Hin und her in der großen Stadt


Mein neues kleines Motto: Über dem ZNIT

Als ich das Bahnticket buchte, war mir klar, dass es Streik (oder eine Naturkatastrophe) geben würde. Es blieb zum Glück beim Streik, so konnte ich einen dieser verflixten Alternativzüge nutzen, was - sitzt man tatsächlich im richtigen Wagen - ganz unkompliziert ist. Zuvor hatte mir noch ein jüngerer Herr geholfen, meinen Koffer in die Ablage zu wuchten. Aber, der Lohn der guten Tat war keiner, falscher Platz, weil bedenkenswerte Wagenreihung, und schon wurde ich weiter gescheucht.

Dann aber da, Schnellkurs Berlin, weitergescheucht in einen dieser Stadtteile. Wedding mit Deutschlandticket aber entspanntes Navigieren. Einfach in eine Tram, eine U-Bahn, ja sogar mit einem Bus bin ich gefahren. (Bus nur nach Anweisung.) Ringe, Zonen, Sprach- und Sachgebiete völlig egal. Kleine Pension ("looks a bit shady" - man spricht viel Englisch in Berlin) überm Orchideengarten, Blick in den Hinterhof auf Mülltonnen und Altflaschen, dafür aber ruhig. (Irgendwann fand ich auch das warme Wasser, das war aber reine & eigene Begriffsstutzigkeit. Härtet ab, und andere bezahlen für so eine unerbittlich eiskalte Wellnesstour viel Geld. Mein Haar formt sich zu Eiszapfen.)



Lust for Life: ein Berlinbild

Das Programm: Kurzes Hallo und long Welcome, Kaffeehaussitzerei unter Wiedersehensbedingungen (macht bekanntlich Freude) und Kaffeehaussitzerei unter Kennenlernbedingungen (macht bekanntlich Freunde), Absagen, Hinwendungen, dazwischen immer wieder Erschöpfungsnickerchen vorm Mini-TV-Gerät, daher auch rasch die Hälfte des Tourneeplans gestrichen. Nicht nur der Koffer war schwer, die Füße waren es auch.

Kleine Party in Charlottenburg. Von Kunst umhüllte Hausmusik, es spielen Geige, Klavier, Gitarre, es singt eine Dame aus Übersee. Um 23:00 Uhr klopft keine Polizei, man fängt ja gerade erst an, nimmt sich die Nacht und künstlerische Freiheiten und fordert mich nebenbei auf, das Gitarrespielen dringend wieder aufzugreifen. Fingermotorik, neuronale Verbindungen, alles muss trainiert werden. Wieder einmal stelle ich fest, dass Ermunterung sich viel erfreulicher anfühlt als Eingrenzung. Verzichte dennoch darauf, zum Ausgleich eines meiner beliebten Zwölfton-Kunstlieder zum Besten zu geben. Der Abend ist zu schön, und die U-Bahn fährt noch lange.


Verlockung mit dem Unterton einer Gefahr: Essen nicht vergessen!

Meine Idee, die Imbisswelt der Großstadt auszutesten, endet nach höchst unterschiedlichen Erlebnissen in teils auffällig obszön benannten Stuben an einer historischen Wurstbude an einem berühmten Platz. Vor der isst eine Familie am Stehtisch, bis sich die Teenagertochter abrupt abwendet und überraschend projektil die Blumenrabatte gelb-rosa färbt. Gleichwohl ich die Braterei nicht anklagen will und stattdessen die Möglichkeit einer Morgenübelkeit in den Raum stelle, waren damit Lust und Appetit vergangen. Auch hier aber, wie ich recherchierte, gilt wie an anderen solcher Plätze: Die Google-Rezensionen lesen sich höchst unterschiedlich, von hui bis pfui. Mahatma Glück, mahatma Pech, Mahatma Gandhi, wie es in einem Karnevalslied heißt.


Frühlingsanklang im Tierpark: Auslüften an Berliner Luft

Kurbadqualität haben vielfach die Kaffeehauspreise. Offenbar zahlt man - wie all überall - die während der Lockdowns nicht konsumierten Kuchenstücke nun mit jedem Backwerk zurück. Zu loben ist da der Schleusenkrug, ein für mich fast mythischer Ort, den ich nach jahrzehntealten, verschlungenen Geschichten um Irrungen und Versprechen endlich mal besuche. Man reagiert belustigt, als ich erkläre, wir seien jetzt in einem Stage Play. Besser, man holt sich klugerweise Kuchenstück für Kuchenstück im Leben alles auf angenehme Weise zurück. Ein fantastischer Tag also auch ohne Orchideengarten: Schwäne auf dem Landwehrkanal, freundliche Berliner erklären mir den Weg, der Schrittzähler auf dem Telefon spendet beständig frühlingshafte Herzchen.

Ausfallschritt | 18:37h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
fidibus - Dienstag, 26. März 2024, 21:13
Berlin dankt für Ihren Besuch & die Dokumentation! Schicke Ihren Bericht gleich mal an den Senat, damit er sich um die Kiosk-Kulinarik kümmert. Das geht ja nicht, dass Sie in der Hauptstadt vom Fleisch fallen. ;-)

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kid37 - Mittwoch, 27. März 2024, 18:15
Proteine sind wichtig! Hatte aber auch (privat) hervorragendes Sauerteigbrot und Rote-Beete-Salat, Panetone und Köttbullar (selbstgemacht). Ich werde diese Esskultursache im Auge behalten.

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samojede - Mittwoch, 27. März 2024, 17:07
Der (neue) Sänger von Slime hat Lied¹ über Berlin gemacht. Mir gefällt nicht . Wie finden Sie?



Trotzdem gut daß Sie da waren. Schöne Ostern und alles Gute weiterhin.



















🐰

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kid37 - Mittwoch, 27. März 2024, 18:18
Bin kein großer Freund von Texten im "Du"-Format. Sprich von dir, möchte man rufen. Ich weine z.B. nur im Regen, aber es regnete in der Zeit nicht, weshalb alles soweit ok war. Die Luftqualität allerdings (man zeigte mir eine App dafür) war im bedenklichen Bereich und angeblich schlechter als in New York City (das ist eine große Stadt in den USA). Da hat Hamburg wohl Glück mit dem vielen Wind.

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samojede - Mittwoch, 27. März 2024, 19:14
DUTexte kann ich auch n i c h t ausstehen. Finde aber ebenso dämlich wenn zb sogenannte Blogger Leser direkt ansprechen á la "Werte*r Leser*in haben Sie schon mal...." als wenn die Franz Josef Wagner ablösen möchten.Muß aber jeder selbst... ..
& Geht ja in diese Beitrag um Berlin.



Alles Liebe für Berlin.





New York







Tokio










Ulaanbaatar .

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