Mittwoch, 3. Dezember 2008


Who'll Stop The Rain?

Clouds of myst'ry pourin'
Confusion on the ground.

(Creedance Clearwater Revival,
"Who'll Stop The Rain".)



Ein wenig war es vielleicht wie im Film December Boys, wenn Lucy plötzlich anfängt, "Who'll Stop The Rain" zu singen. Aber, he, hallo Besetzungsliste, ich bin doch nicht der treudoofe Daniel Radcliffe. Trotzdem bleibt die Erinnerung schön.

Die werde nicht einmal ich mir nehmen.

[Diese armseligen Vergleiche immer, die man wählt, dieses Heranziehen und Zitieren und sich Wiederfinden in Songtexten, Filmen und Büchern, nur weil man die Trivialität des eigenen Lebens nicht recht beschrieben bekommt.]


 


Dienstag, 2. Dezember 2008


Upset



Ach, Hamburg, du wirst arm und immer kälter. Jetzt, Taschentücher raus, macht auch noch einer meiner Lieblingskunstbuchhändler Ernst und Ende: Von der Höh schließt die Pforten, sollte sich kein Nachfolger finden.

Bis dahin heißt es Räumungsverkauf, Rabattgetriebene können noch das ein oder andere Schnäppchen machen. (Ich war allerdings gestern schon da). The Upset zum Beispiel, eine großartige Übersicht über die wichtigsten und bekanntesten Lowbrow-Künstler. Mit Heiko Müller und Moki sind auch zwei hier oft erwähnte Künstler dabei, daneben noch Stars wie John John Jesse, John Coleman, Mark Ryden, die wunderbare Liz McGrath, etliche weitere auch aus dem Strychnin-Umfeld wie Danielle de Picciotto und David Stoupakis, aber auch Daniel Richter und Ray Caesar. Kurz: etwas für jeden Gabentisch.

Ebenfalls nützlich: die erste Monographie von Vania Zouravliov. Vania ist eine Sammlung erotisch-morbider (oder morbid-erotischer für die Feinsinnigen unter uns) Zeichnungen.

Damit ist auch klar, warum hier so wenig steht in letzter Zeit.


 


Sonntag, 30. November 2008


Doch, ihr braucht das alles

Noch nicht einmal Dezember, und schon ist wieder 1. Advent. Und was folgt dann? Richtig, Weihnachten. Und was haben wir wieder alle nicht? Richtig, Geschenke. Und wenn es heißt: Ach, wir schenken uns nichts? Achtet nicht darauf, denn sonst geht das Geschrei unterm Baum wieder los: Aber doch nicht gar nichts!

Ich möchte daher das Augenmerk auf den kleinen virtuellen Bauchladen einer guten Freundin richten: Frau Milli Meta hat prima Kleingeschenke im Angebot, Kühlschrankmagneten, Kalender, Notizbücher, merkwürdiges Zeug. Braucht man das? Aber ja natürlich, das braucht ihr alles!

| von kid37 um 22:50h | 7 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Donnerstag, 27. November 2008


Vom Mittag bis zum Morgen



Vom Blättern in Magazinen. Indie. Missy. Das illustrierte Wandern durch andere Leute Jugendwelt. Die Prüfung auf Welthaltigkeit. The melancholy hour of Mittagspause. Ein Hauch von etwas. Am Nebentisch eine junge Schauspielerin. Jenny oder Jana oder Juno. This year's Erscheinung. Oder war es etwa schon letztes Jahr. Die Zeit, die liebe Zeit. Im Fenster ein Windspiel. Eine nimmermüde Ente, die stur ihre Flügel dreht, immerzu, gefangen in einem Wahn, vor Augen ein Ziel, das sie vor lauter Mühen längst vergessen hat. Keinen Zentimeter kommt sie voran.

Heute morgen dann ein ähnliches Gefühl. Das Thema hieß "Blutabnahme", nüchtern bitte und früh, es ist eben ein Verteilungskampf da draußen und kein Kuschelspaß. Meine Flamme Ärztin eilte kurz grüßend vorbei, husch wie der Wind, so sind die jungen Damen, ich aber hatte heute nicht die Emo-Punk-MTA mit dem rasant geschnittenen Schwarzhaarpony und den blauesten Augen der Welt, sondern ihre skandinavisch-blonde Zwillingsschwester. Die hat einen Blick, den müßte man auch einmal malen. Vielleicht mit Blut, ich und mein Arm wären dann so frei.

Nach dem flotten Nadelspiel dann wieder auf der Straße, Zeit für den ersten Kaffee. Nach dem tollen Erlebnis vom letzten Mal, gönne ich mir noch einmal die Mitnehm-Variante. Der junge Mann hinter dem Glastresen trägt eine Nikolausmütze, so weit ist es auch schon wieder. Mein Kaffee kommt, dampfend, heiß, wie wunderbar, selbst der junge Mann ist entzückt. "Soll ich den Deckel draufmachen?", fragt er fast andächtig. Mein Mantra, seit einigen Tagen, denke ich. Was für ein Zeichen. "Ja bitte, machen Sie den Deckel drauf", antworte ich, verstaue meine Geldbörse und schaue gebannnt, wie der junge Mann mit der Nikolausmütze hinter dem Glastresen den Deckel aus Plastik nimmt und meinen Kaffee verschließt. Das scheint mir gar nicht so schwer, denke ich, danke dem jungen Mann mit der Nikolausmütze, nehme den Becher vom Glastresen und befinde so im Stillen für mich, so leicht kann das also sein. Einfach mal den Deckel drauf machen.

In der U-Bahn bin ich fast beschwingt, es mag am Blutverlust liegen, an der leise kichernden Hysterie, die seit Tagen in meinen Adern schwingt, vielleicht auch am Hunger oder dem frischbedeckelten Kaffee. Der Becher gibt mir ein gutes Gefühl, ich fühle mich jung, modern, zugehörig. Den jungen Mädchen, die mich müde unter ihrer Strickmützen hervor anschauen, zeige ich meine Trophäe, mein Signum des Urbanen: Schaut her, rufe ich (aber still), ich bin bereit für die Welt. Ich habe verdammt noch mal einen riesigen Kaffee. Aber ich habe den Deckel drauf.


 


Mittwoch, 26. November 2008


Lesbian Bitches & Amphetamines

Ein Titel, den ich schon immer mal schreiben wollte. Toll. Und er ist noch nicht einmal von mir. Könnte aber! Man muß sich dazu einen nachtlichternen Text aus dem Halbdunkel eines großstädtischen Vergnügungsviertels vorstellen. (Where the streets have männliche Vornamen, aber mehr so gewöhnliche wie Erich, Gerhard, Herbert.) Eine weitere famose Idee hat ebenfalls bereits den enggebauten Geburtskanal zur schieren Existenz durchschritten: Frau Gaga nämlich machte mich auf die primzahlaffektionierte Flickr-Gruppe 37 aufmerksam. Die Dinge sind überall, man muß nur darauf achten. Wunder & Zeichen, Sinn & Form.



Es ist die Nacht zu allererst der Koffer für Gedanken. Man muß wählen, Gerste oder Obst. Gestern ist Geschichte, morgen nur Gerüchte. Ich bin, wo ich immer war. Hier.


 


Sonntag, 23. November 2008


Totensonntag





Die stillen Tage. Die kleine yellow brick road quer durchs besinnliche Gestrüpp, das Gedenken, Zurückdenken und Vorwärtsdenken. Die kalte Luft schneidet quer durchs Gesicht, brennt die Ohren, klammt die Finger tief in den Manteltaschen. Herzen als Kühlkammer bleibt purer Luxus für Besserverliebte. Beim Kaffee, beim Kuchen fällt wieder das Wort vom Deckel drauf. Miteinander lachen, nicht über andere. Eine Reise ohne Führerschein. Jedem sein eigenes Kansas. Ich, rostiger Blechmann, fasse einfach ihre Hand.


 


Samstag, 22. November 2008


I wonder should I call you, but I know what you would do

Ein Gefühl von lazy sunday, dabei ist erst Samstag. Die Sonne ergießt sich durch die Fenster, alle Vorhänge auf, Schnee drüben auf den Dächern, aber es glänzt wie ein Silberstreif.

Vom knisternden Dual die Musik einer Zeit, die nicht unschuldig war. Aber ich.



Wie ich auf nackten Füßen sonntags morgens ins Wohnzimmer stapfte, die Likörreste in den Gläsern probierte, den Deckel des Plattenspielers öffnete und auf Start drückte. Vater hatte es mir gezeigt.

Radau | von kid37 um 15:47h | 10 mal Zuspruch | Kondolieren | Link