Mene mene tekel

Die Menschen stehen vorwärts in den Straßen
Und sehen auf die großen Himmelszeichen,
Wo die Kometen mit den Feuernasen
Um die gezackten Türme drohend schleichen.

(Georg Heym, "Die Menschen stehen vorwärts..." 1911.)

Die geheimnisvolle ApfelschriftWährend ich heute vormittag an meiner neuesten Entwicklung forschte, dem selbstkehrenden Küchenbesen, welcher dereinst mehr zum Weltfrieden beitragen wird als manche Dauermedikation (der Prototyp hat bislang allerdings ein Problem mit der starken Rußentwicklung. Außerdem verliert er Öl und ist mit seinen Maßen von 3,15m x 1,82m eventuell für kleine Küchen nicht optimal geeignet. Dazu stehen aber sowohl Feld- als auch spätere Marktforschung aus. Vielleicht mache ich auch erst die Marktforschung - je nachdem, wofür ich eher Fördergelder erhalte), fiel mir das alte Lied ein, in dem es heißt, man solle nicht gleich in jeden Apfel beißen.

Wenn ich mich recht entsinne, geht die zweite Zeile weiter mit: "... denn es könnte Elvis sein." Nun ist das sicher bloß als Metapher gemeint gewesen, aber bekanntlich steckt in jedem Obst ein wahrer Kern. Mein Apfel nämlich weist ein Muster auf, das wie eine Mischung aus dem Voynich-Manuskript und vorantiken Höhlenzeichnungen aussieht. Meine Nachbarin, der ich in wissenschaftlicher Erregung meine Frucht präsentierte, meinte gar das Profil einer halbbekannten Person aus dem Schau- und Belustigungsgewerbe erkannt zu haben. Leider fiel ihr kein Name dazu ein.

Ich hingegen war fest überzeugt, daß mir in der Nacht Außerirdische mit ihrem Alienlötkolben eine wichtige Nachricht hinterlassen haben, die in direktem Zusammenhang mit meiner flugbahnbrechenden Erfindung steht. Der selbstkehrende Zimmerbesen kommt sicher auch mit Sternenstaub zurecht, vorausgesetzt, die starke Rußentwicklung stört auf Alpha Centauri nicht. Vielleicht handelt es sich bei der Zeichnung um einen Schaltkreis, der meinen dampfbetriebenen Kehrapparat in eine Wunderwaffe im Kampf gegen Brotkrumen, Wollmäuse und andere Bio-Partikel macht. Vielleicht will man mir aber auch meine Erfindung stehlen. Ich habe beschlossen, sehr vorsichtig zu sein.

Zuletzt aber fiel mir noch eine Ähnlichkeit auf: die zum Tanz der Biene auf der Honigwabe. Haben die verschwundenen Immen in ihrer Sprache einen Abschiedsbrief hinterlassen? Eine Nachricht, wo man sie finden kann? Heißt das übersetzt: "Macht's gut und danke für nichts"? Ich bin aufgewühlt und werde versuchen, das Rätsel zu lösen. Der selbstkehrende Besen und damit der Weltfrieden müssen warten.

Homestory | 19:37h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
polkadot - Samstag, 5. Mai 2007, 22:10
halte das mit den außerirdischen für die wahrscheinlichste theorie. ähnlichkeiten mit dem schwänzeltanz der honigbiene kann ich nicht entdecken. nach jahrelanger folter und gehirnwäsche im biologieunterricht eines bayrischen gymnasiums hätte ich diese sicherlich sofort erkannt, denn ich glaube fast, wir haben über nichts anderes gesprochen. gelegentlich gab es auch filme. grotesk aufgelasene leiber von bienen- und ameisenköniginnen,pumpend und eierlegend, überall schleim, kein noch so schauerliches detail wurde ausgespart. manchmal träume ich noch davon.
nein, bienen- auf keinen fall.

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kid37 - Samstag, 5. Mai 2007, 23:59
Ich bin mir noch nicht so sicher. Wer weiß, was die hier geschwänzelt haben. Dank ihrer plastischen Schilderung ist mir aber wieder bewußt geworden: die Lebenswirklichkeit der Insekten ist nicht nur schön!

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lunally - Sonntag, 6. Mai 2007, 00:50
Ich find ja, das sieht aus wie der Vogel da von Snoopy, Woodstock oder so. Was Ihnen das sagen soll, weiß ich nun aber auch nicht.

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ladys smock - Sonntag, 6. Mai 2007, 01:29
Dies ist eindeutig aus Max und Moritz´letztem Streich:
Seht, da trägt der Bauer Mecke
einen seiner Maltersäcke.

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kid37 - Sonntag, 6. Mai 2007, 02:09
Mein Apfel ist kulturell interessiert! Das könnte sein. Bei Woodstock bin ich nicht mehr so sicher. Hatte der nicht so was Besserwisserisches? Vielleicht wollte der Apfel über meine hirnverbrannten Experimente die Stirne runzeln...

Frau Ladys Smock macht mir jetzt angst. Ausgerechnet der letzte Streich? Nicht, daß es wirklich noch zum Menetekel wird. Nein, ich esse diesen Apfel nicht.

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ladys smock - Sonntag, 6. Mai 2007, 02:39
Prophezeiungen, Schabernack und Übeltätereien.
In der Tat: vieles kann einem Angst machen.
Könnte aber Ihre Kehrmaschine nicht auch gleich das vom Tisch wischen?

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kid37 - Sonntag, 6. Mai 2007, 02:49
Ich möchte das meinem kleinen Tisch nicht zumuten. Immerhin: Wo die kehrt, wächst kein Apfelbaum mehr.

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lunally - Sonntag, 6. Mai 2007, 02:55
Uh, Herr Kid, also mit dem Apfel, ich mein im Paradies und dann bei Schneewittchen... den rahmen Sie man lieber ein, aber besser nicht essen.

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gaga - Sonntag, 6. Mai 2007, 01:56
trachtquellen und schwänzeltanz!

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kid37 - Sonntag, 6. Mai 2007, 02:10
Bienchen und Blümchen!

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kid37 - Sonntag, 6. Mai 2007, 02:53
Übrigens möchte ich mich hier anschließen. Das Foto von meinem Apfel ist abmahnfrei, bedient euch. (Ich weiß allerdings nicht, was die Außerirdischen bzgl. der Schriftzeichen sagen.)

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halbtot - Sonntag, 6. Mai 2007, 03:35
Ich sehe einen fliehenden Troll, der Australien in Richtung Neuguinea verläßt. Wahrscheinlich hat er den Besen geklaut.

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polkadot - Sonntag, 6. Mai 2007, 03:57
auf jeden fall nicht essen! was so aussieht, birgt schreckliches in sich

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rationalstuermer - Sonntag, 6. Mai 2007, 12:17
Wie das nun auf Ihren Apfel gekommen ist oder wie Sie in dessen Besitz gekommen sind, Herr Kid, kann man vielleicht dahingestellt lassen. Aber ich habe den starken Verdacht, dass wir es hier - zumindest teilweise - mit dem Feuermal Michail Gorbatschows zu tun haben. Und ich kann nur hoffen, dass dies scharlachrote Ding nicht doch als Menetekel für irgendwas steht.

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milik - Sonntag, 6. Mai 2007, 13:56
Die Figur erinnert mich - ohne dass ich sagen könnte, welches Bild - an eine Radierung von Käthe Kollwitz. Oder ist es stilistisch nicht doch Munch?
Es sieht fast so aus, als ob der Apfel hier das Urheberrecht verletzten wollte. Wenn Ihr selbstkehrender Küchenbesen den jetzt vom Tisch wischt und zum Verschwinden bringt, ist er eindeutig als Mittätern dran und schnell weg vom Fenster. Das sollten sie verhindern. Bis er eingebuchtet wird, schafft er zwar ihre Wohnung. Aber das ist ja nur ein klitzekleiner Teil der Welt, der - wenn ich es richtig in Erinnerung habe - ohnehin verlassen werden soll.
Der Apfel sollte sich stellen - das tun ja jetzt sogar schon ehemalige RAF-Mitglieder, zumindest in Talkshows, aber anders können sie das ja nicht mehr. Die Welt kann nicht bis zur Begnadigung des Selbstkehrers warten, und schon gar nicht bis zur regulären Freilassung. Sie muss - und möchte sicherlich - sofort zusammengekehrt werden.

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the great gate - Sonntag, 6. Mai 2007, 15:34
Ich hätte eine eher profane Deutung des Menetekels anzubieten. Als dunkle Schraffur zu sehen ist ein Mann, der es offenbar eilig hat. Mit eingezgoenem Kopf nestelt er am Hosenstall, denn sein Ziel ist offenbar ein Baum, eine Latrine oder was weiß ich, wo dieser Mann das ihn innerlich vorwärts drängende Wasser abschlagen kann.
Ich gebe zu: Nicht sehr metaphysisch und auch nicht wirklich originell. Aber der (auch noch wie angewurzelt wirkende) Bewegungsmoment des Laufschritts, die dramatische Kopfhaltung und auch die beiden beinah verkrampft eng am Körper angelegten Arme, nicht zuletzt der klassische Griff an Hosenbund und Reißverschluss, wenns schnell gehn muss, spricht doch Bände, irgendwie.



ps Nein, nein. Eben nicht. Hat mit mir momentan gar nichts zu tun. Ich bin sozusagen momentan, was dringende Bedürfnisse angeht, völlig entspannt. Diese mögliche Lösung des tatsächlich rätselhaft menetekelen Apfels war mir nur so aufgefallen.
Vielleicht, wenn man das "Menetekel" via Bildbearbeitung wie im Linoldruck auf die reinen Schwarz-Weiß-Strukturen reduzierte, – bei optimaler Beibehaltung vor allem der im Dunkelbereich vorhandenen Kontraste und Schärfen? Vielleicht , dass dadurch klarer wird, was da auf dem Apfel genau los ist.
Aber egal. Ist ja auch so schon ein schon sehr faszinierender Eikätscher.

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nicwest - Sonntag, 6. Mai 2007, 19:40
Herr Kid ergriff mit frevler Hand
Einen heiligen Becher, gefüllt bis zum Rand.

Und er leert ihn hastig bis auf den Grund,
und rufet laut mit schäumendem Mund:

Ihr Außerirdischen! euch künd ich auf ewig Hohn -
Ich bin der König von Alpha Centauri!

Doch kaum das grause Wort verklang,
Herrn Kid wards heimlich im Busen bang.

Das gellende Lachen verstummte zumal;
Es wurde leichenstill im Saal.

Und sieh! und sieh! auf rotem Apfel
Da kams hervor wie Menschenhand;

Und schrieb, und schrieb auf rotem Apfel
Buchstaben von Feuer, und schrieb und schwand.

Herr Kid stieren Blicks da saß,
Mit schlotternden Knien und totenblaß.

Die Mitleser saßen kalt durchgraut,
Und saßen gar still, gaben keinen Laut.

Die Kommentatoren kamen, doch keiner verstand
Zu deuten die Flammenschrift auf dem Apfel.

Herr Kid ward aber in selbiger Nacht
Von seiner Erfindung umgebracht.

(Frei nach Heine. Nun gut, an den Reimen könnte man noch etwas arbeiten.)

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kid37 - Sonntag, 6. Mai 2007, 21:25
Granat
Ich sehe schon, auf meine Leser ist Verlaß, wäre doch gelacht, wenn die versammelte Schwarmintelligenz hier nicht ausreichte, die Zeichen auszudeuten. Schließlich wurde ich heute von Herrn Biedermann belehrt, daß der Apfel bei den Kelten ein Symbol für das überlieferte Wissen sei.

Daß sich meine Erfindungen mitunter gegen mich wenden, Herr Nicwest, ist Forscherschicksal. Wenn es aber soweit kommen sollte, hätte ich auch gerne ein paar hübsche Nachrufe wie der Herr Burnster. Man kann sie mir auch gerne auf Äpfel eingravieren.

Nun aber zurück zum Untersuchungsobjekt. Manchmal muß man ja einfach die Perspektive ändern, um den Dingen auf den Grund zu kommen. Auf den Kopf gestellt, sieht der Apfel nämlich so aus:



Hat hier Picasso einen Stier gemalt? Einen Homunculus furiosus (~a, ~um?), ein Männeken gar, das den Weg zur Toilette sucht, wie Herr GreatGate schon vermutete? Ein Roboter ohne Kopf? Oder eine Kreatur mit kleinem Schädel und einer einzigen Stachelklaue? Schauen so die kleinen Männchen aus, die nachts ihre Raumschiffe auf dem Kanal landen, sich in meine Wohnung schleichen und unheimliche Experimente an mir durchführen?

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frau stella - Sonntag, 6. Mai 2007, 23:37
Ich hätte da noch ein paar Köpfe , wenns denn ein Roboter ohne Kopf sein sollte.

Haben sie schon einmal an den als Buchdruckerkäfer bekannten Borkenkäfer gedacht, der sich in seiner Schreibunterlage geirrt hat, gedacht?

Edit: Ich weiß nicht ,warum die verdammten links nicht funktionieren... die Köpfe finden sie auf meiner Seite und die Borkenkäfer dort www. bfw.ac.at/400/2168.html

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kid37 - Montag, 7. Mai 2007, 15:10
(Links sind repariert)

Da haben Sie mir auf dem Flohmarkt aber ein paar schicke Köpfe weggeschnappt. Vielleicht kann man da was zusammenbauen. Gab es da nicht mal ein Puppenstück vom "Apfelstern"?

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frau stella - Montag, 7. Mai 2007, 21:35
Sie meinten sicher dieses Stück hier !
Ich muss gestehen, ich kenne es aber leider nicht.

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kid37 - Montag, 7. Mai 2007, 23:20
Ja genau, das ist es. (Kurz dachte ich "Schlupp", aber der ist wohl vom grünen Stern.) Ich kenne es leider auch nicht, das könnte jetzt die entscheidende Lücke sein.

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c17h19no3 - Montag, 7. Mai 2007, 00:01
wegen dem apfel centauri würde ich mal den herrn leschke fragen. ;)

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polkadot - Montag, 7. Mai 2007, 12:42
es erinnert mich an diesen film...e.t.
aus einer anderen perspektive würde dessen kopf auch ganz schmal wirken. das untermauert die außerirdischen theorie. sie versuchen kontakt aufzunehmen. das bild drückt die bereitschaft zum aufbruch aus. obwohl sich die eine hand noch an althergebrachtem festehält, quasi nicht loslassen kann vom mutterplaneten, ist doch der erste schritt zur befreiung, zur eroberung gar, bereits getan.
ich geh packen. die kommen. bald.

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kid37 - Montag, 7. Mai 2007, 15:14
Ah, E.T. (via Something Awful). Stimmt, die Ähnlichkeit ist frappierend. Wenn der Apfel heimlich mein Telefon benutzt, ist aber was los.

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c17h19no3 - Dienstag, 8. Mai 2007, 13:56
seien sie mal kein unmensch. der will doch bloß "nach hause telefonieren..."

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