Zu Haus bin ich schüchtern

Your "sell-by date" expired,
So you had to be sold
(Marilyn Manson, "Saint")

Ich finde das nicht unsympathisch. Besser als daheim den Maulhelden in Monsterpuschelpantoffeln zu spielen, den Brüllaffen, den Freizeitmandrill. Aber draußen, auf Teer, Asphalt und Eisengleisen, nur duckendes Grau, fettige Schuppensträhne statt gesträubtem Fell. Denn entgegen der weitverbreiteten Meinung im Volksmund trainiert lautes Schreien nicht das Rückgrat.

Daheim, da macht es nichts. Da schaue ich nicht mal selbst mir zu. "Ich zieh' mich nur noch im Dunkeln aus/Und schau' nicht an mir herab", sangen Armutszeugnis früher, in den goldkranzumwundenen Zeiten. Morgens beim Bäcker immer die Altbrötchen mit echtem Mutterkorn, nicht wegen der Alkaloide, sondern wegen des Wortes Mut darin.

Schüchtern, wenn man vor lauter Worten keines mehr herausbekommt. Nackt, bloß, ein Wurm vielleicht. Und manchmal gar ein Würmchen. Offene Haut, kein Panzer, nichts derbes wie ein Elefant. Ach schüchtern, alles Quatsch, setz dich einfach her zu mir.

Homestory | 16:25h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
frau klugscheisser - Dienstag, 18. Juli 2006, 17:00
Im Grunde bin ich auch unheimlich schüchtern. Das glaubt mir nur keiner merkt man nur nicht sofort.

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mark793 - Dienstag, 18. Juli 2006, 17:05
Ich bin fast versucht,
den alten Joke mit der Introvertiertheit, die ich nicht so nach außen zeigen kann, nochmal aus der untersten Schublade zu holen. Aber ich weiß, was Sie meinen, Frau Klugscheißer. Mir glaubt das auch kein Mensch, wenn ich sage, dass ich eigentlich eine schüchterne Natur bin. Der Punkt ist halt der, dass es mir immer wieder gelingt, die Schüchternheit zu überwinden - oder zumindest so zu tun als ob. ;-)

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schickse - Dienstag, 18. Juli 2006, 17:44
Das kann ja auch keiner merken.
Zumindest dann nicht, wenn Sie wie die abgebildete Dame trotz aller Schüchternheit nackend vor der Kamera sitzen. (Das kann wohl kaum gemeint sein mit "offene Haut", nicht wahr, Herr Kid?)

Überhaupt: Wer ist die Dame?

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kid37 - Dienstag, 18. Juli 2006, 20:37
Ich dachte, bei dem Wetter zur Zeit sitzen wir doch alle nackt vor unseren Blogmaschinen. (Also ich gerade nicht, ich habe Kollegen, die mich anstarren, da werde ich dschenannt.)

Diese "Traumfrau ganz privat" begegnete mir übrigens auf den Straßen von Stuttgart. Die lag da, wie aus einem Magazin namens Sexy (unbedingt wie "seggsi" aussprechen!) gehüpft.

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gaga - Dienstag, 18. Juli 2006, 20:46
nackend? wer? wo?
(ich kann besser gucken als lesen)

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schickse - Mittwoch, 19. Juli 2006, 02:09
Scheinbar kann ich besser lesen als gucken. Was nichts heißen soll. Ist denn diese Claudia Cardinale da oben auf der Zeitungsseite etwa nicht nackend?

Für ein Magazin namens "Seggsi" ist der optische Gesamteindruck der Seite allerdings wohl erstaunlich. Erinnert eher an die Süddeutsche Zeitung. Mit "Bild"-Material.

Mir selbst gehts übrigens wie dem Herrn Kid: Die Umgebung erfordert unbedingt Kleidung. Auch oder gerade vor der Blogmaschine.

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kid37 - Mittwoch, 19. Juli 2006, 02:21
Frau Gaga erkundigte sich wohl nach den Nudisten unter den "Wir", die ich oben ansprach. Ich habe ja immer meinen Leopardenfellstring an, da bleibe ich konsequent. Manche haben ja auch Webcams - nachher sehen die mich.

Dieses Magazin war wohl ganz alte Schule. Keine Ahnung, woher das plötzlich rund um die Stuttgarter WM-Fan-Meile auftauchte. Da flogen noch einige Seiten rum, leider habe ich nicht alles eingesammelt - ich bin manchmal etwas langsam, wenn es heißt ZUPACKEN!

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au lait - Dienstag, 18. Juli 2006, 17:39
Heute erstmals darüber nachgedacht, dass in Mutanten Mut und Tanten stecken. Bislang noch keinen Reim darauf gefunden. Aber einmal mehr begeistert den Text hier mehrfach gelesen.

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c17h19no3 - Dienstag, 18. Juli 2006, 18:04
schön geschrieben. und so treffend. irgendwo habe ich einen alten text, der in eine ähnliche richtung zielt...

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kid37 - Dienstag, 18. Juli 2006, 20:35
Mehr als einmal? Das ist toll. Ich habe den auch mehr als einmal geschrieben, ehe ich ihn online stellen mochte. So schüchtern war ich.

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ichichich - Dienstag, 18. Juli 2006, 20:50
Ich bin zu schüchtern, um meine Schüchternheit zu zeigen.

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malin - Dienstag, 18. Juli 2006, 21:06
ich bin so schüchtern, dass ich ganze 3 minuten überlegt habe, hier einen kommentar zu hinterlassen

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chauvi - Dienstag, 18. Juli 2006, 21:24
Ich bin so schüchtern, dass ich hier normalerweise gar nicht kommentiere.

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frau klugscheisser - Dienstag, 18. Juli 2006, 21:37
Das Thema scheint ein Volltreffer zu sein.
Prima Titel für zukünftige Radio-/Podcastshows: Ich gestehe!

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kid37 - Mittwoch, 19. Juli 2006, 02:22
Das hermetische Radio. Wird morgen sofort beim Patentschutzamt angemeldet. Jeder Anruf nur 49 Cent.

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cabman - Dienstag, 18. Juli 2006, 22:02
Ähm--- Ich bin nicht schüchtern, nur scheu, wie ein Rehkitz.

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nyxon - Dienstag, 18. Juli 2006, 23:03
Ich glaube, wenn sich manche Menschen treffen, wird schnell mal Schüchternheit mit Zurückhaltung verwechselt. Ich würde mich nämlich eher zu den Zurückhaltenden zählen, statt zu den Schüchternen.
Letzteres ist meistens angeboren oder Produkt einer schlimmen Kindheit (Scherz *fg*), auch ohne Kindheitstrauma aber zumindest eine Form der Unsicherheit, während die Zurückhaltung angelernt und manchmal ein Schutzmechanismus ist. Für viele auch der Inbegriff der Nuhrschen Lehre: "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten" ;)

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kid37 - Mittwoch, 19. Juli 2006, 21:57
An alle schüchternen Kommentierer, die ich extra nicht direkt mit Namen anspreche: Gut, daß Sie sich nicht zurückgehalten haben!

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kid37 - Mittwoch, 19. Juli 2006, 02:37
Apropos
Letztes Jahr, etwas präpotent vielleicht, man ahnte ja noch nicht, was kommen würde, schrieb ich bereits über nackte unschüchterne Automobilisten.

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schickse - Mittwoch, 19. Juli 2006, 17:18
Hin und her gerissen:
Sind das dort eher Schnappschüsse aus dem Urlaub im FKK-Camping? Oder die konsequente Fortsetzung der beliebten Serie mein Haus, mein Auto, mein Boot Körper?

Jedenfalls: Die erdrückende Normalität der Szenen lässt mich dann wieder lächeln. Biedermann-Häuser in Biedermann-Vierteln, Biedermann-Autos und Biedermann-Wohlstandskörper. Der Einzelne als Persiflage der Menschheit. Wir sind alle so durchschnittlich.

Endgültig steht jetzt fest: Es wird keine Webcam-Schüsse von der nackigen Schickse geben. Noch nicht mal kopflos. Und um mich nicht meiner Illusionen zu berauben, verzichte ich auch auf den Herrn Kid im Tigerstring Nachtrag: Leopardenfellstring, selbst wenn es schwer fällt.

Hat jetzt nichts damit zu tun, dass ich schüchtern oder prüde wäre.

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kid37 - Mittwoch, 19. Juli 2006, 18:55
Die Fotos machte die Künstlerin Rabea Eipperle, die in Hamburg studiert hat und heute in Berlin lebt. Bei ihr geht es permanent um Körperlichkeit, Nacktheit & Kleidung, Rollen- und Geschlechtermodelle, Selbstinszenierung.

Hier noch ein Artikel zur Ausstellung.

Ich finde es schön, daß Sie im letzten Satz noch einmal auf das Eingangsthema angespielt haben. Zu leicht läßt man sich treiben, mäandriert und irrt, schweift ab wie Tristram Shandy und kommt vom Hölzken aufs Stöcksken. Das mit dem Leopardenfellstring bleibt aber unter uns, ich bin da ausnahmsweise mal schüchtern.

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schickse - Mittwoch, 19. Juli 2006, 19:20
Schüchternheit
scheint jedenfalls nicht zu den Charaktereigenschaften von Frau Eipperle zu gehören. Amateur-Models per Flugblatt anwerben? Ich würde im Boden versinken, befürchte ich.

Danke für die Links zum Thema. Mich faszinieren Menschen, die (scheinbar) mit links Dinge tun, die für mich undenkbar sind.

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