Freitag, 16. September 2005


Gastonesk

Mit den Möwen kämpfe ich um das letzte Brot.



(Sieht ziemlich dämlich aus, deshalb keine Bilder.)


 


Sonntag, 11. September 2005


...

Ich erinnere mich an sie.

Das ist sehr bestürzend.

| von kid37 um 23:41h | | Link

 



Salz und Haut

Such a shame to believe in escape
'A life on every face'
And that's a change
Till I'm finally left with an eight
Tell me to relax, I just stare
Maybe I don't know if I should change
A feeling that we share

(Talk Talk, "Such A Shame")



Ich bin ein paar Tage am Meer. Wind spüren und der Gedanken Schwere Leichtigkeit. Fern sein und ganz nah. Vermißt mich nicht. Ich tue es auch nicht.


 


Samstag, 10. September 2005


Die wöchentliche Prisenliste

In der Reihe Mit astreinen Bloggerinnen über den Flohmarkt schleifte heute die Miagolare-Piratenbrigg meinen kleinen Optmimist durch ein sonnendurchfluchtetes Kuriositätenkabinett. M. muß wohl schon mal den Keller leerräumen, denn zerdengelte Schiffsschrauben, Fahrtanzeiger, Segelwerk und allerlei maritimer Schnickschnack ließen das rheinische Herz schnell höher schlagen. Ich hingegen ließ ausgestopfte Füchse mit skelettierten Pfoten, Medizingerät und interessant geformte Klavierhocker stehen und entschied mich für eine Fotolampe aus den 50ern. Der davor gespannte Diffusor sieht aus wie aus Menschenhaut von Kaperfahrt nach Neuguinea mitgebracht, aber das erhöht ja nur den Reiz. Ansonsten kann man da einen Blitzkopf reinschrauben und tolle Sachen mit machen. Rheinländerinnen beim Sonnenbaden fotografieren. Also jetzt mal so zum Beispiel.

Bananen wurden mir diesmal weiter keine angeboten, aber die Melonen sahen irritierend sinnlich aus.


 


Freitag, 9. September 2005


Magic Light



Wer bislang dachte, oh, moderner Tanz, das ist was für mich. Aber leider habe ich fürs Schauspielhaus zu dreckige Turnschuhe, dem ist nun oder niemals mehr zu helfen.

Besitzer dreckiger Turnschuhe treffen sich nämlich nun abends ungezwungen auf dem Hachmannplatz am Hauptbahnhof und schauen sich bei einer Bionade oder einem vergorenen Getränk ein Tanzprogramm in 15 Containern an.
Da wird zur Musik von Richard von der Schulenburg, Schnappi dem Krokodil und weiteren Ausflügen in Rock, HipHop und Klassik ein <feuilletonmode>bunter Strauß</feuilletonmode> aus allerlei Tanzprogrammen gezeigt. Da steht man dann mit angeranzten Menschen wie Du und ich zwischen Campers und Doc Marten's auf dem betriebsamen Platz vor dem Schauspielhaus, sanft umschmeichelt von der Restwärme des Tages, die aus den Steinplatten kriecht. Wer mag, kuschelt an tätowierter Haut und sieht für lau und umme ein ziemlich kurzweiliges und hochprofessionelles Programm.

Da beklagen bleichhäutige Frauen den Kontrast zu Cameron Diaz und Nicole Kidman zu David Bowies "Five Years" - bekanntlich einem der schönsten und tragischsten Lieder überhaupt -, werden sehr dünne Damen in glitzernden Paillettenkleidern erst zu den Klängen von Rammstein in wilde Verrenkungen versetzt und dann von einem einsamen Saxophonspieler zum, öh, Höhepunkt vibriert, während zwei übergymnastische junge Herren im Schlangen-on-Extacy-Modus breakdancen.

Als Auftakt eines genußreichen, körperbetonten weiteren Septemberabends in der Hansestadt sehr zu empfehlen.

(Magic Light: Tanz in 15 Containern. Jeden Abend ab 20.30 Uhr, Hachmannplatz. Bis 11.9.2005)


 



Knoblauch on the Water. Blogger in the Sky



Rheinisch-hanseatisches Elbegrillen für Herrn Axel K.


 


Mittwoch, 7. September 2005


Heim

Sie wandern an dem Strom, der schwarz und breit
Wie ein Reptil, den Rücken gelb gefleckt
Von den Laternen, in die Dunkelheit
Sich traurig wälzt, die schwarz den Himmel deckt.

(Georg Heym, "Die Dämonen der Städte". 1912.)

Abends mache ich noch ein paar Besorgungen, ein, zwei neue Notizbücher, die für die kleine Reise bestimmt sind, kaufe ich, dazu eine derbe Hose für Streifzüge durch die Natur. Einen Brief werfe ich ein, der ist wichtig, aber das merkt man solchen Briefen oft nicht an.
Es hat sich ein wenig abgekühlt, ein leiser Wind schleicht um den Bahnhof. Dort wird eifrig gebaut, ab Morgen gastiert das Tanztheater auf dem Platz vor dem Schauspielhaus. Ich beschließe, noch bis zur nächsten Station zu laufen, denn die Luft ist mild und daheim warten vielleicht nur schlechte Nachrichten.

Am Steindamm hat sich die Szenerie mit der einbrechenden Dämmerung gewandelt. Die jungen Mädchen, die sich dort statt nach der Schule ein wenig Taschengeld verdienen, sind zurückgekehrt nach Pinneberg, Uelzen oder Itzehoe, heim an den Abendbrottisch mit den Vätern, die über die Benzinpreise wettern und den früh ergrauten Müttern, die alles ahnen und nichts wissen und sich in eine immerwährende Migräne geflüchtet haben.

Nun stehen die älteren Huren vor den Spielsalons und türkischen Elektromärkten. Und die dünnen Mädchen vom Drogenstrich. In meinen ersten Jahren in Hamburg ging ich oft durch St. Georg spazieren, weil ich in der Nähe wohnte und dieses Viertel so mochte. Naiv, wie ich war bin war, antwortete ich immer "Hallo", wenn mich eines dieser sehr jungen, sehr hübschen Mädchen, die an den Hausecken lungerten, mit einem geflüsterten "Hallo" ansprachen. Eine freundliche Stadt, dachte ich, und grüßte freundlich zurück. Die Codes waren mir nicht bekannt. (Einmal, als ich spät abends aus der Wohnung ging, verließ zur selben Zeit eine sehr attraktive junge Frau die Nachbarwohnung. Leutselig sprach ich die Blondine im schicken Webpelz an, während sie Seite an Seite mit mir die Treppe runterstöckelte und einsilbige, aber freundliche Antworten gab. Hui, dachte ich, das ist ja mal eine scharfe Nachbarin - und sah mich schon im Geiste Tassen um Tassen Zucker, Mehl und gute Ratschläge von ihr erbetteln.

Bis am Wochenende darauf die mausgraue Frau und die kleine Tochter des neuen Sachbearbeiters der großen Hamburger Firma, der die Wohnung neben meiner gehörte, zu Besuch kam. Erst dann fielen die Groschen bei mir. Nun ja.)

Heute stand das junge Mädchen wieder vor der Spielhalle. Ich kenne sie schon lange vom Sehen. Zwei Straßen von meiner alten Wohnung war nämlich die Methadonausgabe, schon da ist sie mir aufgefallen. Neulich sah ich sie und ihren Freund in der U-Bahn. Ein paar Jugendliche riefen ihr obszöne Worte hinterher, sie streckte ihren Mittelfinger raus.

Es gibt ein Video von den Smashing Pumpkins, "Try, Try, Try". Das wurde vom feigen MTV nur nach Mitternacht oder zensiert ausgestrahlt, weil es auf sehr drastische Weise einen Tag im Leben eines Pärchens zeigt, das auf der Straße lebt. Drogen, Elend, Prostitution, Schwangerschaft - eben das, was nicht in die Britney-Klingelton-Welt paßt. Ein wenig erinnern mich die beiden daran, wie sie mir gegenüber saßen, eng aneinandergeklammert. Und ich überlegte, wie es wohl wäre, lebten die beiden ein "normales" Leben.

Nun sah ich sie wieder. Sie stand in der milden Abendluft, die Flasche mit dem zuckerhaltigen Saft in der Hand, nervös nach allen Seiten schauend. Wenn man an ihren Hämatomen und dem Ausschlag in ihrem Gesicht vorbeischaut, sieht man eine bildhübsche junge Frau, die dort im Zwielicht der untergehenden Sonne wartet.

Gegenüber im Ümlüt-Market werden die Kisten mit dem Gemüse in den Laden gerollt. Einer der Jungs lacht, als ihm ein Bund Bananen auf den Boden fällt. Heute geht hier keine Maschin' mehr kaputt, denke ich und feixe zurück. Bei Olympia stehen ein paar glatzköpfige Muskelmänner um die Gewichte, palavern. Einer liest Zeitung.

Ich mag es, wenn es langsam dunkel wird, und die Neonreklamen der Fahrschulen, der kleinen Spelunken und der Döner-Buden den Gehweg in farbige Lichter tauchen. In der Mittagssonne gibt immer nur ein paar wenige Wahrheiten. Das Nachtlicht ist mehrdeutig, es schafft Raum für Mißverständnisse. Für viel Verzweiflung.
Aber auch ein wenig Hoffnung.


 



Eis

What does this ship bring to me
Far across the restless sea
Waiting for the sirens call
I've never seen it here before

(New Order, "Waiting For The Sirens' Call")

Im Leben eines jeden Hausmanns kommt der Tag, da muß er erkennen: Diese Schicht im Kühlschrank, die ist nicht gut. Da mag man zögern, da mag man zaudern. "Die ganzen Lebensmittel! Bei diesem Wetter!"
Wer nicht abtaut, ist verloren, sage ich.

Morgen, wenn die Elbe vergrillt und derbe Mägen gefüllt sind, lege ich alles bloß. Das Eis muß weg. Alles muß raus, dann wird durchgewischt. Und wenn es mit Essig ist. Danach sehen wir weiter.


 


Montag, 5. September 2005


Herr Kid gibt jetzt mal ein bißchen an und warnt vor Bananen

Ich weiß nicht, wie andere so ihren Urlaub verbringen. Ich habe irgendwann beschlossen, ich treffe mich einfach mit hochattraktiven Bloggerinnen, tue so, als könnten die mich leiden und gehe mit ihnen in Museen oder auf Flohmärkte.
Die Hamburger Männer haben da schon schwer geschaut, dabei sollte sie das nur vorbereiten auf den Höhepunkt, wenn die Tage dann rheinische Piratenkoggen hier für eine Weile vor Anker gehen.

Am Wochenende segelte allerdings erstmal Deutschlands bekannteste Spreefreibeuterin in die Hansestadt, vernichtete in kürzester Zeit große Mengen des hiesigen Alkoholvorkommens (ich muß mich da auf Legenden stützen, ich war nicht dabei) und beschloß dann, mit Herrn Kid auf Flohmärkten nach Beute zu jagen. Und Beute wurde gemacht!

"Schreib doch darüber was lustiges", sagt sie und ich antworte, daß ich lustig nur im Keller kann. "Was anzügliches also" - und ich dachte gleich an die höhere Knabenschule da draußen, die sich gerade an merkwürdigen Contesten erheitert. Das war also schon eher eine Idee - und so darf ich vorlaut verkünden:

Ich habe die Spirale der Spreepiratin!

Dieses schöne Werkstück hatte sie nämlich auf der Straße gefunden und mir als Geschenk überdacht. Nun muß man wissen, daß ich ein großer Freund von Altmetall und rostigen Werkzeugen bin und mich überhaupt nach einer Menge Müll auf dem Gehweg bücke. Viele Dinge, die man so findet, sind bei entsprechendem Lichte betrachtet, hochinteressant oder künden vom morbiden Wegwerfwesen unserer Zeit. Mit so einem Stück Draht stand ich jetzt natürlich bei Frau BB schwer in der Schuld. Immerhin gelang es mir, sie mit meinem großen Enterhaken zu beeindrucken. Die Dame hat selbst nämlich auch ein Faible für Rost und Tand.

So kam es auch, daß wir auf dem Flohmarkt uns ungefähr eine gelogene halbe Stunde an einem Konvolut rostiger Nägel erfreuten, die zahlreichen medizinischen Gerätschaften inspizierten (die Dame ist ja vom Fach) und überhaupt eine Menge Vergleiche über die Krempelmärkte von Berlin und Hamburg anstellten. Während ich nach alten Postkarten und ausgestopften Tieren Ausschau hielt, schallte es der Spreepiratin nur "Bella was du suchen?" von hier und "Bella musse gucken!" von da entgegen. Fragte ich nach einem Preis, hieß es widerwillig, "15 Euro", deutete Mlle B. auch nur geringstes Interesse an, schrie der Mann schon von weitem "Funfe Euro"! Nur um sogleich nachzulegen: "Ach wasse, musse ich verruggt sein. Drei Euro, nimm mit!"

Ein wandelndes Rabattwunder, sage ich, bei dem es mich nicht wundert, daß man sie ohne einen Cent irgendwo in der Einöde aussetzen kann, ohne daß sie verhungert. (Außer, daß man ganz schön bekloppt sein müßte, sowas zu tun).

Am türkischen Obst- und Gemüsestand kaufte ich wie immer meine Bananen. Und was passiert? Während Frau B. neben mir mit Probestückchen allerlei exotischer Früchte gemästet gefüttert wird, grinst mich der Gemüsemann an und flüstert mir verschwörerisch ins Ohr: "Vorsicht mit Bananen! Machen Maschin' kaputt!"

Mir ist nicht völlig klar, was der gute Mann genau gemeint hat. Ich hoffe, es war nichts unanständiges. Aber was soll ich sagen? Ich habe recherchiert, es stimmt: Bananen machen impotent! Irgendwas ist mit den Pestiziden, aus denen diese Südfrüchte zur Hälfte bestehen. Das erklärt vieles in meinem Leben, aber nicht alles. Dennoch: Jungs, meidet Bananen, macht nicht die Maschin' kaputt. Sonst gibt es bald keine schlüpfrigen Contests mehr.


 


Sonntag, 4. September 2005


Boote zu Wasser lassen

I am human and
I need to be loved
Just like everybody else does

(The Smiths, "How Soon Is Now?")

Below the water there is even more water. And under the water is fire.

| von kid37 um 22:22h | | Link