Freitag, 6. April 2007
in welchen sie gestochen haben.
(Joh. 19.37)
Dieses Jahr muß ich der Prozession fernbleiben, meine einsamen Versuche, "auf die Schnelle" hier in Hamburg etwas ähnliches umzusetzen, gab ich wegen mangelnder Resonanz und verbreitetem Heidentum oder Protestantismus (was ja das gleiche ist) auf. Die paar, die bereit waren, mir mit Hammer und Nagel zur Seite zu stehen, schienen mir zu wenig von der Sache und zu sehr von ureigenen Motiven beseelt.
Bleibt auf die bewährte spirituelle Achse Hamburg - Rheinland - Südtirol zu hoffen, die heute abend neue liturgische Grenzen abstecken und dem Ende der Karwoche eine symbolische Türe öffnen wird.
Dann heißt es Schluß mit Dolorosa, herein mit Algría - gerne auch in der Langversion:
>>> Die hl. Jungfrau der Freuden von Almatosa (via Youtube)
And now for something completely different: Wem das höchste Fest im christlichen Kalender ein Ei wie das andere ist, der mag sich mit etwas ganz anderem beschäftigem. Die Webseite des amerikanischen Fotografen Leslie Krims benutzt zwar genau die Sachen, die ich gerne kritisiere (Flash, Musik), das aber auf eine Weise, daß man sagen kann - gut, so geht es auch. (Die Musik ist schon klasse, die Navigation per Flash-Galerie nach wie vor pain in the ass darmkrampfig.)
Großartige Bilder zwischen ironischer Dokumentation amerikanischen Alltagslebens und ~mythen und surreal angehauchten Inszenierungen mit höhrem Wahrheitsgehalt. Bei allem Bösen, Makabren und Häßlichem, das Krims entdeckt, überwiegt in seiner Präsentation der Witz - und das sei ja ein Jakobsweg zur Alegría.

Montag, 2. April 2007
The spirit flown forever!
(Edgar A. Poe, "Lenore". 1831.)
Nicht weinen, nicht klagen, ein Totentänzchen wagen. Manchmal denk ich, mir sei die Welt entrückt. Eine Blume im Tee, ein regloses Tier im Gebüsch und innendrin nur das Herz, das sachte schlägt. Ich schaue dann gerne bei Angeliska vorbei, betrachte die betörenden Fotos von Picknicks und Partys, aber auch den verwunschenen und geschundenen von New Orleans, den zerstörten Häusern, diesem Holzboden, der sich vor Nässe in Wellen verzogen hat. Auch darin liegt eine besondere Kraft. Das Groteske, das wild Zusammengenähte, ein zurechtgedengeltes Leben aus Nägeln, Scherben und Kapuzinerkresse.
Aus tausend Schnitten eine Bewegung. YunYus Video zeigt, wie man Menschen mit Stop-Motion aus 16.000 Einzelbildern in Bewegung bringt. Ganz wunderbar: Lenore's Song
(via Youtube)

Donnerstag, 1. Februar 2007
How vast an one
Was recently among us -
A Perished Sun
(Emily Dickinson, ca. 1866.)
Manche schauen einmal die Woche die Sportschau, manche kommen einmal die Woche ihren Verpflichtungen nach, andere bringen einmal die Woche den Müll raus. Wiederum andere machen jede Woche eine tolle Sache - und basteln was. Jason Andrew McHenry hat 2002 ein Projekt verfolgt, bei dem er pro Woche einen Schaukasten künstlerisch gestaltet hat. 52 solcher Boxen sind auf seiner Galerieseite zu sehen, gefüllt mit Fundobjekten, Knochen, kleinen Fotos oder Zeichnungen. Zu allen Kästen hat er Buch geführt, nicht nur eine "Zutatenliste", sondern auch die Gedanken und Ideen, die ihn zu der jeweiligen Arbeit inspiriert haben. So wie Box Nummer 8 - die beeinflußt wurde von Tod, Todesstrafe und Chuck Palahniuk, dem Autor von Fight Club. Box Nr. 37 trägt das tibetanische Mantra des Mitfühlens und ist eine kleine Visualisierung von Schmerz und Heilung. Eine Art visuelles Tagebuch nennt McHenry es folgerichtig, wie Reliquienschreine wirken sie. Die Ergebnisse sind jedenfalls ganz wunderbar: Das Gefundene, das Vergessene, das Verlorene und Weggeworfene sind zu neuem Leben erweckt. Drei oder sieben davon muß ich sofort haben. Oder nachbasteln.
>>> Webseite von Jason Andrew McHenry

Dienstag, 16. Januar 2007
Mein Leben als Beifahrer.

Dienstag, 9. Januar 2007
Fotogemeinschaften gibt es viele im Netz, die meisten von eher schwankendem Niveau. Auf ALTPhotos präsentieren Fotografen ihre Arbeiten, die sich fast durchweg sehen lassen können. Offenbar haben sich hier viele osteuropäische Künstler versammelt: Albanien, Lettland, Polen, Russland, die Ukraine - vielleicht ist es Einbildung, aber mit einem Sinn für die Würde des Alltagsbanalen, einem leisen Hauch von Melancholie und einem Schuß surrealen Witz schlagen viele Bilder einen anderen Ton an als das oft grell Pompöse westlicher Bilder. Kameras wie Kiev 88, Zenith und Pentacon sind hier noch tapfere Arbeitspferde, die zeigen, was geht, wenn man die Geduld für Technik mit Tücken aufbringen kann.
Geduld braucht man leider auch für die Bilder. Der Server von ALTPhotos ist schneckenlangsam, man kann also nebenher selbst den ein oder anderen Rollfilm entwickeln.
Ich wühle mich gerade durch die People-Galerie, die anderen Abteilungen sehen aber auch interessant aus.

Dienstag, 12. Dezember 2006
Frau Fragmente meditierte neulich über das "perfekte Blog".
Ich kann nur sagen, ich habe meins gefunden. Wieder einmal zeigt sich, daß Stil keine Hexerei ist. Es ist im Grunde so einfach, zu jedem Anlaß perfekt gekleidet aufzutreten:
A Rayas (Achtung: nicht angemessen bei der Werkarbeit, bitte halten Sie Ihre Ausweispapiere bereit).
Dazu dann vielleicht mit den Bastard Fairies entspannt auf dem Sofa rumlümmeln. (via Fishy)
Sollten Sie länger nichts von mir hören, keine Sorge, es geht mir sicher gut.

Montag, 11. Dezember 2006
Die amerikanische Journalistin S.I. Rosenbaum zeichnet auch (nicht "nebenbei") Comix, mit recht unterschiedlichem Ansatz, Stil und Kraft. Aber die kurze, auf einer Seite erzählte Geschichte von der 16-jährigen Simone, die Trapezartistin werden will, ist schon stark: komprimiert, lakonisch und ein hübsches Beispiel für die "Eisberg"-Theorie. Der größte Teil der Bedeutung liegt tief unter Wasser. Loustal hat so etwas drauf.
Ich weiß nicht, ob man das letzte Bild groß ausdrucken und über den Schreibtisch hängen darf. Ich würde es tun.
Suspended Life gibt es hier.

Freitag, 8. Dezember 2006
Diva kurz vor Atempause. Tusche, Papier. 1990. Privatbesitz.
Man muß im Leben auch verlieren können.

Mittwoch, 6. Dezember 2006
Kennen viele natürlich schon, aber hier gibt es eine Menge Bilder zu sehen von Patti Smith aus der Robert-Mapplethorpe-Sammlung der Alison Jacques Galerie, London. Sind diese Träume eigentlich noch da? Zwei, drei Seiten Poesie, eine elektrische Gitarre, ein Supersonic Sound? Das Nackte, das Entblößte, die Suche nach drei, sieben Sternen oder gleich einem ganzen Himmel. Ask The Angels.

Samstag, 2. Dezember 2006
Hier bin ich fasziniert. Eine wunderhübsch makabre Sammlung obszön-ekliger Spielgefährten, die ich sofort besitzen möchte. Mumifizierte Puppen, die findet jetzt nicht jeder schön, aber so ist die Welt wahrscheinlich in den ungenügend beleuchteten Hinterhöfen der Putzli-Glitzli-Manufakturen. Hat sich denn nie jemand gefragt, was mit all den mißgestalteten Puppen wird, denen, die mit zwei Köpfen das Licht der Plüschfabrik erblicken? Keiner fragt es, keiner weiß es, aber diese Puppen jedenfalls, nun, sie sind tot.
