NYC #4 - We Float

Somehow I lost touch
When you went out of sight
When you got lost into the city
Got lost into the night

(P. J. Harvey, "We Float")





Auf dem Weg zur Murray Street, wo die Geräuschgruppe Sonic Youth 2001 ihr Studio hatte und ihr später nach dieser Straße benanntes Album aufnahm, stolpere ich eher zufällig über das 9/11-Memorial. Tatsächlich ist das sehr ergreifend, in seiner schlichten Form und schieren Wucht seiner Dimensionen. Die Stille hier. Die in der Umrandung eingravierten Namen. Und in der Mitte dieses bodenlose Loch.




In der Nähe der Murray gibt es übrigens einen wunderbaren Public Restroom, falls jemand so was mal sucht. Es gibt in dieser Metropole nicht übermäßig viele davon, man geht in ein Hotel, in einen Schnellimbiß oder zu Barnes & Noble. Hier ist es hübscher. Geräumig und nicht überlaufen.



Abends dann zu einer Fotoausstellung im wunderbaren Slipper Room. Ich habe mich verfranzt und bin zu spät, dann aber doch erster und kann ein wenig mit den Betreibern plaudern. Die haben ein ganz tolles Programm, Variéte, Burlesque-Tanz, Bauchredner und Zauberer, Filme und Musik. Ich stelle meine neue Idee für ein Bühnenprogramm vor, wo ich mit dem großen Apfel jongliere, den ich die Tage gekauft hatte wegen des Wortspiels. Man sagt, dies sei ein wirklich interessantes Konzept, originell sicher auch, aber ob ich nicht noch etwas anderes könne? Nie ist eben irgendwas genug. Eine junge Frau unter den Anwesenden hat mal eine Zeit in Hamburg gewohnt und ist sehr begeistert, mir auf ihrem kleinen Telefon Sightseeingpunkte zu zeigen, die ich mir unbedingt anschauen solle. Die haben dort sogar "St. Pauli"-Bier mit einem Matrosenmädchen drauf. Das trinke ich dann.



Man sitzt rum, dann werde ich ins Kino verschleppt. Ich war schon Jahre nicht mehr im Kino, aus verschiedenen Gründen. Dies hier ist eisigkalt und zeigt Chloé Zhaos The Rider, der wirklich gut ist. Die Figuren sind alle lädiert, damit kann ich mich identifizieren. Es ist spät jetzt, aus Versehen steigen wir in einen Express-Train Richtung Downtown, ich sage, ist egal, vielleicht fährt er durch bis Coney Island, da gibt es Mermaids. Hin, her, hin, her, im Wetter ist schon wieder Spannung drin, Licht zuckt ab und an über den Himmel. Es ist schwierig gerade, weil die Dinge sind, wie sie sind. Dann Stille. Es ist tiefe Nacht. We float.

>>> Geräusch des Tages: P. J. Harvey, We Float

Ausfallschritt | 21:07h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
frau eff - Montag, 30. Juli 2018, 15:49
Oh, ein Pferdefilm!

Und die Toiletten sehen so aus, als würden sie nicht nur Erleichterung, sondern auch Kühlung bieten. Könnte man hierzulande auch brauchen.

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kid37 - Montag, 30. Juli 2018, 16:26
Richtig kühl war's nicht, da nimmt man dann doch besser eine U-Bahn. Insgesamt habe ich die Hitze bei vergleichbaren Temperaturen dort aber besser vertragen als hier. Ich finde, der Witz wurde gemacht, ja, Deutschland kann auch heiß. Reicht jetzt aber auch.

The Rider hat schöne Pferde und tolle Landschaftsaufnahmen. Dafür sind die Menschen darin alle auf die ein oder andere Weise beschädigt.

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zeilensturm - Montag, 30. Juli 2018, 17:10
Die Frage sollte aber gerade aus amerikanischer Sicht sein, ob man 911-Opfer "Michelle" ehrt, wenn man in ihr steinernes "M" ein Stars-and-Stripes-Fähnchen hineinsticht, oder ob man ihr damit gerade den symbolischen Todesstoß versetzt bzw ihren Namen als Fähnchenschmuckhalterung mißbraucht und entweiht. Denn politisch korrekte Symbolik ist doch das Ein und Alles in den heutigen "U.S.A.!, U.S.A.!"

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kid37 - Montag, 30. Juli 2018, 18:35
Ich denke, das Geehrt-sein wird stillschweigend vorausgesetzt. Fähnchen und Papierblumen werden, so ein Hinweisschild, zu besonderen Gelegenheiten gesteckt (die Buchstaben sind aus dem Metall der Umrandung gefräst), Geburtstage, Jahrestage etwa. Ich, als Emo-Blogger, finde das ganz anrührend, jeglicher grantelnde Witz erstirbt einem in der Szenerie sowieso. Das Verhältnis zur Flagge ist dort ja eh ein anderes, das mögen wir befremdlich finden.

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