Donnerstag, 5. November 2009


Mythenkritzeln


Die beiden hören Pochpochpoch, stehen aber zu nahe dran, um Orpheus zu sehen


Nein, das könnt ihr nicht


Die simple Kunst des expressiven Nagelns


Leider nur Platz drei im Cy-Twombly-Ähnlichkeitswettbewerb

Im Wiener Mumok konnte ich schnell noch die Cy-Twombly-Ausstellung "Sensations of the Moment" sehen, ich mag ja diesen Kritzelkünstler, diesen abstrakten quasi-Arte-povera-Expressionisten, der große Gesten in unaufgeregte Formen darstellen kann. Das ist alles offen wie nichts, Sex, Gewalt und große Mythen verzwirbelt zu bindfadendünnen Linien, zusammengedengelten Fundstücken, nervösen Eiskunstlauffiguren auf Leinwand und übrigens Fotografien, die wiederum eine beseelte Ruhe ausstrahlen. Ich glaube ja, daß er ein sehr ernster Witzbold ist, ein Hymniker der kleinen Form, der einen rostigen Nagel in die Verkleidung eines Marquis de Sade stecken kann, also ihn derart verkleiden, nicht den armen Marquis durch die Kapuze quälen, jedenfalls ...sind wir die Hörenden jetzt und ein Mund... - wie es auf einem seiner Orpheus-Bilder geskribbelt steht - staunt man stumm vor lauter Materialität, den großen Poren und kreidigen Flächen, durch die man wie Yves Klein am liebsten eine nackte Ariadne ziehen möchte, dem bitteren Witz am Ende einer langen, verwickelten Kordel entgegen. Eine endlose Echolalie von Fragmenten, brutal, zart, summend. Wie Liebende neigt man nur lächelnd den Kopf, zieht die feinen Linien wie eine zarte Körpersilhouette mit den Fingern nach.

(Cy Twombly, "Sensations of the Moment". Mumok, Wien. 4.6. - 11.10.2009)