I'm not a Ladybug's Man
Ganz Norddeutschland ist derzeit überschwemmt mit krabbelnden Glücksbringern, überall tummeln sich die munteren roten Käfer. War natürlich klar, daß sich in meine Wohnung ausgerechnet eines der selteneren schwarzen Exemplare des Adalia bipunctata flüchten mußte. Warum nicht gleich ein paar Totengräber (Necrophorus vespillo)? Manche dieser Arten kommen auch recht schön in Rot und Schwarz daher. Der dunkle Geselle hockte ein wenig lustlos auf einem offenbar blattlausfreien Blatt auf meinem Fensterbrett und hat, ich war nur mal eben im Weinkeller, inzwischen das Weite gesucht.
So ein Samstag ist mittlerweile dicht gepackt, denn seit ich irgendwo draußen am Rande der Stadt in den feuchten Sumpf- und Marschgebieten arbeiten muß, schaffe ich unter der Woche kaum noch sogenannte "Erledigungen". Großeinkauf im Viktualienmarkt, die Suche nach augenschmerzfreien Haushaltsartikeln, Informationsbesuche in der Konsumwarenwelt und einer Buchhandlung, Flohmarkt und ein kauforientierter Bummel durchs Karoviertel - und dann soll man noch mit Freunden Frühstücken, seit ihr denn Jeck? Wer soll sich um meinen Marienkäfer kümmern? Kein Wunder, daß der entweicht, wenn ich nicht nach Hause kehre, die Taschen voll mit Leckereien, die ich Stück für Stück auspacke, während er mir erwartungsvoll um die Beine streicht. Ich glaube, die Miauen auch, bin mir aber gerade nicht so sicher - wie schnell ist so ein Tier verwechselt!
Während ich also emsig Punkte von meiner Das ist zu tun-Liste streiche und andere hinzufüge, denke ich daran, wie schade es ist, wenn das Glück durchs Fenster entfleucht. Man hofft, er findet irgendwo einen Lausebengel, bei dem es ihm besser gefällt.
Das ist ja rührend! Und erinnert mich an einen schönen Einseiter aus einem alten Fix&Foxi-Heft. Im Schlumpfdorf laufen sie alle herum und freuen sich kichernd auf die bevorstehende Faschingsfeier. "Ich habe mir eine ganz besondere Verkleidung ausgeschlumpft, hi hi!", raunen sie einander zu, "Darauf kommst du nie!"
Auf dem großen Schlussbild dann: Hunderte von Schlümpfen mit weißen Haaren, roter(!) Mütze und ganz übelgelaunten Gesichtern. Nur einer sieht ganz normal aus. "Und?", wird er gefragt, "warum hast du dich nicht auch verkleidet?" - und antwortet: "Aber ich habe mich doch verkleidet! Ich bin der Große Schlumpf!"
Ah, daß ich da nicht gleich drauf gekommen bin! Er war nur verkleidet, der Schelm. Also doppelt schade, daß er mich verließ, wir hätten uns nach zwei, drei Bier sicher super verstanden. Ich hätte ein paar Perücken aus der Requisite holen können, das wäre ein Spaß geworden.
Nun bin ich wegen der angeschlagenen Cocktails hergekommen, und wo sind sie? Die Käferlampions gefallen mir aber.
Ich übe noch, ist ja weitgehend unbekanntes Terrain für mich. Vielleicht sollte ich ein bißchen Sand aufschütten und Joy Divsion aus der Musikanlage nehmen...
Ach, wir klampfen doch selbst. Und nehmen Sie die Sonnenbrille ruhig ab.
Mit dem Schifferklavier wahrscheinlich. Dazu dann der hermetische Shanty-Chor.
Oho. Darf geschunkelt werden? Das kann sehr schön sein, wenn man es vorsichtig tut.
Das stimmt. Ich habe allerdings so Ecken und Kanten, die könnten dabei pieksen.
Da mache ich es mir einmal mit Notebook auf dem Balkon bequem, will die kühle Nachtluft und entspannte Stille des Abends genießen, da hat ein lärmender Beachclub hat aufgemacht und ein martinshornend blaublinkender Krankenwagen fährt vorbei (was hier in meiner Ecke ungefär einmal in 100 Jahren vor kommt). Was sagt man dazu?
Du meine Güte. Ich sollte wirklich vorsichter mit meinen Äußerungen sein. Erst die Sache mit dem Hummer in "Schumi-Rot", das sofort den Schnellfahrer zurücklockte, nun "Beach Club". Ich probiere mal dies: "Um Mitternacht ist aber a Ruah!"
Sodom und Gomorrah!
Mitternacht spä-tes-tens!
Ich muß sagen, als ich Ihre Beschreibung von Ihrem neuen Haustier las, daß Ihnen um die Beine streift, fühlt ich mich analog an Gary B. Schneckerich erinnert, sofern ich das jetzt banal profan so sagen darf.
Oha. Dank der bösen Suchmaschine konnte ich diese Wissenslücke binnen
Min Sekunden schließen. Gut, daß hier gerade meine Zeit und keine digitale Lücke ist! Das ist ja nicht so meine Welt, aber ein Haustier, das
Emily Dickinson liest, wäre durchaus nach meinem Geschmack.
"...Der dunkle Geselle hockte ein wenig lustlos auf einem offenbar blattlausfreien Blatt auf meinem Fensterbrett ..."
Also mal ehrlich: Ein fröhlicher Geselle in Ihrer Umgebung hätte mich auch sehr, sehr verwundert. Ich hätte Ihnen glatt Fröhlichkeit als Krankheit unterstellt. ;-)
Horror. Marienkäfer des Lachens greifen an! War, glaube ich, so ein Roger-Corman-Autokinofilm aus den 50ern.
