Samstag, 3. Dezember 2022


Servus Österreich!


Altmeisterlich: Bildnis eines nur sich selbst bekannten Malers, dem die Leinwand fehlte. O.J./o.O.

Zwischenzeitlich ist Blogger.de auf den Server von Antville umgezogen. Hallo Österreich und servus! Ist ja immer leicht beklemmend, wenn man als Blogger wie so ein berühmter Maler vor der Staffelei im zugigen Altgemäuer sitzt und plötzlich ist die Leinwand weg. Horror vacui des Internetschreibens, mit dem Unterschied, daß man vielleicht schon wüßte was, aber nicht wie und wo und worauf und worein.

Das ist nun auch ein Test, ein paar zaghafte Pinselstriche, schauen, ob die Grundierung genügend Halt bietet, alle Farbe auf der Palette sind (also die Monochromgraureihe) und nicht zwischendurch die Fensterläden klappern.

Vielen Dank an die fleißigen Helfer in Wien und überall und natürlich an Dirk Olbertz, der hier all die Jahre auf der Brücke stand und Blogger.de auf Kurs hielt. Immer weitermachen.

Tentakel | von kid37 um 13:49h | 7 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Mittwoch, 16. November 2022


Stabil Diffus


Selbstporträt des Autors als alter Mann

Weil mir für einen längeren Betrieb von MidJourney derzeit das Geld fehlt, spiele ich ein wenig mit der Gratisversion von Stable Diffusion herum, einem weiteren der vielen KI-Bildgeneratoren im Netz, mit dem derzeit ein Gutteil der Weltbevölkerung wertvolle Arbeitszeit verschwendet.

Man muss die Maschine ein wenig trainieren oder vielmehr sich selber, sie scheint mir ein wenig dümmer als MidJourney zu sein, sie vergisst bei längeren Texteingaben (den "Prompts") schon mal das ein oder andere Detail. So malt sie brav die wohl überlegt aufgeführten Gegenstände, verschlampt aber genau so unbelehrbar wie wahllos in der Liste ebenfalls erwähnte. Nun mag ein erratisches Element eine Illusion wecken von Kunst oder Kreativität, aber niemand würde so reden, handelte es sich um eine Einkaufsliste. Wo ist die Butter? Vergessen, kein Essen, da gibt es kein Pardon.



Gleichzeitig ist Stable Diffusion so gut, wäre man eine Gothic Band in den 80er-Jahren, man könnte an nur einem Nachmittag gleich hunderte von wundervollen Plattencovern produzieren (aber immer noch keine Note). Wie MidJourney hat die Maschine Probleme mit Gesichtern und insbesondere Augen. Die Hintergründe sind mir unklar, zumal dies bei dezidierten Porträts bereits deutlich besser gelingt. Wer aber Bilder im Grenzbereich zwischen Joel-Peter Witkin, Francis Bacon und NINs berühmten Video zum Song "Closer" (Regie: Mark Romanek) sucht, hat schnell einen ganzen Katalog beisammen, für den früher die Illustratoren, Fotografen und Designer von, sagen wir, 23 Envelope, den Hausgestaltern vom Label 4AD, vielleicht zwei Wochen brauchten.



Diese Musikerinnen gibt es nicht. Aber ich würde ihre Platten kaufen.

Schön ist das nicht. Also die Entwicklung. Zum Glück stellt sich nach hundert bis zweihundert erzeugter Bilder ein gewisses hohles Gefühl ein, so als habe man zuviel Zuckerwatte gegessen Die immer wieder auftauchenden Copyright-Vermerke (etwa "Getty Images") erinnern zudem daran, woher die Selbstlernmaschine ihren Korpus hat - da wurde das Netz gecrawlt und nach Kriterien indiziert, die im Dunkel bleiben. Das ein oder andere Mal tauchten auch nach Neu-Generierung die gleichen Bilder auf, was den Verdacht nährt, dass Stable Diffusion doch eine Art Datenbank führt und nicht etwa immer wieder neu und "selbst" kreiert. Am besten gelingt letzteres, wenn die KI Tentakel oder Wurzeln oder ähnlich simple organische Formen malen soll. Ein weiterer Verdacht: Hier sind die Fraktal-Algorithmen der Mandelbrot-Strukturen verbaut, mit denen man in den 80ern die ersten PCs wochenlang beschäftigen konnte. Eine haarige Kurve um die nächste gelegt, endlose Fibonacci-Reihen aus eine Unzahl von Grafikprozessoren. Und ich vermute, auch ähnlich energieverschwenderisch wie das Schürfen nach Bitcoins.



Bitte lasst eure Gedanken nicht unbeaufsichtigt. Sie winden sich in alle Richtungen.

Tentakel | von kid37 um 15:37h | 4 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Dienstag, 5. Juli 2022


Volkslieder singen

Wie überzeugend Künstliche Intelligenz mittlerweile auch in den kreativen Künsten arbeitet, kann man am Textgenerator Volkslied 3000 beispielhaft erkennen. Ein paar Eckdaten eingegeben, schwups, spuckt der Algorithmus etwas Singbares aus dem gut gefüllten Satzbau-Korpus originellen Kunstkopf heraus. Wie zum Beispiel ein Lied über das weltberühmte und von Groß und Klein geschätzte Blog, Das hermetische Café:

Hermetisches Café

Ich mache mir einen Kaffee,
mit Kakaobuttermilch und so,
das ist gesund und gut für mich.
Das erfahre ich immer wieder.
Ich kram mir 'ne Tüte Kräcker,
mit Erdnussflips und so,
das ist gesund und gut für mich.
Das erfahre ich immer wieder.
Ich stelle mich vor den Fernseher,
wenn ich bin nicht fit und so,
das ist gesund und gut für mich.
Das erfahre ich immer wieder.
Ich sitze hier alleine,
weil mein Freund nicht schlafen kann.
Er ist depressiv und so.
Er ist depressiv und so.
Und ist so gesund und gut für mich.
Das erfahre ich immer wieder.
Ich rauche Nikotinzigaretten,
mit Mentholzigaretten auch so,
ist gesund und gut für mich.
Das erfahre ich immer wieder.
Ich trinke Tee mit Pfefferminztee,
mit Heilerde von Tibet auch so,
ist gesund und gut für mich.
Das erfahre ich immer wieder.
Ich nehme Speicheldruckerbsen,
dazu Jiaoguliubao auch so,
ist gesund und gut für mich.
Das erfahre ich immer wieder.


>>> Geräusch des Tages: Rainald Grebe, Volkslieder Singen


 


Donnerstag, 9. September 2021


Can't Get You Out of My Head


(Wegen der Altersbeschränkung derzeit nur direkt auf Youtube zu sehen)

Ein dringlicher Tipp aus Übersee brachte mich zur sechsteiligen Dokureihe Can't Get You Out of My Head. Der britische Dokumentarfilmer Adam Curtis (The Power of Nightmares) collagiert hier Szenen, popkulturelle und politische Ereignisse der letzten Jahrzehnte zu einer assoziativen Wanderung durch wiederkehrende Motive und Refrains, Attentate, Algorithmen und Agendas, Brüche und Überraschungen, eruptive Gewalt und gezielte Schmeichelei und schaut, wie sich unsere westliche Gesellschaft verändert hat. Und verändert wurde. Durch Informationen und Überzeugungen, geheime Operationen und offene Meinungspenetration, Verschwörungen und brachialen politischen und kulturellen Spins.

Das Ganze windet sich selbst wie ein Gedankenwurm ins Hirn, hinterläßt ein Gefühl von "unheimlich", weil man immer wieder nickt, manchmal lacht, oft aber erschrocken ist und am meisten über sich selbst. Eine schöne, beklemmende Scheiße, produziert von der BBC und in allen sechs Folgen auf Youtube zu finden. (Das "gelöscht"-und- "gefunden"-Spiel kann man als Teil des Informationskrieges sehen. Also, wer will.)

Tentakel | von kid37 um 02:23h | noch kein Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Freitag, 27. August 2021


Akademia



Meine Erfahrung mit Hochschulen in der letzten Zeit hat mir gezeigt, daß es keinen Sinn macht, zu tief unten einzusteigen. Wer gleissen will, muß oben stehen. In meinen Alter kommt man ja auch in die Phase, wo man sein Wissen wie Nektar an begierig schlürfende (und nicht nur schlurfende) Studenten weitergeben will, der Gemeinschaft wegen und um den eigenen Ruhm zu mehren, wie ich hochbescheiden anmerken will.



Eine W3-Professur stünde mir folglich gut zu Gesicht und Bankkonto, man darf das Irdische nicht vergessen. Interessanterweise erfülle ich auch alle nachgefragten Qualifikationen. Mein ganzes Leben ist ja quasi ein Film, zudem betreibe ich einen hochinteressanten Kanal mit eigenen Werken auf Vimeo. Ich habe sogar schon Likes aus den USA bekommen, was die Frage nach "internationaler Reputation" wohl hinreichend beantwortet. An der Hamburger HfbK sind gleich mehrere Stellen zu besetzen, da fällt die Wahl schon wieder schwer. Film? Foto? Philosophie? Man spürt, die sprechen von mir. Morgens beim Zähneputzen übe ich bereits eine kleine Antrittsvorlesung, Gasthörer sind später selbstverständlich willkommen.

Tentakel | von kid37 um 18:07h | 8 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Freitag, 30. Juli 2021


Kultursplitter

In meinem Berlin-Roman Die Oma hat mir nüscht vermacht erzähle ich vom kulturgemanageten Leben einer Brühwurst-im-Glas-Bohème (allesamt Abbrecher der Hamburger Schule) im zuzugigen Neukölln um die Jahrtausendwende. Mit "Witz und Verve" (Stadtmagazin) erzählt, entspinnt sich eine anekdotisch aufgehübschte Geschichte von großen Plänen und kleinen Erfolgen, Verliebtheiten und Entliebungen, verrauchten Bars und klebrigen Tresen, dem Ringen um Förderanträge und Stütze, Lebensweisheiten und allerlei Unsinn. LiloLotteLisa-Film hat bereits die Rechte angefragt für den TV-Freitagabend, dann ist hier endlich Schluß mit Dosenfisch und Brot aus Plastikbeuteln.


"Dots'n'Rust" - Hommage an Yayoi Kusama. Metall, Rost, Löcher. 2022. 1000,- Mark

Lange habe ich für ein Unternehmen gearbeitet, das sich "Digitale Transformation" auf die Fahne geschrieben hatte, morgens dröhnte statt der Fabriksirene David Bowies "Ch-ch-changes" aus dem Mitteilungslautsprecher und dann wurde nach und nach alles auf den Kopf gestellt, Tisch auf Stuhl, altes Denken, neues Denken usw. oder auch vorwärts gehen, rückwärts sprechen wie bei David Lynch. Interessant wird es jetzt, wenn man dieselben Prozesse nun an Behörden und öffentlichen Einrichtungen erlebt, weil man dabei hautnah miterleben kann, daß nicht alle Rezeptmischungen beliebig in jeden Topf gerührt werden können, wenn ich dieses schiefe Bild gebrauchen darf. Auch ist der Wissensstand sehr unterschiedlich. Irgendwo erwähnte ich beiläufig das Thema Datenschutz, da wurde sehr gelacht und jovial "och jo" gesagt - und das zurecht! Man brauchte meinen Rat gar nicht, denn es dauerte tatsächlich nur ein Jahr, da war auch hier der Newsletter DSGVO-konform. Muß ja keine Eile sein.

Julian Nida-Rümelin, die Älteren kennen ihn noch als Kulturstaatsminister, sagte ebenfalls zurecht zum Thema Kultur im Lockdown, es bringe nichts, das "Haus" (er meinte ein Museum) einfach 1:1 ins Internet zu spiegeln. Man kennt das ja vom Film (habe ich jetzt gesagt): Gute Trailer - schlechte Trailer. Die einen wecken die Neugier, reißen was an, machen Lust aufs Kino, die anderen erählen brav den Inhalt nach, so daß man gleich zuhause bleiben kann. Selbst die Koberer auf der Hamburger Reeperbahn merken, daß man mit dem alten "Komm'se ran, komm'se rein, das erste Bier kost' nix" kaum noch jemanden locken kann. Neue Medien brauchen neue Konzepte.

Andererseits fühlte ich mich jüngst ausstellungshalber nach Berlin gelockt, stieß dann aber auf die neuen Konzepte "Zeitfenster-Tickets" und, schlimmer noch, "ausverkauft". Da muß man dann zuhause bleiben. (Ich bin ja sehr gut im Retrospektive-verpassen, schmerzlich fällt mir da immer die große Tinguely-Ausstellung vor ein paar Jahren in Düsseldorf ein.) Kein Bällebad mit Yayoi Kusama also, ich könnte aber bei mir daheim alles mit bunten Klebepunkten vollstickern, für den klebrigen Tresen und vor allem fürs Gefühl. Das ist digital noch nicht erfaßt. Wird noch transfomiert.

Tentakel | von kid37 um 14:03h | 3 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Montag, 21. Juni 2021


37



Eine freundliche Leserin spielte mir diese interessante Zahlenaufstellung zu. Wo ein Fox Mulder jetzt sagen würde, "Aha, aha, aha!", antwortete eine (studierte Spaßbremse) Dana Scully sicherlich, "Mulder, Sie lassen sich zu leicht beeindrucken, das sind nur Iterationen ein und derselben Rechnung, das kann man bis ins Unendliche durchspielen". Aber: 37! Das kann kein Zufall sein.

Zuerst dachte ich ja, eine Grundschullehrerin hätte die "37" jeweils rot angestrichen, weil man in der zweiten Klasse so nicht rechnen darf. Wo kämen wir hin, wenn junge Leute am Curriculum vorbei mit Bruchrechnung, Punkt, Punkt, Komma, Strich und anderen unterhaltsamen Dingen der Mathematik jonglieren würden. All das aber findet man auf der Seite Abakcus, wo mathematische Aufgaben auch aus Radfahrersicht sehr detektivisch gelöst werden.

Tentakel | von kid37 um 13:11h | 6 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Donnerstag, 24. Dezember 2020


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Weihnachtsbaum Modell "Mutter Maria" mit Doppelspitze,
verstecktem Seegurkententakelwesen und Krippe
mit Christkid und Fuchs


17 Jahre Das hermetische Café sind es heute, 20 fehlen also noch. Vieles gibt es zu sagen über dieses verrückte Jahr, das mir menschlich und beruflich (und beruflich-menschlich) einiges gezeigt hat und insgesamt allen ein Lehrstück über Zusammenhalt und Rücksichtnahme, aber auch über den Mangel war. Klopapier und eben auch Zusammenhalt und Rücksichtnahme. Ein Sorgenkind unter den Jahren, ich hoffe, 2021 strengt sich da ordentlich an.

Angeblich beginnt nun aber wirklich das Wassermann-Zeitalter mit verschrobenen ungewöhnlichen Ideen, sozialem Engagement und fluffigen Abwechslungen. Vielleicht tanzen wir alle nackt (ich dann nicht, ich schaue nur zu).

Frohe Weihnachten allen. Haltet Abstand.


 


Donnerstag, 27. August 2020


Sexgier, Angst und mollige Mädchen

Eine Bloggerin erzählte, sie sei über Google mit den Suchbegriffen "Sexgier, Angst und mollige Mädchen" verknüpft. Das hat mich natürlich sofort fasziniert, denn das klingt wie einer dieser Autokinofilme, die ich gerne sehen würde: Sexgier! Angst! Mollige Mädchen! Bei weitem nicht so langweilig, wie die Titel meiner Debütromane von Am See der Liebe bis zu Männer, die auf Tastaturen starren.

Wo andere bei Google also was erleben, muß ich denen auch noch die Schlüsselbegriffe klauen, um selbst Leser in solche Beiträge zu locken - und Sie glauben nicht, was dann geschah! Coronaviren hassen diesen Trick, denn Home-Googling is killing Zufallsinfektion bei fremden Leuten. Auch ich mache ja seit einiger Zeit Heimbüro-around-the-clock, freilich trage ich dabei Maske und halte Handdesinfektionsmittel bereit. Das (oder der Hersteller) heißt wie im Märchen Grimm, was das Schlüsselwort für mich war, um mich zum Kauf zu verleiten. SEO am Drogerieregal.

Ich hänge meinem grimmen, weil wenig gewinnbringenden Dienstplan freilich einen Tag hinterher. Gestern wollte ich große Pappen kaufen, fürchtete aber eine für die Gewichtsreduktion schädliche Katastrophe, weil es langanhaltende, schwere Regenfälle und dazu steife Windböen gab, die meine gutgeformten, aber nicht länger harten, weil nicht faszientrainierten Pappen erst naß und übergewichtig und dann zu Segeln gemacht hätten - und wie will man bitt'schön da seine Pappen halten? Oida.

Mehr ist nicht passiert, wollte das aber der Journalpflicht wegen nicht verheimlichen. Wenn Sie das interessierte, interessieren Sie sich vielleicht auch für das schockierende Thema Adbusting im öffentlichen Raum.


 


Montag, 25. Mai 2020


Die Speisung der 6000



Wer immer weitermacht und die Flinte nicht voreilig ins Blogfeld wirft, erreicht auch runde Sachen. 6000 Tage Das hermetische Café, das sind umgerechnet ungefähr 237 Jahre Bloggen! Wer hätte das gedacht, damals als man Blogtexte noch mit der Pferdekutsche zum Briefkasten bringen mußte, damit der Herr Olbertz die auf seiner Plattform einstellen kann.

Dem Kontaktverbot ist geschuldet, daß es keine große Party gibt. Soviele Mitglieder hat ein Haushalt nicht. Andererseits auch schade, denn ich war am Wochenende fleißig und habe extra eine Hypnotisiermaschine gebaut. Die hätte ich gleich ausprobieren und die Trägen munter, die Rastlosen ruhig und die Erzürnten sanft machen können. Ein diplomatisches zirkuliertes "Ruhe im Karton!" hat schließlich oft schon Wunder gewirkt.

Auch hier hoffe ich, den Betrieb wieder ein bißchen anzukurbeln und regelmäßiger zu schreiben. Aber von Ankündigungen ist noch keiner satt geworden. Ich bin also selbst am meisten gespannt.