Montag, 8. April 2024


Merz/Bow #76


Just mit dem Postboot überbracht: nachempfundene Fotografie einer Sonnenfinsternis im 19. Jahrhundert [Symbolbild]

Helle Aufregung in den USA (das ist ein großer Staatenbund in Nordamerika) über eine finstere Sache: Die Total Eclipse of the Sun lockt Sonnenhungrige in den mittleren Westen und Anrainerstaaten. "The Great American eclipse" sagt Susan Miller und wagt einen Ausblick in die Sterne. Wer es wissenschaftlicher haben möchte, kann den Verlauf der schwarzen Sonne auch auf der Seite der NASA verfolgen.

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"Ersatzzüglein": Im Aufzuchtgehege der großen Bahn

Hin und her in der kleinen Stadt. Ostern in Wuppertal, mit Muttern im Museum, kleine Speise, Familienrundfahrt, dann wieder heim vor der großen Rückreisewelle ("vor die Welle kommen"). Der Nachtzug aus der Schweiz hat Verspätung, Warten in der zugigen Halle am Hauptbahnhof. Dort spielt ein Obdachloser, genervt von seinem labernden Sitznachbarn ("Ich geh' jetzt mal ans Klavier"), Klavier. Große, vom Alkohol aufgedunsene Hände und Finger bei einstudierter, filigraner Musterarbeit. Kein rumpeliger Boogie-Woogie, sondern ziselierter Frühlingswalzer im verlorenen Hall des großen Wartesaals, I Like Chopin sozusagen als Überbrückungshilfe. Wir hatten alle mal ein Leben vor diesem Leben. Dann mit dem federnden Eurocity in die Nacht, schlummernde junge Leute, erschöpft von irgendeinem Festival, draußen Gewitter, Starkregen, zuletzt wieder verschlierte Lichter der aufgereihten Städte. Nocturne.

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Hilde & Gretl. Ein Haus voller Geschichten.

Einem Hinweis im wunderbaren Wieselblog folgend, habe ich kürzlich das ebenfalls wunderbare Buch Hilde & Gretl von Tarek Leitner und Peter Coeln erworben. Zwei Cousinen, eben diese Hilde und Gretl, bewohnen ein Haus, musealisieren es entlang ihres Weges, hinterlassen das, was eben so hinterlassen wird: flüchtige Spuren einer alten Republik, Profanes und Banales, Kitsch und Krempel zwischen Nachtschrank und Wohnzimmertisch. Archäologisch aufgearbeitet, aus dem Abfall erhoben und in klugen Texten in Beziehungen und Deutungen gebracht, ist das Buch ein Katalog einer Zeitreise in die Welt der Tanten und (Groß-)Eltern, in die Provinz und Wendehammer-Siedlungen. Ganz toll.

MerzBow | von kid37 um 19:31h | 10 mal Zuspruch | Kondolieren | Link