Donnerstag, 7. Juli 2011


Statt Paninibilder



Die Stadt ist durchgewaschen und hängt sich zum Trocknen aus. Die US-Amerikanerinnen spielen derweil in einer Art weißem, transparenten Kittelhemd, durch das verschiedenfarbige Büstenhalter zu sehen sind. Schwesternhelferinnen gleich, die flott über glanzpolierte Krankenhausflure hetzen, rennen sie fahrig und leicht verschwitzt die vorgegebenen Laufwege rauf und wieder runter, während die Schwedinnen, ebenso entkräftet, nur zwei Gedanken hegen: den an den Schlußpfiff und einen weiteren an die komplizierte Choreographie ihres auf dem Rasen gemeinsam aufgeführten Abschlußtanzes, ein seit Generationen wie siebente Siegel an die Jungfrauen des Dorfes nur flüsternd weitergereichtes geheimes Ritual, das ursprünglich den Jagdtod stattlicher Elche feierte, nun aber das Entkommen vor den Blutabnahmekanülen und Katheterschläuchen der nordamerikanischen Krankenschwestern.


 


Freitag, 1. Juli 2011


Der Preis von all diesem

I turn sideways to the sun
and in a moment I am gone.

(New Order, "World (Price Of Love)")



Wechselwetter, 16 Grad oder gefühlte 17. Wandernde Grauzone, die einzelne Stadtteile beschattet, mit Regen wäscht, dann bloßlegt, wie einen nackten Hintern in der Sonne. Sich zurechtnieseln, zu kragenklappenden Menschen stellen, die Stirn an eine Hauswand legen, bis uns irgendwann ein Autobus einsammelt. Erster Julitag, ein Sommer im Frühherbst, ich hole meine sorgsam vom letzten Jahr gehorteten Blätter aus dem Keller, verteile sie auf den Wegen, lege einige Kastanien dazu. Im Park lungern Menschen und testen verstohlen, ob ihr Atem kleine Wölkchen bildet.

Die Hausfrau unten an den Aschetonnen blinzelt müde in den Himmel und wertet das Wetter. Das wird nix, sind wir uns einig. Es war grau, es ist grau, es wird grausam bleiben.


 


Mittwoch, 29. Juni 2011


Voran




Gerade geht auch alles immer schneller. Es liegt so ein schnaufendes Stampfen in der Luft, als hinge man zwischen großen Zahnrädern an einer dampfbetriebenen Pleuelstange, so hilflos wie an einem Kleiderbügel, während man auf und ab und rundherumgeschleudert wird. Zisch! Pfff! Zisch! Pfff! - so geht das hier den ganzen Tag. Zisch! Pff! Zisch! Pfff! Herr Kid! bellt es durchs Telefon, Panik im Maschinenraum, während ich gerade hochgeschnellt werde und hilflos an der Decke zapple, die Ärmel hochgerutscht, die Hosenbeine hochgerutscht, die Sockenhalter entblößt, die mageren Arme, die nicht weit genug hinabreichen zum hitzestrahlenden Telefon. Bis ich wieder hinuntergestoßen werde, wie ein abgeschossener Nagel aus einer Druckluftpistole, auf dem schwer ächzenden Drehstuhl lande, der empört wie ein bockendes Wildpferd den Rücken krümmt, mich wieder hinaufwirft, wo die Maschine schon wieder an meine Gurgel faßt, schnaufend und mit ölverschmierten Zangen.

Dabei könnte ich längst schon aufsitzen, Auf Wiedersehen! sagen, freundlich in die Runde nicken, mich an den Strand setzen, auf einen Rettungsschirm warten, weil pünktlich zum Feierabend der große Regen kommt.


 


Montag, 27. Juni 2011


Freiform

Gehen Sie zu Minute 4:20. Beschreiben Sie, was Sie sehen.


 


Sonntag, 26. Juni 2011


Nur original ist legal!



Jetzt, also im direkten Vergleich, kommt mir ein Gedanke, warum dieser Miniapfel, den ich billig auf dem Flohmarkt gekauft habe, nicht so leistungsfähig ist, wie das Original, von dem er - das muß man zugeben - täuschend echt abgekupfert wurde. Ich meine, da wäre doch jeder drauf reingefallen!

Zuerst dachte ich, er sei einfach nur kaputt. Jetzt aber habe ich Zweifel, ob es sich wirklich um eine lizensierte Fertigung, ein Sondermodell im Öko-Look oder schlicht um eine sehr, sehr dreiste Kopie handelt.


 


Samstag, 25. Juni 2011


Eisbären, wenn wir uns begegnen

Selbst die Blumen hängen die Köpfe tiefer als man selbst, selbst das beschrieb man blumiger. Was wird als nächstes folgen, eine Nachtsendung mit Musik vielleicht und ein viel zu leichtes Bier.

Alte Fotos und ein bißchen Bewegung, der Wunsch, Indianer zu sein, schneller am Rad drehen, aber nicht lauter singen dabei. In durchsichtiger Absicht wie ein altes Zollschiff, das mühsam sich durchs Wasser pflügt, nur mal nachschauen wollen, die Verlustliste begleichen, eine Stecknadel aus der Landkarte ziehen.

Die Koffer dreimal umgepackt, sonntägliche Gedanken vom kurzen Glück, die Schmeichelei einer Raubtiertatze, eine Flasche selbstgebrannten Trost. Freunde, wenn wir uns begegnen, im Glas die Sehnsucht eines Fremden.

| von kid37 um 02:45h | 2 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Freitag, 24. Juni 2011


Keine weißen Socken, bitte

Antmusic for Sexpeople.
Sexmusic for Antpeople.

(Adam and the Ants,
"Don't Be Square")


Glaubt ja auch keiner. Er galt ja mehr als Karnevalspunk mit seinen Piratenkostümen und dem Bierfaßgitarristen und der polternden Glam-Rock-Musick. Aber Adam Ant war eben doch einer von den Wilden Kerlen, wie er so durch die Kinderzimmer der frühen 80er rollte und dabei jede Menge Gefangene machte. Die Briten haben ja immer eine Nische für ihre Exzentriker, und so nimmt man sich dann vielleicht bei aller gesunden innewohnenden Selbstironie irgendwann doch selbst zu ernst - als Blogger kennt man das ja - jedenfalls kämpfte Adam Ant, also Stuart Leslie Goddard, erst mit mäßigen Filmrollen, später dann mit verschiedenen Erkrankungen des Körpers, der Seele und der Gewohnheitenkontrolle. Aber, et hätt noch immer jot jejange: Seit einiger Zeit tritt er wieder live in England auf, und wie es sich dieser Tage für zünftige und leicht gealterte Piraten gehört, ähnelt er dabei Johnny Depp - oder verhält es sich einfach anders herum? Ameisenmann - nimm brav deine Medikamente und schau doch auch mal hier vorbei!

>>> Geräusch des Tages: Don't Be Square (Dirk Wears White Socks). Das ist die spätere Mainstream-Version, die ursprüngliche Punk-Version spielt eigentlich worauf an? Dirk Bogarde im Nachtportier? Rätsel über Rätsel.

Radau | von kid37 um 01:59h | 6 mal Zuspruch | Kondolieren | Link