Freitag, 21. November 2008


Smögen Sie Musik?




Herr Paulsen nennt ihn einen Zukunftsarbeiter, und dieser gibt uns sogar davon ab. Ich hab's jetzt nicht so mit Traditionals, aber Seemannslieder, Fischerelegien gehen immer, die rauhen Geschichten von strammen Jungs und losen Frauen, denen an Land die Langeweile droht. Dieser Mann, ist ganz bei sich, merkt man, der kokettiert nicht mit den Straßen von Hammerbrooklyn. Der Dylan aus Borgfelde macht einen knarzenden Kutter, ein stampfendes Schiff aus jedem Wohnzimmer. Denn weil er nicht bloggt, hat er Zeit, etwas vernünftiges zu tun. Gitarre spielen, Folksongs singen, auftreten, Leute begeistern. Und am Ende die Version von "After Hours" - Hammer!, wie man in diesem Stadtteil sagt.

Das kleine Café übrigens ist eine Entdeckung an sich. Selbstgebackene Kuchen, versprach die Speisekarte, und die Chefin 1a. Ich muß da unbedingt noch einmal hin.

Radau | von kid37 um 12:00h | 6 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Donnerstag, 2. Oktober 2008


The Great Operettenschwindel

Natürlich ist es verlockend, sich im Leben immer an die gedeckten Tische zu setzen (vorausgesetzt, man entstammt dem Land des Lächelns). Und wenn das Geschirr zersprungen ist, nun, das Leben ist voller Möglichkeiten, so viele Tische warten, so viele - auch exotische - Gerichte gilt es zu probieren. Die gesammelten Momentaufnahmen als Daumenkino zusammengeklebt, ein Reichtum. Ohne Zusammenhalt.

It's your party, and I cry if I want to.

Radau | von kid37 um 01:54h | noch kein Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Dienstag, 30. September 2008


Wir bilden einen Spielkreis

Jetzt mal was, wo nicht für alle Mann ist. Über die bei einigen sicher bekannte Videosammelstelle Youtube kann man vieles sagen. Auch Dinge, die nicht so schön sind. Aber wenn die soziale Vernetzung funktioniert, das alte, eben musikalische Spiel zwischen Call und Response, bin ich immer hoch entzückt.

In letzter Zeit, es begann, als ich nach gefühlten Dekaden wieder den Deckel meines Gitarrenkoffers öffnete, schaue ich ganz gerne die kleinen AngeberDemonstrationsvideos, in denen die Begabteren im Lande ihre Liebslingshits auf ihrem Instrument nachspielen. Oft bin ich schwer beeindruckt, zumal ich nie zu den technisch wirklich versierten Musikern gehörte. (Ich mache das alles mit Pathos und großen Handbewegungen und nenne es Wohnzimmerstadionrock.) Manchmal hört man auch schlichtweg falsch und schlecht gespieltes. Ab und an aber wird es lustig bis spannend. Wenn sich nämlich die echten Musiker einschalten und mit trockenen Kommentaren ("No. You've got it wrong.") penetrante Show-offs und Protzer zurechtweisen. Oder aber, und das ist nun wirklich toll, mit eigenen Videos hilfreiche Einblicke in die Werkstatt gewähren.

So zum Beispiel Derek Forbes von den Simple Minds. Das bei Bassern beliebte Stück "I Travel" wurde hier etwas krude runtergehackt - der Meister selbst hat es dann kurz mal zurechtgerückt. Wunderbar.

Und sie lernen schnell.

Ach so, statt Selbstkommentar (geht ja sonst das Gekreische gleich wieder los) hier noch schnell angehängt, zum Thema Channeling inspiriertes Nachspielen: Das ist auch sehr putzig. Zuerst dachte ich auch, wow, der Bassist hat den Bass ja so tief in den Knien hängen wie Peter Hook. Bis ich merkte, nein, der hat einfach die Knie... Also ich meine: Alles ganz wunderbar. Macht mehr Kunst!

Radau | von kid37 um 11:01h | 14 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Dienstag, 23. September 2008


Rocvk'n'Roll Niogger

Should I pursue a path so twisted?
Should I crawl defeated and gifted?

(Patti Smith, "Pissing In A River".)


Zu meinen guten Vorsätzen für 2008 zählt, jede Woche eine neue Welt zu erforschen. Oder auch eine alte, vergessene. Der letzte Ausflug unter dieser Flagge führte mich nun in ein schummrig beleuchtetes Reich, das wenige Menschen über 27 Jahren je betreten haben. Eine Welt aus Klang, Frisur und etwas, das früher von Lehrern und Kulturreportern Lebensgefühl genannt wurde.

Manche ahnen es bereits, am Wochenende war ich in einem großzügig ausgestatteten Hamburger Bedarfsfachgeschäft für Musikinstrumente, vorzugsweise aus dem Rock'n'Roll-Sportbereich. Selbst ins Alter gelangt, da man sich blonde Frauen und kleine rote Sportwagen zulegt, hänge ich seit einiger Zeit einem weiteren Jugendtraum nach: "I don't need six bullets", sang ich schließlich einst. "All I need are six strings". Endlich, so mein haarergrautes Denken, sei die Zeit angebrochen, die No-Name-Nachbau-Kopien in die hinteren Erinnerungsecken zu schieben und sich was Richtiges™ zu gönnen, solange die gichtigen Finger nichts anderes mehr würden halten müssen.

In meinem Schundroman Die Nacht der blutigen Finger (Verkaufsrang #20337 bei einem bekannten Buchversender) zieht bekanntlich ein mordender (was sollte er anderes tun?) Killer mit einer schwarzweißen (was sonst?) Rickenbacker von Tatort zu Tatort, klampft seinen Opfern (er nennt sie "Klienten") filigran (er ist kein Stadionrockposer) sein persönliches Lied vom Tod und schleppt nach einem rückenmarkserschütternden Powerakkord (dann also doch!) eine applaudierende oder auch nur zufällig im Weg stehende, sogenannte Ische ab.

So weit, so Fiktion. In meinem echten™ Leben schlich ich aber denkbar stiller und vor allem unauffälliger, zudem unter Vorspielung falscher Tatsachen Geldbeutel, in oben erwähnten Gitarren-, Schlagzeug- und Verstärkershop, in dem man einer Gestalt wie mir aber seitens des jugendlichen oder betont jugendlich gebliebenen Fachpersonals keine weitere Beachtung schenkte. Ich hatte also zwar nicht das Geld, dafür aber alle Zeit der Welt, versonnen die ein oder andere Gretsch zu streicheln. Ein schönes Gefühl, wie mir jeder Kenner bestätigen wird. Es ist und bleibt erstaunlich, welche haptisch und visuell beglückende Ausstrahlung diese kurvigen Modelle auch ohne Botox, Cremes und Schummerlicht auch nach dem Ablauf vieler Jahre zustande bringen. Hingegen schaue man an sich selbst herab - und schweige still und andachtsvoll.

Um mich herum war, es war nicht mehr wirklich früh am Morgen, bereits der ein oder andere Ko-Interessierte eingetroffen. Ernsthaft schauende Buben mit großen Kopfhörern über den schmächtigen Koteletten, verpennt wirkende mittelalte Taxifahrermänner mit Bin-grad-aufgestanden-Frisur, bei der die Haare staubig versträhnt in alle Fis- und Cis-Tonarten verstreut liegen. Mit Jeans auf halb acht kramten sie in obskuren Schachteln nach noch obskurerem Gerät, während ich gedankenverloren und unbeachtet einer 2000-Euro-Vintage-Fender ein helles Pling und dann ein trockenes Plong entlockte. Vor zwanzig Jahren, so dachte ich so halb von mir selbst berauscht, wäre ich auf meinem Wagemut neidisch gewesen. Jetzt habe ich eine Haftpflichtversicherung - und tue solche Dinge einfach! Yeah! Rock and Roll!

Wie bei jedem sensibleren Künstler mischte sich bald auch Wehmut in mein fingersteifes Gezupfe. Hätte man vor eben diesen zwanzig Jahren nicht bereits alles klarmachen können, die Richtige vorausgesetzt? Eine richtige Gitarrre, eine vielleicht leicht abgeschrebbelte, aber unbedingt verläßliche - kein aufgelacktes Partymodell, das zu schnell außer Stimmung gerät? Man hätte schnell einen Welthit rausgehauen oder auch zwei, meinetwegen sogar drei, die werden sich schon vertragen. Anschließend outside of society, Tournee mit Stress und Lärm und vollgespuckter Hose, solange man noch Kraft und Energie hatte, jeden marshallverstärkten Humbucker-Sound an die Wand zu drücken. Vielleicht hätte man sich nach halber Strecke auch tüchtig verkracht, ja Mensch, Rock'n'Roll eben, vielleicht mal eine Solo-LP. Jetzt aber wäre dann das Alter für die Re-Union, ein Leben voller Zugaben.

Ich dachte an den alten Leitspruch: "Egal, was du machst. Verwechsle nie die dicke E-Seite mit der anderen" und arrangierte meine Finger mühsam zu etwas, das ich als einen anderen alten Dur-Akkord erinnerte. Wie verlockend doch diese Mollscheiße immer war. E-Moll, zwei Fingerchen, so findet jeder sein kirchengesangbuchgeschmücktes humm-humm-humm. Aber der Dur-Sept-vermindert-Neun-Akkord, da zeigt sich... na ja, was rede ich.

Im Grunde ist das eh eine alberne Geschichte. Weil ich ja eigentlich etwas ganz anderes sagen möchte. Würde ich doch lieber über Liebe schreiben. Etwas über das Finden, das Halten, das Verlieren auch, die Schmerzen, natürlich, wo wären wir hier sonst. Die feedbacksummenden Erinnerungen. Aber eben auch das Glück, das sich oft in unerwarteter Gestalt zeigt. In einer manchmal schwer zu beherrschenden Stimmlage. Und wie ich nicht mehr recht an eine Rickenbacker glaube. Weil ich vielleicht ein Mann für eine Gretsch bin. Aber hier ist nicht der Platz. Dieses Blog ist längst zu große Bühne, nicht länger mein Proberaum.

Radau | von kid37 um 10:37h | 18 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Samstag, 6. September 2008


Rumble in the Wrecking Yard

Wenn das die Ludolfs wüßten! Die White Denims rufen Shake, Shake, Shake. Amtliches Spätsommerrocken, wenn erste Blätter und letzte Kühlergrille fallen. Sich gegenseitig den Puls fühlen, mit Spuckefingern Dreck aus dem Gesicht wischen, zwei, drei Wodka trinken, an den ausgefransten Rändern die Löcher in den Jeans nachzeichnen und den Wolken am Himmel Namen geben. Wetten abschließen, wessen Augen grüner leuchten und dabei die Lider geschlossen halten. Damals lagen wir im Gras, schrieben romantische Sätze auf unlinierte Blätter und schickten sie als Papierflieger auf die Reise. Man kann nicht jeden Tag was demolieren. Aber jeden Tag etwas Unbedingtes fordern.

Radau | von kid37 um 05:37h | 18 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Mittwoch, 20. August 2008


Mit Schmatz und Schmackes

So, Freunde, jetzt mal kurz das Feuilleton und den Wirtschaftsteil beiseitegelegt und Olympia ausgeschaltet, wir künden vom letzten wahren Sport: Rock & Wrestling, bekanntlich Hamburgs einzig weltweit schwitzendes Extremchoreographieprogramm, kommt jetzt als Film daher! Bianca Wiehmeier hat eine Schockumentation über die testosteronstimulierte Tumultschau gemacht, die hoffentlich bis in die letzten Winkel der ereignishungrigen Welt Erstaunen und Beachtung findet. Runter mit den falschen Glitzerfassaden - Platz für große, ehrliche Sportmaloche!

Den Trailer von La Paloma Film gibt es hier zu sehen. Tragt euer wildestes Kostüm dabei.

Radau | von kid37 um 18:49h | ein Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Freitag, 8. August 2008


De Do Do Do, De Da Da Da

...dazu verdammt smarte Texte, die alle mitgrölten, doch kaum einer begriff.

Ich glaube, den Spon müssen wir kurz mal rauswinken zur allgemeinen Fahrzeugkontrolle.

Radau | von kid37 um 19:33h | 18 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Montag, 28. Juli 2008


Rocken, Ringen, Raufereien



Es gibt Tage, die sind so heiß, da kennt Schweiß keine Richtung mehr und will auch von Erdanziehungskraft nichts wissen. Und die Nächte erst! Derart vorgeglüht fand das turbulenzerprobte Tag Team der Neigungsgruppe Kummer & Trunk sich wie von Magnetenhand gezogen im Hafenklang wieder, bereit für das Rock & Wrestling 2008. Seit mich Herr Axel K. damals auf diese ebenso exquisite wie feinsinnige Kulturveranstaltung aufmerksam machte, die Frauenherzen höher und Männermuskeln stärker schlagen läßt, weiß ich, daß das Leben sich nirgendwo so ehrlich und gerecht präsentiert wie im improvisierten Wrestlingring entspannt verranzter Kellerclubs.

So bekam dann im Laufe des Abends der sich selbst feiernde Bumble Bee ebenso eins auf die Glitzerflügel wie der selbstgerechte Texas-Cop, dem der Pope of St. Pauli gehörig die blaufleckigen Leviten las. Allesamt völlig zurecht übrigens. Halbnackte Männer (und Frauen) zeigten Einsatz für Moral und Ehre, angefeuert von einer enthemmten, aber immer fairen Menge, die nicht nach Schönheit, sondern wahrer Arbeit schrie.

Auch wenn am Ende Macho-Mann Captain Penis vom charmanten Nummerngirl die Testikel neugeordnet bekam - mein Favorit bleibt Loony Lobster, zumal er mit einem bekannten Schlager der B-52's das beste Auftrittslied hat.

Lauter, heiserer, trunkener - das diesjährige sauerstoffreduzierte Schlachtfest war wieder eine Herausforderung an Mensch und Material. Wohl dem, der auf Bieratmung umstellen kann! Aber seltener geht eine Nacht, in der schwitzende Leiber aneinanderklatschen, beglückter und schneller auch vorbei.

>>> Video vom letzten Jahr
>>> Kurzer Clip von 2008

Bilder in den Kommentaren.

Radau | von kid37 um 10:22h | 27 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Sonntag, 6. Juli 2008


Hail, Hail, Rock'n'Roll




Es gibt Läden in Hamburg St. Pauli, die kenne ich gar nicht - für mein Alter eigentlich auch nicht so schön. Andererseits gibt es dadurch immer noch und immer wieder etwas zu entdecken: Orte zum Beispiel, an denen man sich gleich zu Hause fühlt. Einer, in dem es nach Schweiß, durchgebrannten Verstärkern und Motorenöl riecht und ein anderer voller schwertätowierter und schwer freundlicher Gunslinger. Und dann dieser Tingeltangel zum Beispiel, in dem vielleicht nur kleine Fläschchen Sauerstoff auf der Getränkeliste fehlen, sonst aber alles stimmt bis hin zu den fesch dekorierten Hafenperlen.

Irgendwann, ich bin längst Theke geworden, singt Johnny von St. Quentin, und irgendwann denke ich, diese finnische Luftgitarrenmeisterschaft - die wäre auch mal was für mich. Irgendwann bin ich auch schon mal früher zu Hause gewesen - aber wozu war das nochmal gut?

Radau | von kid37 um 01:00h | 10 mal Zuspruch | Kondolieren | Link

 


Mittwoch, 11. Juni 2008


Das erste Mädchen auf dem Mars

Wer so benannt ist wie eine berühmte Plantage in Atlanta, wird wohl ein sommerwarmes Gemüt in sich tragen: Tara Busch jedenfalls hat seit einiger Zeit einen gemütlich andekorierten Platz in meinem Herzen erobert. Die Musikerin aus Los Angeles bastelt mit Analogsynthesizern und alten Effektgeräten verschrobene Klangteppiche, über den sie mit einer sicher nicht für jeden berückenden Stimme kleine, honigverklebte Melodien legt, wenn sie nicht gerade Gläser zersingt. Kurz: Toll.

Ihr zartes, im nostalgischen Super-8-Look gehaltenes Video zu Motorcrash hilft beim Mögen, da rede ich keinen Millimeter dran vorbei. Auch dies möchte ich bitte in den Karton Sommerimpressionen dieses Blogs verstaut wissen: Staubigwarme Dachböden, die zu verbotenen Spielen oder dösender Nacktheit einladen, Spinnfäden im Haar und die rauhen Splitter trockenen Holzes - dazu der Geruch alter Dachpfannen, das quietschende Geräusch, wenn man die verzinkten Luken aufschiebt, den Kopf, den Körper hinauswuchtet und zwischen alten Fernsehantennen und bröckelnden Schornsteinen, Vogelnestern und verbrannten Silvesterraketen allein mit dem Himmel ist. Und mit Tara Busch vielleicht, wenn sie nicht gerade Klavier spielen geht.

Ihr Album Pilfershire Lane kann man hier begutachten.

>>> Webseite von Tara Busch, dort gibt es auch das Video zu Motorcrash zu sehen, für die, die sich nicht bei Youtube anmelden möchten.
>>> Analog Suicide - Seite von Tara Busch und ihrem Ehemann, dem Filmemacher Maf Lewis, auf der sie kurze, experimentelle Filme zeigen.

Radau | von kid37 um 15:28h | 6 mal Zuspruch | Kondolieren | Link