Mittwoch, 18. November 2009


Moi'n'Mirroir

Während ich in der Umkleide vor diesen Spiegeln, in denen man sich in einem die feinsten Falten enthüllenden Licht gleichzeitig von allen Seiten sehen kann, Rockerposen einstudiere, ein beschwingtes Luftgitarrensolo als Begleitung zur kompressorgezähmten Jugendagitationsmusik in den Ladenlautsprechern beisteuere, dann aber in eine Arnold-Pose zurückwechsle, die ich aber doch nicht genau beurteilen kann, weil ich zum Glück und Selbstschutz auch die Brille abgenommen hatte. Mehr gibt es zum Hosenkauf nicht zu sagen.

Auf dem Weg zum Lebensmittelmarkt liegt auf einem kleinen Flecken Grün seit Wochen nun ein totes Kaninchen. Erst hatte ich es fotografiert, frisch von einem Auto erwischt, aber super intakt, nur ein wenig naß vom Regen und der Aufregung. Mittlerweile, man merkt die mangelnde Anteilnahme in diesen vergessenen Stadtteilen - und ich als Chronist darf die Wirklichkeit ja nicht verändern -, ist dem armen Tier ein wenig die Luft ausgegangen. Selbst ich möchte es nicht mehr fotografieren, obwohl sich sicher eine interessante Zeitrafferstudie hätte machen lassen. Ein weiteres 365-Tage-Projekt, von denen es auf Flickr nur so wimmelt. Daily Bunny, eine Studie in De/Komposition. Diesem Hasenartigen erklärt keiner mehr die Kunst, würde ich heute diagnostizieren, aber mal schauen, was in den nächsten Wochen noch so wird. Manches insgeheim schon Aufgegebene hat sich ja auf wundersame Weise zurückviviert, mit zagendem Puls und flackernder Hoffnung.

Muß man aber zeitig aufstehen, den Tag, den Zug, den Schuß nicht verpassen. Early to bed, early to rise, makes a man healthy, wealthy and wise. Ich habe lange genug antizyklisch gelebt, um zu wissen, daß das stimmt. Ich schaue jetzt aber niemanden direkt dabei an.