Sonntag, 6. Februar 2005


Mit Festangestellten diskutiere ich sowieso nicht mehr

(Aus der Reihe: Sätze, die ich mir immer mal aufs T-Shirt drucken lassen wollte.)


 


Samstag, 5. Februar 2005


The Sound of Music

Wenn Don Dahlmann mir den Ball zuwirft und ganz nebenbei seinen idiosynkratischen Musikgeschmack enthüllt, wer bin dann ich, dem Ruf nicht zu folgen? Ich werde ihn aber nicht wie erhofft überraschen, sondern ganz vorhersehbar antworten:

1. Wieviel gigantische Bytes an Musik sind auf deinem Computer gespeichert?

MP3s sind böse. MP3s machen Kopfschmerzen. Ich habe MP3s gerade erst entdeckt, haha. Ehrlich: (Nur) knapp 2 GB. Interessanter sind vielleicht die knapp 100 MB eigene Songs, die ich gerne mal Andrea Jürgens oder Nicole oder so verscheuern möchte, damit die später damit meine Rente sichern.

2. Die letzte CD, die du gekauft hast...

... waren gleich drei, weil ich einmal in meinem Leben auf dicker Maxe machen wollte (leider saß meine extremgepiercte Lieblingsfachverkäuferin, deren Nachnamen ich jetzt herausgefunden habe, nicht an der Kasse):
Múm - Summer Make Good
Minox - Downworks
Wire - Pink Flag (jajaja!)

3. Welches Liedl hast du gerade gehört, als dich der Ruf ereilte?

Under Byen - Det Er Mig Der Holden Trærne Sammen. Das heißt soviel wie: "Ich bin es, der die Bäume zusammenhält". Diese dänische Band könnt ihr euch eh mal merken. Beim ersten Mal klingen die furchtbar belanglos, so nach x-te Version von "Björk singt bei Múm oder Sigúr Ros". Aber das Album (erscheint Ende des Monats in Deutschland) ist sehr, sehr groß (durch glückliche Umstände - ja, auch ich habe manchmal Glück! - habe ich es schon). Das Video zum Baumzusammenhalter wird bei MTVIVA gespielt, dortselbst auch das von der formidablen Miss Monolog zuerst entdeckten Plantage-Video.

4. Fünf Lieder, die mir viel bedeuten oder die ich oft höre.

Ach, diese Ewigkeitslisten. Wir sind doch nicht bei High Fidelity. Wichtige Stücke?
Aus der Kategorie "Sie spielen unser Lied":
The Clash - London Calling
Aus der Kategorie "Kann man immer und immer wieder hören":
Joy Division - New Dawn Fades irgendwas
Aus der Kategorie "Spielt das auf meiner Beerdigung":
Bernadette Hengst - Der beste Augenblick in deinem Leben (ist gerade jetzt gewesen) (Wahlweise: The Beatles - I Should Have Known Better)
Aus der Kategorie "Wir waren doch auch mal jung":
Gang Of Four - To Hell With Poverty
Und letztlich aus der Kategorie "Lieder, zu denen ich meine Unschuld verlor": David Bowie - Oh, You Pretty Things "Lieder von Bands, die in Deutschland unterschätzt sind": Powderfinger - With Friends Like That (Who Needs Enemies?)

Oder irgendwelche anderen. Miles Davis habe ich natürlich auch. Und Musik von Leuten, die Drogen nehmen. Oder irgendwas interessantes. Oder gerade frisch wieder Pixies. Wenn ich meinen richtigen Namen und den von Kim Deal hier eingebe, erreiche ich 98 Prozent! (Aber ich müßte ihr erst das Kettengerauche abgewöhnen.) (Mein Gott, habe ich doch gerade vorhin erst geschrieben, schnarch.)
Ober eben so Geklöppel und Gehämmer. Also wie jeder hier.

5. Wem wirfst du dieses Stöckchen zu (3 Personen) und warum?

Ah, Kettenbriefe. Als erstem natürlich Axel K, dem heimlichen Syndikus idiosynkratischer Musik. Dann unser aller Gebenedeite Frau von der Sonne, weil die als Wiener Melange Saccharinsüßes mit Morbidbitterem zu verbinden weiß und Johnny Cash mag und gerne dann noch Herrn Deedee, der gerade als die weitgereiste Lisa 9 posiert und zusammen mit Frau Pink'n'Green die schönsten Musikgeschichten zu erzählen weiß.

Radau | von kid37 um 01:00h | 5 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Freitag, 4. Februar 2005


Hell is in Hello

Snow can burn your eyes,
But only people make you cry.

(Lee Marvin, "Wandrin' Star")

Heute mit zwei der neuen Herren im Aufzug gestanden. Im breiten bayrischen Akzent erklärte das Alpha-Männchen seinem Begleiter Details der Lage. Ich wurde geflissentlich übersehen. Mein "einen schönen Tag noch", als ich vor ihnen ausstieg, nahm das Alpha-Männchen gar nicht wahr. Man gibt sich nicht mit den Ameisen ab.

In der Mittagspause machte ich darum vorsichtshalber in der Arbeitsagentur einen Eignungstest. Viel habe ich ja nicht gelernt. Vielleicht wäre eine Fortbildungsmaßnahme ja das richtige. Der Sachbearbeiter sah gutgelaunt auf meinen Bogen.
Nicht schlecht, Herr Specht
Kid.
Herr Kid. Wenn ich die Ergebnisse so sehe, sind Sie besonders für eine Sache qualifiziert.
Und?
Schuld sind Sie besonders gut. Das ist doch wunderbar. Stellen Sie sich vor, Schuldige werden immer gesucht, haha. Eine äußerst krisenfeste Branche.


 


Montag, 31. Januar 2005


2037



Einige Menschen, höre ich, haben Schwierigkeiten mit dem neuen Film von Regisseur Wong Kar Wai, "2046". Möglicherweise habe er vergessen, beim Regieführen die eine Hand aus der Hosentasche zu nehmen. Möglicherweise hatte er auch eine Dose Ananas geöffnet, deren Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen war.

Hier ein paar Informationen, die das Verständnis hoffentlich erleichtern. Wong Kar Wai, den mir Leute, die vor Jahren nicht mal "Pulp Fiction" buchstabieren konnten, plötzlich wichtigtuerisch als "Quentin Tarantinos Lieblingsregisseur" vorstellen, verfilmte - wie viele Regisseure, die dringend neuen Input brauchen - eine der 5480 bislang unbekannten Stories von Philip K. Dick. Der hatte die Idee von Friedrich Dürrenmatt, aber das nur nebenbei. Jedenfalls ließ Wong Kar Wai den "Chungking Express" wieder von Gleis 1 in den Tunnel brausen.

Die exzellente Kamera stammt, wie stets bei Wong Kar Wai, von Christopher Doyle ("Hero"). "2046", so behauptet der Film zu Beginn, sei ein bestimmtes Jahr in der Zukunft. Oder auch der Titel eines Science-Fiction-Romans aus den 60ern. Oder die Zimmernummer in einem heruntergekommenen Hotel in Hongkong. Mag sein, aber darum geht es ja offensichtlich nicht.

Der Film beschreibt vielmehr die Lebenspanne eines jungen Mannes zwischen seinen frühen Zwanzigern und Mitte 40 in fragmentarischen Ansätzen. Wong Kar Wai, gerade selbst 46 Jahre alt, dürfte diese Daten also bewußt genommen haben. Denn sonst hieße der Film ja 2037 oder 3041. Der junge Tony Leung (gespielt von Clark Gable) eiert als verkrachter Journalist im Hongkong der 60er herum, wo gerade der Film "In The Mood For Love" gedreht wird. Nach Drehschluß trifft er sich mit einigen der Schauspielerinnen aus dem Film (u.a. Ava Gardner, Maureen O'Hara und Audrey Hepburn) in Bars oder dem Hotel, wo er und die Filmcrew wohnen. Clark Gable (also Leung) schreibt dort in sein Blog Pronos oder "moderne Kung-Fu"-Romane, hat Sex mit den Damen aus Zimmer 2046 und bekommt ansonsten nichts gebacken. Bevor die Damen anfangen zu klammern, macht er nämlich lieber auf Rhett Butler und sagt "schönen Dank".

Als er dann 46 ist, will er am liebsten wieder zurück - klar, wer wollte das nicht. Aber niemand, so heißt es, hätte dies je geschafft. Also schreibt euch das hinter die Ohren und gründet rechtzeitig eine Familie ein Blog. Ständig vergleicht er die Frauen mit einer, die er einst zurückließ, aber nicht losließ, und hängt in Kneipen oder Spielcasinos ab, hört Connie Francis oder raucht auf dem Balkon und denkt über die Rente nach.

Drei- oder viermal ist der Film zu Ende, aber nach der ersten Rohfassung, die er in Cannes zeigte, hatte Wong Kar Wai noch Schnipsel gefunden und einfach hinten drangeklebt. Endlich, nachdem unser Held mehrmals sein Geheimnis in ein freudianisches Loch sprechen wollte, hört der Film gerade dann auf, wenn man sich bereits auf das Auftauchen weiterer bekannter Frauengesichter aus Film, Funk und Fernsehen eingerichtet hatte. Keine Rolle mehr für Sophia Loren? Elizabeth Taylor? Nun gut, dann waren die Kleider wohl durch.

Toller Film, tolle Kamera, tolle Farben, tolle Stimmung. Besser aber, man schaue sich noch einmal "In The Mood For Love" (2000) an. Am besten allein.

(2046. Hongkong 2004. Regie: Wong Kar Wai)

Super 8 | von kid37 um 22:22h | 18 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Sonntag, 30. Januar 2005


Weltkonzern mit Herz

Die Art, wie sogenannte Journalisten auf die letzten deutschen Konzerne mit internationaler Ausstrahlung herumhacken, finde ich, gelinde gesagt, unschön. Da zeigt so ein Weltkonzern echte Herzenbildung - und was passiert? Man macht die zugegebenermaßen etwas teurere Uhr des Spitzenmanagers zum Thema.

Dabei erscheint der Konzern irgendwie unterschwellig als kalter Moloch, der die Schuld auf das schwächste Glied schiebt: den Werbefotografen, der sich nicht zur Wehr setzen kann, jedenfalls nicht, wenn er noch mal einen Job bekommen möchte. Dabei nimmt der Konzern doch den Fotografen in Schutz. Der Verdacht liegt nahe, daß die Uhr nicht retuschiert, sondern vom Fotografen oder der Stylistin oder dem Assistenten durch einen Taschenspielertrick ("Sie haben da einen Flusen am Ärmel") gestohlen aus Versehen eingesteckt wurde. Souverän aber spielt der Konzern diese für den Fotomann peinliche Sache herunter ("ein handwerklicher Fehler") und tut so, als gebe es da nichts zu berichten.

Das nenne ich Herzensbildung!

Der Hinweis darauf, daß dieser Konzern trotz 1 Millarde Gewinn im letzten Jahr (ein Plus von 38 Prozent), 1.350 Stellen streichen will, verfälscht ebenso das Bild! Im Jahr 2000 machte dieser Konzern 2,1 Millarden Gewinn - und kündigte an, sozusagen als Anerkennungsprämie 7.000 Stellen in Deutschland zu streichen. Wer rechnen kann, merkt doch, von welcher Herzensgüte und Mildtätigkeit die neue Konzernleitung durchströmt ist. Statt nun wie zu erwarten 3.500 Leute zu entlassen, agiert man sehr sozial und redet nur von einem runden Drittel! (Und daß bei diesen Gewinnmargen Leute gehen müßen, ist ja wohl dem letzten klar.)

Mehr noch - Mitarbeiter dieses Ladens gelangen über das Suchwort "Schnappi Tanz" auf dieses Blog. Ist das nicht ein herzige und grundsympathische Vorstellung? Vor Freude wird in den Gängen dieses Konzerns den ganzen Tag der Schnappi-Tanz getanzt! Und vielleicht, wenn man es so betrachtet, hat der Herr Spitzenmanager seine Uhr nur deshalb abgenommen. Damit sie beim beschwingten Tanze nicht verloren geht.

Aber man kann natürlich auch alles schlecht reden.

Tentakel | von kid37 um 15:10h | 4 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Samstag, 29. Januar 2005


Debaser auf Autopilot

Got me a movie
I want you to know
Slicing up eyeballs
I want you to know
Girlie so groovy
I want you to know
Don't know about you
But I am un chien Andalusia

(The Pixies, "Debaser")

Diese Woche bin ich irgendwie zu nichts gekommen. Doch, eine Kollegin habe ich ein wenig angegiftet, wegen so einer Sache natürlich - sie selbst ist ja furchtbar nett. Als ich heute morgen Gut-Wetter machen wollte, meinte sie nur, sie selbst wäre ja recht zickig geworden. Dann haben wir zusammen die schweinische Version von "Schnappi" gehört. Und gelacht. Wie gesagt, die ist schon sehr nett. Meine Wohnung ist gerade zugemüllt mit ungefähr 2,50 Meter hoch gestapelter alter internationaler Magazine, dem Feuilleton von FAZ und SZ der letzten drei Wochen, Kontaktabzügen, Pergaminhüllen mit Negativen, Diakästen... Da setze ich am Ende der Woche gerne mal Kopfhörer auf (die Geschichte meiner Lautsprecher ist ja schon notorisch), drehe alle Regler auf 10,5 oder auch 11, lege die Pixies ein oder Joy Division oder so was Modernes und spiele ein wenig Luftgitarre. Schlagzeug ist auch gut, weil ich das in echt nur sehr rudimentär spielen kann. Ein Linkshänderproblem - welcher Drummer will schon sein Kit umbauen, nur weil da einer mal ein wenig dilettantisch darauf rumkloppen will?

Das Blog ist etwas unpersönlich geworden in der letzten Zeit, wie angekündigt. Das hat so seine Gründe. Vielleicht häutet es sich nach einem Jahr. Es ist jedenfalls so: Kaum drücke ich mal auf "off", kommt so eine Maschinenhand und stellt es wieder auf "on". Ich war ein wenig damit beschäftigt, den Schlamm, in dem ich gestanden habe, von den Sohlen zu kratzen. Neulich fand ich einen Link in ein sozial engagiertes Problemforum, in dem eine eigentlich gar nicht lustige Geschichte diskutiert wurde, die auch ich gut kenne. Zu anderen Zeiten hätte ich wahrscheinlich den Link nebst giftigen Kommentar hier reingestellt. So bleibt es erst einmal ein relativ wenig geteiltes Vergnügen (liest noch jemand mit?!?).

Diese Sache und die Kommentare dazu waren aber sehr erhellend, weil ich mich tatsächlich immer gefragt hatte cui bono und was soll der Scheiß das alles? Und die Antwort - so wie andere, gänzlich unbeteiligte Menschen es sehen - scheint so dämlich schlicht, daß ich meinen Kopf gerne mal gegen die psychiatrie- weißgetünchten Wände schlagen würde, weil ich es nicht gleich selbst so gesehen habe. Man darf seine Gegner nie unterschätzen. Man darf sie aber auch nicht überschätzen. (Das ist möglicherweise nämlich bloß Eitelkeit, weil mächtige Gegner irgendwie cooler sind. Doofe Gegner - wer will die schon?)

Come doused in mud,
Soaked in bleach
As I want you to be
As a trend, as a friend,
As an old memory

(Nirvana, "Come As You Are")

Der unfreiwillig lustigste Rocksong (weil er jetzt gerade läuft) ist ja "Come As You Are", was sowieso immer eine Lüge ist, aber darüberhinaus auch noch diese köstliche Zeile "Well I swear, that I don't have a gun" enthält. (Dieser Kurt hat auch viel erzählt, wenn der Tag lang war.) Jedenfalls, um diese Tristram- Shandyeske Aberration zu einem guten Ende zu bringen, es lohnt manchmal nicht, zuviel nachzudenken. In den 90ern hatte ich eine sehr schöne Freundin mit einem alten, sehr schnellen Auto. Nein falsch, das Auto war nicht schnell, sie fuhr es nur so. Jedenfalls legte sie dann immer ihr Pixies-Tape ein, und dann fuhren wir durch die Nacht. Gigantic... a big, big love... Man mußte nicht viel nachdenken. Manchmal fällt mir das ein, weil ich immer alles vergesse, nur die Musik nicht und die Anekdoten und die schönen Frauen, natürlich.

"Come As You Are". Ich kann jetzt auch Autopilot. Ist das nicht gigantic?


 


Donnerstag, 27. Januar 2005


Sunglasses After Dark

Manchmal erinnere ich mich an die Zeit, als das hermetische Café noch "Twisty Toaster" hieß. Die Wände waren mit Raubtierfellimitaten ausgeschlagen, auf den Tischen lagen keine prätentiösen Bücher, sondern tanzten leichtbeschürzte junge Damen mit der Anmut verruchter Schlangenpriesterinnen. Ok, war nur ein Traum.

Als ich heute so gegen 5.30 Uhr damit begann, die Küche zu feudeln und die Käsebrote für die Mittagspause zu schmieren, entdeckte ich im Kühlschrank noch einen Liter Blutorangensaft. Und mir fiel ein, wie Salma Hayek zu George Clooney sagt: "Ich will dein Blut!" und der ehemalige Kinderarzt antwortet ihr doch rotzfrech: "Fick dich!"

Fand ich nicht so schön. Auch wenn wildgewordene Frauen beißen wollen, muß man doch höflich bleiben. Ein Glas Blutorangensaft reichen, zum Beispiel. Meiner war nur ein bißchen über die Zeit und so ließ ich ein paar Tropfen in den frischgefallenen Schnee vor meinem Fenster fallen.

Jedermann sein eigenes Schneewittchen, so kam es mir in den Sinn und jagte den Succubus aus dem Zimmer. Ich vergaß auch nicht, noch einen anzüglichen Witz zu machen, das mögen Succubi nämlich gar nicht. Dann verstaute ich die skeletons in den Wandschrank, und schon war es Zeit für den morgendlichen Muckefuck - und den neuen romantischen Animationsfilm von Tim Burton.

(via Scratch)

Super 8 | von kid37 um 16:29h | 7 mal Zuspruch | Kondolieren | Link