
Montag, 23. Februar 2004
für diejenigen, die überhaupt einen Fernseher haben und arte empfangen können. Ab 22.20 Uhr läuft eine interessante Doku über den jüdischen Schriftsteller und Grafiker Bruno Schulz und seine Wandmalereien in der Villa einer SS-Größe.
Zitat (sinngemäß): "Der war doch Masochist, der hatte nichts mit Frauen."
"Aber Masochisten haben doch auch was mit Frauen?"
"Jaa, aber nicht so."

Samstag, 21. Februar 2004
Man soll sich nie von einem Kaffee beeindrucken lassen.
"Ich stieg auf Berge und ging durch Täler, unter Brücken und über Gräber. Ich sah sie kommen, und sie sahen mich gehen. Ich wollte immer nur verstehen, wo geh ich hin, und wo gehst du her, denn dieser Unterschied ist sehr genau. Entweder ist der Sinn das Ziel oder der Weg dorthin."
(Bernadette Hengst, "Immer noch ich")
Erdbeeren aber gibt es zu dieser Zeit nur in Wien .
Vielleicht gibt es dort auch ein Etap-Hotel.

Freitag, 20. Februar 2004
Heute morgen waren es schon wieder 25°C in meiner Wohnung. Der Fluch der Südseite. Angenehme 20°C hingegen in meiner Dunkelkammer. Nicht nur für mich, sondern auch für die Fotochemie die optimale Arbeitstemperatur. Von der Sonne habe ich folglich wenig mitbekommen. Aber die strahlt ja eh in meinem Herzen am hellsten. Da konnte mich selbst die seltsam danebene eMail eines ehemaligen guten Freundes nicht stören. Der versteht nichts, und ihn versteht auch keiner. Nicht einmal die Dame, um die es dabei auch geht.
So weit ich es bislang beurteilen kann, hat auch der größte Feind des Fotografen - Staub, böser, böser Staub! - nicht übermäßig stark zugeschlagen. Zufriedenheit also. Da Funkenmariechen nicht freiwillig in Dunkelkammern suchen, messe ich dem Umstand, heute ungebützt ins Bett gehen zu müssen, keine persönliche Bedeutung bei. Hamburg ist Diaspora, was gewisse Dinge angeht. Entweder Zurückhaltung oder Hardcore, dazwischen ist es schwer.
Jetzt noch ein wenig in der Plattensammlung stöbern. Die "Creatures" doch bei eBay verkaufen? Der Spaß ist ein wenig vorbei. Andererseits haben die alten Dinge ihren eigenen Wert, egal wie sehr sie durch die Umstände der Zeit besudelt sein mögen. Und schließlich haben sie ihre LP ja damals nicht ausschließlich für mich gemacht. Warum gibt es eigentlich jede Menge Neo-Punk-Mist, nicht aber mein Lieblings-T-Shirt "Where were you in '77?"
Quark waren da wohl die meisten, nicht mal das wahrscheinlich. Meine liebste Neo-Punk-Exfreundin ist Jahrgang 1970. Und ich glaube, sie war damals in der Grundschule schon dabei. Ihr verzeihe ich alles.
Jetzt lasse ich mich von Bernadette La Hengst beduschen. Sie habe ich einmal in einem Interview sehr böse gemacht. Dabei habe ich noch nicht einmal über Gott mit ihr geredet. Sie erwähnt das sehr oft. Zweimal habe ich sie böse gemacht. Einmal während dieses Interviews und einmal, als ich ihr im Hamburger "Logo" aus Versehen im Gedränge ein eiskaltes Bier in den Rückenausschnitt drückte. Das tut mir alles leid.
"Im Aufrechnen war ich immer schon schlecht", singt sie gerade. Das beruhigt mich. "Immer noch ich". Ein sehr großes Lied.
Und sehr wahr.
Sie hat noch eine andere Botschaft, die manche bedrückend finden werden:
"Der beste Augenblick in deinem Leben, ist gerade eben jetzt gewesen."
Macht was draus!

Ich weiß, es gibt viele ernste Themen. Frauen, z.B.
Die regieren ja heute im Rheinland. Der Rheinländer an sich nimmt es philosophisch:
"Ma' hat ma' Glück, Ma' hat ma' Pech, Mahatma Ghandi.
Man weiß ja vorher nie so ganz genau, was kann die?"
Da ich aber in Hamburg lebe, hat mich heut' noch keine gebützt. Das ist ja nun auch nicht schön.
Ach ja: Wer sich zum Ausgleich etwas vorsingen lassen will, der gehe hierhin und folge dem Link zum Schwedischen Radio. Ganz hervorragende Sache!

... so sangen einmal Die Tödliche Doris, gibt es keine wertlosen Mitglieder. Auch die Untermenschen hätten eine wichtige Aufgabe.
So bitter muss man nicht werden. Wer jemals ein Dasein gleich einem Hausdiener gefristet hat, sozusagen zum Personal gehörte, weiß immerhin eins:
Man ist sehr schnell vergessen. Und fällt niemandem zur Last.
Auch dies kann eine wichtige Aufgabe sein.

Dienstag, 17. Februar 2004
Heute mittag bemerkte ich zufällig in der Innenstadt dieser nach einheitlicher Meinung seiner Ureinwohner "schönsten" Stadt einen bekannten Politiker, der bis vor ein paar Monaten noch mit Regierungsmacht versehen war. Dann katapultierte ihn eine für Kenner der hiesigen Politszene nicht komplett überraschende, insgesamt aber absurde Geschichte aus dem Amt. Aus Amt und Würden kann man in diesem Fall beim besten Willen nicht sagen, denn "Würde" hat es in dieser Beziehung von Anfang an nicht gegeben. Jedenfalls wird deshalb am 29. Feburar in dieser schönen Stadt neu gewählt .
Ich erlaubte mir die Freiheit, auf dem Platz vor dem Rathaus dieser so schönen Stadt zu verweilen und den Mann ein wenig zu beobachten. (Da dieser Mann auch lückenlose Videoüberwachung propagierte, wird es ihm nicht unangenehm gewesen sein.)
Der entehrte Ex-Senator versuchte, über sein Mobiltelefon ein Gespräch zu führen, was offenbar technisch problematisch war. Überhaupt konnte man sehen, daß die Politik ein - wie er selber mal sagte - ein schmutziges Geschäft sein muss. Jedenfalls fordert sie Tribut.
Ich bin natürlich nur Laie. Aber der Mann wirkte ein wenig gestresst, böse Zungen würden vielleicht sagen, verwirrt, desorientiert. Er ging immerzu im Kreis. Er umkreiste mich. Er wählte mit wechselndem Erfolg irgendwelche Nummern. Mit angestrengtem Gesicht. Er lief fünfzehn Meter nach hier. Dann lief er fünfzehn Meter nach da. Dann drehte er sich um und rannte wieder auf einer Kreisbahn. Mir wurde ganz schwindelig. Ich schnappte einen Satz auf: "Dann können wir die Wahl vergessen!"
Ich weiß, mich hat niemand gefragt. Warum auch. Dennoch ein wohlmeinender Rat: Vergessen Sie die Wahl! Echt. Nehmen Sie Urlaub. Spannen Sie aus. Gewinnen Sie Abstand.
Danke.
Wo wir gerade dabei sind.
Eine kleine Wählergruppe, die einstmals als "sozialdemokratisch" verfemt wurde (diese Zeiten sind ja - gottlob! - vorbei), nimmt auch wieder an dieser Wahl teil.
Sie hat die Stadt mit Plakaten vollgestellt. Ein Herr M. verspricht dort 180.000.000 neue Kitaplätze. (Es können jetzt auch ein, zwei Nullen mehr oder weniger sein. So genau habe ich das auf die Schnelle nicht gesehen.) Auch verspricht er 40 neue Lehrer (auch hier: Vielleicht war es auch eine Null weniger oder mehr). Mehr Arbeit, mehr Brot und vor allem mehr Polizisten auf der Straße. Angesichts der beschämenden Ausstattung mancher Wache möchte man es den Polizisten nicht verdenken, lieber auf den schicken Straßen dieser schönen Stadt Dienst zu tun. Jedenfalls, dieser Herr M. nimmt die Sache sehr wichtig. Er will sich nun sogar persönlich verbürgen für diese 180 Trillionen neue Kitaplätze. Milliarden Hamburger werden nun Kinder machen und sie dann in drei Jahren zu Herrn M. ins Reihenhaus bringen, damit er sie betreue. Ich hoffe nicht, daß Herr M. seine alte Mutter um eine Bürgschaft für die Bürgschaften gebeten hat. Man weiß ja wie das geht. "Mama, eine todsichere Sache. Aber ich brauche Deine Unterschrift. Keine Sorge, es kann nichts passieren." Und das nächste, was man hört ist, daß das Häuschen von der Mutter von Herrn M. zwangsversteigert und in eine Kita umgewandelt wurde...
Die anderen Parteien wurden übrigens von Spaniern unterwandert. Überall liest man nur "Ole". Har har. Jetzt denken alle, das sei ein dämlicher Kalauer. Nein, es stimmt: Die FDP (Fraktion der Pfallschirmspringer - da war er, der Kalauer!) textet - mangels Inhalt - so: Olé, Olé.
Soll noch einer sagen, die Hanseaten kennten keinen Karneval. Wo war ich eigentlich nochmal am 29.?

Ich kann's nicht mehr hören.
Echt jetzt.
Bald gibt es bestimmt das erste "Das Buch zum Hörbuch".

Montag, 16. Februar 2004
Auge um Auge. Väter und Söhne. Sozusagen die atavistischen Fadenkreuze, mit denen die Geschichte abgesteckt ist. "Gott steh uns bei," sagt Paul Newman.
"Dieses Haus ist nicht mehr unser Haus," sagt Tom Hanks.
Dysfunktionale Familien aus sehr männlicher Sicht. Frauen haben stereoptype Rollen: die Nonne. Die Mutter. Das Animiermädchen. Hure, Heilige, Gebärende.
Das männliche Prinzip ist ein kaufmännisches. Das Beziehungsdreieck Schuld, Sühne, Rache. Zahn um Zahn.
Eine ganz einfache Geschichte also.
"Bring me the huddled masses", heißt das Versprechen Amerikas. Die Einlösung heißt: Des Einzelgängers Familie ist der Tod. Das aber, bitteschön, ist eine Metapher.
Wir haben alle noch eine Rechnung offen.

Samstag, 14. Februar 2004
Denn heute ist Valentinstag. Da dürft Ihr Euren Liebsten etwas nettes sagen. An anderen Tagen natürlich auch. Aber heute gehören Blumen oder süße Herzen dazu. Ihr dürft auch was basteln. Noch ist Zeit, deshalb der Hinweis.
Weil ich vorhin durch eine Besucherin auf Shakespeare kam, wollte ich doch mal was zu Ophelia sagen, die sogar ihre eigene Seite hat. "Im Haar ein Nest von jungen Wasserratten" heißt es bei Georg Heym, den ich aus vielerlei Gründen ganz besonders verehre und der wie kein zweiter in ein neopathetisches Café gehört. Das hat durchaus was zärtliches auch. "Ein langer, weißer Aal/Schlüpft über ihre Brust. Ein Glühwurm scheint/Auf ihrer Stirn. Und eine Weide weint/Das Laub auf sie und ihre stumme Qual." Das Thema Nekrophilie hatten wir ja schon. Zu "Ophelia" gehört es fast zwangsläufig dazu, da macht Heym keine Ausnahme. Liebe, Begehren auch, geht über den Tod hinaus.
Das kann aber auch lästig sein.
Aber eigentlich wollte ich darauf hinweisen, daß vorhin draußen die Vögel sangen. Um halb eins in der Nacht. Auch denen scheint heute etwas sinnfrei zumute. "Übrigens ist vielleicht der Haß zwischen zwei Menschen ein noch stärkeres Band als die Freundschaft." (Georg Heym, Tagebücher)

Freitag, 13. Februar 2004
Dazu war heute wenig zu lesen. Die merkwürdigen Ereignisse waren gestern. So gesehen, ein normaler Freitag. Es gab sogar schönes Wetter. Die Dame vom Amt war von mir sicherlich genervter als ich von ihr. Aber getreu dem Motto "Most nerved, first served" hoffe ich, die Bearbeitung meines "Falls" ein wenig zu beschleunigen.
Heute endlich die Tasche gekauft, die seit Wochen bestellt war. Heute endlich das Franz Ferdinand Album gehört. Dafür aber vergessen, Schokolade zu kaufen. Das ist böse. Ich hoffe, ich kann es morgen wieder gut machen.
Ich glaube, morgen gehe ich aus.
Update: Holt mich hier raus, ich bin ein Schrank. Diesen referrer hatte ich gerade auf diese Seite. Gesucht auf einem Computer, der bei einem großen, mittlerweile multinationalen Konzern angemeldet ist. Was wollt Ihr mit einem Schrank, sprecht? Euch vor Scham drin verstecken, weil das mit dem Laster-Zählen auf der Autobahn nicht klappt? Apropos zählen: Immerhin bin ich die Nummer 9 bei 941.000 Treffern zu diesem Möbelstück. Stark.
Hallo Google - ich such nen Schrank. Geil. Na ja, nichts für Ungut.
Vorschlag: "Tasse" bei Google suchen. Und dann alle in den Schrank stellen. Ich such jetzt nen "Bett".
Shakespeare könnte ich übrigens auch mal wieder lesen. "Hamlet".
