
Samstag, 31. Mai 2008
Wenn die bunten Fahnen wehen und die guten Himmel mildes Wetter schicken... geht die Fahrt wohl mit der Frau Hedi (diesmal: Ersatzboot) übers Meer über die Elbe. Das ist sozusagen die schwimmende Version einer abgeranzten Lieblingskaschemme, in der jeder gleich zu Hause ist, der Durst, ein Herz und eine Sehnsucht hat.
Diesmal an Bord: mäßiges Bier, bessere Laune, liebe Menschen und die "Polly Dartons", die nicht nur Country, sondern auch Western spielten. Am Baß übrigens Peta Devlin (Ex-Die Braut haut ins Auge, Ex-Oma Hans), da weiß man gleich, am rechten Ort zu sein. Vor Jahren habe ich sie mal für eine Zeitschrift interviewt, ganz bezaubernd und eine der charmantesten und interessiertesten Gesprächspartner, die ich in der Zeit so hatte. Und: Astreiner Musikgeschmack, damit bricht eine Frau das härteste Herz.
Verrauchte Stimmen singen vom Ring of Fire, dem Leben auf St. Pauli und einsamen Herzen, die an Lagerfeuern schmachten. Bierflaschen klirren, Mädchen lachen, ich schaue auf die tanzenden Wellen und denke daran, was die alles hinter sich lassen, unter Gischt begraben, hinausspülen aus dem Hafen der verkrachten Liebe.
So tuckern wir durch den Abend, den Hafen, bunt belichtert an großen Schiffen vorbei. Ein mildes Glück: tätowierte Frauen, die sich eng an einen drücken, weil das Boot so schaukelt und dazu ein sanftes Lied, das von Sugartown erzählt. Es muß sich immer richtig anfühlen, der Geruch, die Stimmen, die Hände. Good Heavens. Alle Fahnen hoch.

Freitag, 30. Mai 2008
Viel zu spät, müde, leicht trunken, erfüllt, verwirrt, aber erschrocken auch ins Bett sinken. Wie man vieles auf einmal neu bewertet.

Donnerstag, 29. Mai 2008
Jetzt sitze ich in der Falle. Als es heute in der Fabrik darum ging, einen Bewerber zu finden, der eine, ich sag mal, recht bekannte TV-Moderatorin im Sommer ein paar Tage durch Frankreich begleiten würde, rief ich, ganz spontan, unbedacht und Frankreichmöger, der ich nun einmal bin, gleich naturellement!
Erst hinterher festgestellt, es handelt sich um eine Kochsendung. Nun ja, ich könnte den Franzosen etwas über die hohe Kunst des Käsebrots erzählen.
Fragt man mich nach dem Sommer, habe ich meinen Urlaubsfilm bereits gesehen. Gobbledigook heißt es wahrscheinlich ebenso klingend wie richtig. Sigur Rós haben sich dabei von Ryan McGinley inspirieren lassen, völlig zurecht, denn die scheinbar zufälligen Schnappschüsse einer unbeschwerten Jugend mit nostalgischem Beiklang (in Wahrheit ist alles bis hin zum Retro-Fahrrad streng durchinszeniert), sind sentimentale Erinnerungsrückstürze und Versprechen auf schönere Zeiten zugleich.
Bis dahin braucht es leichtes Gepäck.
via Zuckerkick
>>> Webseite von Sigur Rós
>>> Webseite von Ryan McGinley

Mittwoch, 28. Mai 2008
Es ist nicht, was man mitnimmt. Es ist, was man zurückläßt.

Dienstag, 27. Mai 2008
Nein wirklich, es muß nicht immer das Spektakel sein. Grauer ist es, kühler Wind, wie eine Hand, die sich von hinten unter das Hemd schiebt. Sachte, tastend, nicht unfreundlich. Aus dem Stadtteil der Arbeitertristesse in den Stadtteil, in dem die Kinder aussehen wie auf einer Schokoladenverpackung. Sie haben viel Milch im Gesicht und ein wenig dieser bronzenen Tönung der Insel-Wochenenden. Oder endlosen Stunden im Optimist. Stille liegt über dem Wasser. Wir hören kein Geschrei.
Die Kleinen ziehen die Großen, das scheinbar so Unscheinbare treibt mich voran. Das langsame, quälende, schmerzhafte Lösen, irgendwo zerrt ein schmutziges Tau über den Grund. Schrappt ein Anker, eine rostige Kette, muß man weiter, stetig gezogen, unverdrossene Schlepper - und ein Wollen, kein Zagen, die Neugier am Bug, eine ganz schmale Nase in einem frischeren Wind. Ich will nichts hören, nichts sehen, nichts wissen. Vor allem nichts wissen. Nur atmen, die Luft spüren, die Ruhe weit fort vom Gekreisch.

Montag, 26. Mai 2008
Bei Kaffee.Satz, so scheint es, bin ich der Mann für Hände und Trunk.
So bilden sich Bilder.
Hat Spaß gemacht. Merci, Herr Paulsen.

Sonntag, 25. Mai 2008
Während der Eurovision-Song-Contest schaurige akustische Schatten wirft und parallel dazu auf der Reeperbahn prösterchenenthemmt mit Glitzerkram getänzelt wird, bleibe ich milde, setze mir die Elvis-Costello-Gedächtnisbrille auf und versuche mich beim Karaoke.
Ehrlich gesagt, trifft es die Stimmung auch besser.
Sometimes I wish I could stop you from talking, when I hear the silly things that you say.
Der Rest ist ja gesagt.

Die warmen Tage. Die fragilen Tage. Morgens Schuh an Schuh in der U-Bahn, Schritt für Schritt neue Schritte wagen. Mittags mit den Kollegen scherzen, entlang der Ränder eines Extrakuchenstücks. Einen Schulterschlag. Abends bleibt der Fensterblick, ein nur leises böses Wort. Wie fern der fremde Trubel ist, wenn das Wasser ruht. Man muß sich selber wollen, sich selbst verzeihen und Stück für Stück zusammenschrauben. Stück für Stück.
