Mittwoch, 6. September 2006


Saudade

Die Herzen sind schwach und die Liebe ist stark
Beim Tauben vergiften im Park!
Nimm für uns was zu naschen
In der andern Taschen,
Geh mer Tauben vergiften im Park!

(Georg Kreisler, "Tauben vergiften")


Aus der Reihe: Mit toten Tieren durch das Jahr.
Heute: Die Taube (Columbidae)

Die gemeine Stadttaube begegnet einem ja in verschiedensten Aggregatzuständen. Als gurrende Blähbrust im Frühjahr, pickender Ruckelhals, wann immer es Futter gibt, gut ausgewalztes Etwas, wenn es Mann gegen Mann gegen einen Laster ging oder - und das ist der dominierende Phänotyp - als schwirrender Flügelrausch, wenn das gute Tier beschließt, bakterienschleudernd in Mundhöhe an seinem menschlichen Symbiosepartner vorbeizuflattern.

Man kann ins Sinnen kommen, wenn man den Flug der daunigen Federn betrachtet, die in kontemplativen Spiralen die eigenen Fußspitzen ansteuern, während man so sitzt, auf einer Parkbank, einer Mauer, in einem Straßencafé. Boshaftigkeiten sind in der Regel jedoch verpönt, stehen die fliegenden Gesellen doch im Verdacht, einen Palmzweig im Gefieder zu bergen, den zu überreichen ihr höchster und friedenstiftender Auftrag sei.

Selber friedlich sieht man die kregen Gestalten selten im Stadtbild. Drum nahm ich es als gutes Omen, auf dem sommerlich klebrigen Pflaster Lissabons einem wie sanft schlafenden Exemplar zu begegnen - dem alles Leben zwar entwichen, Melancholie und Versprechen aber um so fürsorglicher um die Flügel gelegt war. Aus der Hauptstadt der Saudade wehte ein stiller Gruß.


 


Dienstag, 5. September 2006


Fremdschlafen

Bekanntlich habe ich eine Schwäche für Themen-Hotelzimmer. Für meinen nächsten Englandurlaub habe ich gleich mal das Hotel Pelirocco vorgemerkt.

via Kaltmamsell


 


Montag, 4. September 2006


Como está?


Alternativ können Sie auch die Vorgangsnummer
(unter dem Barcode oben rechts) manuell eingeben.

(Alternativ könnte ich auch einen Schreikrampf bekommen)

Wenn man so quer durch Europa fliegt, zwei Wochen sonnenflirrende Entspannung im Rücken, hier zwischenlandet, dort übernachtet, ist es manchmal nicht auf Anhieb klar, wo man sich gerade befindet. Noch da, schon hier oder womöglich in seiner eigenen Traumsequenz.

Als ich heute morgen an Deutschlands modernsten, aber nicht schönsten Bahnhof ein Ticket am Automaten kaufen mußte wollte, wurde mir aber bewußt: Wo immer ich auch bin, dort bin ich dann - und das kann nur hier sein.

Auf der Fahrt dann versöhnt mit dem Himmel. Graue Wolken, dazwischen aus aufgerissenen Schlündern tastende Finger der Sonne, vielleicht ein Schrei (Grita, Grita, Grita!), vielleicht eine mecklenburger Landschaft von einem Meister der Delfter Schule gemalt. Zu Hause dann leichter Niesel, weiteres Grau, Stapel voller Zeitungen, Briefe, Nachrichten und Geschehnisse in ihrer immer gleichen Trübnis. Und nicht einmal ein Käsebrot im Haus.

Chame depressa um médico! Ich gehe jetzt erst einmal einkaufen.


 


Donnerstag, 17. August 2006


Mal die Kachel putzen

Ich fahr nicht Palumbien
Und auch nicht nach Hawaii.
Und niemals nicht nach Umbrien
Noch nicht mal an die Schlei.


(Aus: Lieder für fröhliche Trinker,
oder Tausend Tage ohne Käsebrot
.
Hamburg, o.J.)

Ich bin absent. Ich nehme Täschchen, Sack & Pack und eine begleitende Hand (das eiskalte? Wir werden sehen), meinen Arzneimittelschrank gegen das Gelbe und das Blaue Fieber, die Dr.-Benway-Reiseambulanz für alle Fälle großer Not und das Bordbuch für die Stadt des Lichts. Eine Handtuch selbstverständlich. Mal zwei Wochen raus aus dem Ho-Ho und dem Buh-huh und hoffentlich auch aus dem Hö Hö. Wenn Wörter mit "Bl" anfangen, dann nur, weil man "blinkende Sterne" rufen will und nicht: "He took me off his blogroll, bloody bastard!" Lieber mal Sterne gucken, Kacheln zählen, an tote Seefahrer denken, die weiter kamen als ich je zuvor. Und, wichtiger noch: Das Herz in beide Hände nehmen.

Seid schön artig. Am Ende werdet Ihr alle gefragt.


 


Mittwoch, 16. August 2006


Wortklingler redux

Sätze einfliegen lassen wie edle Wildware aus ferneren Ländern. Rare Kost, schnell verderblich, eingepackt in hölzerne Kisten voller Eis und Salz. Dann wegschlürfen, die zarten Teile rauspicken, ein kurzer Genuß vielleicht. Die Reste dann wie immer.

Schweinefraß.


 


Montag, 14. August 2006


Love Is A Deserter

Nothing's gonna kiss you
Like the blister gonna get you
From waiting it out

(The Kills, "Ticket Man")

Mal ein bißchen Lärm machen wieder. Finger strecken und, hoho, die Arme auch! The Kills sehen nicht nur aus wie die Band, die ich hätte haben müssen. Sie haben auch eine tolle Webseite mit Oui-Ja-Brett, vielen Polaroids und Trish und Trash. Morbide Eleganz, aber spell it like Lässigkeit, nicht als Geputztes. Das ist nämlich schön, weil es so einfach gehalten ist, zwei Simplizissten vom Schweißspendedienst, ausgebüxte Schelmen aus der Lärmanstalt.

Fast wie hier also, wenn ich Gerätschaften oder Mobiliar die vier Stockwerke rauftrage oder wieder runter, einfach so, nur um mal WAS ZU TUN. Man muß, sollte - so lange man kann, natürlich nur - nämlich immer was tun. Gleich gehe ich zum Finanzamt. Denen will ich nichts tun, aber die brauchen es bei mir gar nicht erst probieren. Ich muß mich zu keinem Elefanten flüchten. Ich habe andere Methoden. (Zum Beispiel mit dem Fuß aufstampfen und ganz laut "Rock'n'Roll!" zu rufen.)

Und nun wieder Regen.

>>> Fried My Little Brains auf YouTube.

Radau | von kid37 um 15:13h | 16 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Sonntag, 13. August 2006


Der verrückte Hutmacher wieder

Während der Staubsauger gurgelnd und schnorchelnd meine Teppiche abweidet, kann ich mit der freien Hand noch nach weiteren Resten der Teeparty suchen. Passend dazu zeigt den Ringelstrumpf der Woche "Machina" auf dieser komischen Fotoseite.

Eine Grimm im Wunderland, ein märchenhaftes Überkreuz. Nichts, bei dem man aus dem Knien und Staunen gar nicht mehr herauskäme. Aber das ist ja auch ein wesentliches Merkmal des Märchens: Ihm sind alle Wunder normal.