Kitchen Stories

Komödie. Komödie. Ich hör' nur Komödie. Das ist keine Komödie. Das ist ein zarter, melancholischer Film über eine ungewöhnliche Männerfreundschaft. Einer der wenigen zarten Filme, in denen gar keine Frauen mitspielen. Doch. Eine bedient den Projektor. Eine andere pißt in den Schnee und steigt wieder betrunken in ein Flugzeug. Was sie dann mit dem Doktor Soundso (mein Namensgedächtnis!), dem Leiter dieser skurillen Forschungstruppe, treibt, können wir nur anhand ihrer gurrenden Lockrufe und ihres derangierten Lachens erahnen. Gezeigt bekommen wir es glücklicherweise nicht.
Also, merken: Frauen arbeiten nur an Illusionsmaschinen oder schweben in silberglänzenden Flugzeugen durch die Lüfte. Anwesend sind jedenfalls nur die Männer.

Eine schwedische Hausarbeitsforschungsgruppe macht sich in den späten 40er-Jahren mit einer Buckelvolvo-Kolonne (für Kenner: Baureihe 444) auf den verschneiten Weg nach Norwegen. Der alleinstehende Norweger soll am lebenden Objekt studiert, beobachtet werden. Dazu setzen sich die Schweden zu ihrem "Gastgeber" in die Küche auf eine Art Hochstuhl und zeichnen akribisch die zurückgelegten Wege und Art der Arbeiten auf. Jeglicher sozialer Kontakt hat zu unterbleiben aus Angst, die Forschungsergebnisse zu verfälschen.
So sitzt man stumm, beäugt sich gegenseitig mißtrauisch. Mahlzeiten nehmen die Schweden in ihren mitgebrachten kleinen Wohnwagen (Stichwort: Ei) zu sich, wo sie auch schlafen.
Der Film zeigt, wie sich schweigsame Männer in der nordischen Einöde doch annähern. Aus Beobachteten werden Beobachter, aus stummen Teilnehmern eines wissenschaftlichen Experiments beredte Komplizen, die sich heimlich Tabak und Alkohol teilen. Ja, man darf viel Lachen in dieser kleinen, großartig fotografierten Geschichte. Darf staunen über die Ressentiments der Nordländer (die Enttäuschung der Norweger über die zaudernde, ewige Neutralität der Schweden im 2. Weltkrieg). Sarkastische Bemerkungen sind fällig, wenn diese uber-neutralen Schweden nun als uniformierte Invasionstruppe unter der Flagge der Wissenschaft ins Nachbarland einfallen.

Man darf aber auch ergriffen sein, wie sich diese skurrilen, ungleichen Männer, die vom Leben beide nicht belohnt wurden, langsam näher kommen. Wie ihre Freundschaft wächst, Eifersucht und Mißtrauen weckt. Und wie sich schließlich - wie in allen großen Geschichten - noch der Tod dazugesellt.

"Schöner Film über eine Männerfreundschaft", meinte meine Bekannte. "Den solltest du dir vielleicht mal mit Herrn maz anschauen." - "Nee, lieber nicht", antwortete ich. "Der will ja nur fummeln." Nein, zum Fummeln ist "Kitchen Stories" zu poetisch. Und schön. Monochrome Farbflächen in sehr skandinavischen Blau- und Grüntönen dominieren in den kargen Räumen. Innen und Außen. Und habe ich die Buckelvolvos schon erwähnt?

Super 8 | 23:32h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
maz - Montag, 8. März 2004, 02:03
Wenn ich mal
in Hamburg bin, dann schauen wir uns einen guten Film an - ohne zu fummeln, das verspreche ich (die Wahrscheinlichkeit, dass du in meiner Stadt, die ich bald verlass' - nächsten Monat Richtung Do., da ich es hier nicht mehr aushalte- ist wohl eher gering).

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kid37 - Montag, 8. März 2004, 02:13
Oh Do
da hatt' ich mal eine sehr schöne Freundin. Da hab' ich dann gelernt, wie man Heeerne und Kiiiirche spricht. Und viele andere schöne und auch böse Dinge.
Das ist auch schon wieder lange her. 1985.
Fast zwanzig Jahre. Was sie wohl macht.

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