Sonntag, 15. Juli 2018


Urlaubsgesellenstück



Nachdem ich also 2016 mit letzter Mühe und Not meinen Kursus besucht hatte, mußte ich für das Zertifikat darüber noch innerhalb eines Jahres die Abschlußprüfung hinlegen. Das bedeutete für irre zwei Wochen (seit ihr irre?) mindestens 200 Km weit wegzufahren und auch noch alles selbst zu organisieren. Ich entschied mich letztes Jahr für Hiddensee, weil ich da schon ein paar mal zu unterschiedlichsten Jahreszeiten war. Das sind von Hamburg aus vier Stunden mit dem Zug und zwei weitere mit der Fähre. Und da ich die Strecke ja kannte, konnte ich alles prä-visualisieren, mir ausmalen, im Shell-Atlas abstecken und entlang der Strecke Proviantpakete verstecken lassen.

Tatsächlich klappte alles hervorragend. Ich wurde sogar so übermütig, mir am Bahnhof für den kleinen Transfer zur Fähre ein Taxi mit einer Urlauberin zu teilen, die mir das letzte gerade wegschnappen wollte. Damals gab es noch nicht den Witz mit dem Serienmörder im Taxi, der derzeit auf Twitter rauf- und runtergeteilt wird, sonst hätte ich während der kurzen Fahrt schön was zu erzählen gehabt.

Ist man erstmal da, kehrt ja sofort Ruhe ein. Keine Autos, keine Fragen, im Hafen gibt es freies Wlan für die innere und äußere Anbindung, und essen kann man da auch. Man leiht sich ein Rad, klappert die vier Sehenswürdigkeiten, also Leuchtturm, den anderen Leuchtturm, Puppenbühne und den Edeka ab und nimmt ansonsten alles sehr gelassen.



Wegen des schon zu wirklich nur subtil wahrnehmbaren Stimmungsschwankungen führenden allgemeinen und auch besonderen Erholungsdefizits blieb ich aber zunächst hübsch am Strand, Sonne in den Bauchnabel einstrahlen lassen, wie mir von strengen Menschen aus Übersee befohlen anempfohlen wurde. Dann ein wenig Strandgymnastik mit der Sportgruppe Hittins Insel. Für die Stärkung der inneren und äußeren Muskulatur. So vorbereitet absolvierte ich den obligatorischen Urlaubsprüfungspunkt: Schwimmen!



Das hatte ich ja nun auch schon zehn Jahren nicht mehr gemacht, also das, was ich Schwimmen nenne. Nicht dieses außenbahnpflügende Kampfkraulen, was ihr dreimal die Woche in der Halle macht. Entspannt eben. Nur mit meiner Oktopusbademütze bekleitet, damit mich andere Menschen wie einen Unfall im Auge behalten, ob sie nun wollen oder nicht, wagte ich mich "ins kühle Nass", wie es im Prospekt heißt. Dazu ist die Ostsee ja prima: Man schwimmt einfach ein bißchen, und wenn man nicht mehr kann, wie es mir ab und an passierte, stellt man sich einfach hin. Geht doch.

Für ganz große Not wartet auch ein Rettungsboot, das nach dem finnischen Wort für Reiseübelkeit benannt ist, im Hafen. Und ein hübsches altes Vergnügungsschiff, das wie eine rostige Hoppetosse vor Anker dümpelt. Abends spanne ich schön erschöpft von Sonne, Wasser, Sand zu gemütlichen Schmökern aus. Küste des Verderbens, ganz schön gruselig. So habe ich es aber gar nicht empfunden. Den Fuchs habe ich aber nicht getroffen, der döste wohl im Wäldchen.



Mittlerweile steht auch das Karusel der Öffentlichkeit zur Verfügung. Allerdings kann man es nur in Schwarzweiß besuchen. Hier hat ja Frau Nielsen den Ringelnatz regemäßig zu Tee und Gebäck empfangen, jedenfalls wenn der olle Suffkopp den Weg vom Strand durch Matsch und Gebüsch dorthin gefunden hat. Drinnen gibt es den alten Schminktisch zu sehen, beim Schlafzimmer bin ich mir nicht ganz sicher, ob es originale Möbel sind. Schon damals, so erklären Schautafeln, gab es windige Immobilienspekulanten, die Frau Nielsen, durch die Umstände nach Dänemark gezwungen, mit allen Tricks das kleine Häuschen abluchsen wollten. Aber die war auch ein Fuchs! Heute ist dort ein Trauzimmer untergebracht, für Leute, die einen Kursus abgelegt haben und sich zu zweit was trauen. Ich immerhin, eins nach dem anderen, habe jetzt erst einmal den Urlaubsfreischwimmer!