
Donnerstag, 4. März 2004
Der Blade Runner
"You are talking to me?"
Es reicht, Freunde. Noch so einen Tag brauchen wir alle nicht. Heute kam ich, um mich zu beschweren. Totally fed up. Do something with your middle-finger. Shove your fist into your... mouth. Wenn ich Pisse trinken will, frage ich nicht dich.
Ok, fuckhead?
Passenderweise war heute jemand von "friedhof-hamburg.de" auf dieser Seite. Das empfinde ich als sehr fürsorglich.
Nur Geduld, ich beeile mich ja schon.
Zur Zeit nur ein Bedürfnis. Morgen Betriebsschluß machen und ein schönes Wochenende verbringen mit meinem neuen Spielzeug. Vielleicht in einem rostigen Bett mit nassen Laken schlafen. "Stand up and admit, tomorrow's never coming." (Marilyn Manson, "This is the New Shit")

"Übrigens, ich habe neulich den Song Anarchy in the UK gehört. Der ist ja ziemlich gut, was?"
(Vivienne Westwood in einem Gespräch Mitte der 80er-Jahre. Zit. n. Jane Mulvagh. Vivienne Westwood: Die Lady ist ein Punk. 1999.)
An mir geht auch das ein oder andere vorüber. Heute war so ein Tag, der die Flexibilität prüft. Bis zum Mittag hatte ich schon Magenschmerzen. Dann wurde es langsam besser. Im Supermarkt schenkte mir meine Lieblingskassiererin ein Lächeln. Nachmittags eine bessere Nachricht als der Vormittag vermuten ließ. Dennoch.
Dann auf St. Pauli fast auf die Fresse gelegt. Dann aber eine interessante Geschichte in einem kleinen, schmuddeligen Laden gehört. Davon später sicher mehr.
Freude an den kleinen Dingen. Zu-Behör. Ältere Menschen wie ich haben so etwas früher gebraucht. Bei meinem Umzug sind ein paar Sachen verschwunden. Möglicherweise sogar gestohlen worden. Darunter auch meine beiden Pucks. Nun bekam ich einen solchen zum Ersatz geschenkt und dazu einen Stern.
Nun kann ich wieder hören. Sogar "Anarchy in the UK".

Dienstag, 2. März 2004
Ach, sparen wollt' ich! Zeit hab' ich eh nicht! Wer wird das beim nächsten Umzug tragen, sprich?
Perdu, alles hinweg weht der Wind. Die guten Vorsätze zuerst. Bald ist die Vorratstasche gefüllt mit neuen Büchern (so als hätte ich nicht gerade erst am Wochenende auf dem Flohmarkt... aber da waren es ja nur Reiseführer!). Man kann die Schätze ja nicht einfach so sich selbst überlassen... wenn sie nur einen Euro kosten.
Bücher sind im übrigen nicht pfändbar, sofern es sich nicht um echte bibliophile Kostbarkeiten handelt. Ein Grund mehr also, die knappen Taler lieber in Literatur und Kunst anzulegen. Wer weiß. Wenn meine Ämtersache nicht mal bald entschieden wird, gehen hier eh schnell die Lichter aus.
Meine Sachbearbeiterin ist aber sehr nett. Nur eben auch sehr genau. Aber wenn sie alles geprüft hat und noch einmal geprüft hat, wird sie zu dem Schluß kommen, den ich selbst ihr schon nahe gelegt habe.
Und meinem Antrag stattgeben.
Bis dahin heißt es, immer weiterarbeiten. Und Geduld haben. Und dazwischen ein wenig lesen. William Carlos Williams zum Beispiel.

Sonntag, 29. Februar 2004
blabla. So ruft ein bekannter ehemaliger Senator kurz vor der Wahl wahllos Personen in dieser "schönen Stadt" [tm] per Telefon an. Blablabla, deshalb wählen Sie mich. Blablabla. Und diese Telefon-Spam-Bandansage ist dabei richtig gut gemacht. Die Intonation hervorragend, der Text präzise, suggestiv und stringent, die Tonality sehr genau ausgependelt zwischen höflicher Demut und überzeugender Bestimmtheit.
Wieso eigentlich hat immer der politische Gegner die besseren Kampagnen? Selbst zum "Aufräumen" will er kommen. Kann in meinem Keller anfangen. Der Herr M.? Fährt Bobby-Car wegen der Kitaplätze. Soll die Firma nicht verkauft werden? Schon wieder auf den falschen Sitz gesetzt?
Also, heute ist Wahltag.
Abschiedsräume, Toiletten - ist das nicht alles irgendwie dasselbe?
"I'm crazy for you, but not that crazy", singen die Magnetic Fields auf persönliche Empfehlung meiner Wiener Lieblings-Korrespondentin, die - hätte ich Rentenansprüche oder eine Lebensversicherung - sofort heiraten würde. Aber erst einmal gehe ich ins Wahllokal und schaue, was da zu machen ist.

Samstag, 28. Februar 2004
Einer schönen Tradition von Lady Death folgend, möchte ich mal darauf hinweisen, daß dieses blog nunmehr 69 Tage besteht.
Macht was draus.
Und bitte kein Gerede. Atmen macht auch krank.
Oder wie Ellen DeGeneres schon zu berichten wußte:
"Beunruhigende Studie enthüllt: Studien sind beunruhigend."

Für manche ja schon ausgeträumt.
Manchmal frage ich mich aber, was sind das eigentlich für Redakteure, die diese ostalgischen Rückblicke betreuen. Eben bei arte gab es alte 8mm-Filme aus der DDR zu sehen. Säugling Rainer, geboren am 28.10.1965 (schönes Datum ;-)), wird gebadet. Kommentar: "Stoffwindeln. Ein ganzes Land ist ihnen groß geworden." Richtig. Ein ganzes Land. Nicht nur die eine Hälfte. Im Westen gab es nämlich zu dieser Zeit in der Regel auch nichts anderes.
Überhaupt wird gerne vergessen, daß zehn, zwanzig Jahre nach dem Krieg die Alltagswirklichkeit Ost/West sooo unterschiedlich noch gar nicht war. Im Westen gab es auch nur Kohleöfen und Klos auf dem Flur. Man besaß einen Stuhl und einen Anzug. Und kein Buch.
Vermutlich sind diese Redakteure nicht älter als 30.

Donnerstag, 26. Februar 2004
Bei der Mad Tea Party wird T. S. Eliot zitiert. Ein schöner Beitrag zum Aschermittwoch. Ich war heute in St. Petri.
Es gab aber keine Aschekreuze.
Gun Club
Dies aber zeigt mir, daß bessere Zeiten anbrechen. Dieses Lied IST meine Jugend. Ich meine, als ich blutjung war und Pogo noch was mit Expression und nicht mit sinnentleerter Brutalität zu tun hatte. Heute kennt das ja sowie keiner mehr. "We can fuck forever, but you will never get my soul". Hört sich vielleicht etwas unromantisch an. War aber ein Statement. Ne me touche pas. Dazu gehört auch Charles de Goal mit "Rock de Jeune". Ich werde demnächst noch Harald Staun zu diesem Thema zitieren, finde nur den Schnipsel nicht. Ganz groß. Danke, Tom Paul. Danke, Gun Club!

Mittwoch, 25. Februar 2004
Vor ein paar Wochen lag für hiesige Verhältnisse viel Schnee und verwandelte auch die norddeutsche Landschaft in eine ungewohnte Szenerie. Selbst nachts gegen 1 Uhr lag über allem ein unwirklicher, gelblich fahler Schein. Zum Glück stand William Turner zufällig an meinem Fenster, um den nachtromantischen Ausblick festzuhalten. Selbst das blaue Licht des Krankenwagens, der sich zu fortgeschrittener Stunde mühsam durch den Schnee kämpfte, entging ihm nicht.

Gerade las ich im Terminal Pub eine kleine, aber empathische Eloge auf Naked Lunch. Die Kärtner Briten, sollten sie noch in London wohnen, waren vor ein paar Jahren mal für kurze Zeit, das "neue, heiße Ding". Ich war verknallt in ihr Album "Superstardom", das ich einem Kollegen erst aus dem Kreuz zu leiern versuchte, ehe er es mir freiwillig abtrat mit den Worten, "na wenn es Dir so gut gefällt". Später trat er mir sozusagen noch seine Geliebte ab, wenn man das so sagen darf, aber das war weder ihm noch mir zu diesem Zeitpunkt überhaupt bewußt. Tatsächlich habe ich es erst vor einem Dreivierteljahr erfahren, und da spielte es keine Rolle mehr. Jedenfalls was Naked Lunch anging.
Ihr anrührendes Sparks von "Superstardom" hat mich nun an eine Zeit erinnert, als vieles noch vor mir lag, was nun hinter mir liegt.
Now listening to Naked Lunch. "Stay".

Dienstag, 24. Februar 2004
... und du gehst als Fremder.
