Dienstag, 2. August 2005
"Wir haben nur unseren Job getan. Das werden Sie wohl nicht verstehen."
Nein, verstehen kann man es nicht. Aber das ist sechzig Jahre später natürlich leicht gesagt. Sechzig Jahre später noch den Geist von damals zu verströmen, ist mir hingegen wirklich völlig unverständlich:
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(Link von der Webseite von Brigade General Paul Warfield Tibbets, Jr., dem Piloten der Enola Gay.)

Montag, 1. August 2005

Da ich selber nichts erlebe, träume ich mich manchmal für die ein oder andere fröhliche Minute in die Erlebnisse anderer Menschen hinein. Für das Gefühl der Teilhabe bin ich sehr dankbar.

Donnerstag, 28. Juli 2005
Das ist nun sehr schade.
Vielleicht wäre ein ausgiebiger S0mmerurlaub besser gewesen, hm?

Mittwoch, 27. Juli 2005
When I was 16 in the mid-80's, I absorbed every word of Depeche Mode's songs as pure gospel, and often wrote out and studied the lyrics on the pages of my "Mead" notebooks. Those words guided and shaped my life philosophy and my identity as I grew into an adult.
Now I'm a middle-aged man working in the "Hallmark" store in the mall.
via Group Hug US
Bei der Spreepiratin wird gerade gebeichtet oder besser gesagt, auf die wirklich tolle Seite Post Secret hingewiesen, aus der ja demnächst ein Buch entstehen soll.
Weil ich ein Mann extrem reinen Herzens bin, darf ich jetzt ehrenamtlich immer sonntags die Beichte abnehmen. Was ich da höre, macht mich oft schaudern. Aber ich kann zum Glück sehr leicht verzeihen und trage nichts nach. Und mit zehn Peitschenhieben ist vieles schnell vergessen.

Sonntag, 24. Juli 2005
Diese Typologie stammt zwar schon vom letzten Jahr, aber hat durchaus noch Gültigkeit, wie ich heute bei einem launigen Spaziergang quer durchs Karo- und Schanzenviertel bemerken mußte durfte. Ich bin natürlich der unentdeckte Experimentalfilmer.
(Aber "MMM"? Hieß das in der DDR nicht "Messe der Meister von Morgen?" Aber das paßt ja wieder zum Status des Unentdeckten.)
Liebe Claudine und die anderen von Kitten Kitten, macht mal wieder was!

Freitag, 8. Juli 2005
<aufgeregtindiecnnkameradiktier>Ich war gerade mittenmang am Entgraten in der Gartenzwergfabrik, als ich die Nachricht hörte. Friedensnobelpreis! Ein Preis für das Hermetische Café!
Doch, ich freue mich. Wirklich. Auch wenn ich durch Links in meinen Referrern sehe, daß der ein oder andere bereits mit den Augen rollt und lautstark fragt "Wieso die und nicht die oder die?"
Weil die Jury es so entschieden hat und diese Entscheidung auch anders hätte ausfallen können und genauso zu rechtfertigen wäre und weil es nicht darum geht, ein Blog gegen das andere auszuspielen. Mal abgesehen davon, daß Deutschland möglicherweise das einzige Land ist, in dem man sich für Auszeichnungen rechtfertigen muß.
Jeder Leistungssportler weiß, warum er trainiert: Für den Wettbewerb, die Weltmeisterschaft, Olympia. Darauf arbeitet er hin, um auf den Punkt fit zu sein und besser als die Konkurrenz. Bei Blogs ist das anders: Hier wird täglich vor Publikum trainiert, aber ein Messen gibt es nicht. Beim Bloggen geht es nicht darum, nach 100 Metern als erster vorne zu sein. Keiner muß sich "beweisen". Grad so aber wird offenbar von einigen ein solcher "Wettbewerb" verstanden - und paradoxerweise gerade von einigen Kritikern.
Ich freue mich, daß Texte wie der von Frau Wasweissich gewonnen haben. Das ist genau die Art von Relevanz, die ich mir wünsche. Und in der Tat: Trotz der etwas unglücklichen Begleitumstände während der Nominierungsphase und der Diskussionen im Anschluß, kann ich mich über diesen Preis freuen. Ich nehme es als Anerkennen für das, was hier seit 565 Tagen versucht wird: eine persönliche Auseinandersetzung, ein Experiment, ein subjektiv gefärbter Reisebericht. Mein Merzbau. Das mag manchmal funktionieren, oft auch nicht - aber das sind genau die Freiheiten, die man als Blogger (noch) austesten kann.
Leute: Hier gilt es keinen "Gegner" niederzuringen, keiner muß mehr Tore schießen als der andere, um sich zu beweisen. Jedermann sein eigener Fußball, so versprach und forderte einst ein dadaistisches Magazin.
Warum gibt es Filmfestivals, die Biennale in Venedig, den Grimme-, Turner- oder Bachmann-Preis? Mit der Stoppuhr ist da nichts zu messen. Cui bono?
Nun, unter anderem feiert auch immer eine Branche Szene sich selbst - und das nicht unbedingt zu ihrem Schaden. Und "feiern" heißt (ich erinnere mich dunkel) Spaß haben, nicht alles unnötig ernst nehmen.
Artig deshalb meinen Dank an die Zeit, die Jury und alle Leser.
Und morgen ist ein neuer Tag.</halleberrymodus>

Montag, 4. Juli 2005
Einige kennen meine Begeisterung für die Hauptstadt unseres südlichen Nachbarlandes. Mein Freund, der nun schon seit über 15 Jahren in Wien lebt und sowas wie Kunst macht, sagt ja immer, komm' doch noch Wien, ist hier alles völlig überdimensioniert, kannst Du aber gut Kunst machen.
Na ja, ich bin dafür wahrscheinlich schon viel zu verkalkt. Am Wochenende höre ich jedenfalls nach wie vor gerne FM4, den Sumpf, die Neigungsgruppe "Sex & Gewalt", die Euroranch - alles Dinge, auf die mich unsere bewundernswerte und vielvermißte Frau Sonne aufmerksam gemacht hat.
Interessiert lese ich auch immer wieder gerne Wiener Blogs, wie z.B. das von Frau Gingerbox, die nicht nur liquiden Schmu redet, sondern auch austeilen kann, aber vielleicht gerade deshalb unter anderem auch eine "begehrenstechnisch ambivalente Projektionsfläche für ältere Herren" (Selbstaussage) darstellt. Außerdem, und das kann man kaum hoch genug loben, verlinkt sie Bilder eines meiner Lieblingsfotografen, Robert Parkeharrison.
Für uns alternde Fluxus-Situationisten sozusagen echter Sprengstoff!

Mittwoch, 15. Juni 2005
Ein wenig befremdlich. Da lobt man einen Wettbewerb aus und diffamiert dann die Teilnehmer als eher irrelevant. Tja, manchmal möchte sich wohl auch die Regierung ein anderes Volk wählen.
Vielleicht eine Stilfrage. Zum Glück habe ich für so was keine Zeit.

Donnerstag, 2. Juni 2005
Ich habe es jetzt auch gelesen, sagt sie. Es klingt alles so, nun ja, herablassend.
Sag' ich doch, sage ich.
So schwer nach, "ich weiß ganz doll Bescheid".
Ja, meine ich. Demut ist eben ein hartes Brot.
Ich bemerke, es sei Ein Kessel Ödnis, und sie lacht.
Manche wissen eben, wann man die Klappe halten muß, meine ich. Andere prahlen herum. Das ist schon bitter.
Nimm doch noch ein Stück Ananas, sagt sie und grinst mich an. Dann lachen wir beide los, ein wenig frech und wirklich nur ein kleines bißchen zu laut.

Donnerstag, 19. Mai 2005
Frau Eva und Herr Sebas warfen mit Stöckchen nach mir. So was sind ja Ehrenschulden, blabla, und gute Gelegenheiten, die Regale der Eitelkeit zu öffnen, sich fürchterlich interessant zu machen usw., die kryptotheologischen Inkunabeln und die Mann-bin-ick-belesen-ey-Laure-Romane aus dem Schrank zu holen. Seit dem Studium lese ich ja fast nur noch Bildbände, Joel-Peter Witkin, Gilles Berquet, Diane Arbus, Ralph Gibson, Bacon, Dix, Grosz, Masereel, Hausmann, Schwitters... die Liste ist lang. Gut, also Bücher mit Wörtern:
1. Du steckst in der Welt von Fahrenheit 451, welches Buch möchtest Du sein?
Mnemosyne, steh mir bei! The Melancholy Death of Oyster Boy & Other Stories von Tim Burton. Skurril (wer hätte es gedacht) und vor allem knapp genug gehalten, daß ich mit meinem löchrigen Gedächtnis eine Chance hätte, das Werk überhaupt zu memorieren.
2. Warst du je in eine Figur aus einem Buch verknallt?
O ja, so eine Schwester wie Franny aus Salingers Franny und Zooey hätte ich gerne gehabt. Natürlich frei von erotischen Gelüsten. Da müßte dann schon die Ich-Erzählerin aus der Autobigophonie von Françoise Cactus genannt werden.
3. Welches Buch hast du zuletzt gekauft?
Das waren drei: Erotisches im Alltag zwischen Kunst und Kitsch, ein amüsanter Band über die Erotica-Sammlung von Wolfram Körner. 4 Euro aus der Bücherstube der Kirche in der Nachbarschaft. Arnold Stadler, Mein Hund, meine Sau, mein Leben, ebenfalls von dort (50 cts.). Ebenfalls von dort: T. C. Boyle, Der Samurai von Savannah.
4. Welches Buch hast du zuletzt gelesen?
Siehe oben, Arnold Stadler. Davor war es Butchershop In The Sky von James Havoc. Durchgeknallte Skizzen und Erzählungen im Stile von Gilles de Rais trifft Manchester-Rave, die ursprünglich bei Creation Press erschienen sind (Alan McGee/James Williamson). Pronografisch, blutlüstern, psycho-pathologisch, nicht unbedingt nett.
5. Welches Buch liest du gerade?
Die ganz wunderbar lebendige Biografie Man Ray: American Artist von Neil Baldwin. Man Ray ist seit 20 Jahren einer meiner fotografischen Helden (neben Ralph Gibson, Gilles Berquet, Joel-Peter Witkin, George Hurrell...) vom alten amerikanisch-dadaistischen Schlag. Das bezaubernde an ihm war, daß er sich keiner "Schule" zuschlagen lassen wollte, mit Dada und Surrealismus knutschte, aber keine Kirche daraus machte. Weniger bekannt sind ja seine Gemälde und Schriften. Dichten konnte der nämlich auch. Außerdem war er mit Kiki de Montparnasse zusammen (Wer nicht? höre ich es schon gröhlend schallen, nun gut), was ich an seiner Stelle auch getan hätte.
6. Welche fünf Bücher nähmst du mit auf eine einsame Insel?
1. Das Buch der Bücher oder Herman Melville, Moby Dick. Kommt letzten Endes auf das gleiche hinaus.
2. J. D. Salinger, Franny und Zooey. Eine weitere Studie über den Glauben.
3. Kurt Pinthus Sammlung expressionistischer Lyrik Menschheitsdämmerung, trotz aller Schwächen immer noch der Klassiker. Vielleicht geht es ja wieder los.
4. Christian Reuter, Schelmuffsky. Man will ja auch was zu lachen haben.
5. Was, schon fünf? Das heißt, ich muß wählen zwischen Chandler, Schiller, Hemingway, Camus, Pynchon, Capote oder Laurence Sterne? Gut, dann nehme ich doch einen Bildband: Ellen von Unwerth, Revenge. Auch wenn darin die Ringelstrümpfe fehlen.
Weiter, weiter soll es wandern: Herr Stubenhocker, von dem ich weiß, daß er sich mit Literatur auskennt, die wunderbare Frau Modeste, die tatsächlich noch niemand aufgefordert hat? - und den Herrn Shako, weil der bestimmt ganz obskure Dinge zu benennen weiß.
Da ich ja zwei Stöckchen bekam, möchte ich die Gelegenheit nutzen, zwei derzeit pausierende Bloggerinnen aufzufordern: Frau Sonne und Miss Monolog. Sie dürfen gerne in den Kommentar reinmalen. Dürfen Sie.
