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Der Lokführer.

Tentakel | 12:00h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
kristof - Mittwoch, 11. November 2009, 12:19
Kann sich jetzt ein T-Shirt drucken lassen.
Traurig.

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nnier - Mittwoch, 11. November 2009, 12:19
Ja. Den gibt's dann auch immer.
Der Tod auf der Schiene ist ein öffentlicher Tod, ein lauter Tod. Da geht keiner still aus dem Leben. Es ist ein Weg, der todsicher ans Ziel führt, häufig die Lokomotivführer traumatisiert und im Fall des Nationaltorwarts eine ganze Nation.

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kid37 - Mittwoch, 11. November 2009, 12:37
Immerhin, der Leyendecker schaut auch über den Rand. Im NDR kein Wort über die weiteren Beteiligten, heute morgen in den Frühnachrichten mokierte sich gar die Moderatorin, daß es vom DFB noch keine Stellungnahme gebe - und wurde vom eigenen Sportreporter gerüffelt, man müsse in unserer schnellebigen Medienzeit auch mal Zeit lassen, die Dinge sacken zu lassen.

(Das gilt natürlich auch für hier.)

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nnier - Mittwoch, 11. November 2009, 12:40
Sacken lassen, ja. Das ist dann offenbar auch das Gegenteil dessen, was heute früh beim Spiegel geschehen ist.

(Ein Lob dem genannten Sportreporter).

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monopixel - Mittwoch, 11. November 2009, 14:11
Beim Lesen der Kommentare hier fällt mir auf, daß der Button "Kondolieren" in dem Zusammenhang eine passende Bedeutung bekommt.

Zum Thema: Bei solchen Nachrichten haben ja immer alle irgendeine Meinung parat. Fragen kann man den Betroffenen ja eh nicht mehr.

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kid37 - Mittwoch, 11. November 2009, 14:40
Der Lokführer dann demnächst bei Kernerbeckmannundco. *vertraulich nach vorne beug*: "Also, es geht uns ja eigentlich nichts an, aber erzählen Sie doch mal. Was haben Sie denn gefühlt, als Sie unseren Nationaltorwart..."

Na ja, reicht jetzt auch. Das Meta-Gerede ist auch nur Gerede.

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mark793 - Mittwoch, 11. November 2009, 14:56
@nnier:
Den (Fußball-)Schuh der "ganzen Nation" ziehe ich mir nicht an in diesem Zusammenhang. Nachdem Sebastian Deissler sein coming out als Depressiver hatte, könnte man zynischerweise sagen, der Spitzenfußball und sein Personal kommen allmählich im ganz normalen Leben an, zu dem in letzter Konsequenz auch Tod (und Freitod) gehören. Warum mich das bei einem Fußballer nun mehr erschüttern sollte als sonst, erschließt sich mir nicht.

Ich finde es auch richtig, bei aller Trauer und Bestürzung auch den Lokführer nicht auszublenden und alle anderen, die da unfreiwillig involviert worden sind. Da kann die ansonsten sehr geschätzte Anke Gröner so laut "Fresse, Idioten!" brüllen, wie sie will.

Ich muss in diesem Zusammenhang auch an einen im Affekt geschriebenen, vielkritisierten (und letztlich gelöschten) Beitrag zum Thema "Wegen Personenschaden..." von unserem Bloggerkollegen Holger Klein denken, den ich selber weder damals noch heute noch sonst irgendwann so geschrieben hätte, den ich aber nachvollziehen kann. Und wie gesagt, ich kenne einen U-Bahnfahrer, der wegen so einer Geschichte seit Jahren arbeitsunfähig ist und sich von Behandlung zu Behandlung schleppt...

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nnier - Mittwoch, 11. November 2009, 15:27
@mark793: Nur um Missverständnisse zu vermeiden - das oben ist ein Zitat aus der SZ.

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kristof - Mittwoch, 11. November 2009, 18:04
Aber der Enke war so ein "Ach schade"-Typ. Anders als der Möllemann z.B. ...

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frau klugscheisser - Mittwoch, 11. November 2009, 18:51
Mark und Anke
In der Tat kann die sonst so geschätzte Anke Gröner so laut in ihrem Blog schreien, wie sie will. Hat ja vorsorglich ihre Kommentare deaktiviert, kann also keiner widersprechen.

Was mir immer wieder auffällt ist dieses schwarzweiße Denken. Der Selbstmörder ist sofort der Gute und alle, die was dazu sagen die Bösen. Dabei ist es nicht mal ein Privileg, diese Form des Todes schon einmal in Erwägung gezogen zu haben. Da geht's uns allen gleich. Der eine redet halt drüber und ein anderer tut's.

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sakanachan - Mittwoch, 11. November 2009, 19:12
keine kommentare aber wunschzettel. das sind mir die richtigen, doo!

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kid37 - Mittwoch, 11. November 2009, 21:38
Eine solche Entscheidung ist immer zu respektieren. Ich mag es aber nicht, wenn andere als unfreiwillige Handlanger mit hineingezogen werden. Ein wenig erinnert das an Geisterfahrer. Ich meine, so ein Lokführer, der kann doch nichts dafür. Der will abends einfach nur nach Hause. Und dort kommt er jetzt wahrscheinlich lange nicht an.

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kid37 - Mittwoch, 11. November 2009, 13:47
11 Freunde.

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bluetenstaub - Mittwoch, 11. November 2009, 14:31
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jammernich - Mittwoch, 11. November 2009, 22:43
Mag sein, dass die Medien den Lokführer ausblenden. Die vielen Trauernden in Hannover aber zu großen Teilen nicht.
Ich kenne mich zu wenig mit Depressionen aus, um zu entscheiden, ob Robert Enke in dem Moment seines Selbstmordes bewusst war, dass er den Lokführern (es waren übrigens zwei) dadurch das Leben schwer machen könnte.
Ich hoffe, dass sein Tod dazu beiträgt, dass die Gesellschaft einmal darüber nachdenkt, wie es sein kann, dass ein Mensch seine Krankheit lieber geheim hält, weil er Angst vor den Konsequenzen einer Veröffentlichung hat. Das lieber Herr Mark gilt übrigens nicht nur für den Profifußball. 9000 Menschen begehen jedes Jahr in Deutschland Selbstmord und davon angeblich 90% wegen Depressionen, so sagte es mir das ZDF heute. Da sollte man vielleicht ausnahmsweise mal auf Herrn Zwanziger hören und innehalten. Nachdenken, ob diese Gesellschaft eventuell mal ihre Spielregeln überprüfen sollte...

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kristof - Mittwoch, 11. November 2009, 23:00
Ein nicht zu vernachlässigender Aspekt ist, dass Depressionen grundsätzlich Selbstmordtendenzen dämpfen. Depressive Menschen sind eher anstiebslos, was der Selbsterhaltung durchaus dient.
Ich habe gehört, dass Enke diesen Schritt durchaus geplant hat (er hat ihn angeblich verheimlicht). Insofern sollte er sich der Tatsache bewusst gewesen sein, dass er die Lokführer mit einbezieht ...

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jammernich - Mittwoch, 11. November 2009, 23:13
Dass er es geplant hat, muss ja nicht heißen, dass er in einem Zustand war, in dem sein Handeln rational geprägt war. Aber wie gesagt, nicht mein Fachgebiet, es passt nur nicht zu seinem sonstigen Leben, meine erste Reaktion gestern Abend war, dass es kein Selbstmord sein könne, Robert Enke hätte doch niemals Unschuldige mit hineingezogen.

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mark793 - Mittwoch, 11. November 2009, 23:19
"Die Gesellschaft",
das ist mir zu billig, das sind alle und doch irgendwie keiner. Ich bin bezüglich Depressionen durchaus sensiblisiert, meine Ex hat jahrelang damit (unbehandelt) rumlaboriert, mein langjähriger Seniorpartner stürzt alle paar Jahre wieder rein ins dunkle Loch, ich selber war auch schon mehr als einmal an dem Punkt gewesen, wo ich dachte, es geht nicht mehr. Ich habe Verständnis bis dorthinaus, zumal wenn ich das mit dem gestorbenen Kind und all das berücksichtige.

Was sie dazu beigetragen haben, so einen Druck auf diesen Mann aufzubauen, das können sich ja mal all jene fragen, die ihm jeden Samstag zugejubelt und ihn damit in den Halbgotthimmel gehoben haben, wo selbst stabilere Naturen Mühe haben, mit diesem Druck dauerhaft umzugehen. Aber davon redet Herr Zwanziger natürlich nicht, da soll man lieber mal innehalten und nicht thematisieren, dass das systemisch ist im Profifußball, dass der Vermarktungswert seiner ganzen Scheißkickerliga davon lebt, dass es jeden Spieltag für jeden auf dem Platz um "Hosianna" oder "Kreuzige ihn" geht. Aber ich teile Ihre Hoffnung, dass dieser tragische Tod vielleicht das allgemeine Bewusstsein für diese Krankheit schärft und dass "hab Dich nicht so, reiß Dich doch einfach mal zusammen" so ziemlich das kontraproduktivste ist, was man einem Depressiven aufs Brot schmieren kann.

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ilnonno - Mittwoch, 11. November 2009, 23:36
Als Nichtbetroffener über Depression zu schreiben ist wie einem Blinden zu raten, die Welt doch mal mit anderen Augen zu betrachten. Details über einen Selbstmord auszukarteln, zu dem man keine echten Informationen hat, ist sinnlos.

So sehr Lokführer zu bedauern sind, wir können über Selbstmörder nicht härter urteilen, als sie über sich selbst eh schon geurteilt haben. Also lassen wir es lieber.

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frau klugscheisser - Mittwoch, 11. November 2009, 23:45
Hosianna oder kreuzige ihn
das gibt's in vielen anderen Berufen auch. Da jetzt die Fans und Kickerliga anzuprangern, Herr Mark, das ist ebenfalls ein bisserl billig. Denn: jeder hat die Wahl. Wenn ich dem Druck nicht mehr standhalte, dann muss ich eben was ändern, dann mache ich was anders oder was anderes. Diese Wahl habe ich auch schon einmal getroffen, das nur am Rande. Überhaupt, "Schuldige finden" scheint allgemein ein Lieblingsspiel der Gesellschaft zu sein, mit dem man sein eigenes Gewissen schön schlafen legt.

@ilnonno: das Betroffenheitsargument ist ein sog. Totschlagargument, denn ich muss nicht depressiv sein, um als Therapeut beispielsweise selbiges zu therapieren. Und es gibt auch sehr viele männliche Frauenärzte, nicht wahr?

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jammernich - Mittwoch, 11. November 2009, 23:59
"Was sie dazu beigetragen haben, so einen Druck auf diesen Mann aufzubauen, das können sich ja mal all jene fragen, die ihm jeden Samstag zugejubelt und ihn damit in den Halbgotthimmel gehoben haben [...]"


Nee, Herr Mark, das ist die falsche Sichtweise. Nicht nur Enke, auch seine Frau, Beide haben gesagt, dass es einzig der Fussball, seine Kollegen und die Fans waren, die ihn abgelenkt haben, die sein Leben waren.
Mit meiner Kritik an der Gesellschaft rede ich davon, wie Depressive gesehen werden. Enke hat seine Krankheit verschwiegen, aus Angst, all das zu verlieren. Seinen geliebten Job und seine Adoptivtochter. Wenn man sieht, wie die Medien sich im Fall Deisler oder auch gerade erst Hitzlsberger verhalten haben, nicht ganz so unverständlich. Die, die ihm jeden Samstag zugejubelt haben, sind heute Abend mit 50000 Mann durch Hannover gezogen. Ich denke nicht, dass sie ihn, nun da seine Krankheit bekannt ist, weniger schätzen als vorher.

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mark793 - Donnerstag, 12. November 2009, 00:58
@Fr. Klugscheißer & Hr. jammernich:
Es ging mir auch nicht darum, jetzt den Fußball zum Hauptschuldigen zu erklären. Aber wenn wir schon von der Gesellschaft reden, können wir das auch nicht völlig ausblenden, dass der Spitzensport (und seine mediale Spiegelung) manche Fehlentwicklungen unserer Leistungsgesellschaft mit ihrem immanenten Druck gewissermaßen auf die Spitze treibt. Und wenn das im Fall Enke nun nicht die Hauptlast gewesen sein mag, so war "aufm Platz" halt auch keine so große Entlastung, die ihm wirklich Halt gegeben hätte. Und das ist auch schon traurig genug.

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jammernich - Donnerstag, 12. November 2009, 10:13
Das ist sicher richtig. Hier ein paar Worte, die ganz gut passen, finde ich: Monsieur Fischer

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kid37 - Donnerstag, 12. November 2009, 13:18
Diesem Blog eine gewisse Depressionsferne zu attestieren ist auch überraschend neu.

[ungefähr drei Seiten zu den Themen Suizid, Gesellschaft und mediale Aufmerksamkeit geschrieben und wieder gelöscht]

Alles richtig. Aber mein Blog ist zum Glück kein Massenmedium, weshalb hier Platz ist für Nebensätze. In meiner Ausgabe von Regeln für ungeborene Söhne steht: "Denk an den Lokführer."

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jammernich - Donnerstag, 12. November 2009, 13:36
Und das ist eine gute Regel. Ob es kranken Menschen dann immer möglich ist, das zu tun, weiß ich nicht zu beurteilen.
Schön auch, dass Frau Käßmann das in ihrer gestrigen Trauerpredigt getan hat!
Ein kleiner Gedanke allerdings auch dazu noch: Vielleicht können die beiden Lokführer entgegen unseren Erwartungen aber auch einigermaßen gut damit umgehen. Dann sollte man ihnen jetzt nicht medial eine zwangsläufige Traumatisierung einreden. Nicht dass sie sich am Ende noch unnormal vorkommen müssen, sollten sie sich nicht traumatisiert fühlen. Verständlich was ich meine? Kann das nicht besser ausdrücken.

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monnemer - Donnerstag, 12. November 2009, 13:42
[ungefähr drei Seiten zu den Themen Suizid, Gesellschaft und mediale Aufmerksamkeit geschrieben und wieder gelöscht]
Willkommen im Club;-)
Nur soviel: Nicht nur für den Lokführer, auch für die Hinterbliebenen ist speziell diese Form des Ablebens ein ganz schweres Pfand. Das weiss ich leider ganz genau.

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kid37 - Donnerstag, 12. November 2009, 14:10
Nicht dass sie sich am Ende noch unnormal vorkommen müssen, sollten sie sich nicht traumatisiert fühlen.

Das wäre mal eine super Bild-Schlagzeile: "Ein Glück! Lokführer wohlauf!"

@Monnemer: Ich leider auch.

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jammernich - Donnerstag, 12. November 2009, 14:15
Die Schlagzeile würde wohl bei der BILD eher lauten "Enke: Für den Lokführer nur ein Betriebsunfall" oder so...

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