Dienstag, 7. Oktober 2008


So verloren

Nachdem mir Kelly das Buch so heiß empfohlen hatte, mußte es gleich angeschafft werden:

"Lost Thing" von Shaun Tan ist wirklich, für den, der sich noch wundern kann, ein ganz zauberhaftes Werk. Eine skurrile Geschichte, die einem bald ganz normal vorkommt: Ein kleiner Junge ist am Strand in der Hoffnung unterwegs, seine Kronkorkensammlung vervollständigen zu können. Ein wichtiges Geschäft, doch unerwartet trifft er auf das Ding. Offenbar vergessen, in der Welt verloren, nichts genaues weiß man nicht, und die Eltern... nun ja, es sind halt Erwachsene. Die Bemühungen des Kleinen, das Ding an seinen Ort zu führen, liest man besser selber nach. Und auch ganz genau. Denn den traurigen Kern der Sache, den packt Shaun Tan in kurze, lakonische Sätze. Scheinbar wie nebenbei.

>>> Webseite von Shaun Tan

Ex Libris | von kid37 um 11:35h | noch kein Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Montag, 6. Oktober 2008


Der gefundene Satz, #45

Wir leben vorwiegend in einer menschengemachten Umwelt, die immer fataler durch das Versagen der Apparaturen gekennzeichnet ist. Beschäftigen sich nicht zu viele unserer Gespräche mit täglichen, wenn nicht stündlichen Pannen? Das Auto hat gestreikt, das Flugzeug konnte nicht starten, der Zugt kam zu spät an. Immerzu will im Haushalt irgendein Gerät nicht mehr funktionieren: Der Eissschrank setzt aus, die Geschirrspülmaschine "spielt verrückt", der Fernseher spuckt nur Bildfetzen, auf dem Tonbangerät ist wieder mal nichts drauf, die Neonröhren flackern, das Telefon bleibt stumm.

(Robert Jungk. Vorwort zu: Tote Technik. Ein Wegweiser zu den antiken Stätten von morgen. 1981.)


 


Montag, 4. August 2008


Das glücklose Kind

Während draußen, dort hinter der Scheibe, das hanseatische Wetter in unentschiedenem Taumel zwischen Sommervergnüglichkeit und Herbsttrübsal gaukelt, hilft eine moralische Erzählung ohne Moral das innere Gleichgewicht auf Null zu justieren. In anderen Worten: Einer meiner absoluten Lieblings-Lieblingsgeschichten eines meiner Lieblings-Lieblingsautoren gibt es hier zu sehen.

Einen schönen Start in die Woche wünsche ich.


 


Donnerstag, 17. Juli 2008


Der gefundene Satz, #44

Gestern ist Geschichte. Morgen ist ein Rätsel. Heute ist ein Geschenk. [SZ]

Der langsame Rückzug. Die Vorsicht. Das Tasten. Nicht glauben, was nicht ist, was als Fahne getragen im Wind flattert, bereits im Mund die Richtung wechselt. Sätze, wie aus einem Filmscript gestohlen, aus dem Wortschatz einer Stadt. Die schöne Stimme, die sagt: Später.


 


Freitag, 11. Juli 2008


Was nur der Schreibtisch weiß



In so einem Blog steht ja nicht alles drin, auch wenn es manchmal so den Anschein hat. Wie wenig ihr wißt, möchte man rufen. Funde, Zeitungsausschnitte, Fotos, ab und an ein Wort - das Leben als Themenkladde, die eigene Schnipselhaftigkeit, sich selbst als Ausriß mit zackigem Rand betrachtet. Jeder Tag ein Post-it, und erst am Ende wird zusammengeklebt, ergibt das Mosaik ein Bild oder auch keines. Was eben nur der Schreibtisch weiß, die Riefen im Holz.


 


Donnerstag, 10. Juli 2008


Der gefundene Satz, #43

Don't be afraid to take the past head on.

(Tracey Emin. Strangeland. 2005.)

Ex Libris | von kid37 um 12:37h | ein Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Mittwoch, 4. Juni 2008


Strangeland

At the age of thirteen, I realised
that there was a danger
in innocence and beauty,
and I could not live with both.

(Tracey Emin. Strangeland. 2005)

Wie wuchtig, wie schmerzhaft, wie berührend: Wie Unrat, der aus der psychologischen Handtasche fällt, meinte einer. Tracey Emin stülpt ihr Leben um, spuckt weißschaumiges Inneres nach außen wie eine überreife Pflanze, zeigt ihr Zeug - wie man es von ihren Kunstwerken kennt - auf eine Art, die weder sich noch Leser schont. Eine Kindheit in England voller Mißbrauch, Demütigung und dem unbestimmten Gefühl des Verlorenseins. Ein Röntgenbild voller Schatten. Manches an dieser Selbstentblößung ist trotz aller Zweifel* schmerzhaft zu lesen, ist brutal, ist vielleicht sogar ehrlich; atemlos prescht man voran, würde ab und an gerne Pst, Tracey, wir müssen nicht alles wissen rufen, aber schon geht es weiter durch granatsplitterige Biografiefetzen aus Abtreibung, Alkohol und Selbstabsolution, quer durchs Erinnerungsgestrüpp, durch Traceyland, durch Strangeland. Wie ein besseres Befindlichkeitsblog: Manchmal unangenehm, peinlich vielleicht auch und doch bewegend - um eine letzte Lebensweisheit herum.

>>> Webseite von Tracey Emin

*Billy Childish hat eine andere Erinnerung.
Und wie das immer so ist, wenn sich ein Paar in der Öffentlichkeit streitet, nimmt man als Außenstehender besser beide Seiten mit einer, öh, Prise Salz.


 


Montag, 26. Mai 2008


Aus der Hand

Bei Kaffee.Satz, so scheint es, bin ich der Mann für Hände und Trunk.
So bilden sich Bilder.

Hat Spaß gemacht. Merci, Herr Paulsen.


 


Donnerstag, 22. Mai 2008


Der gefundene Satz, #42

Ich glaube zwar, daß Menschen sich lieber mit Energiebolzen identifizieren, aber ich finde auch Traurigkeit sehr unterhaltend.

(Karin Duve in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, 10.5.2008.)


 


Mittwoch, 23. April 2008


Ich schalte kurz um zur Werbung



Wer am Wochenende der langen Nacht der Museen in Hamburg angesichts des zu erwartenden Gedränges fragend gegenübersteht, möchte vielleicht lieber zu einer Lesung gehen. Am Samstag, lesen die einzigartige Lu gemeinsam mit Isa, Mek und Merlix von den Herzdamengeschichten. Ich wette, die läuten den Frühling ein.



Am Sonntag geht es weiter mit der Nummer 49 der Reihe Kaffee.Satz.Lesen. Dort lesen Katja Lange-Müller, Susanne Höbel, Florian Thalhofer und ich. Wie immer möchte ich Menschen weinen sehen, kommt also bitte zahlreich, und spielt so etwas wie stille Ergriffenheit vor. Ich freue mich sehr und vertraue ansonsten auf mein Horoskop.