Amor vincit omnia

So, ich stelle fest, daß hier in unserer Kuschel-Community zu selten wirklich ernste Themen behandelt werden.

Neulich sah ich Pedro Almodóvars "Sprich mit ihr - Hable con ella". (Zwei Männer freunden sich im Krankenhaus an, als ihre Freundinnen durch einen Unfall ins Koma fallen. Als die eine schwanger wird, gerät deren Freund in große Bedrängnis.) Beim Blättern im Presseheft stieß ich auf eine interessante Geschichte, die Almodóvar zu seinen Quellen für diesen Film zählt.
Ich schalt' schon mal mein Handy aus.

"In Rumänien fühlte sich der junge Nachtwächter eines Leichenschauhauses zu einem toten Mädchen hingezogen. Die Einsamkeit des Todes und die Einsamkeit der Nacht münden in "zu viel Einsamkeit", weshalb der Wächter seiner Sehnsucht nachgibt und mit der attraktiven Leiche schläft. Die folgenden Ereignisse sind eines jener Wunder menschlicher Natur, die der Papst wohl nicht allzu sehr schätzen dürfte. Als Reaktion auf die amouröse Belästigung erwacht das Mädchen wieder zu Leben, da sie an einer Art Katalepsie litt und nur scheintot war. [...] Obwohl die Familie des wiedererweckten Mädchens dem Vergewaltiger dankbar war, konnten sie ihn nicht vor dem Gefängnis bewahren. Sie brachten ihm Lebensmittelpakete und beschafften ihm einen Anwalt. Die ungewöhnliche Situation führte zu einem kuriosen Dilemma: Vor dem Gesetz war der Junge nur ein Vergewaltiger, aber nach Ansicht der Familie, die sich von ihren Gefühlen hinreißen ließ, hat der Junge die Tochter wiederbelebt. Es war von Anfang an eine wunderbare Geschichte, die mich rundum inspiriert hat, einschließlich des "moralischen Dilemmas", das auch in Sprich mit ihr - Hable con ella vorkommt." (P.A.)

Super 8 | 01:23h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
yvonnesonne - Sonntag, 1. Februar 2004, 23:39
das ist
natuerlich eine delikate angelegenheit. da ich persoenlich nicht pervers veranlagt bin (jetzt mal in meinem verstaendnis des wortes, inuit finden angeblich kuessen pervers, das mache ich dann schon gerne..) kann ich so was nicht nachvollziehen, aber meine phantasie spinnt so eine geschichte dann weiter: er wird aus dem gefaengnis entlassen, nach langen jahren der entbehrung. die familie laedt ihn ein, der vater hat ein kleines kurzwarengeschaeft und bietet ihm einen job an. die tochter weiss von nichts, an die nacht ihrer erweckung erinnert sie sich nicht. die beiden sehen sich oft, da sie auch im elterlichen geschaeft arbeitet. sie kommen sich naeher. er gesteht ihr seine tat. sie ist wuetend. dann denkt sie nach und verzeiht. und bemerkt die liebe. er auch. ende.

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kid37 - Montag, 2. Februar 2004, 00:08
Delikat, fürwahr
Obwohl, so eine schöne Leich'... Wenn es sich ergibt, schauen Sie sich mal den Film "Kissed" (1996) an. Die Geschichte einer jungen Frau, die sich von Kindheit an zum Tod und zu Toten hingezogen fühlt und ihr Glück bei der Arbeit als Einbalsamiererin findet. Sehr einfühlsamer Film, kein Horror-Trash. Schön fotografiert zudem und natürlich ein sehr ungewöhnliches Thema.

Ihre Filmidee finde ich aber auch sehr schön. Ich weiß nicht, ob es die richtige Idee für Almodóvar wäre, hat eher was französisches (wenn da mal nicht so viel geredet würde). Ach was, am besten, wir machen es gleich selbst.

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lady.death1 - Montag, 2. Februar 2004, 10:00
Nekrophilie
Ist verbreiteter als man denkt,
nur man spricht nicht darüber.
Evita soll ja auch von mehreren Soldaten nach ihrem Tod
geschändet worden sein..
Allerdings auf Anordnung.
Der Tod löst bei den meisten von uns einen anerzogenen Ekel aus.
In vielen Kulturen, auch früher bei uns,
wurden Tote in der Wohnung aufgebahrt,
damit genügend Zeit bleibt, sich zu verabschieden.
(neuerdings ja auch wieder hier, fällt mir ein, siehe Fliege)
Die Liebe mit dem Tod...
heißes Eisen?
Ich weiß nicht.
Es hat für mich auch nichts perverses .
Kinderschänder sind pervers für mich,
da wird die Grenze überschritten.
Der Gedanke kommt,
ob nicht Mancher das gleiche fühlt,
wenn er mit seinem starren Partner
Liebe macht. Also ist diese Vorliebe in vielen verborgen?

Handy ist wieder angeschaltet...
;O)

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kid37 - Montag, 2. Februar 2004, 11:00
Ein großes Tabu
In der Tat. Es gibt Leute, die sich noch nicht einmal in die Nähe eines Friedhofs wagen (und es gibt so schöne).
...
Handy ist wieder angeschaltet...
Das ist gut. Es ist mir immer wichtig, einen direkten Draht "nach oben" zu haben ;-).
Heute ist so ein Tag, glaube ich.

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lady.death1 - Montag, 2. Februar 2004, 13:53
ich liebe alte Friedhöfe..
..ein Freund erklärte mich für total bescheuert,
als ich mir in Nice zuerst den Friedhof anschauen wollte, und anschließend erst ins Negressco zum petit dejeuner ... aber am frühen Morgen kurz vor der großen Hitze .. einfach nur ... göttlich.. mit Blick zum Meer...
ich bin bescheuert, aber ich bin es gerne...
:O)

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jeamuc - Montag, 2. Februar 2004, 14:30
Zu diesen Leuten
mit Friedhofsschwierigkeiten zähle ich. Leider? Ich weiß nicht. Ich hab einfach ein absolutes Problem mit Friedhöfen. Speziell mit noch "aktiven". Hier in der Nähe meines Büros gibt es einen, der ist nicht mehr "aktiv". Ist jetzt sowas wie ein Park, mit Joggern, spazierengehenden Omis, Müttern mit Kinderwagen, Lesenden ... Anfangs hat sich's in mir auch gegen den gesträubt, aber jetzt geh ich hin und wieder zur Mittagspause hin. Sogar oder gerade mit Kamera. Es ist schön dort. Aber nur als Park. Von den Gräbern sind fast nur noch die alten, großen, teils bebaumten Grabsteine übrig. Jedenfalls nix mehr, was an Tote, deren Seelen und Totenruhe erinnert. Ich glaub, genau das ist es, was mein Problem ausmacht.

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kid37 - Montag, 2. Februar 2004, 21:52
Sehr lauschig
auf ihrem Friedhof, muß ich sagen. Sieht nett aus.
Ich bin immer wieder erstaunt, wie sehr dieses Thema polarisiert. Ich kann diese "Abwehr" gar nicht so nachvollziehen. Aber sie ist wirklich bei vielen Leuten vorhanden. Sie hingegen gehen ja mit der Kamera auf Friedhöfe, das kann also nicht wirklich stark bei Ihnen verankert sein. Ich kenne Menschen, die "zucken" schon beim bloßen Wort zusammen.
Tja. Immerhin etwas, das sicher ist. Sollte doch eigentlich beruhigend sein oder?

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jeamuc - Donnerstag, 5. Februar 2004, 13:49
Nun, zusammenzucken
tu ich ehrlich gesagt auch fast bei dem Wort. GANZ ehrlich. Es ist wohl nur so der große Unterschied, dass dieser hier nicht mehr "aktiv" ist. Und ich gehe nicht mit der Kamera auf Friedhöfe, sondern nur auf diesen. Die Gräber sind so von 1870 bis 1920 rum. Und keiner kommt mehr, seine Verstorbenen zu besuchen ... Es schwingt keine Trauer, kein Verlust, keine buchstäbliche Totenstille. Es ist keiner da, dem man pietätlos erscheinen könnte. Eigentlich ist es also ein ehemaliger Friedhof. Und die Grabsteine sind spannend, weil so groß und für die heutige Zeit ungewöhnlich geformt und schön gestaltet.

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