, schon satt.
Ausgesprochen dumm nur, daß ich diese Mail so lange liegen ließ. Ob sie mir böse ist, wenn ich jetzt erst antworte? Fotos brauche ich nicht, ich glaube, an denen ist nun wirklich kein Mangel.
Freitag, 22. Januar 2010
Coilhouse, das Fachmagazin für wesentliche Information, versah mich mit der Nachricht, der Herr Neil Gaiman, (Autor, wird im November 50), habe Frau Amanda Palmer (die von den Dresden Dolls, wird im April 34) mit schönen Worten bezirzt (oder umgekehrt, ist ja egal). Hier wünschen die beiden ein verliebtes neues Jahr, und hier sieht man, wie er ihr aus dem Mantel und mehr hilft. Oder bloß zuschaut, so wie wir.
Bei dem Altersunterschied, so habe ich in einer komplizierten Formel nachgerechnet, könnte ich mich ja mit einer 21-Jährigen einlassen, hätte ich nicht die eiserne Regel: Keine unter 30! Die haben wirre Ideen, und von denen habe ich selbst genug. Niemand indes beschreibt harmonische Beziehungen besser als A Softer World. Das ist doch nun mal wirklich romantisch.
Andererseits, Themenwechsel, gibt es Tage, da möchte man Köpfe schütteln, hat dann aber doch nur den eigenen zur Hand. Man kocht dann aber trotzdem ein wenig vor sich hin, rund ums Haus jedenfalls war es heute morgen praktisch eisfrei, so muß man sich das vorstellen. Vielleicht ist es einfach die richtige Zeit, sich mal stärker selbst ins Gebet zu nehmen, ruhig auch abends, wenn es nämlich an die guten Wünsche geht.
Der Ausblick zum Wochenende ist frostig und klar. Vielleicht möchte man ein wenig Mode schauen. Modeblogs gibt es ja wie Stecknadeln am Arm einer Schnittdirektrice bei Jean-Paul Gaultier, aber dieses hier hat einen hübschen Themenschwerpunkt: Das neue Schwarz ist nämlich Schwarz und Haute Macabre versammelt teilweise so exquisite Düsterfummel und Tragbares für den Gothic-Büroalltag, daß sich Amanda Palmer nie mehr in dünnem Kleidchen was wegholen muß. Herr Gaiman, schauen Sie doch mal rein.
Mittwoch, 16. Dezember 2009
Seltsamerweise liest und hört man bislang nur am Rande von Elena. Die Gewerkschaften schlagen Alarm, Datenschützer sind besorgt, aber mir kommt das alles so leise vor.
Wenn man im Vergleich die hitzigen Diskussionen über die "Gesundheitskarte" betrachtet, den Protest gegen die Vorratsdatenspeicherung, scheint mir die Auseinandersetzung mit Elena einem angeregten Kamingespräch zu ähneln.
Vielleicht haben auch zu wenige noch Arbeit. Nur zur Erinnerung: "In dem Datensatz werden nicht nur Name, Geburtsdatum, Versicherungsnummer, Adresse etc. erfragt, sondern auch Fehlzeiten, Abmahnungen, mögliches "Fehlverhalten" und Streikbeteiligung." [Q] Beinahe herzig mutet in diesem Zusammenhang der Zusatz an: "Um einen Missbrauch der zentral gespeicherten Daten zu verhindern, soll der Zugriff nur mit Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmers erfolgen." Das klingt, als wäre ein "Nein" tatsächlich eine Alternative, dabei bedeutet eine Weigerung wohl nur eins: keine Sozialleistungen zu bekommen.
"Die Arbeitgebermeldung startet am 1. Januar 2010." Ich stelle mir das als tentakelbewehrte Tag-Cloud vor, ein riesiges Datenmonster, das uns wie gute und schlechte Erbsen auseinanderzählen wird.
Erfunden hat es, man möchte fast sagen "natürlich", RotGrün. Die Flitzpiepen der ehemaligen Arbeiterpartei und die Öko-FDP.
Samstag, 12. Dezember 2009
Solche Videos kann ich nur ertragen, indem ich mir vorstelle, daß die junge Frau in Wahrheit in ihrer Freizeit mit einem alten, blutgegerbten Axtstiel Robbenbabys zu Tode kloppt.
Nur so. Als Ausgleich.
Dienstag, 24. November 2009
Loser looking for his lucky break
This time he says he just needs a friend
Ain't on the run he ain't on the take
(Sonic Youth, "Unmade Bed")
Die Zirkusnummer ohne Kuppel, leicht ratlos. Man wird das ja irgendwann auch nicht mehr los, wie ein alter, längst rausgewachsener Haarschnitt, der immer noch durchscheint. Man stolpert durch die Sägespäne. Bei der Lesung dann viele vertraute, noch mehr unbekannte Gesichter, freundliche Gesten, der kleine Knuff, das Wiedersehen und bei Merlix ein paar Links zum Nachhören. Langes Auspendeln in die Nacht, irgendwie halbnackt auf dem Trapez, verschwitzt, dann, leicht anästhesiert fünf Minuten Trackbacks setzen, dabei mich selbst irritierend stutzen, am Kopf kratzen und die wesentlichen Dinge unbenannt lassen. Aber die volle Hand ist leer, denn jetzt geht es ans Winterfeste. Seit ein paar Wochen schon liegt mir dieser leicht hysterische Unterton in Stimme und Handeln, der Umschlag ins Alberne, also bitte, da nahm man früher gerne eine längere Seefahrt als Ausweg, aber wer nimmt mich da noch? Sag einfach Nein oder fordere es ein, sagt die Freundin am Telefon. Diese Pragmatiker haben mir gerade noch gefehlt. Ich erzähle, ein bißchen, und ernte lautes Gekicher. "Lachst du etwa?" hake ich nach, irritiert. Nein, nein, hustet es. Ich benenne die drei heiligen Aber, Aber & Aber, wieder höre ich was, ganz leise nur. Man hfätte die Han übrm Mun nuschelt es durch den Hörer, ich höre wieder so ein Gegluckse, etwas stark Unterdrücktes. Ich möchte mein Mißtrauen überwinden und rede erst einmal weiter, diese um-Kopf-und-Kragen-Geschichten, ich meine, irgendwo wird schon eine Wand sein, vor die man knallen kann.
[...]
Mittwoch, 11. November 2009
Der Lokführer.
Samstag, 17. Oktober 2009
Ich möchte Mitteilung machen über Ereignisse des nächsten Monats. Wenn meine halbe Blogroll, sozusagen das Tympanon (tolles neues Wort) der mit dem in dem hierzulande sichtbaren Teil des Internets verbundenen Ins-Netz-und-woandershin-Schreiber eine Lesung macht, wird es Zeit, sich Gedanken über die Abendgarderobe zu machen, in ein Boot zu steigen und wie quer durch ein Bild von Böcklin durch den herbstlichen Nebel zu rudern.
Wer fehlt, den schreibe ich auf.
Mit Henrike, Isa, Mek und Merlix.