Dienstag, 15. April 2008
Die erste Lektion spielte sich in meinem Arbeitszimmer ab. Sie erklärte mir, daß links (gauche) das Fenster und daß rechts (droite) die Tür sei. Bei dieser Gelegenheit sagte sie, 'qu'il faut qu'une porte soit ouverte ou fermée'; denn im Leben sei es notwendig, immer eine klare Entscheidung zu treffen.
(Pitigrilli, "Yvette gibt französischen Unterricht". 1931.)

Dienstag, 8. April 2008
Es beginnt ja nun die Reisezeit: Wer wie ich Paris mag und möglicherweise auch ein Herz hat für die analoge Bohème der 20er und 30er Jahre, möchte sich vielleicht auf die Fersen von Henry Miller heften. Nicht wegen Unterhosenbloggen, sondern wegen der Kunst, was sonst, der Mann hat ja schließlich alle gekannt! Oder ist an ihnen vorbeigelaufen. Sozusagen das komplette Shakespeare & Company.
Amy und Eric Lehman haben einen solchen Spaziergang in ihren Flitterwochen unternommen, was auch sonst, und schreiben darüber recht unterhaltsam im Blog Miller Walks. Dort gibt es weitere Informationen, Obskuritäten und Wanderrouten zu entdecken.
>>> Miller Walks

Dienstag, 19. Februar 2008
Alain Robbe-Grillet (18. August 1922 – 18. Februar 2008).
Ich gebe zu, ich habe immer nur die schmutzigen Stellen gelesen.

Samstag, 22. September 2007
Während jetzt jedermann beschwingte Weisen summt, heißt es anderenorts bereits wieder Lesen, Sehen, Staunen!
Die Skulpturen des amerikanischen Künstlers Brian Dettmer machen aus Literatur und planem Papier ein sehr anschauliches und haptisches Vergnügen, bei dem die Worte, Verzeihung, wirklich mal herausgearbeitet werden.
Ex Libris eben.
Mancher Bibliophile wird vielleicht ein wenig zusammenzucken, aber ich finde, er hat alte Bücher zu einem zweiten Leben erweckt, und zu einem sehr einzigartigen dazu. Jedenfalls, solange die Sache mit der 3D-Kopie noch in den Kinderschuhen steckt. Und mit diesem herausstechenden Originalitätsmerkmal wird Objektkunst noch das nächste große Ding nach den Beatles. Merkt euch meine Worte.
>>> Mehr Bilder bei Centripetal Notion
(Aber nicht alle auf einmal, der Server dort ist überlastet.)

Freitag, 27. Juli 2007
Diese Phase, kurz bevor man erwachsen wird, ist wahrscheinlich die der größtmöglichen Integrität und Authentizität von Energie, Gefühl, Liebe, Hass und Kampf. Dieser kurze Moment mit seinen unbestechlichen Haltungen, der alles was danach kommt, verändert, nämlich eine ganze Generation, fasziniert mich.
(Hedi Slimane im Interview, FAZ 7.7.2007)

Donnerstag, 19. April 2007
Die Elitevorstellung diente wie der Größenwahn oder die Genietümelei als Putschmittel, und er [Janssen] machte davon denselben Gebrauch wie vom Alkohol. Letzten Endes entscheidet allein das Werk, daß es nicht pure Völlerei gewesen ist, sondern ein unerhörtes, wenn auch blasphemisches Elixier.
(Stefan Blessin. Horst Janssen - Eine Biografie. 1984.)

Dienstag, 13. März 2007
Wie jeder weiß, läßt sich mit dem menschlichem Körper allerhand anstellen, was dem menschlichem Verstande zunächst ungewöhnlich scheint. Spontanreflexe, Ohrenwackeln, auch den Verzehr von Billigwurst möchte ich dazu zählen. Alles, was ich sonst noch weiß, stammt aus dem wunderbaren Buch Menschenkunde und Vererbungslehre von Harry Garms, das nicht nur Sätze wie "Nervöse sollten früh zu Bett gehen; sie dürfen im Bett nicht lesen, keinen starken Kaffee trinken, nicht rauchen und sich nicht aufregen" und andere höchst vernünftige Ratschläge enthält. Auch wer sich für Gehirnwassersucht interessiert, ist bei Harms gut beraten, ehe man zum Pschyrembel und dann zu schwererer Kost greift. Menschenkunde von 1954 (meine Ausgabe stammt von 1965) war ein Schulbuch für die Mittel- und Oberstufe und regt zu allerhand lustigen Experimenten an. Ich kenne das noch aus Physikbüchern aus dieser Zeit - Wir bauen uns eine Türklingel etwa war das Gesellenstück nach etlichen lehrreichen Versuchen, einen Elektromagneten zu winden.
Nun ist mir als jemand, der mindestens fünfmal durchs Physikum gefallen wäre, hätte er je das Studium der Medizin etwas ernsthafter verfolgt, wenig Menschliches fremd. Es reichte dann nur zu den Geisteswissenschaften. Aber vollkommen unnütz war diese Kombination nicht: So kann ich zum Beispiel Arschlöcher reden hören. Eine andererseits nicht immer nur angenehme Fertigkeit, zumal man meist unverhofft in solche Situationen gerät und dann aus allerlei sozialen Gründen auch nicht gut auftrumpfen kann mit Sie reden wie ein Arschloch!
Freundschaften schließen sich nach solchen Einleitungen nämlich nur schwer, was auch umgekehrt gilt, wenn man etwa auf den Einfall käme, selbst wie ein Arschloch zu sprechen. Gelegentlich macht es aber Spaß, etwa auf Partys, wenn andere mit ihren auf Safari erworbenen Kisuaheli-Kenntnissen prahlen. Da lege ich gern nach und sage: "Und ich kann ein Arschloch hören, wenn es spricht!" Was aber - seltsamerweise möchte ich sagen - nicht mit ähnlich freundlichem Interesse aufgenommen wird wie "Jambo!" oder andere Brocken exotischer Sprachen.
Schweigsam kommt man manchmal eben weiter und applaudierend sowieso. Andererseits sollte man nicht immer alles runterwürgen, obwohl man sich dazu auch auf den Kopf stellen kann. Denn dieses Experiment - und hier schlage ich den kleinen Bogen zurück zur Menschenkunde - mag jeder gerne einmal daheim probieren: Im Prinzip kann man in mancherlei Lage eine Menge schlucken.
Aber Achtung: Irgendwann muß alles wieder raus.
>>> Harry Garms. Menschenkunde und Vererbungslehre. Biologisches Unterrichtswerk, Band III. 8. Auflage. (Braunschweig: Westermann, 1965.)

Dienstag, 6. März 2007
Ach. Nun ist der Mann, der sagte, Blogs beschrieben nicht mehr die Wirklichkeit, sondern haben diese längst schon ersetzt (oder so ähnlich), gestorben, wie der Spiegel vermeldet.
Jean Baudrillard (1929-2007) hat sich übrigens auch als Fotograf einen Namen gemacht. Ein Bilderkritiker und ein Bildermacher eben.

Mittwoch, 28. Februar 2007
Die FAZ belehrt mich über die Existenz einer Wiki-Seite zu Thomas Pynchon.
Auf Pynchonwiki gibt es zu bislang drei seiner Romane (Gravity's Rainbow, Mason & Dixon, Against The Day) seitenbezogene Annotationen, Erläuterungen und Interpretationshilfen. Dazu kommen Indices für Orte und Personen und weitere inhaltliche und editorische Anmerkungen. Man hofft, die Informationsflut ruft keine Entropie hervor. Oder gerade doch.

Samstag, 3. Februar 2007
Daß Breton den anvisierten Erfolg dadaistischer Aktivität als Medienerfolg versteht und beschreibt, lenkt unsere Aufmerksamkeit auch auf die Tatsache, daß Dadas Originalbeitrag zur Geschichte der Kunst [...] womöglich in der Inszenierung eines vormals ungekannten Medienhypes besteht.
(Tobia Bezzola. Vorwort zu Andre Bréton - Dossier Dada. Ostfildern-Ruitz, 2005.)
