Montag, 4. Januar 2010
Gut, überrascht bin ich nicht. Vielleicht, daß er immerhin 50 wurde. Rowland S. Howard, genialer Gitarrist und Songschreiber der Post-Punk- und Indieszene. Ich sah ihn 1991 auf der Tour von Shotgun Wedding, damals im Kölner Rose Club. Meine Freundin und ich sind eigentlich wegen Lydia Lunch dort hin, aber dieser spindeldürre, whiskeyschlürfende Typ mit dem Rattengesicht machte nachhaltigen Eindruck. Und Lärm. Im Grunde hielten sich die Brachialtiraden von Ms. Lunch und sein feedbackbedröhntes Gitarrenspiel ziemlich die Waage, zwei durchgeladene Schrotflinten eben, die da grundsympathisch auf der Bühne standen und einen dreckigen New-Orleans-Voodoo-Drogen-Cajun-Bourbon-Blues auf eine Weise runterdroschen, neben der Nachfolger wie die White Stripes eher wie Andre Rieus des Südstaatenfiedelns wirken. (So ähnlich war das. Nur unheimlicher. Betäubter und betäubender.)
Howard, seit den Birthday-Party-Tagen an der Seite von Bunny Munro Nick Cave nicht nur an Kamillentee gewöhnt, führte seinen nöligen, exaltiert-schrägen Gitarrenkrach mit These Immortal Souls und zahlreichen (Solo-)Projekten fort und hinterließ als Geschenk an die Welt unter anderem den begnadeten Klassiker "Marry Me (Lie! Lie!)", ein Song, für den manche schon töten und andere unsereins vom Klavier verjagen.
Rowland S. Howard starb am 30.12.2009.
>>> Nachruf bei Coilhouse
>>> "Marry Me (Lie! Lie!)" auf Youtube. Und ja, wir sahen damals alle so ungesund aus.
>>> Shotgun Wedding, In My Time Of Dying.
Fröhlicher Frost voraus, stundenlang kann man stapfen, wie verlorene Waisenkinder über endlose Deiche Muster schlurfen, Eiszapfen lutschen, die Strickmütze bis über die Nase ziehen. Absurde Anekdoten, Schnee von gestern, kullern den Hang zum Ufer hinunter, knirschenden Schritts aber tollt man wie ein spielender Hund in die andere Richtung. Man kann so lange gehen, über Schnee und Eis, immer weiter bis hinab zum Wasser. Dort dann wartet eine einfache Erkenntnis: Es gibt nur eines, über das man nicht hinwegkommt, und das ist die Unverfrorenheit.
Nach drei oder vier Stunden ist die Kälte durch die letzten Hühnerknochen gezogen, Dämmerung und eine gewisse Müdigkeit setzen ein und man spürt, warum der Kältetod ein angenehmer sein soll. Vom Robert-Walser-Gedächtnismarsch aber kehrt man besser zeitig zurück zu einem Heißgetränk für Tisch Nr 6. Das Knistern hören, wenn die gefrorenen Gefäße tauen.